Telefonwerbung und Datenschutz? Wir zeigen was zu beachten ist bei der Ausgestaltung der Einwilligung für das telefonisches Direktmarketing.
Voraussetzungen der Zulässigkeit von Telefonwerbung unter Berücksichtigung der DS-GVO
Einleitung
Im Urteil 1 K 732/19 vom 29. Oktober 2019 hat das Verwaltungsgericht Saarlouis (Bundesland Saarland) erörtert, welche Voraussetzungen eine Einwilligung in Telefonwerbung erfüllen muss.
In dem Urteil war zwischen den Parteien strittig, ob eine Einwilligung in telefonische Direktwerbung vorliegt. Des Weiteren hat sich das Gericht mit der Thematik beschäftigt, ob die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Aufsichtsbehörde maßgeblich ist oder ob die aktuelle Rechtslage, das heißt die DS-GVO, anzuwenden ist.
Einschlägige Rechtsnormen
Dem Sachverhalt lag eine Anordnung der zuständigen Aufsichtsbehörde zugrunde, wonach ein Unternehmen Direktmarketing per Telefon ohne rechtmäßige Einwilligung betreibt.
Das Verwaltungsgericht Saarlouis stellte klar, dass auch auf Sachverhalte ab dem 25.05.2018 die Richtlinie 2002/58/EG (ePrivacy-Richtlinie) in Verbindung mit der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) weiterhin Anwendung findet. Dies ergibt sich aus Art. 95 DS-GVO, wonach die DS-GVO natürlichen oder juristischen Personen bei einer „Verarbeitung in Verbindung mit der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste in öffentlichen Kommunikationsnetzen in der Union keine zusätzlichen Pflichten auf(erlegt), soweit sie besonderen in der Richtlinie 2002/58/EG festgelegten Pflichten unterliegen, die dasselbe Ziel verfolgen.“
Beim fraglichen telefonischen Direktmarketing handelt es sich um elektronische Kommunikationsdienste in öffentlichen Kommunikationsnetzen, so dass Art. 95 DS-GVO Anwendung findet. Dieser verweist wiederum auf die Bestimmungen der Richtlinie 2002/58/EG.
Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG regelt, dass unerbetene Nachrichten zum Zweck der Direktwerbung, die entweder ohne die Einwilligung der betreffenden Teilnehmer erfolgen oder an Teilnehmer gerichtet sind, die keine solchen Nachrichten erhalten möchten, nicht gestattet sind; welche dieser Optionen gewählt wird, ist im innerstaatlichen Recht zu regeln.
Somit ist auf Satz 2 des Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG abzustellen, der den Mitgliedstaaten die Möglichkeit bietet, in nationalen Gesetzen zu regeln, dass entweder:
Option 1: die Daten von Kunden gemäß Art. 13 Abs. 1 RL 2002/58/EG nur bei vorheriger Einwilligung genutzt werden (Opt-In) oder
Option 2: ein Unternehmen gemäß Art. 13 Abs. 2 RL 2002/58/EG die Daten von Kunden ohne vorherige Einwilligung nutzen darf, solange der Kunde nicht zuvor aktiv widersprochen hat (Opt-Out). Dieser Widerspruch wird in der Regel in nationale Register eingetragen.
Der deutsche Gesetzgeber hat von der ersten Option Gebrauch gemacht, verlangt also ein Opt-In. Dieses Gebot ist in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG geregelt, wonach stets eine unzumutbare Belästigung anzunehmen ist, wenn Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung (erfolgt).
Wie die Einwilligung auszugestalten ist, richtet sich wiederum nach den Bestimmungen der Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO in Verbindung mit Art. 4 Nr. 11 DS-GVO.
Demnach ist der Einwand des Unternehmens, dass die Aufsichtsbehörde nationalstaatliche Regelungen zur Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen heranzieht, abzuweisen. § 7 UWG dient nicht der Auslegung der DS-GVO, sondern findet ungeachtet der Bestimmungen der DS-GVO weiterhin Anwendung.
Abgesehen von den obigen Ausführungen, würde selbst ohne Heranziehen der Richtlinie 2002/58/EG und bei Abstellen ausschließlich auf die Bestimmungen der DS-GVO, das Resultat identisch sein, da dann ebenfalls für die Einwilligung die Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO in Verbindung mit Art. 4 Nr. 11 DS-GVO einschlägig wären, weil das telefonische Direktmarketing als Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DS-GVO anzusehen ist.
Ausgestaltung der Einwilligung für das telefonische Direktmarketing
Die Form der Einwilligung für das telefonische Direktmarketing richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO in Verbindung mit Art. 4 Nr. 11 DS-GVO.
Demnach muss gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO die betroffene Person ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke geben. Das heißt, die betroffene Person muss aktiv einwilligen (Opt-In). Zusätzlich muss die Einwilligung freiwillig erfolgen gemäß Art. 4 Nr. 11 DS-GVO.
Im vorliegenden Sachverhalt konnte das Unternehmen nicht den Nachweis über das Vorliegen einer Einwilligung erbringen. Das Unternehmen hat lediglich ein „Single-Opt-In-Verfahren“ angewendet. Zwar handelt es sich dabei um ein Opt-In-Verfahren. Allerdings wird dabei auf eine Anmeldebestätigung verzichtet. Das heißt, dass eine Anmeldung auf einer Webseite direkt mit einer E-Mail-Adresse erfolgen kann und damit in die Verarbeitung der Daten und dem Zusenden eines Newsletters an die angegebene E-Mail-Adresse eingewilligt wird. Dabei findet keine Überprüfung durch den Webseitenbetreiber statt, ob die E-Mail-Adresse tatsächlich dem registrierenden Nutzer gehört.
Aufgrund dieser fehlenden Identitätsüberprüfung sollte das „Double-Opt-In-Verfahren“ verwendet werden. Dabei wird ein Link an die angegebene E-Mail-Adresse geschickt, den der Nutzer bestätigen muss. Nur so wird gewährleistet, dass registrierende Nutzer keine E-Mail-Adressen benutzen können, die ihnen nicht gehören. Außerdem kann der Verantwortlich so den gemäß Art. 7 Abs. 1 DS-GVO geforderten Nachweis erbringen.
Dabei ist zu beachten, dass wenn Direktmarketing per Telefon erfolgen soll, dies explizit bei der Anmeldung des Nutzers angegeben werden muss, damit dieser darin einwilligen kann. Die bloße Angabe einer Telefonnummer im Rahmen der Registrierung für einen Newsletter oder wie im Sachverhalt zugrundeliegend ein Gewinnspiel darf nicht als Einwilligung in das Telefonmarketing genutzt werden, wenn sich die Zustimmung nur auf das Zusenden des Newsletters bezieht.
Im Fall hat sich das Unternehmen darauf berufen, dass gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO eine konkludente Einwilligung genügte, da der Anruf gewerblicher Natur war (B2B – Business-to-business) und es somit keiner expliziten Einwilligung bedurfte. Vorliegend wurde die angegebene Telefonnummer jedoch auch privat vom Geschäftsführer der GbR genutzt, was auch auf der Anmeldung ersichtlich war, so dass nach Ansicht des Gerichts sehr wohl eine Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO hätte eingeholt werden müssen.
Wenn die Einwilligung nicht bei Erhebung der Daten eingeholt wird, ist dies nachträglich auch nicht per telefonischer Nachfrage möglich. Auch dieser Anruf – mag er nur der Einwilligungsholung dienen – ist bereits als rechtswidrig einzustufen, da auch mit dem erstmaligen Anruf schon eine unzulässige Störung der Privatsphäre des Verbrauchers eingetreten ist. Der Anschlussinhaber kann sich gegen das Eindringen in seine Privatsphäre nicht von vornherein wehren und lässt sich meistens in Unkenntnis des Werbezwecks auf das Gespräch ein. Damit ist schon das Anrufen als solches wegen Belästigung anstößig.
Das VG Saarlouis betont außerdem, dass ein Double-Opt-in-Verfahren für die Verifizierung einer Telefonnummer per se nicht geeignet ist. Dabei verweist es auf das Urteil des BGH (10.02.2011 – I ZR 164/09). Ein Verbraucher kann absichtlich oder unabsichtlich eine falsche Telefonnummer angeben. Der Verbraucher mag durch das Double-Opt-in-Verfahren dann zwar wirksam in Telefonwerbung ihm gegenüber eingewilligt haben, der tatsächliche Anschlussinhaber der „falschen“ Telefonnummer hingegen nicht. Das Inkrafttreten der DS-GVO hat nichts an dieser Tatsache geändert.
Als Lösungsmöglichkeit, um eine Einwilligung in telefonisches Direktmarketing nachträglich einzuholen, bleibt die Nutzung des Postwegs, falls die Adressdaten vorliegen. Wenn der Verbraucher dann auf diese Weise einwilligt, ist jedoch zwingend eine Verifizierung der Telefonnummer notwendig, um zu verhindern, dass nicht der falsche Anschlussinhaber angerufen wird. Dies kann bei Mobilfunknummern per SMS erfolgen. Für Festnetzanschlüsse hat das VG Saarlouis keinen Lösungsvorschlag genannt.
Da dies vorliegend nicht der Fall war, hat das VG Saarlouis das telefonische Direktmarketing des Unternehmens als rechtswidrig eingestuft.
Fazit
Das VG Saarlouis hat klargestellt, dass § 7 UWG ungeachtet der Bestimmungen der DS-GVO weiterhin Anwendung findet. Für Unternehmen heißt das, dass sie gem. § 7 Abs. 2 S.1 UWG explizit eine Einwilligung beim Kunden einholen müssen aus der hervorgeht, dass der Kunde mit telefonischem Kontakt einverstanden ist, bevor sie diesen kontaktieren. Die Voraussetzungen an eine Einwilligung richten sich hingegen nach den Vorschriften der DS-GVO gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO in Verbindung mit Art. 4 Nr. 11 DS-GVO. Die Unternehmen müssen die Einwilligung gemäß Art. 7 Abs. 1 DS-GVO nachweisen können. Es muss eindeutig feststellbar sein, dass sich die Einwilligung des Kunden auf das Telefonmarketing bezieht. Ist dies nicht der Fall, bleibt nur das Einholen der Einwilligung auf dem Postweg. Ansonsten ist vom telefonischen Direktmarketing abzuraten. Außerdem sollte die Telefonnummer, wie bei einer E-Mail-Adresse, zum Beispiel per SMS verifiziert werden, bevor sie für das telefonische Direktmarketing genutzt wird.