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Wir beleuchten das Urteil des LG Köln und erläutern, was unter unlauterer und insb. irreführender Werbung zu verstehen ist.

LG Köln: „Nirgendwo-günstiger“-Garantie ist irreführend und wettbewerbswidrig

Einleitung

Häufig sind Werbeaussagen provokant oder versprechen einem sehr viel, gerade um bei Verbrauchern im Gedächtnis zu bleiben. Solche Werbeaussagen verleiten geradezu dazu, sich über deren Zulässigkeit und Wahrheitsgehalt Gedanken zu machen.

Um solche markigen Werbeaussagen ging es auch in dem Rechtsstreit zwischen einem deutschen Versicherungsunternehmen und einem Internetvergleichsportal. Die Versicherungsgesellschaft, dessen Versicherungen nicht bei dem Vergleichsportal vermittelt werden, hat wegen unzulässiger Werbeaussagen gegen das Portal geklagt.

Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand vor allem ein Werbeslogan des Vergleichsportals in einem Werbespot für Kfz-Versicherungen, in dem mit einer „Nirgendwo günstiger“-Garantie geworben wurde. Das Versicherungsunternehmen hielt diesen Slogan für unzulässig, weil er suggeriere, dass das Internetportal immer die günstigsten Versicherungen anbiete und vermittle. Dies sei nach Ansicht der Versicherungsgesellschaft jedoch nicht der Fall; es gäbe zum Teil bei anderen Anbietern oder Maklern günstigere Tarife.

Die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts (LG) Köln hat nun entschieden, ob die Werbeaussagen wettbewerbswidrig sind oder nicht.

Unlautere Werbung

Ob Werbung unlauter und demnach unzulässig ist, richtet sich nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Demnach können Werbeaussagen in vielerlei Hinsicht wettbewerbswidrig sein. Das UWG schützt Verbraucher sowie Mitbewerber.

Der Schutz der Mitbewerber wird vor allem in § 4 UWG deutlich. Die Norm zählt einzelne Handlungen in Bezug auf Mitbewerber auf, die wettbewerbswidrig sind. Beispiele sind gem. § 4 Nr. 1 UWG die Herabsetzung oder Verunglimpfung eines Mitbewerbers und nach § 4 Nr. 2 UWG das Anschwärzen oder die Kreditschädigung eines Mitbewerbers.

In den §§ 3, 5-7 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen gegen Verbraucher aufgelistet. Demnach kann vergleichende Werbung gem. § 6 UWG wettbewerbswidrig sein. Dies ist beispielweise gem. § 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG der Fall, wenn der Vergleich nicht objektiv auf wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen wird oder nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG, wenn sich eine vergleichende Werbung nicht auf nachprüfbare Tatsachen bezieht.

Werbung kann schließlich auch wettbewerbswidrig sein, wenn sie irreführend gem. § 5 UWG ist. Eine Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG liegt vor, wenn eine geschäftliche Handlung zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung beinhaltet. Hierbei kommt es auf die Beurteilung einer Person des maßgeblichen Verkehrskreises, also eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers, an. Es ist entscheidend, welchen Gesamteindruck das beworbene Produkt bei ihnen vermittelt. Die Gefahr der Irreführung muss sich nicht bei allen Mitgliedern des angesprochenen Verkehrskreises realisieren, es genügt, wenn ein erheblicher Teil den Werbeslogan als irreführend empfindet. Dabei ist es irrelevant, ob die Aussage objektiv richtig ist oder nicht, es kommt nur darauf an, was dem Verbraucher durch die Aussage vermittelt wird. Demnach kann eine objektiv richtige Aussage eine subjektive Fehlvorstellung hervorrufen, was zur Irreführung und Unlauterkeit führt. 

Eine Irreführung kann gem. § 5a UWG auch durch ein Unterlassen hervorgerufen werden. Dies ist anzunehmen, wenn dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten wird, die er benötigt, um eine geschäftliche Entscheidung zu treffen oder das Vorenthalten der Information geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Handlung bewegen, die er sonst nicht vorgenommen hätte. 

Entscheidung des LG (Urt. v. 22.04.2020, Az. 84 O 76/19)

Das LG kam zu dem Schluss, dass die Werbung mit einer „Nirgendwo günstiger“-Garantie für den Verbraucher irreführend sein könnte. Verbrauchern, die sich für eine Autoversicherung interessieren, vermittle dies den Eindruck, bei dem Internetvergleichsportal immer den günstigsten Tarif zu erhalten. Das Garantieversprechen suggeriere zudem, dass das Vergleichsportal die Gewähr dafür übernehme, dass wirklich kein anderer Anbieter für Kfz-Versicherungen günstiger sei. Dies sei jedoch, so auch nach Ansicht der Versicherungsgesellschaft, nicht der Fall. Das LG stellte klar, dass das Vergleichsportal nur in ca. achtzig Prozent der Fälle den am Markt günstigsten Preis anbiete.

Die kurze Einblendung im Werbespot, dass der Kunde eine Entschädigung erhalte, wenn das Vergleichsportal doch nicht den günstigsten Tarif anbiete, schließe die Irreführung nicht aus und mache sie erst recht nicht unschädlich. Das Anbieten einer Entschädigung erwecke beim Verbraucher nur den Eindruck, dass es sich in einem solchen Fall um einen äußerst seltenen „Ausreißer“ handele, so das Kölner Gericht. Folglich stelle die „Nirgendwo-günstiger“-Garantie eine Irreführung nach §§ 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG dar und sei mithin wettbewerbswidrig.

Das LG bemäkelte zudem weitere Werbeaussagen des Vergleichsportals. Auf der Website des Portals wurde auf eine vermeintlich schlechte Schadensregulierung der klagenden Versicherungsgesellschaft hingewiesen. Dieser Hinweis war nur für Portalbesucher sichtbar, die vorher angaben, ihr Kfz bei der Klägerin versichert zu haben. Das LG hielt den Hinweis für rechtswidrig, weil die Kritik für das versicherungsunternehmen diffamierend, einseitig und zudem wenig fundiert sei. Dies stelle ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 1, 2 UWG dar.

Des Weiteren sei die Verwendung des Tarifnotensystems des Internetportals unzulässig, da die Kriterien willkürlich und für den Verbraucher nicht nachvollziehbar seien. Es fehle an der nötigen Transparenz. Nach Ansicht des LG sei dies eine unzulässige vergleichende Werbung im Sinne der §§ 3, 6 Abs. 2 UWG.

Darüber hinaus kritisierte das LG, dass das Vergleichsportal mit Testsiegeln werbe, ohne dass ersichtlich sei, um welchen Test es sich handele und ohne eine Fundstelle der Testergebnisse zu nennen. Das Werben mit den Testsiegeln sei in der konkreten Form also rechtswidrig gem. §§ 3, 5a UWG.

Das LG hat der Klage des Versicherungsunternehmens stattgegeben und die verschiedenen Werbeaussagen des Vergleichsportals für unzulässig erklärt. Das Internetportal wurde unter anderem zur Unterlassung der unzulässigen Werbeaussagen und zum Schadensersatz verurteilt.

Fazit

Dies war nicht das erste Gerichtsverfahren zwischen dem Internetvergleichsportal und dem Versicherungsunternehmen; die Parteien sind seit einigen Jahren immer mal wieder in Rechtstreitigkeiten verwickelt. So auch 2018, als das LG Köln (Urt. v. 18.09.2018 – 31 O 376/17) bereits eine Werbung mit der „Nirgendwo günstiger“-Garantie untersagt hatte. Das Vergleichsportal hatte seine Werbung sodann geringfügig angepasst. Die vermehrten Rechtsstreitigkeiten könnten auf den Konkurrenzkampf in der Kfz-Versicherungsbranche zurückzuführen sein.

Das Urteil des LG ist bisher noch nicht rechtskräftig, das Vergleichsportal kann noch in Berufung gehen. Es bleibt also abzuwarten, ob es bei der Entscheidung bleibt, oder ob die nächsthöhere Instanz eventuell anders entscheidet.

 

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