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Wir informieren Sie über das Kopplungsverbot und gehen dabei insbesondere auf dem Begriff der Freiwilligkeit ein.

DSGVO

Neues zum Kopplungsverbot – Begriff der Freiwilligkeit

Einleitung

Seit Verbreitung der „Kostenloskultur“ im Internet findet das Kopplungsverbot zunehmende Beachtung im Datenschutz. Das Kopplungsverbot war in Deutschland in § 28 Abs. 3b BDSG a.F. normiert und bezog sich nur auf Monopolsituationen, wonach es einem Dienstleister untersagt war, eine Leistungserbringung von der Einwilligung des Betroffenen in eine Datenerhebung oder Datenverarbeitung seiner personenbezogenen Daten abhängig zu machen. Erst mit Einführung der DS-GVO fand diesbezüglich ein Paradigmenwechsel in Deutschland statt, so dass sich das Kopplungsverbot auf jede Verarbeitung personenbezogener Daten erstreckt.

Siehe dazu auch: früheren Blogbeitrag.

Problematik 

Das Kopplungsverbot des Art. 7 Abs. 4 DS-GVO ist getrennt vom Erforderlichkeitsgrundsatz des Art. 6 Abs. 1 lit. b) DS-GVO zu betrachten. Nach diesem ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten nur erlaubt, wenn diese zur Durchführung eines Vertrags oder vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich ist. 

Hingegen regeln Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a, Art. 7 Abs. 4 DS-GVO die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die für die Erfüllung eines Vertrages eben nicht zwingend erforderlich sind, und so nicht der Regelung des Art. 6 Abs. 1 lit. b) DS-GVO unterfallen. In diesen Fällen ist explizit eine Einwilligung des Betroffenen notwendig. Zwingende Voraussetzung für diese Einwilligung ist unter anderem nach Art. 7 Abs. 4 DS-GVO, dass diese von den Betroffenen freiwillig erteilt wurde. Fehlt es an der Freiwilligkeit der Einwilligung, ist diese unwirksam und die Verarbeitung rechtswidrig.

Damit bemisst sich die Reichweite des Kopplungsverbots nach der Freiwilligkeit der Einwilligung. Wie das Erfordernis der Freiwilligkeit auszulegen ist, regelt Art. 7 Abs. 4 DS-GVO:

„(Es muss) dem Umstand in größtmöglichem Umfang Rechnung getragen werden, ob unter anderem die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung zu einer Verarbeitung von personenbezogenen Daten abhängig ist, die für die Erfüllung des Vertrags nicht erforderlich sind.“

Hingegen verneint Erwägungsgrund 43 DS-GVO bereits die Freiwilligkeit, wenn:

„zu verschiedenen Verarbeitungsvorgängen von personenbezogenen Daten nicht gesondert eine Einwilligung erteilt werden kann, obwohl dies im Einzelfall angebracht ist, oder wenn die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung abhängig ist, obwohl diese Einwilligung für die Erfüllung nicht erforderlich ist.“

Wie man sieht, legt einerseits Art. 7 Abs. 4 DS-GVO den Begriff der Freiwilligkeit weit aus („in größtmöglichem Umfang“), andererseits grenzt Erwägungsgrund 43 ihn stärker ein („…wenn die Erfüllung eines Vertrags (…) von der Einwilligung abhängig ist.“) Diese Diskrepanz führt zu einer Rechtsunsicherheit, mit der sich die Rechtsprechung wird befassen müssen.

Urteil des OLG Frankfurt 

Das OLG Frankfurt beschäftigte sich im Urteil vom 27.06.2019 (Az.: 6 U 6/19) damit, ob die Klägerin dem beklagten Unternehmen eine Einwilligung für Werbeanrufe erteilt hat. Die Einwilligung für Werbeanrufe war mit der Teilnahme an einem Gewinnspiel gekoppelt. Ohne ein solche Einwilligung war die Teilnahme am Gewinnspiel nicht möglich. Das Unternehmen rief in der Folge die Klägerin an und berief sich hierbei auf die durch die Teilnahme an dem Gewinnspiel erhaltene Genehmigung. Da die Beklagte keinen Nachweis über das Vorliegen einer Einwilligung erbringen konnte, entschied das Gericht zugunsten der Klägerin auf Unterlassung der Werbeanrufe. 

Merkmal der Freiwilligkeit

Das Gericht stellt jedoch fest, dass keine Bedenken gegen die wirksame Einwilligung bestehen, wenn der Verbraucher der Werbung zugestimmt hat und der Geschäftsbereich des werbenden Unternehmens hinreichend klar beschrieben worden ist. Eine Umschreibung des Geschäftsbereichs mit „Marketing und Werbung“ ist nicht genug präzise, da nicht erkennbar ist, für welche Art von Produkten die Einwilligung in die Werbung erteilt wurde.

Zudem muss die Einwilligung freiwillig erfolgen. Nach dem OLG Frankfurt ist eine Einwilligung „freiwillig“, wenn sie „ohne Zwang“ erteilt wird – was der Begriffsbestimmung des Art. 2 lit. h) RL 95/46/ EG entspricht. Dabei muss der Betroffene eine echte oder freie Wahl haben und somit in der Lage sein, die Einwilligung zu verweigern oder zurückzuziehen, ohne Nachteile zu erleiden (siehe Erwägungsgrund Art. 42 S. 5 DS-GVO). Auf den Betroffenen darf kein Druck ausgeübt werden. Ein bloßes Anlocken durch Versprechen einer Vergünstigung, oder die Teilnahme an einem Gewinnspiel, reicht nicht, um Druck zu erzeugen. Wer sich für ein Gewinnspiel anmeldet und im Gegenzug seine Daten im Rahmen einer Werbeeinwilligung preisgibt, tut dies ohne Zwang. Die Verknüpfung eines Einwilligungserfordernisses mit der Teilnahme an einem Gewinnspiel stehe der Freiwilligkeit einer solchen Einwilligung nicht entgegen. 

Fazit

Das OLG Frankfurt hat in seinem Urteil zwar eine Präzisierung des Merkmals der „Freiwilligkeit“ im Rahmen von Werbeeinwilligungen vorgenommen. Anzumerken ist jedoch, dass das Gericht nicht explizit zum Kopplungsverbot aus Art. 7 Abs. 4 DS-GVO Bezug nimmt. Auch ob ein DS-GVO-Verstoß über das Wettbewerbsrecht sanktioniert werden kann, wird vom Gericht nicht angesprochen. 

Auch ist weiterhin unklar, wie die Wirksamkeit einer früheren Einwilligung für die Nutzung eines kostenlosen Dienstes nach Änderung der AGB dieses Dienstes zu beurteilen ist, was besonders für die Nutzung von großen sozialen Netzwerken wie Facebook relevant sein dürfte.

Somit lässt sich festhalten, dass das OLG Frankfurt ein absolutes Kopplungsverbot ablehnt. Dies ist zu begrüßen, da es Usus in der Kostenloskultur des Internets ist, einen Teil seiner personenbezogenen Daten freiwillig preiszugeben, um in den Genuss zahlreicher Dienste zu kommen. Es wäre praxisfern, anzunehmen, dass Verbraucher den Großteil dieser Dienste weiterhin nutzen würden, wenn sie kostenpflichtig wären. Ob dem Verbraucher die Preisgabe seiner Daten „wert“ ist oder er lieber ganz auf den Dienst verzichtet, muss er selbst entscheiden.

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