Die ordentliche Kündigung eines internen Datenschutzbeauftragten ist nicht möglich.
Interne Datenschutzbeauftragte: Sonderkündigungsschutz mit Konfliktpotential.
Der deutsche Sonderkündigungsschutz für betriebsinterne Datenschutzbeauftragte ist europarechtskonform und verletzt nicht die Grundrechte des Arbeitgebers. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit seinem Urteil vom 25. August 2022 – 2 AZR 225/20 bestätigt.
Einleitung
Datenschutzbeauftragte haben eine exponierte Rolle mit Konfliktpotential. Daher ist im deutschen Recht vorgesehen, dass interne Datenschutzbeauftragte öffentlicher und nichtöffentlicher Stellen nur aus wichtigem Grund gekündigt werden dürfen (§§ 6 Abs. 4, 38 Abs. 2 BDSG). Bei nichtöffentlichen Stellen ist zudem die Kündigung auf Verlangen der Aufsichtsbehörde möglich (vgl. § 40 Abs. 6 S. 2 BDSG). Durch die Regelung soll sichergestellt werden, dass behördliche und betriebliche Datenschutzbeauftragte ihre Pflichten unabhängig und frei von Angst vor Repressalien ausüben können. Die nationale Regelung im BDSG geht allerdings über das Schutzniveau der europäischen DS-GVO hinaus. Art. 38 Abs. 3 S. 2 DS-GVO stellt lediglich fest, dass die Abberufung oder Kündigung von Datenschutzbeauftragten nicht aufgrund der Erfüllung ihrer Aufgaben erfolgen darf. Die ordentliche Kündigung eines/einer Datenschutzbeauftragen aus anderen Gründen ist somit nach der DS-GVO möglich.
Das BAG musste sich mit der Frage nach der Vereinbarkeit beider Regelungen auseinandersetzen und bezog auch an den EuGH zur Klärung mit ein. In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine Arbeitnehmerin, die u. a. als Datenschutzbeauftragte bestellt worden war, ihren Arbeitgeber verklagt, weil sie im ersten halben Jahr nach Beginn des Arbeitsverhältnisses noch während der Probezeit ordentlich gekündigt wurde.
Kein Konflikt mit Europarecht
Im Rahmen des vom BAG angestrengten Vorabentscheidungsverfahrens hat der EuGH entschieden, dass abweichende nationale Regelungen zum Kündigungsschutz von Datenschutzbeauftragten mit der DS-GVO vereinbar sind, sofern sie die Verwirklichung der Ziele der DS-GVO nicht beeinträchtigen (EuGH, Urteil vom 22. Juni 2022 – C-534/20). Das wäre der Fall, wenn die Kündigung eines/einer Datenschutzbeauftragten seitens der verantwortlichen Stelle, der/die nicht im Sinne der DS-GVO agiert, verhindert oder in unzumutbarer Weise erschwert werden würde. Abgesehen davon steht den Unionsmitgliedstaaten aber grundsätzlich frei, den Kündigungsschutz zu erweitern. Schließlich haben sie die Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Arbeitsrechts. Die DS-GVO dient gerade nicht der Regelung des Arbeitsverhältnisses, sondern dem Schutz personenbezogener Daten. Das BAG hat sich in seiner Entscheidung darauf gestützt und die Regelung im BDSG mit Verweis in das Arbeitsrecht folgerichtig für zulässig befunden.
Kein ungerechtfertigter Eingriff in die Grundrechte des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber wird durch den im BDSG normierten Sonderkündigungsschutz nicht in unzulässiger Weise in seinen Grundrechten beschränkt. Zwar wurde ein Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) gesehen, weil die Möglichkeit besteht, dass der Arbeitgeber als Unternehmer durch die Regelung in seiner Erwerbs- und Leistungstätigkeit beeinträchtigt wird. Dieser sei jedoch gerechtfertigt. Nach Ansicht des BAG sei die Regelung nämlich notwendig, um im Interesse eines effektiven Datenschutzes sicherzustellen, dass der/die Datenschutzbeauftragte wegen der unabhängigen Ausübung seiner/ihrer Tätigkeit keine Nachteile zu befürchten hat. Hinzu kommt, dass es dem Arbeitgeber freistehe, einen internen Mitarbeiter oder externen Dritten zu bestellen. Der Arbeitgeber müsse demnach eine eigenverantwortliche Abwägung treffen.
Was ist hinsichtlich der Kündbarkeit von Datenschutzbeauftragen zu berücksichtigen?
Der Sonderkündigungsschutz für Datenschutzbeauftrage öffentlicher und nichtöffentlicher Stellen, besteht für diejenigen, welche in einem Arbeitsverhältnis mit der verantwortlichen Stelle stehen. Es gilt
… unabhängig davon, ob die Kündigung mit der Erfüllung der datenschutzrechtlichen Aufgaben zusammenhängt.
… unabhängig davon, ob die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte/r nur einen Teil der Gesamttätigkeit des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin ausmacht.
… auch bei neu eingestellten ArbeitnehmerInnen sofort – nicht etwa erst nach der vereinbarten Probezeit.
… noch ein Jahr nach dem Ende der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte/r fort (§ 6 Abs. 4 S. 3 BDSG).
Der Sonderkündigungsschutz erstreckt sich nicht auf externe Datenschutzbeauftragte. Sie stehen in einem Dienstleistungsverhältnis zu der verantwortlichen Stelle und sind daher nicht in selbem Maße schutzbedürftig. Hinsichtlich ihrer Kündigung gilt jedoch weiterhin der europarechtliche Art. 38 Abs. 3 S. 2 DS-GVO. Das bedeutet auch in ihrem Fall darf die ordentliche oder außerordentliche Kündigung nicht allein deshalb erfolgen, weil der/die Datenschutzbeauftragte seine/ihre Aufgaben nach § 39 Abs. 1 DS-GVO erfüllt. Zwar steht es den Mitgliedstaaten frei einen besonderen Kündigungsschutz zu gewähren, wovon Deutschland im Hinblick auf interne Datenschutzbeauftragte auch Gebrauch gemacht hat, das Schutzniveau der DS-GVO für die Kündbarke it von Datenschutzbeauftragten darf jedoch in keinem Fall unterschritten werden.
Falls Sie Fragen oder Anliegen im Zusammenhang mit der Bestellung, Abberufung oder Kündigung von Datenschutzbeauftragten haben, stehen wir Ihnen gerne zur Seite.
Kontakt: RA Matthias Bendixen
Instanzenzug
AG Nürnberg vom 22.07.2019, Az. 3 Ca 4080/18
https://openjur.de/u/2297433.html
Berufung
LArbG Nürnberg, Urteil v. 19.02.2020 – 2 Sa 274/19
https://openjur.de/u/2296978.html
Revision
BAG, Urteil vom 25. August 2022 – 2 AZR 225/20
(Vorlagebeschluss des BAG vom 30.07.2020:
EuGH, Urteil vom 22. Juni 2022, Az. C – 534/20)