Wir erklären, welche Voraussetzungen gelten und wie das Recht auf Einschränkung vom Recht auf Löschung abzugrenzen ist.
Das Recht auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 DS-GVO
Einleitung
Artikel 18 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) enthält das Recht auf Einschränkung der Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Als Initiativrecht des Betroffenen muss es geltend gemacht und beantragt werden, um als gewünschte Rechtsfolge die Begrenzung der Datenverarbeitung herbeizuführen. Unter Einschränkung der Verarbeitung ist gem. Art. 4 Nr. 4 DS-GVO „die Markierung gespeicherter personenbezogener Daten mit dem Ziel, ihre künftige Verarbeitung einzuschränken“, zu verstehen. Eine Markierung ist ein unmissverständlicher Einschränkungsvermerk im System des Verantwortlichen (s. Erwägungsgrund 67 der DS-GVO). Abzugrenzen ist Art. 18 DS-GVO vom Recht auf Löschung aus Art. 17 DS-GVO, bei dem die personenbezogenen Daten vollständig gelöscht und nicht nur wie bei Art. 18 DS-GVO deren Verarbeitung eingeschränkt.
Voraussetzungen
Voraussetzungen Ein Einschränkungsrecht steht nicht jedem zu: um eine Einschränkung der Verarbeitung verlangen zu können, muss der Betroffene eine der in Art. 18 Abs. 1 lit a-d DS-GVO genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies ist der Fall, wenn der Betroffene die Richtigkeit der verarbeiteten Daten bestreitet (lit. a) oder er Widerspruch gegen die Verarbeitung eingelegt hat (lit. d). Die Einschränkung der Datenverarbeitung gilt dann für die Zwischenzeit, in der Abwägungsentscheidungen bezüglich der Verarbeitung getroffen werden.
Ein Einschränkungsrecht steht dem Betroffenen zudem alternativ zu einem Löschungsrecht aus Art. 17 DS-GVO zu. Gem. Art. 18 Abs. 1 lit. b DS-GVO kann der Betroffene eine Einschränkung verlangen, wenn die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten unrechtmäßig erfolgt, er eine Löschung aber explizit ablehnt. Des Weiteren steht dem Betroffenen ein Einschränkungsrecht gem. Art 18 Abs. 1 lit. c DS-GVO zu, wenn die personenbezogenen Daten vom Verantwortlichen zur Verarbeitung nicht länger benötigt werden, der Betroffene sie aber nicht löschen will, weil die Daten noch zur Geltendmachung seiner Rechtsansprüche gebraucht werden. Demnach setzen lit. b und c voraus, dass dem Betroffenen ein Löschungsrecht zusteht, er dieses jedoch ablehnt und die (mildere) Einschränkung der Verarbeitung verlangt. Dies liegt daran, dass eine Löschung in einigen Fällen nicht dem berechtigten Interesse des Betroffenen entspricht, sodass eine Einschränkung praktikabler erscheint.
Rechtsfolgen
Sobald ein Betroffener sein Recht auf Einschränkung geltend gemacht hat, dürfen seine personenbezogenen Daten gem. Abs. 2 nur noch mit seiner Einwilligung oder zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen verarbeitet werden. Darüber hinaus kann eine Datenverarbeitung trotz Einschränkung erfolgen, wenn sie dem Schutz der Rechte anderer natürlicher oder juristischer Personen dient oder aus Gründen eines wichtigen öffentlichen Interesses der EU oder eines Mitgliedstaates geboten ist.
Als Folge der Einschränkung treffen den Verantwortlichen Mitteilungspflichten aus Art. 18 Abs. 3 und Art. 19 DS-GVO. Demnach muss der Verantwortliche dem Betroffenen im Voraus mitteilen, wenn die Einschränkung der Verarbeitung aufgehoben wird. Zudem ist er verpflichtet, Dritte, an welche die Daten des Betroffenen weitergegeben wurden, über die Einschränkung zu informieren, sodass sie ihre Verarbeitungsprozesse ebenfalls beschränken. Diese Pflicht besteht jedoch nur, soweit die Unterrichtung möglich ist und für den Verantwortlichen keinen unverhältnismäßigen Aufwand darstellt. Darüber hinaus ist dem Betroffenen Auskunft über die Empfänger seiner Daten zu erteilen, sofern er dies vom Verantwortlichen verlangt.
Anwendungsbereich
Betroffene können ein Interesse an einer Einschränkung haben, wenn sie eine Löschung als zu radikal empfinden, diese nicht möglich oder nicht praktisch erscheint. Ein solcher Fall läge vor, wenn von vornherein damit gerechnet werden kann, dass die betroffene Person dem Verantwortlichen die Daten zu einem späteren Zeitpunkt wieder übermitteln möchte; im Fall der Einschränkung müssen die Daten dann nur wieder freigeschaltet und nicht neu erhoben werden. Art. 18 DS-GVO kann zudem zur Anwendung kommen, wenn der Kunde eines Unternehmens seine Daten weiterhin zur Vertragserfüllung gespeichert haben will, die Nutzung für Werbezwecke allerdings einschränkt werden soll.
Damit dem Einschränkungsgesuch der Betroffenen auch gerecht werden kann, sollen geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ergriffen werden, damit die jeweiligen personenbezogenen Daten nicht für andere als die in Abs. 2 genannten Zwecke verwendet werden. Es soll durch die jeweiligen Maßnahmen gewährleistet werden, dass die Daten in keiner Weise weiterverarbeitet oder verändert werden. Erwägungsgrund 67 der DS-GVO nennt ein paar Beispiele dazu, wie eine Einschränkung ablaufen kann. Hierzu zählen unter anderem die vorübergehende Übertragung der jeweiligen Daten auf ein anderes Verarbeitungssystem, eine Sperrung der Daten für Nutzer, sowie eine vorübergehende Entfernung der Daten von einer Website.
Frühere Regelungen im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG aF)
Art. 18 DS-GVO entspricht im weitesten Sinne dem Recht auf Sperrung statt Löschung aus §§ 20 Abs. 3-7 und 35 Abs. 3 und 4 BDSG aF. Im BDSG aF wurde stets von Datensperrung gesprochen, dies meint aber ebenso wie das Recht auf Einschränkung der Verarbeitung die vorübergehende Unbrauchbarmachung von personenbezogenen Daten, ohne diese gänzlich zu löschen. Im Wesentlichen stimmen die Regelungen im BDSG aF und der DS-GVO überein, dennoch gibt es kleine Unterschiede.
Art. 18 DS-GVO beinhaltet beispielsweise eine Einwilligungslösung, wohingegen die Vorschriften des BDSG aF von einer Widerspruchslösung ausgingen. Zudem ist die Regelung in der DS-GVO etwas schärfer als § 20 Abs. 3 bis 7 BDSG aF, in dessen Abs. 7 noch weitere Fälle aufgezählt sind, in denen eine Nutzung und Übermittlung der „gesperrten“ Daten ohne Einwilligung als zulässig angesehen wird. Als Beispiel ist die Verarbeitung zu wissenschaftlichen Zwecken zu nennen. Das Einschränkungsrecht der DS-GVO lässt eine weitere Nutzung der jeweiligen Daten nur zur Geltendmachung von Rechtsansprüchen, sowie bei Gebotenheit der Verarbeitung im öffentlichen Interesse, zu (s.o.). Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass nach § 20 Abs. 4 und § 35 Abs. 4 BDSG aF eine Datensperrung auch ausdrücklich für den Fall vorgesehen war, dass die Richtigkeit der Daten zwar bestritten wird, im Ergebnis aber weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Daten feststellbar ist. Eine Regelung zu den Fällen des sog. „non liquet“ (lat.: es ist nicht klar), in denen sich die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Daten nicht feststellen lässt, findet sich in der DS-GVO hingegen nicht. Solch eine ausdrückliche Bestimmung findet sich nur außerhalb der DS-GVO in § 58 Abs.1 S. 3, 4 BDSG, der eine Einschränkung der Datenverarbeitung auch dann vorsieht.
Fazit
Art. 18 DS-GVO ist ein Teil der Betroffenenrechte aus der DS-GVO und entspricht weitestgehend dem Recht auf Sperrung aus dem BDSG aF. Es ist scharf zu trennen vom Recht auf Vergessenwerden aus Art. 17 DS-GVO, welches auf die Löschung von personenbezogenen Daten abzielt. Das Einschränkungsrecht aus Art 18 DS-GVO kann in manchen Fällen interessengerechter sein als das Recht auf Datenlöschung aus Art. 17 DS-GVO. Dies liegt daran, dass die Daten teilweise noch zur Geltendmachung von Rechtsansprüchen benötigt werden oder der Betroffene die Verarbeitung seiner Daten beispielsweise nur im Rahmen von Werbung untersagen möchte, einer weiteren Verarbeitung aber zustimmt. Zudem ist zu beachten, dass den Verantwortlichen erweiterte Mitteilungspflichten aus Art. 18 Abs. 3 und Art 19 DS-GVO treffen.
In der Praxis wird bisher relativ selten vom Recht auf Einschränkung Gebrauch gemacht. Ein Antrag auf Datenlöschung ist indes viel häufiger.