Der Beschäftigtendatenschutz im digitalen Zeitalter: Herausforderungen und Lösungsansätze

Der Beschäftigtendatenschutz im digitalen Zeitalter: Herausforderungen und Lösungsansätze

Das Beschäftigtendatengesetz

 

In der modernen Arbeitswelt, die zunehmend von der Digitalisierung und datengetriebenen Prozessen geprägt ist, gewinnt der Beschäftigtendatenschutz immer mehr an Bedeutung. Ein eigenständiges Gesetz, das diesen komplexen Bereich umfassend regelt, gibt es in Deutschland trotz seiner Bedeutung noch nicht. Das Gesetz zur Stärkung eines fairen Umgangs mit Beschäftigtendaten und für mehr Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Beschäftigte in der digitalen Welt (RefE-BeschDG) soll künftig die Datenverarbeitung im Rahmen von Beschäftigungsverhältnissen regeln.

Was haben Arbeitgeber demnächst zu beachten?

 

Hintergrund zu dem Gesetz

Der Beschäftigtendatenschutz basiert im Wesentlichen auf den allgemeinen Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sowie den speziellen Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Insbesondere § 26 BDSG spielt eine zentrale Rolle, da er die Verarbeitung personenbezogener Daten von Beschäftigten regelt. Das Beschäftigtendatengesetz liegt gegenwärtig noch als Referentenentwurf vor. Der Europäischen Gerichtshof (EuGH C-34/21) hat festgestellt, dass § 26 BDSG, welcher zuvor die Datenverarbeitung in Beschäftigungsverhältnissen regelte, nicht den Grundsätzen der DS-GVO entspricht, weil er die Rechtsgrundlage aus der DS-GVO, insbesondere zur Vertragserfüllung nur wiederholt und damit unanwendbar ist.

Regelungen, die von nationalen Gesetzgebern erlassen werden, müssen besondere Maßnahmen zur Wahrung der menschlichen Würde, berechtigter Interessen und Grundrechte der Betroffenen berücksichtigten, weshalb eine bloße Wiederholung des Wortlautes der DS-GVO nicht genügt. Nach dieser Entscheidung war klar, dass es eine ausdifferenziertere Regelung geben muss, um für Transparenz und Rechtssicherheit sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Beschäftigtenseite zu sorgen.

Kernpunkte des Beschäftigtendatenschutzes 

Das RefE-BeschDG ist ein umfassendes Gesetz, das den Schutz personenbezogener Daten von Beschäftigten regeln soll. Es gilt sowohl für private als auch für öffentliche Arbeitgeber und umfasst einen breiten Anwendungsbereich.

Zentrale Ziele und Inhalte

 

Der Gesetzesentwurf zielt darauf ab, einen Ausgleich zwischen Interessen des Betriebs und denen der Beschäftigten zu schaffen. Das zeigt sich dadurch, dass eine Interessenabwägung im Einzelfall vorgenommen werden muss, sofern keine Einwilligung erteilt wurde. Aufseiten des Arbeitgebers stehen dann (legitime) betriebliche Gründe und auf der Seite des Beschäftigten sein Persönlichkeitsrecht. In der Abwägung der Interessen ist immer das Abhängigkeitsverhältnis eines Beschäftigten zu berücksichtigen.

Sofern eine Einwilligung erteilt wird, muss diese freiwillig und in informierter Weise erfolgen. Dafür muss der Beschäftigte frühzeitig informiert werden.

Wenn die Datenverarbeitung auf berechtigten betrieblichen Interessen beruht, müssen diese Interessen hinreichend gegenüber dem Betroffenen dargelegt werden.

Außerdem sind auch Regelungen bezüglich Künstlicher Intelligenz im Arbeitsverhältnis enthalten.

Ein Augenmerk wird fermer auf die Überwachung von Beschäftigten gelegt. Überwachungsmaßnahmen unterliegen strengen Regelungen. So sind Tonaufnahmen verboten, Videoaufzeichnungen sind lediglich zur Erfüllung von durch Rechtsvorschriften oder Kollektivvereinbarungen festgelegten Pflichten des Arbeitgebers oder zur Wahrung wichtiger betrieblicher Interessen erlaubt. Darüberhinausgehend ist auch dann eine Interessenabwägung vorzunehmen. Die Aufzeichnungen dürfen kurzzeitig und anlassbezogen oder stichprobenhaft bei einer Höchstspeicherfrist von 72 Stunden erfolgen.

Besondere Aspekte

Eine Besonderheit sind Beweisverwertungsverbote datenschutzrechtswidrig verarbeiteter Daten in einem gerichtlichen Verfahren über personelle Maßnahmen. Eine Ausnahme soll nur dann bestehen, wenn ein Missverhältnis zwischen dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten und den grundrechtlich geschützten Interessen des Arbeitgebers an der gerichtlichen Verwertung besteht. Das Bundesarbeitsgericht hat in seinen Entscheidungen bisher eher die Tendenz zu einer verwertungsfreundlicheren Praxis gezeigt. Nun scheint selbst ein vorsätzliches vertragswidriges Verhalten noch nicht für eine Verwertung zu sprechen, weil dadurch nicht automatisch ein offensichtliches Missverhältnis begründet werden kann.

Erfasst ist auch die Datenverarbeitung durch konzernangehörige Unternehmen. Diese dürfen Beschäftigtendaten ausschließlich für einen bestimmten Zweck zur Durchführung des Beschäftigtenverhältnisses, zur Erfüllung einer durch Rechtsvorschrift oder Kollektivvereinbarung festgelegten Pflicht oder zur Wahrung der berechtigten Interessen des Arbeitgebers oder des Konzernunternehmens erforderlich ist, verarbeiten. Dabei ist ferner erforderlich, dass die Interessen des Arbeitgebers überwiegen.

Unzulässig ist die Verarbeitung derjenigen Beschäftigtendaten, die den Kernbereich privater Lebensführung betreffen.

Verhältnis zur DS-GVO

Beide Regelungen ergänzen sich gegenseitig. Die DS-GVO bildet den allgemeinen Rahmen, während das RefE-BeschDG den spezifischen Bereich des Beschäftigtendatenschutzes konkretisieren und ergänzen. Es wird also nicht die DS-GVO ersetzen, sondern auf ihr aufbauen.

Ausblick

Wann das Gesetz in Kraft treten soll, ist noch nicht klar. Prognostiziert wird der Sommer 2025. Der Gesetzentwurf muss noch den parlamentarischen Prozess durchlaufen. Es bleibt abzuwarten, welche Änderungen sich im Laufe der Beratungen noch ergeben werden.

Fest steht: Ein eigenständiges Beschäftigtendatenschutzgesetz würde die Rechtslage in Deutschland erheblich verändern und könnte Vorbild für andere europäische Länder sein.

Handlungsbedarf von Unternehmen

Es ist bereits jetzt schon sinnvoll, die Verarbeitung von Beschäftigtendaten in Ihrem Unternehmen kritisch zu überprüfen und ggfls. anzupassen. Aufgrund der bestehenden Rechtsprechung des EuGH, ist es wichtig, nicht bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes zu warten, sondern proaktiv zu handeln, um bereits jetzt rechtskonform zu agieren.

Wir unterstützen Sie gerne bei der Bestandsaufnahme, führen für Sie die Erforderlichkeitsprüfung für den Umfang der Datenverarbeitung durch und beraten Sie, inwieweit Sie Ihre Mitarbeiter über Art und Umfang der Datenverarbeitung in Ihrem Unternehmen informieren müssen.

 

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Beschäftigtendatenschutz: Was darf der Chef?

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Die Kernaussage der DS-GVO hinsichtlich des Beschäftigtendatenschutz laut §26 BDSG und der Umgang mit besonderen Situationen

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Einführung  

Beschäftigtendatenschutz: Es geht um die Überwachung der Mitarbeitenden. Wie weit darf sie gehen, wo sind die Grenzen und welches Gesetz regelt es. Anders gefragt: was darf der Chef? 

Noch gibt es kein eigenes Gesetz, dafür aber zahlreiche Regelungen, die Anhaltspunkte liefern. Die Verhandlungen in Richtung einheitliches Beschäftigtendatenschutzgesetz laufen jedoch wieder an, nachdem der letzte Entwurf von 2010 nie verabschiedet wurde. Bisher hat nur Finnland ein solches Beschäftigtendatenschutzgesetz, die übrigen EU-Länder arbeiten mit Einzelfallregelungen. 

Es gilt also, die aktuellen Entwicklungen auf dem Schirm zu halten. Aktuell regelt insbesondere die DS-GVO den Beschäftigtendatenschutz. Sollte es aber zu einem eigenen Gesetz kommen, müsste die DS-GVO weiter konkretisiert werden.  

Wo stehen wir im Beschäftigtendatenschutz derzeit? 

Die Kernaussage der DS-GVO hinsichtlich des Beschäftigtendatenschutz laut §26 BDSG ist, dass personenbezogene Daten der Arbeitnehmer erhoben werden dürfen, wenn sie für die Erfüllung, Aufnahme oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich sind. Die Erhebung bedarf dann nicht der Einwilligung des Betroffenen.  

Darunter fallen  

  • Bewerberdaten
  • allgemeine Personen- und Kontaktdaten 
  • Kontoverbindung 
  • Tätigkeitsprofil bzw. Position 
  • Gesundheitsdaten 
  • Religionszugehörigkeit (notwendig für die Lohnabrechnung) 

Für die Erhebung darüberhinausgehender Daten bedarf es möglicherweise der Einwilligung des Betroffenen.  

Warum brauchen wir ein Beschäftigtendatenschutzgesetz? 

Die Frage ist: Wie soll mit besonderen Situationen umgegangen werden? Wie steht es z.B. mit der Videoüberwachung in der Produktion? Darf der Chef die Emails lesen, die vom Arbeitsrechner aus versendet werden? Darf er die Chronik der Internetnutzung überwachen?  

Die allgemein gehaltenen Regelungen der DS-GVO sind wenig konkret und nur bedingt für Einzelfälle ausgelegt, sie decken eher Standardsituationen ab. Es ist schwer zu klären, welche Daten denn nun wirklich für die Erfüllung, Aufnahme oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich sind.  

Die Interessen von Beschäftigten und Vorgesetzten können sehr weit auseinander liegen. Missbrauchsmöglichkeiten gibt es auf beiden Seiten. 

Das entscheidende Argument für mehr Beschäftigtendatenschutz ist das Machtgefälle zwischen Beschäftigten und ihren Vorgesetzten. Hier kann man nicht von „gleichem Recht für alle“ sprechen. Die Abhängigkeit von Lohn und Arbeitsplatz drängen den Beschäftigten in eine unsouveräne Rolle und lassen ihn manch bittere Pille schlucken aus Angst vor Konsequenzen. Eine solche bittere Pille sind z.B. Daten, die über ihn erhoben werden, gegen die er sich aber nicht zu wehren traut.  

Ein Gesetz könnte Klarheit und Schutz für alle Beteiligten schaffen.  

Ausblick 

Der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gegründete unabhängige Beirat und der Deutsche Gewerkschaftsbund haben Empfehlungen und Vorschläge ausgearbeitet, die jedoch zum Teil nicht sehr detailreich ausfallen. Bei der Ausgestaltung steht dem Gesetzgeber also noch ein großer Spielraum offen.  

Immerhin, die Empfehlungen und der Gesetzesentwurf wurden bereits veröffentlicht (s.u.). Vor dem Hintergrund der Festlegung im Koalitionsvertrag rückt es in den Bereich des Möglichen, dass ein Gesetz noch in dieser Legislaturperiode erlassen werden könnte. Mal sehen, wie der Gesetzgeber die Entwürfe ausarbeitet und was Bundestag und Bundesrat dazu sagen. 

Wenn Sie weiterführende Fragen zum Thema Beschäftigtendatenschutz haben, zögern Sie nicht, uns anzusprechen.  

Downloads

DGB-Entwurf-eines-Beschaeftigtendatenschutzgesetzes

Ergebnisse-Beirat-Beschaeftigtendatenschutz

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