Entwicklungsstand zum neuen IT-Sicherheitsgesetz

Wir klären Sie über die aktuellen Entwicklungen zum IT-Sicherheitsgesetz auf.

Entwicklungsstand zum IT-Sicherheitsgesetz

Seit nun fast zwei Jahren wird an einer Erweiterung zum IT-Sicherheitsgesetz gearbeitet. Das IT-Sicherheitsgesetz ist erstmals im Juli 2015 in Kraft getreten (IT-SiG 1.0). Lange wurde über ein zweites Gesetz diskutiert, das sog. IT-SiG 2.0, dessen Fertigstellung ursprünglich bereits im Jahr 2019 erwartet wurde, jedoch bis heute nicht verabschiedet wurde. Stattdessen wurden drei weitere Referentenentwürfe eingereicht bis schließlich der dritte Entwurf am 16.12.2020 von der Bundesregierung beschlossen wurde. Dieser Beschluss blieb nicht ohne Kritik, da der Beschluss bereits innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage des dritten Referentenentwurfs erfolgte. Kritiker sehen diesen Zeitraum als zu kurz an, um noch die restlichen Problemstellen des Entwurfs zu bereinigen, wie zum Beispiel die Höhe der Kosten oder die Verwendung von Netzwerkkomponenten chinesischer Netzwerkausrüster. Zudem beanstanden sie, dass die gesetzlich erforderliche Evaluierung nicht stattgefunden hat. Eine Verabschiedung wird nicht vor Frühjahr 2021 erwartet. Die erste Lesung des Gesetzes erfolgte am 28.01.2021 und wurde mit zwei Anträgen zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.

Wozu dient das IT-Sicherheitsgesetz im Allgemeinen?

Der Fokus des Gesetzes ist die Verbesserung der Sicherheit und des Schutzes der IT-Systeme und Dienste. Insbesondere im Bereich der kritischen Infrastrukturen (KRITIS) sollen diese Verbesserungen erreicht werden. Aber auch die IT-Sicherheit der Bundesverwaltung, der Unternehmen sowie der Bürger wird von den Regelungen des IT-Sicherheitsgesetzes erfasst.

Um die Sicherheit informationstechnischer Systeme weiter zu erhöhen und ganzheitliche Ansätze zu integrieren wurde ein Entwurf für ein zweites Gesetz (IT-SiG 2.0) ausgearbeitet.

Was soll mit dem neuen Gesetz erreicht werden?

Mit dem neuen Gesetz soll die Informationssicherheit weiter verbessert werden. Der Fokus liegt vor allem auf der Ausweitung von Befugnissen des BSI. Das BSI soll nun verstärkt als Verbraucherschützer auftreten und dafür u.a. ein IT-Sicherheitskennzeichen einführen dürfen. Dadurch soll letztlich auch die IT-Sicherheit von Produkten sichtbar gemacht werden.

Das BSI erhält durch das neue Gesetz auch das Recht auf Abfrage- und Anordnungsbefugnis gegenüber Telekommunikationsdienstanbietern.

Im Rahmen der Gesetzesänderung sollen des Weiteren die bestehenden Meldepflichten für Betreiber von KRITIS auf weitere Teile der Wirtschaft erstreckt werden.

Darüber hinaus ist das BSI nun befugt Daten über einen längeren Zeitraum zu speichern. Im Entwurf ist ein Zeitraum von zwölf Monaten vorgesehen.

Des Weiteren soll das BSI vermehrt mit dem BKA oder dem Verfassungsschutz zusammenarbeiten.

Außerdem beinhaltet das neue Gesetz mehrere Änderungen oder Eingriffe in andere Gesetze, bspw. das TKG, TMG oder das EnWG, sowie erhebliche Änderungen des Bußgeldregimes.

Was haben Unternehmen zu beachten?

Sofern der Gesetzesentwurf verabschiedet wird, haben Unternehmer insbesondere folgende Änderungen zu beachten:

Zunächst sind die drastisch steigenden Geldbußen zu nennen. Im IT-SiG 1.0 lag der Strafrahmen bei 100.000,00 € pro Verstoß und nun werden Geldbußen bis zu 2.000.000,00 € veranschlagt. In vorherigen Entwürfen war noch eine Bußgeldverhängung in Höhe von 20.000.000,00 € oder eine Verknüpfung an die Jahresumsätze vorgesehen. Dahingehend wurde zumindest eine mildere Regelung getroffen, wenngleich die jetzige Bußgeldhöhe als empfindlich einzustufen ist.

Weiter wird das Security Incident & Event Management System (SIEM) verpflichtend, bisher galt es nur als Empfehlung. Bei einem SIEM handelt es sich um ein softwarebasiertes Konzept aus dem Bereich des Sicherheits-Managements, mit dem ein umfassender und zentralisierter Überblick über die Sicherheitslage einer IT-Infrastruktur ermöglicht wird.

Des Weiteren werden Unternehmen von besonderem öffentlichem Interesse dazu verpflichtet sich beim BSI zu registrieren und im Rahmen einer Selbsterklärung darzulegen, welche Schutzmaßnahmen zur IT-Sicherheit vorgesehen sind und durchgeführt werden. Unternehmen stehen dann im besonderen öffentlichen Interesse, wenn sie nach ihrer inländischen Wertschöpfung zu den größten Unternehmen in Deutschland gehören und daher von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung sind. Welche Unternehmen dann konkret unter diese Regelung fallen, muss von der Rechtsverordnung noch abschließend definiert werden. Vor allem ist bislang nicht ersichtlich, ob diese Unternehmen immer noch unter Aufsicht des BSI stehen, wenn sie wirtschaftlich betrachtet nicht mehr zu den größten Unternehmen zählen.

Fazit

Die Erweiterung des Schutzes für kritische Infrastrukturen und die Abwehr von Gefahren für die Wirtschaft und Allgemeinheit ist durchaus zu begrüßen. Dennoch geht durch die Ausweitung der Befugnisse des BSI ein weitgehender Eingriff in die technischen Zugriffs- und Weisungsbefugnisse einzelner Unternehmen einher. Diese Befugnisse sollten nicht dem BSI zustehen. Ferner weist das neue Gesetz noch Lücken auf, die letztlich erst durch Rechtsverordnungen ausgefüllt werden müssen und so die Unternehmen vor einigen Unsicherheiten stellt. Insgesamt stellt das neue IT-SiG 2.0 die Unternehmen vor einen höheren bürokratischen Verwaltungsaufwand und unverhältnismäßigen Sanktionsmaßstab.

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Relativierung des Käuferschutzes bei PayPal

Im Folgenden gehen wir auf zwei BGH-Urteile zum Käuferschutz bei PayPal ein, welche sich insbesondere mit dem Erlöschen der Kaufpreisforderung auseinandersetzen.

Relativierung des Käuferschutzes bei PayPal 

Einführung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass Verkäufer trotz käuferseitig in Anspruch genommenen PayPal-Käuferschutzes die Zahlung des Kaufpreises erneut verlangen können, auch wenn der Online-Bezahldienst das bereits gezahlte Geld schon zurückgebucht hat (Urt. v. 22.11.2017, Az. VIII ZR 83/16, VIII ZR 213/16). 

Was ist PayPal?

PayPal ist ein Online-Bezahldienst für den Online-Handel, bei dem der Käufer nach Registrierung den sogenannten PayPal-Käuferschutz beanspruchen kann. Wenn die bestellte Ware nicht ankommt oder wesentlich von der Artikelbeschreibung abweicht, bucht PayPal dem Käufer nach Prüfung des Antrags den gezahlten Kaufpreis zurück und belastet in entsprechender Höhe das PayPal-Konto des Verkäufers. Der Bezahldienst ist für den Käufer kostenlos, beim Verkäufer wird bei jedem Geldeingang unter Verwendung von PayPal eine Provision abgezogen. 

Nun entschied der BGH, dass Verkäufer den Käufer trotz des PayPal-Käuferschutzes auf Kaufpreiszahlung in Anspruch nehmen können. Das bedeutet jedoch nicht, dass der PayPal-Käuferschutz nun völlig leerläuft. Nach Ansicht des BGH wird der Käufer nach wie vor besser gestellt als der Verkäufer, da der Käufer den Kaufpreis unverändert rückerstattet bekommt, der Verkäufer hingegen seine Ansprüche erst einklagen muss. 

Die Sachverhalte

Im ersten Fall (Az. VIII ZR 83/16) kaufte der beklagte Kunde ein Mobiltelefon über die Internetplattform eBay unter Nutzung des Bezahlungsdienstes PayPal. Der Käufer (kein Verbraucher) behauptete, das Paket nie erhalten zu haben und beantragte die Rückerstattung des Kaufpreises über Paypal. Der Verkäufer klagte auf erneute Zahlung des Kaufpreises und bekam vom Landgericht Essen Recht. Das Risiko des Verlustes des Pakets sei aufgrund des vereinbarten Versendungskaufs auf den Käufer übergegangen, sodass ihm auch der PayPal-Käuferschutz nicht half. 

Im zweiten Fall (Az. VIII ZR 213/16) hingegen entsprach der Kaufgegenstand nach Ansicht des Käufers nicht der Artikelbeschreibung, sodass dieser bei PayPal ebenfalls die Rückerstattung des Kaufpreises beantragte. Während das Landgericht Saarbrücken die Klage des Verkäufers auf Zahlung des Kaufpreises als nicht begründet sah, verwies der BGH das Landgericht Saarbrücken nun zur erneuten Verhandlung. 

Wann erlischt ein Anspruch auf Kaufpreiszahlung?

Maßgeblich war bei der Entscheidung der Zeitpunkt, wann der Anspruch des Verkäufers gegen den Käufer auf Zahlung des Kaufpreises erlischt bzw. ob noch ein Anspruch auf Kaufpreiszahlung bestehen kann, nachdem PayPal den bereits gezahlten Kaufpreis zurückgebucht hat. 

Ein Anspruch erlischt grundsätzlich, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird, § 362 Abs. 1 BGB. Dabei kommt es auf den Leistungserfolg an, das heißt die Leistung muss beim Gläubiger eintreten. Bei Geldschulden erlischt der Anspruch also erst, wenn der Schuldner den Geldbetrag an den Gläubiger gezahlt hat und der Betrag dem Konto des Gläubigers vorbehaltslos gutgeschrieben wird. Konkret bezogen auf PayPal bedeutet das, dass der Käufer von seiner Zahlungspflicht erst befreit wird, wenn der Kaufpreis dem PayPal-Konto des Verkäufers gutgeschrieben wird.

Die Entscheidungen des BGH

Der BGH sieht den Anspruch auf Kaufpreiszahlung aber wieder begründet, sofern das PayPal-Konto des Verkäufers rückbelastet wird. Das würden die Vertragsparteien stillschweigend durch die Nutzung von PayPal vereinbart haben. Eine interessengerechte Vertragsauslegung führe zu dem Ergebnis, dass PayPal lediglich isoliert über Anträge auf Käuferschutz entscheide. Davon unberührt blieben die gesetzlichen und vertraglichen Rechte der Vertragsparteien. Während also der Käufer neben dem PayPal-Käuferschutz auch die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte und die staatlichen Gerichte bei Nicht- oder Schlechtleistung in Anspruch nehmen kann, solle auch dem Verkäufer das Recht zustehen, den wiederauflebenden Anspruch auf Kaufpreiszahlung – auch gerichtlich – durchzusetzen.

Diese Ansicht begründet der BGH mit dem lediglich vereinfachten Prüfungsmaßstab durch PayPal, wodurch eine sachgerechte Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien nicht sichergestellt werden könne. Anders als beim gesetzlichen Mängelgewährleistungsrecht würde PayPal nur über Anträge auf Käuferschutz entscheiden, sodass die Interessen der Verkäufer zunächst unberücksichtigt blieben. Die PayPal-Käuferschutzrichtlinie schließe gerade nicht den Rechtsweg für den Verkäufer aus, da „die gesetzlichen und vertraglichen Rechte zwischen Käufer und Verkäufer nicht“ berührt würden und „separat von diesen zu betrachten“ seien, was insgesamt für eine Wiederbegründung des Kaufpreisanspruchs gegen den Käufer spräche. Zudem bleibe der Käufer dadurch privilegiert, dass dieser den Kaufpreis unverändert rückerstattet bekommen könne, wohingegen der Verkäufer seinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung gerichtlich einzuklagen habe. Zudem solle PayPal nicht faktisch die Kontrolle der deutschen Gerichte über die Streitigkeiten entziehen, indem es in kaufrechtlichen Streitigkeiten als „Richter“ fungiert. Zumal prüfe PayPal Streitigkeiten aufgrund der unzureichenden Interessenabwägung der Vertragsparteien nicht in vergleichbarer Qualität wie ein Gericht. 

Weiter ließ sich der BGH von der Erwägung leiten, dass sich der PayPal-Käuferschutz gegen Verbraucher richten könne, wenn der Verkäufer kein Unternehmer, sondern Verbraucher ist. Um dem entgegen zu wirken und den Verbraucherschutz zu stärken, entschied sich der BGH für eine Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien.

Eine ähnliche Entscheidung traf der BGH 2010 bezüglich des SEPA-Lastschriftverfahrens. Auch dort war das Gericht der Ansicht, dass die Erfüllungswirkung nachträglich bei einem Widerruf der Lastschrift durch den Schuldner gegenüber seiner Bank entfalle (BGH Urt. v. 20.07.2010, Az. XI ZR 236/07).

Folgen der BGH Entscheidung 

Das Urteil des BGH bringt einige Unsicherheiten für den Verbraucher mit sich. Fraglich ist, welche Konsequenzen sich daraus ergaben, dass das Vertragsverhältnis zwischen Verkäufer und Paypal Auswirkungen auf den Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Käufer hat, wenn der BGH seine Entscheidung auf eine stillschweigende Parteivereinbarung durch die Verwendung des Bezahlsystems PayPal stützt. 

Im Ergebnis erteilt der BGH dem größten Vorteil von PayPal der vollständigen Absicherung für die Käufer eine Absage: Künftig können Verkäufer nun also doch die Käufer zur Zahlung in Anspruch nehmen. Auf Händlerseite könnte PayPal als eine Art Versicherung gegen Zahlungsausfall, auf Kundenseite als eine Art Versicherung gegen Online-Shop-Risiken wie Nicht- oder Schlechtleistung einzuordnen sein.

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Einbindung von Social Media Buttons auf Websites

Wir erklären die rechtlichen Probleme, die im Zusammenhang mit Social Media Plugins auftreten können.

Einbindung von Social Media Buttons auf Websites

Einführung

Wer im Internet etwas findet, was ihm gefällt, möchte das auch mitteilen, also bspw. „liken“, „sharen“ oder „twittern“. Diese Möglichkeiten bieten Social Media Buttons, die beinahe auf jeder Webseite angebracht sind und mit deren Hilfe Nutzer in den sozialen Netzwerken ihr „Gefällt mir“ kundtun können. Das problematische dabei ist allerdings, dass gleichzeitig mit dem Laden der Webseite, die einen solchen Button enthält, Daten des Webseitenbesuchers sofort an den Netzwerkbetreiber übersendet werden, unabhängig davon, ob der Nutzer registriert oder nicht registriert, eingeloggt oder abgemeldet ist. Über den eingeloggten Nutzer werden dabei am meisten Daten gebündelt: Facebook beispielsweise kann den Nutzer anhand seines Nutzerprofils eindeutig identifizieren, seine IP-Adresse zuordnen und sein Internetverhalten anhand der besuchten Webseiten bestimmen, um damit gezieltere Werbeanzeigen zu schalten. 

Die bisherige Rechtsprechung 

Das LG Düsseldorf hat am 09.03.2016 entschieden, dass die Einbindung von Facebook-Buttons – selbiges dürfte aber auch für die ähnlich funktionierenden Buttons anderer sozialer Netzwerke gelten – ohne Einwilligung des Nutzers und ohne Aufklärung über Zweck und Funktionsweise des Buttons gegen § 3a UWG iVm § 13 TMG verstößt und damit unlauter ist. § 12 TMG sieht nämlich vor, dass personenbezogene Daten nur weitergegeben werden dürfen, wenn Rechtsvorschriften dies ausdrücklich erlauben oder der Betroffene in informierter Weise eingewilligt hat. Im Rahmen dieser Entscheidung ist auch die Frage aufgeworfen worden, aber offen geblieben, ob dynamische IP-Adressen personenbezogene Daten sind. Diese Frage hat der BGH als Vorlagefrage an den EuGH gestellt, der dies im Oktober 2016 auch entschieden hat: Dynamische IP-Adressen sind personenbezogene Daten nach § 3 Abs. 1 BDSG, wenn sie Rückschlüsse auf eine bestimmte oder bestimmbare Person zulassen. Dies ist laut EuGH der Fall, wenn der Webseitenbetreiber über rechtliche Mittel verfügt, die es ihm ermöglichen die konkrete Person zu ermitteln, die hinter der IP-Adresse steht. Mit dieser Maßgabe entscheidet sich der EuGH weder für den bisher vertretenen „absoluten Maßstab“, der es ausreichen lässt, wenn irgendein beliebiger Dritte die betroffene Personen identifizieren kann, noch für den „relativen Maßstab“, der das Vorliegen personenbezogener Daten nur annimmt, wenn die konkrete verarbeitende Stelle die Identifizierung der Person vornehmen könnte. Die Daten dürfen also nur erhoben werden, wenn der Nutzer informiert ist und ausdrücklich eingewilligt hat. Daher muss jeder Webseitenbetreiber noch vor Erhebung der Daten eine solche Einwilligungsmöglichkeit vorsehen. Ein Hinweis in der Datenschutzerklärung alleine reicht hierbei nicht.

Handlungsempfehlung für Webseitenbetreiber mit Social-Media Buttons 

In der Praxis werden derzeit zwei Lösungen für die Einbindung eingesetzt: Die sog. „zwei-Klick-Lösung“ und die „Shariff“-Lösung. Bei der „Zwei-Klick-Lösung“ muss der Nutzer durch ein aktives Anklicken den Social-Media-Button zunächst aktivieren und kann dann anschließend durch einen zweiten Klick Inhalte teilen oder liken. Eine Übermittlung der Daten wird so erst durch ein aktives Handeln des Nutzers ausgelöst, zuvor wird eine automatische Übermittlung verhindert. Die „Shariff“-Lösung stellt eine Weiterentwicklung der „zwei-Klick-Lösung“ dar und ermöglicht die Aktivierung schon durch einen Klick, wobei die Buttons von ihrem Erscheinungsbild her leichter erkennbar sind, als die Hinweis-Buttons der „Zwei-Klick-Lösung“ und für den Nutzer daher leichter und sicherer zu bedienen sind. Ob diese Lösungen jedoch absolut rechtskonform sind, ist gerichtlich nicht erklärt, sodass auch dieser Weg hinsichtlich etwaiger Rechtsunsicherheiten nur unter Vorbehalt zu empfehlen ist. Ein rechtssicheres Handeln kann derzeit wohl nur dadurch erreicht werden, dass die Page-Plugins sowie Like- und Sharebuttons nicht genutzt werden.

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LG Wiesbaden zur rechtlichen Einordnung von SCRUM

Wir beleuchten das Urteil des LG Wiesbaden und gehen genauer darauf ein, welchen zivilrechtlichen Vorschriften SCRUM unterliegt.

LG Wiesbaden zur rechtlichen Einordnung von SCRUM

Einleitung

Das LG Wiesbaden hat am 30.11.2016 entschieden, dass für SCRUM das Werkvertragsrecht anzuwenden sei. Obwohl Scrum als agile Softwareentwicklung tendenziell dem Dienstvertrag unterfällt, scheint eine durchgehende Einordnung als Dienstvertrag nicht sachgerecht. 

Zum Sachverhalt 

Die Beklagte als sog. Projekt-Owner plante die Erstellung einer Internet-Plattform, die dazu dienen sollte, ehemalige Soldaten und potentielle Arbeitgeber aus der Wirtschaft zusammenzubringen. Diesbezüglich schloss die Beklagte mit der Klägerin als Programmierteam und zugleich auch SCRUM-Master einen LOI (Ein LOI – englisch Letter of Intent – ist eine unverbindliche Absichtserklärung zwischen zwei oder mehreren Vertragspartnern, in dem die Vertragsparteien bestätigen, dass sie in Verhandlungen über einen Vertragsabschluss stehen. Der LOI bildet i.d.R. die Grundlage für den anschließenden Vertrag. Er begründet keinerlei Rechtsansprüche.). Die Parteien vereinbarten, dass das Projekt im sog. SCRUM-Verfahren durchgeführt werden sollte. 

SCRUM ist ein agiler Prozess in der Software-Entwicklung. Der Begriff entstammt dem Englischen und bezeichnet das „Gedränge“ von Rugbyspielern um den Spielball. In der Software-Entwicklung wird der Begriff deswegen genutzt, weil sich das gesamte Team ähnlich wie beim Rugby täglich trifft, um sich gegenseitig abzustimmen und zu informieren. Beim SCRUM-Verfahren erfolgt die Softwareerstellung in kleinen Schritten orientiert an den vom Auftraggeber fortlaufend definierten Aufgaben oder vorgegebenen, in der Software abzubildenden Sachverhalten, ohne dass zuvor das Endergebnis der Entwicklung festgelegt ist. Dabei ist der SCRUM-Master dafür verantwortlich, dass das Projekt gelinkt und das gewünschte Ergebnis erzielt wird. Das Verfahren zeichnet sich dadurch ab, dass der Kunde am Anfang in Umrissen beschreibt, was er möchte. Die Software wird dann durch die Entwicklung sog. Sprints zur Projektreife entwickelt und programmiert. Diese Methode eignet sich besonders in den Fällen, in denen der Auftraggeber selbst nicht über genügende Kenntnisse verfügt, um wie bei der klassischen Softwareerstellung ein Lasten- und Pflichtenheft zu erstellen. 

Aus dem oben bezeichneten Projekt begehrt die Klägerin Schadensersatz. Die Parteien verhandelten über eine Projektbeendigung gegen Zahlung einer gewissen Summe. Die Beklagte leistete aber nur teilweise. 

Entscheidungsgründe des LG 

Das LG Wiesbaden wies die Klage als unbegründet ab. Nach der Auffassung des LG unterliegt das vorliegende Vertragsverhältnis den werkvertragsrechtlichen Vorschriften. Denn für die Parteien war nicht die Tätigkeit der Klägerin im Rahmen des Projekts entscheidend, sondern die Realisierung der angestrebten Plattform. Somit lag ein erfolgsabhängiges Schuldverhältnis vor. 

Der vereinbarte Erfolg – die Verwirklichung der Plattform – ist nicht eingetreten. Zwar handelt es sich hier nicht um eine klassische IT-Leistung, die eindeutig unter das Werkvertragsrecht einzuordnen wäre, sondern um eine Software-Erstellung im sog. SCRUM-System. Nach diesem System wird auf eine vorgeschaltete Planungsphase verzichtet, da die Planung unmittelbarer Bestandteil des Erstellungsprozesses ist und innerhalb der verschiedenen Sprints stattfindet. Obwohl die Verantwortlichkeiten der Beteiligten im Gegensatz zum klassischen Softwareerstellungsvertrag nicht eindeutig voneinander abzugrenzen sind, bleibt es bei der agilen Software-Erstellung bei der Konzeptionshoheit des Auftraggebers und der Ausführungsverantwortlichkeit des Auftragnehmers. 

Ferner vertritt die Beklagte die Auffassung, dass ein Vergütungsanspruch der Klägerin bereits aus dem Grund zu verneinen sei, dass die Leistung nicht fertiggestellt wurde. Jedoch scheitert der Werklohnanspruch der Klägerin nicht nur daran. Die Klägerin kann die Bezahlung des Werklohns schon vor Fertigstellung und Abnahme des Werkes verlangen, weil die Beklagte mit dem Ausgleich der fälligen Rechnungen der Klägerin in Verzug war und die Parteien deshalb die Zusammenarbeit beenden wollten. Aufgrund dessen scheitert der Werklohnanspruch nach der Auffassung des LG daran, dass die von ihr erbrachten Teilleistungen mangels einer hinreichenden Dokumentation für die Beklagte unbrauchbar und damit letztlich wertlos sind. Das seitens des LG eingeholte Sachverständigengutachten hat bei der Überprüfung der Java-Doc-Dokumentation festgestellt, dass eine übergreifende System-/Architektur-Dokumentation gefehlt hat. Diese System-Architektur ist nach den Ausführungen des Sachverständigen essentiell zum Verständnis des Sourcecodes. Ohne die System-Architektur kann eine Weiterführung der Arbeitsergebnisse der Klägerin durch einen Außenstehenden nicht durchgeführt werden. 

Stellungnahme 

Die Entscheidung des LG Wiesbaden statuiert ein Exempel im Hinblick auf die Vertragsgestaltung von Scrum. Obwohl agile Softwareentwicklungen, wie beispielsweise Scrum, tendenziell als Dienstvertrag einzustufen sind, ordnet das LG diese unter das Werkvertragsrecht ein. 

Dies hat zur Bedeutung, dass Scrum anwenderfreundlicher und zugleich haftungsreicher ist. Die Anwenderfreundlichkeit lässt sich auf die werkvertragsrechtlichen Vorschriften zurückführen. Zentrales Argument ist dabei, dass der Auftragnehmer einen Erfolg statt eine Leistung schuldet. Außerdem bestehen bei der Annahme eines Dienstvertrags keine Mängelrechte. 

Eine durchgehende Einordnung als Werkvertrag ist nicht sachgerecht, da die Eigenheit agiler Projektverfahren eine vertragsrechtliche Differenzierung erfordert. Es hat eine vertragsrechtliche Differenzierung zwischen der Phase bis zur Herstellung einer ersten Fassung einer lauffähigen und demonstrierbaren Grundfunktionalität und der darauffolgenden Phase der Anpassung und Weiterentwicklungen zu erfolgen. Erstere liegt ausschließlich im Verantwortungsbereich des Auftragnehmers. Dieser schuldet die Erbringung eines vereinbarten Erfolgs und ist daher klar unter das Werkvertragsrecht zufassen. Letztere Phase ist durch die starke Mitwirkung und Mitgestaltung des Auftraggebers geprägt und daher unter das Dienstvertragsrecht zu fassen. Nach dieser Differenzierung ist allenfalls die Annahme eines gemischt-typischen Vertrags sachgerecht.

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