Der Entwicklungsstand der KI-Verordnung
![](https://rickert.law/wp-content/uploads/2025/01/xxmarkus-spiske-iar-afB0QQw-unsplash-1024x682.jpg)
Die Europäische Verordnung über künstliche Intelligenz (KI-Verordnung bzw. AI-Act) ist am 01. August 2024 in Kraft getreten, wobei einzelne Regelungen sukzessive wirksam werden. Zu den einzelnen Änderungen finden Sie hier bereits erste Informationen. Die KI-Verordnung differenziert in ihren Verpflichtungen nach der Zuordnung zu Risikogruppen der jeweiligen KI-Systeme.
Pflichten ab Februar 2025
Ab dem 02. Februar 2025 werden die Titel I und II der KI-Verordnung wirksam.
Der erste Teil enthält allgemeine Bestimmungen, namentlich den Gegenstand des Gesetzes, den Anwendungsbereich, die Definitionen sowie Regelungen der sogenannten KI-Kompetenz.
Anbieter und Betreiber müssen die KI-Kompetenz ihrer Mitarbeitenden sicherstellen. Das beinhaltet umfassende technische Kenntnisse, Erfahrung sowie die Ausbildung und Schulung im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Davon umfasst sind auch Unternehmen, die mit KI arbeiten.
Die KI-Verordnung sieht keine konkreten Maßnahmen vor, um die geforderte KI-Kompetenz zu vermitteln. Allerdings wird das bloße Selbststudium den Anforderungen nicht genügen. Vielmehr sollen Schulungen und Weiterbildungsprogramme dafür sorgen, dass ein einheitlicher Wissens- und damit auch Kompetenzstand erreicht wird. Gegenwärtig wird an Leitlinien zur Umsetzung des AI-Acts gearbeitet, welche beispielsweise die Ernennung eines KI-Beauftragten sowie entsprechende Arbeitsgruppen einbeziehen.
Im zweiten Teil werden in dem einzigen Artikel 5 verbotene Praktiken im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz statuiert. Das sind zum Beispiel Social Scoring oder Systeme zum Zweck der kognitiven Verhaltensmanipulation. Maßgebend ist, dass bei diesen KI-Praktiken eine Bedrohung in der Form ausgeht, dass sie täuschen oder Personen aufgrund gewisser Merkmale zu einem bestimmten Verhalten manipulieren. Die Verwendung solcher KI-Systeme ist im Allgemeinen eher selten, aber dennoch sollten bereits verwendete Systeme überprüft werden. Auch zunächst harmlos wirkende Funktionen, wie zum Beispiel die Feststellung der Stimmung in Video-Konferenzen kann darunterfallen. Solche Praktiken sind nur in Ausnahmefällen zulässig.
Probleme der neuen Pflichten
Problematisch ist, dass es keine Frist zur Umsetzung von Schulungen gibt. Ab Wirksamwerden müssen die Mitarbeitenden lediglich über ausreichende Kompetenz verfügen. In Verbindung mit der fehlenden Nennung von geeigneten Maßnahmen in der KI-Verordnung selbst führt dies zu einer gewissen Unsicherheit, wie ein hinreichender Stand an KI-Kompetenz überhaupt erreicht werden kann.
In dem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass die Kontrolle der Umsetzung der Verpflichtungen den nationalen Behörden obliegen soll. In Deutschland wird voraussichtlich die Bundesnetzagentur die Aufsicht übernehmen, die Einrichtung der Aufsichtsbehörde soll jedoch erst zum 02. August 2025 erfolgen. Mangels bestehender Aufsichtsbehörde ist zunächst unklar, was die Konsequenz einer Nichteinhaltung sein wird. Nicht geklärt ist deshalb, ob ungeschulte Mitarbeitende ab Wirksamwerden nicht mehr mit KI arbeiten dürfen.
Unternehmen sollten jedoch im Auge behalten, dass eine unterlassende Schulung der Mitarbeitenden eine Schadensersatzpflicht auslösen kann, sofern ein Schaden durch die Verwendung Künstlicher Intelligenz entstanden ist, welcher bei ordnungsgemäßer Schulung hätte verhindert werden können.
Das führt dazu, dass eine entsprechende Schulung eine Sorgfaltspflicht der Unternehmen darstellt und aufgrund der potenziellen Schadensersatzpflicht im Eigeninteresse der Anbieter oder Betreiber liegt.
Wirksamwerden weiterer Pflichten
Schrittweise werden weitere Regelungen der KI-Verordnung wirksam.
Ab dem 02. August 2025 treten neben Verwaltungsvorschriften auch Regelungen über KI-Systeme für allgemeine Zwecke in Kraft. Unter „allgemeine Zwecke“ sind vielseitig einsetzbare KI-Systeme zu verstehen. Anbieter von solchen Systemen, die vor diesem Zeitpunkt in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wurden, müssen bis zum 02. August 2027 mit den Vorschriften des AI-Acts in Einklang gebracht werden.
Ab diesem Zeitpunkt sollen Behörden in den Mitgliedsstaaten eingerichtet werden, welche Konformitätsbewertungen von Hochrisiko-Systemen vornehmen. Außerdem sollen auch auf Unionsebene Verwaltungsapparate eingerichtet werden, nämlich ein Büro für Künstliche Intelligenz und ein entsprechendes Gremium. Zusätzlich treten die in Kapitel 12 genannten Sanktionen in Kraft.
Die meisten übrigen Bestimmungen werden am 02. August 2026 wirksam, mit Ausnahme des Art. 6 Abs. 1 KI-VO. Das sind umfassende Regelungen für das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme und die Verwendung von KI-Systemen innerhalb der Europäischen Union.
Ab dem 02. August 2027 werden die Vorschriften auf risikobehaftete Systeme ausgeweitet, die bereits durch andere EU-Bestimmungen reguliert werden. Bestandteile von bestimmten IT-Großsystemen, die vor diesem Zeitpunkt in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wurden, müssen bis zum 31. Dezember 2030 mit den Vorschriften der KI-Verordnung konform sein.
Worauf sollten Unternehmen achten?
Unternehmen sollten vor allem auf die Schulung ihrer Mitarbeitenden achten. Sofern ein sicherer und fachkundiger Umgang jeder Person, die mit Künstlicher Intelligenz arbeitet, sichergestellt ist, kann der Angst einer Schadensersatzpflicht vorgegriffen werden. Außerdem ist es sinnvoll, bereits vor Inkrafttreten festzustellen, welche Arten der KI in dem Unternehmen genutzt werden, um künftige Pflichten eingrenzen zu können. Vorab kann eine Information über Schulungs- oder Weiterbildungssysteme sowie die Einteilung nach Wissensstand helfen, um den Bedarf im Unternehmen zu ermitteln. Auch eine etwaige Beteiligung des Betriebsrats muss berücksichtigt werden.
Außerdem sollten Sie bereits jetzt sicherstellen, dass Sie kein verbotenes KI-System im Sinne des Art. 5 Abs. 1 KI-VO verwenden und falls doch, ob eine Ausnahme greift.
Gerne prüfen wir Ihre bereits verwendeten Systeme und unterstützen Sie im Hinblick auf geeignete Maßnahmen für einen mit der KI-Verordnung konformen Umgang mit Künstlicher Intelligenz.
![](https://rickert.law/wp-content/uploads/2022/10/25_Orange-Silver-01-1-1024x314.png)