Rechtliche Betrachtung von App-Käufen

Im Folgenden gehen wir näher auf die vertraglichen Beziehungen beim Kauf von Apps ein.

Rechtliche Betrachtung von App-Käufen

Einführung

Ein Klick und vielleicht noch ein kurzes, unbedachtes Tippen auf den Akzeptieren-Button und schon ist die App runtergeladen. Dabei passiert aus rechtlicher Betrachtungsweise in diesem kurzen Vorgang eine Menge zwischen dem Anbieter, dem Store-Betreiber und dem Anwender, was rechtlich nicht immer eindeutig eingeordnet werden kann. Kaufe ich mit dem Herunterladen die App und erhalte ich nur Nutzungsrechte daran? Wer ist eigentlich mein Vertragspartner, der Anbieter oder der Betreiber? Und welche Willenserklärung mit welchem genauen Inhalt wird wann von wem abgegeben?

Vertragsbeziehungen der Beteiligten

Sowohl Google als auch Apple unterscheiden zwischen zwei Kategorien von App-Produkten: Zum einen die Apps, die von Google oder Apple selbst entwickelt wurden und zum anderen sog. Dritt-Apps, die von einem Drittanbieter entwickelt werden, aber über den Store von Google oder Apple vertrieben werden. 

Die Vertragsverhältnisse in der ersten Konstellation sind eindeutig: Geht es um den Download einer eigens entwickelten App, so wird der Store Betreiber unzweifelhaft Vertragspartner. So sehen es auch die Nutzungsbedingungen der Storebetreiber selbst vor. 

Anders verhält es sich, wenn über den Store Dritt-Apps von anderen Anbietern heruntergeladen werden. Ein Blick in die Nutzungsbedingungen von Apple verrät:

Indem Apple den App Store zur Verfügung stellt, handelt Apple als Vertreter für App-Provider [Anbieter / Entwickler] und ist keine Partei des Kaufvertrages oder der Benutzervereinbarung zwischen Ihnen und dem App-Provider. 

Auch Google formuliert eine ähnliche Klausel. Es soll also aus Sicht der Store Betreiber direkt ein Vertrag zwischen dem Anwender und dem Anbieter, also dem Entwickler der App zu Stande kommen. Ganz so einfach ist es jedoch nicht: Für den Nutzer ergibt sich ein völlig anderes Bild. Beim Download einer App nimmt der Nutzer ausschließlich den Store Betreiber als Vertragspartner wahr, der ihm direkt gegenübersteht. Daher wird teilweise in der juristischen Literatur angenommen, dass eine bloße Erwähnung eines Anbieters bzw. Entwicklers nicht ausreiche, anzunehmen, dass dieser tatsächlich auch Vertragspartner werde. Denn dies entspreche nicht der Wahrnehmung des Endkunden. 

Eine andere Ansicht betont, dass der Nutzer den Store eher als Marktplatz betrachte, ähnlich wie die Angebote bei Ebay oder Amazon und der Store Betreiber als technischer Dienstleister hinter dem App-Entwickler zurücktrete. Aus Nutzerperspektive würde also ein Vertrag mit dem Anbieter der App geschlossen. Gleichzeitig sei die Nutzerperspektive jedoch falsch und der Blick auf das Verhältnis zwischen Store Betreiber und Anbieter zu lenken. Denn aus den Verträgen zwischen App-Store und Anbieter ergäbe sich, dass kein direkter Vertrag zwischen Nutzer und Anbieter gewollt sei.

Aus Sicht anderer Stimmen in der juristischen Literatur, die die herrschende Meinung darstellen, wiederum, soll maßgeblich auf den objektiven Empfängerhorizont abgestellt und die Auslegung der Willenserklärungen nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen vorgenommen werden, sodass es von der konkreten Gestaltung des Vertriebs abhänge, wer Vertragspartner werde. Doch auch nach dieser Betrachtungsweise sind unterschiedliche rechtliche Konstruktionen denkbar: 

Kommissionsgeschäft 

Aus dem Developer Program License Agreement (iDPLA) und auch der Formulierung, der Store Betreiber wolle nur als Vertreter auftreten, geht hervor, dass ein Kommissionsgeschäft gem. § 383 HGB beabsichtigt sein könnte. Dabei würde der Store Betreiber im eigenen Namen auf fremde Rechnung handeln, also auf Rechnung der Entwickler. Der Annahme eines Kommissionsgeschäfts steht jedoch entgegen, dass der Kommissionär dann auch selbst Vertragspartner werden würde. In den Nutzerbedingungen wird jedoch eindeutig jeder direkte Vertragsschluss zwischen dem Store und dem Nutzer ausgeschlossen, so zumindest bei Apple, sodass die eigenen vertraglichen Ausarbeitungen bereits widersprüchlich wären und ein Kommissionsgeschäft hier nicht sachgemäß erscheint. 

Mittelbare Stellvertretung 

Lässt man das Innenverhältnis zwischen Store Betreiber und Anbieter zunächst außer Betracht und stellt auf den objektiven Erklärungswert des Vertreterhandelns ab, käme auch eine Stellvertretung nach §§ 164 ff. BGB in Betracht. Nach dem Offenkundigkeitsprinzip muss der Vertreter erkennbar im Namen des Vertretenen auftreten, es muss also deutlich werden, dass der Vertretene und nicht der Vertreter Vertragspartner werden soll. Fraglich ist hier dann also, ob das Verhalten des App-Store und die Erwähnung in den AGB den Anforderungen des Offenkundigkeitsprinzips genügen. Aus dem Sinn und Zweck des Offenkundigkeitsprinzips und auch der Wertung des § 164 Abs. 2 BGB ergibt sich, dass aus dem Handeln des Vertreters und nicht aus dessen Willen hervor gehen muss, wer Vertragspartner werden soll. Aus objektiver Betrachtungsweise und vor dem objektiven Empfängerhorizont erscheint aber der App-Store als Vertragspartner. Auch die fehlende Anbieterkennzeichnung nach § 5 Abs. 1 TMG und die Informationen nach § 312d BGB für den Entwickler sprechen dagegen, ihn als Vertragspartner zu werten. 

Aktueller Stand bei Google und Apple 

Nach den vorgenannten Erwägungen kommt es also maßgeblich darauf an, wie der App-Store auftritt und inwiefern der Anbieter für den Nutzer als tatsächlicher Vertragspartner erkennbar ist. Bei Google haben sich die Nutzungsbedingungen in den letzten Jahren weitgehend konkretisiert und der Vertragspartner festgelegt, sodass bei Dritt-Apps immer der Anbieter Vertragspartner wird. Apple dagegen schließt in seinen Nutzungsbedingungen noch immer aus, bei dem Verkauf einer Dritt-App Vertragspartner zu werden, obwohl das äußere Erscheinungsbild eher dahin zu deuten ist, dass Apple die wesentliche Kontrolle über alle Inhalte, Werbung und technische Inhalte innehat, sodass mehr dafür spricht den AppStore als Vertragspartner einzustufen.

Fazit 

Entscheidendes Merkmal bei der Beurteilung, zwischen welchen Parteien der Vertragsschluss stattfindet, ist ob der Anbieter ausdrücklich in den App-Stores benannt ist und er für den Nutzer als solcher erkennbar ist, oder ob er hinter den Betreiber zurücktritt. Diese Einschätzung kann jedoch durch Umgestaltung des Stores oder expliziterer Formulierungen in den Nutzungsbedingungen schnell Änderung erfahren, sodass dieses Problem immer aktueller Beurteilung bedarf.

Willenserklärungen der Beteiligten 

Bei dem automatischen Vorgang des App-Erwerbs durch wenige Klicks stellt sich bereits die Frage, welcher der Beteiligten wann eine Willenserklärung mit welchem Inhalt abgibt. Konkret: Worin ist das Angebot zu sehen und wer erklärt wann die Annahme? 

Wie auch im normalen Geschäftsverkehr stellt das Anbieten eines Produkts noch keine Willenserklärung dar, sondern bloß eine invitatio ad offerendum. Also eine Einladung ein Angebot abzugeben. So wird im Online-Handel beispielsweise nicht schon der Vertrag mit Bestellung geschlossen, sondern erst durch eine Bestätigungsmail des Shop-Betreibers oder Zusendung der Ware. Anders zu beurteilen sind dagegen vollautomatische Systeme: Hier geht man davon aus, dass der Vertrag automatisch abgewickelt werden soll, ohne dass noch eine Annahme erfolgt. Dabei besteht dann ein genereller Geschäftswille und der Produktanbieter erklärt ein „Angebot an jedermann“. Bei dem Kauf von Apps im Onlinestore könnte man zunächst davon ausgehen, dass beim Vertrieb von virtuellen Gütern, bei denen auch kein Bedürfnis besteht den Warenbestand zu überprüfen oder ein Angebot abzulehnen, falls das Produkt nicht mehr vorrätig ist, der komplette Kaufprozess automatisiert ablaufen soll, sodass in dem Bereitstellen im App-Store ein „Angebot an jedermann“ gesehen werden könnte. 

Die Nutzungsbedingungen von Google Play dagegen, sagen etwas anderes: „Ihr Vertrag über den Erwerb und die Nutzung von Inhalten gilt als abgeschlossen, sobald Sie von Google eine E-Mail-Bestätigung für den Kauf erhalten.“ Die Klausel klingt zunächst danach, dass die Bestätigungs-E-Mail das Angebot darstellen soll. Näher betrachtet könnte sie jedoch auch unwirksam sein, da bei dem Nutzer durch die tatsächliche Gestaltung des Vertragsschlusses ein anderer Eindruck erweckt würde und es sich somit um eine überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB handeln könnte. Darüber hinaus kann es zu Konstellationen kommen, in denen die Bestätigungs-E-Mail noch nicht erhalten wurde, aber die App bereits installiert wird, was laut Nutzungsbedingungen von Google die Vertragserfüllung darstellt. Dies kann von Google bereits nicht gewollt sein. Vieles spricht also dafür ein „Angebot an jedermann“ anzunehmen, denn der Vertragsschluss liegt voll und ganz in den Händen des Nutzers und damit läge ein Angebot bereits in dem Bereitstellen der App im App-Store.

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Die Werkvertragsreform 2018

Wir gehen näher auf die Werkvertragsreform 2018 ein und erläutern die Auswirkungen auf das IT-Recht.

Die Werkvertragsreform 2018

Einleitung

Bundesrat und Bundestag haben diverse Änderungen des Schuldrechts verabschiedet. Ab 2018 kommt es zu Neuerungen im Bereich des Werkvertragsrechts, des Bauvertragsrechts, des Architekten- und Ingenieurvertragsrechts sowie des Kauf- und Reisevertragsrechts. 

Auswirkungen auf IT-Verträge

Die Änderungen im Bereich des Werkvertragsrechts wirken sich auch auf IT-Verträge aus: IT-Projektverträge können Werkverträge eingestuft werden, wenn die Erstellung einer Software geschuldet oder die Veränderung etwa des Programmcodes einer bereits bestehenden Software Vertragsgegenstand ist. Beispielhaft kann die Anpassung von Standardsoftware anhand kundenspezifischer Anforderungen genannt werden. Im Gegensatz zum Dienstvertrag steht beim Werkvertrag die Erfolgsbezogenheit der Unternehmerverpflichtung im Vordergrund. Maßgeblich ist im Einzelfall der Schwerpunkt der Leistungsbeschreibung. Ein Werkvertrag und die Regelungen des Werkvertragsrechts können nicht durch die Bezeichnung als „Dienstvertrag“ umgangen werden, sofern nach der vertraglichen Leistungsbeschreibung Erfolg geschuldet ist. 

In Abgrenzung dazu sind die Normen aus der kaufrechtlichen Mängelhaftung insbesondere für die dauerhafte Überlassung von Standardsoftware anzuwenden. Standardsoftware wird als vorgefertigtes Produkt weitestgehend ohne anwenderbezogene Anpassungen angeboten. 

Reichweite und Geltung der Änderungen im Werkvertragsrecht

Die Gesetzesänderungen treten am 01.01.2018 in Kraft und gelten für alle Verträge, die ab Jahresbeginn geschlossen werden. Auf bis zum 01.01.2018 geschlossene Verträge – selbst wenn sie erst nach dem 01.01.2018 erfüllt werden – finden die neuen Regelungen keine Anwendung.

Anlass der Gesetzesänderungen im Allgemeinen waren unter anderem der Zweck der Verbesserung des Verbraucherschutzes sowie die Umsetzung zweier Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs. 

Änderungen des Werkvertragsrechts im Einzelnen

Die Neuerungen des Werkvertragsrechts gestaltet der Gesetzgeber beispielsweise in der Regelung von Abschlagszahlungen, der Abnahmefiktion, der Kündigung aus wichtigem Grund, der Teilkündigung und der Mitwirkungspflicht beim Projektende.

Abschlagszahlungen

Im Werkvertragsrecht wird die Regelung zu Abschlagszahlungen angepasst, indem es zu einer Modifikation der Berechnungsgrundlage kommt. Im Rahmen des § 632a BGB-E wird nicht mehr auf den Wertzuwachs beim Besteller abgestellt, sondern künftig auf den Wert der Leistungen, die der Unternehmer vertraglich geschuldet und erbracht hat. Dabei kann der Besteller einen angemessenen Teil des Abschlages bei der nicht vertragsgemäßen Leistungserbringung durch den Anbieter verweigern. Damit soll insgesamt die Berechnung der Höhe der geschuldeten Abschlagszahlungen vereinfacht werden, wenn der Wertzuwachs beim Besteller und der Wert der geschuldeten Leistung beim Anbieter nicht identisch sind. Im Ergebnis erhöht sich dadurch das Risiko für den Besteller, welches aber in Bezug auf die Vereinfachung der Berechnung und die Einführung von Verbraucherschutzregelungen hinsichtlich des Bauvertragsrechts gem. § 650k BGB-E hinnehmbar erscheint. 

Für das IT-Recht bedeutet dies, dass Auftraggeber von IT-Projekten künftig einem höheren Risiko ausgesetzt sind, indem sie sich nun an den gesetzlich vorgeschriebenen Zahlungen orientieren müssen. In Zukunft ist zu erwarten, dass die Vertragsparteien verstärkt vertragliche Regelungen über die Höhe der Abschlagszahlungen vereinbaren. Eine große Bedeutung für die Praxis wird auch das Zurückbehaltungsrecht des Bestellers haben. Selbst bei wesentlichen Mängeln darf nur ein Teil, und nicht die ganze Leistung, zurückbehalten werden. Zuvor gab es hier eine Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Mängeln. Gem. § 640 Abs. 2 BGB-E kann der Besteller einen angemessenen Teil der Abschlagszahlung nur verweigern, wenn er behauptet, die Leistung sei nicht vertragsgemäß. 

Abnahme

Zum Zwecke der Beschleunigung des Abnahmeverfahrens und der Schaffung zusätzlicher Rechtssicherheit hinsichtlich der Fälligkeit der Vergütung gem. §§ 641, 640 Abs. 1 BGB kommt es nun zu einer Modifikation der Abnahmefiktion nach § 640 Abs. 2 BGB-E. Ab dem 01.01.2018 tritt die Abnahmefiktion gem. § 640 Abs. 2 BGB-E ein, wenn der Besteller nicht innerhalb einer gesetzten angemessenen Frist die Abnahme unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. Wenn der Besteller also keinen Mangel an dem Werk rügt, dann tritt trotz wesentlicher Mängel die Abnahmefiktion ein. Der Besteller unterliegt somit einer Handlungspflicht, und muss auftretende konkrete Mängel innerhalb der gesetzten Frist rügen, ganz gleich, ob der konkrete Mangel wesentlich ist. Es ist nicht notwendig, alle Mängel anzugeben und weitere Mängel können nachgeschoben werden. Nicht ausreichend ist allerdings die Angabe eines ohne weiteres erkennbar vorgeschobenen Mangels oder eines ohne Zweifel unwesentlichen Mangels. Nur durch die Angabe eines Mangels verhindert der Besteller die Fiktion der Annahme verbunden mit einer Beweislastumkehr. 

Es kann festgestellt werden, dass für den Auftraggeber im IT-Projektgeschäft darin eine Neuerung zu seinen Lasten liegt. Wann ein „Mangel“ im Sinne des IT-Rechts vorliegt, kann nicht pauschal beantwortet werden. Es kommt auf die Vereinbarungen der Vertragsparteien im Einzelfall an. Dementsprechend breit gefächert ist die Rechtsprechung zum Mängelbegriff im IT-Recht. Wenn der Besteller eine Funktionsstörung rügt, kann es sich hierbei um einen Teilmangel oder um einen selbständigen Mangel handeln. Aufgrund dessen bleibt zweifelhaft, ob das Ziel der gerechten Interessen-, Risiko und Belastungsverteilung dadurch gewahrt wird. Jedoch reicht bei der Rüge die Angabe „eines“ Mangels, an den gem. § 640 Abs. 2 S. 1 BGB-E keine hohen Anforderungen gestellt werden. 

Kündigung

Erstmals normierte der Gesetzgeber sowohl für den Besteller als auch den Unternehmer ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund in § 648a BGB-E, das neben der bisherigen Kündigungsmöglichkeit gem. § 649 BGB, ab 2018 gem. § 648 BGB-E, steht. Dabei knüpft § 648a BGB-E an die Regelung zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen an, §§ 648a Abs. 3, 314 Abs. 2, 3 BGB-E. Zum Zweck der Rechtssicherheit schließt der Gesetzgeber an die außerordentliche Kündigungsmöglichkeit an, die bislang auf Richterrecht beruhte. 

Für das IT-Vertragsrecht bedeutet dies, dass ein Softwareerstellungsvertrag bei einer Kündigung aus wichtigem Grund durch den Verweis des § 648a Abs. 3 BGB-E auf § 314 Abs. 2 und 3 BGB wie ein Dauerschuldverhältnis behandelt werden dürfte. Eine Kündigung ist dann gem. § 314 Abs. 2 S. 1 BGB erst nach erfolgloser Abmahnung beziehungsweise Fristsetzung möglich, es sei denn, der Schuldner verweigert die Leistung ernsthaft und endgültig, §§ 314 Abs. 2 S. 2, 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB, der Schuldner leistet nicht termin- oder fristgerecht, §§ 314 Abs. 2 S. 2, 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB, oder es liegen bestimmte Umstände vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen, § 314 Abs. 2 S. 3 BGB. 

Gem. § 648a Abs. 5 beschränkt sich der Vergütungsanspruch des Unternehmers auf die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen. Die nicht erbrachten Leistungen kann der Unternehmer im Rahmen eines Schadensersatzes gem. §§ 280 ff. BGB geltend machen, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Ein Anspruch auf Schadensersatz steht beiden Parteien zu, § 648a Abs. 6 BGB-E. Ersatzfähig ist unter anderem auch der Anspruch auf Schadensersatz des bis zur Kündigung entstandenen Verzögerungsschadens gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB oder des Schadens wegen eines Mangels gem. § 634 Nr. 4 BGB. 

Teilkündigung

Die in § 648a Abs. 2 BGB-E neu eingeführte Teilkündigung ermöglicht die Kündigung eines abgrenzbaren Teils des geschuldeten Werks. Positiv zu sehen ist, dass ein IT-Projekt im Ganzen somit nicht unbedingt scheitern muss, sondern beispielsweise zwischen erbrachter und noch ausstehender Leistung differenziert werden kann.

Um das Recht der Teilkündigung nutzen zu können, wird es für die Parteien in IT-rechtlichen Schuldverhältnissen unerlässlich sein, ihre Projekte in klare Einheiten abzugrenzen. 

Mitwirkungspflichten nach ausgesprochener Kündigung

Die Vertragsparteien müssen bei der Feststellung des Leistungsstandes nach ausgesprochener Kündigung mitwirken. Das ergibt sich aus § 648a Abs. 4 BGB-E. Diese Verpflichtung greift für den Zeitpunkt nach einer Kündigung und soll einen Anreiz zur Vorbeugung eines Streites über den Umfang der bisher erbrachten Leistungen durch die Mitwirkung bei der Feststellung der quantitativen Bewertung schaffen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht in Form der Verweigerung oder des Fernbleibens bei dem festgelegten Termin der Feststellung des Leistungsstandes führt zu einer Beweislast dieser Partei nach § 648a Abs. 4 S. 2 BGB-E. Dann wird die Behauptung der anderen Partei bezüglich der bereits erbrachten Leistungen als richtig vermutet. Davon wird aber eine Ausnahme gemacht, wenn die Partei das Fernbleiben nicht zu vertreten hat und die andere Partei darüber unverzüglich in Kenntnis setzt, § 648a Abs. 4 S. 3 BGB-E. 

Im IT-Recht hat die Neuerung der Mitwirkungspflicht die Folge, dass die Partei, die sich auf einen abweichenden Leistungsstand berufen möchte, die Beweislast dafür trägt. Zudem ist es in der Praxis relevant, dass die Beweislast bereits mit Mitwirkungsverweigerung oder Fernbleiben am Termin auf diese Partei übergeht. 

Weitere Änderungen ab 2018 

Es kommt ab dem 01.01.2018 auch zu Änderungen der kaufrechtlichen Mängelhaftung, indem der Verkäufer nun dem Käufer gegenüber verpflichtet ist, gem. § 439 Abs. 3 S. 1 BGB-E verschuldensunabhängig die Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und für den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen. Zu ersetzen sind sämtliche erforderlichen Aufwendungen, die zum Zweck der Nacherfüllung anfallen. Bei der Entfernung und Anbringung einer mangelfreien Sache sind die Aufwendungen erforderlich, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Käufer aufgrund einer sachkundigen Beratung oder Feststellung für eine vertretbare, also geeignete und Erfolg versprechende, Maßnahme erbringen konnte und musste. Zwar handelt es sich hierbei um dispositive Vorschriften, es ist also grundsätzlich möglich, sie vertraglich abzubedingen, jedoch ist bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im B2C-Bereich bei Software-AGB im Rahmen einer Umgehung der Verpflichtung zum Ersatz der Ein- und Ausbaukosten Vorsicht geboten, damit die gesamte Klausel nicht unwirksam nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist. Im B2B-Bereich können weniger strenge Anforderungen an eine Umgehung gestellt werden. 

Insgesamt haben die Änderungen des Schuldrechts nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf IT-Projektgeschäfte. Den Auftraggeber treffen künftig mehr Pflichten, insbesondere die Mitwirkungspflicht bei der Abnahme sowie bei der Feststellung des Leistungsstandes. Auch die nun AGB-feste Kostentragungspflicht für den Ein- und Ausbau von IT-Produkten bringt eine lang umstrittene Änderung mit sich.

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Wie geht es mit dem Privacy Shield weiter?

Wir erklären die Entwicklung des Privacy Shields.

Informationen über die Verwendung des Privacy Shields

Wie geht es mit Privacy Shield weiter?

Seit knapp zwei Jahren können Unternehmer den Datentransfermechanismus „Privacy Shield“ nutzen. Dieses Instrument hat den Zweck der Sicherstellung eines angemessenen Datenschutzniveaus bei Datentransfers zwischen den USA und Europa. Doch nun fordern Datenschutzbehörden Nachverhandlungen zum Privacy Shield, da sie einen ebenso starken Schutz der Daten in den USA, wie dieser in der Europäischen Union gewährleistet wird, bezweifeln. 

Der Hintergrund

Hintergrund ist die Vermutung, dass Drittländer kein ausreichendes, europäischen Vorgaben entsprechendes Datenschutzniveau erfüllen, wenn die EU-Kommission für das jeweilige Drittland kein angemessenes Datenschutzniveau anerkannt hat. Dabei unterfallen auch gerade Drittländer dem Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes, §§ 4, 4b, 4c BDSG, sofern Datenübermittlungen im Rahmen von Tätigkeiten erfolgen, die auch nur teilweise in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Gemeinschaft fallen. Das neue Bundesdatenschutzgesetz verweist in § 1 Abs. 5 BDSG auf die Anwendbarkeit der Datenschutz-Grundverordnung, die gemäß Art. 3 Abs. 2, 3 DS-GVO bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch einen nicht in der EU niedergelassenen Verantwortlichen heranzuziehen ist. Die USA zählen gerade nicht zu den sogenannten „sicheren Drittländern“, weshalb man verschiedene Instrumente wie Privacy Shield schuf, um einen ausreichenden Datenschutz bei Datentransfers herzustellen. Das dadurch als sichergestellt geltende Datenschutzniveau ermöglicht eine Datenübermittlung, anderenfalls gilt sie als unzulässig.

Das Safe-Harbor-Abkommen

Vorgänger des EU-US Privacy Shields war das Safe-Harbor-Abkommen, eine Übereinkunft zwischen den USA und der EU. Unterwarfen sich US-Unternehmen den Prinzipien dieses Abkommens, so wurden sie als Unternehmen mit angemessenem Datenschutzniveau in die Liste des US Department of Commerce aufgenommen, welches die Einhaltung des EU-Standards für ein Jahr zusicherte. Jedoch gilt dieses Abkommen seit dem sogenannten Schrems-Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 06.10.2015 nicht mehr. Max Schrems klagte 2013 wegen Verstöße der USA gegen EU-Recht bei Datenübermittlungen aus Europa in die USA und den folgenden Überwachungsmaßnahmen durch den amerikanischen Staat vor der irischen Datenschutzbehörde gegen Facebook Irland. Das Verfahren gelang bis zum EuGH, der das Safe-Harbor-Abkommen letztendlich auflöste. Der EuGH begründete seine Entscheidung damit, dass das die Einhaltung des europäischen Datenschutzes in den USA nicht immer gewährleistet werden könne.

Die wichtigsten Kritikpunkte:

  • Das Safe-Harbor-Abkommen galt nur für amerikanische Unternehmen und nicht für Behörden der USA.
  • Die Erfordernisse der nationalen Sicherheit, des öffentlichen Interesses und der Durchführung nationaler Gesetze der Vereinigten Staaten genossen Vorrang vor dem Abkommen. Also waren amerikanische Unternehmen im Fall eines Widerstreits zu den Erfordernissen nicht zur Anwendung des Abkommens verpflichtet.
  • Es gab keine Begrenzungsmöglichkeit der Eingriffe amerikanischer Behörden in die Grundrechte der betroffenen Personen.
  • Es gab keine Möglichkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes europäischer Bürger gegen die Maßnahmen durch die US-Behörden.

Das „EU-US-Privacy Shield“

Um allerdings die durch die Ungültigkeit des Safe-Harbor-Abkommens entstandene Lücke zu schließen, schuf man einen neuen Datentransfermechanismus namens „EU-US-Privacy Shield“, der die Unternehmer zur Einhaltung der Datenverarbeitungsstandards verpflichtet und im Gegensatz zu Safe Harbour den Zugriff auf die Daten von EU-Bürgern durch die US-Behörden begrenzt. Eine weitere Neuerung war die Einführung von Rechtsschutz für Bürger durch Ombudsmänner und Streitbeilegung, sowie eine jährliche Überprüfung des Privacy Shields.

Die Überprüfung von Privacy Shield

Daher überprüften die Europäische Kommission und die US-Regierung Mitte September 2017 die Funktionsweise des „EU-US-Privacy Shields“. Während der Datentransfermechanismus nach Ansicht der Kommission gut funktioniert, sieht das das unabhängige Beratungsgremium der Europäischen Kommission, die Artikel-29-Datenschutzgruppe, anders. Zwar erkennt die Artikel-29-Datenschutzgruppe in Privacy Shield Fortschritte im Vergleich zu Safe Harbour, sowie die Bemühung der US-Behörden und der Kommission bei der Umsetzung des Datenschutzschildes. Dennoch übt das Beratungsgremium auch Kritik, indem es Bedenken hinsichtlich der Gleichwertigkeit des Datenschutzniveaus in den USA durch Privacy Shield und des Datenschutzniveaus in der EU äußert.

Diese Bedenken liegen in erster Linie in der Funktionalität der eigentlich zugesicherten Möglichkeit des Rechtswegs für EU-Bürger gegen staatliche und kommerzielle Überwachungsmaßnahmen durch die Einführung des Ombudsmanns. Der Artikel-29-Datenschutzgruppe wurden bei der Überprüfung von Privacy Shield Informationen vorenthalten, die sich auf das Verfahren für den Zugang der Bürgerbeauftragten mit anderen Mitgliedern der Geheimdienstgemeinschaft, einschließlich der Aufsichtsorgane, beziehen. Somit kann sie nicht überprüfen und damit auch nicht bejahen, dass dem Ombudsmann ausreichende Befugnisse für den Zugang zu Informationen und die Behebung von Verstößen zustehen, um ihre einem Gericht oder anderen unabhängigen Stellen vergleichbare Rolle zu erfüllen. Daher steht dies einer Bewertung des Ombudsmanns als wirksamer Rechtsbehelf im Sinne des Artikels 47 der Charta der Grundrechte entgegen.

Ferner fordert das Beratungsgremium Belege oder rechtlich bindende Zusagen dafür, dass eine Datenerhebung durch US-Behörden keine willkürlichen Datensammlung darstellt und kein unbeschränkter Zugriff auf die personenbezogenen Daten von EU-Bürgern erfolgt, wie sie im Rahmen des NSA-Programms UPSTREAM geschah. Aufgrund dieser Bedenken fordert die Artikel-29-Datenschutzgruppe Nachverhandlungen der EU-Kommission mit der US-Regierung. Dafür müsse in erster Linie ein Aktionsplan aufgestellt werden, so dass spätestens bis zum Wirksamwerden der Datenschutzgrundverordnung am 25. Mai 2018 Abhilfe für die Bedenken geschaffen wird. Anderenfalls ergreifen die Mitglieder der Artikel-29-Datenschutzgruppe geeignete Maßnahmen wie die Anrufung nationaler Gerichte, und kündigen eine mögliche Überprüfung des Privacy Shields durch den Europäischen Gerichtshof an.

Die Kritik der Artikel-29-Datenschutzgruppe ändert momentan aber nichts an der noch bestehenden Wirksamkeit des Privacy Shields. Das Instrument kann also weiterhin als Rechtsgrundlage für Datenübermittlungen in die USA herangezogen werden, solange kein Gericht rechtswirksam die Unwirksamkeit von Privacy Shield festgestellt hat.

Derzeit ist das Privacy Shield nicht der einzige Datentransfermechanismus, an dessen Wirksamkeit gezweifelt wird. Schrems ging in einem zweiten Verfahren gegen die EU-Standardvertragsklauseln vor. Nun prüft der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchen durch den Obersten Irischen Gerichtshof, ob die EU-Standardverträge eine ausreichende Garantie hinsichtlich des Schutzes der Privatsphäre für eine Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländern darstellen. In Zukunft wird sich einiges auf dem Gebiet der Grundlagen für einen rechtskonformen Datenaustausch in Drittländer tun, und wir halten Sie diesbezüglich selbstverständlich auf dem Laufenden.

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Domainübertragung aufgrund Pfändungsbeschlusses

Wir beleuchten das Urteil des OLG Frankfurt zur Rechtsfrage, ob eine Domain im Sinne der ZPO pfändbar ist.

Domainübertragung aufgrund Pfändungsbeschlusses

Einführung

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 9.11.2017 (Az. 1 U 137/16) einem klageweise geltend gemachten Anspruch auf Übertragung einer Domain stattgegeben. Danach rückte der Gläubiger in die Rechtsstellung des Domaininhabers, wenn er sich die Ansprüche aus dem Vertrag des Schuldners über die Registrierung einer Domain an Zahlung statt gem. § 835 Abs. 1 Var. 2 ZPO überweisen lässt.

Der Sachverhalt 

Der Kläger hat am AG Berlin Charlottenburg am 7.2.2012 einen Pfändungsbeschluss gegen die Beklagte erwirkt, um das Recht der Beschlagnahmung der Forderungen der Beklagten aus ihrem Registrierungsvertrag mit der DENIC durchzusetzen. Die Möglichkeit zur Befriedigung gem. § 835 ZPO wurde durch Überweisungsbeschluss gegeben, so dass der Kläger die gepfändete Forderung des Schuldners, hier zum Schätzwert von 5.360€, selbst gegenüber der Drittschuldnerin, hier der DENIC, geltend machen und sie sich an Zahlung statt gem. § 835 Abs. 1 Var. 2 ZPO überweisen lassen konnte. 

Zum Hintergrund

Das OLG Frankfurt führt aus, dass die Inhaberschaft einer Internet-Domain ein „pfändbares anderes Vermögensrecht“ i.S.v. § 857 Abs. 1 ZPO darstellt. Damit wird sie strukturell dem beweglichen Vermögen und dort den Forderungen und anderen Vermögensrechten zugeordnet. Deren Pfändung umfasst die Vollstreckung in Forderungen, die dem Vollstreckungsschuldner als Anmelder aus dem mit der Vergabestelle abgeschlossenen Domainvertrag zustehen. Die Pfändung und Übertragung im Wege der Zwangsvollstreckung umfasst auch alle Nebenrechte in Höhe des zu vollstreckenden Betrages gem. § 401 BGB. Dazu gehört die Änderung der Eintragung zu der betreffenden Domain in das (DENIC)-Register sowie in den Primary Nameserver. Außerdem stehen dem Domaininhaber Ansprüche auf Fortbestand der Aufrufbarkeit der Domain zu. Dazu gehören Anpassungen des Registers an veränderte persönliche Daten oder die Zuordnung zu einem anderen Rechner durch Änderung der IP-Adresse. 

Diese Ansprüche sind nicht isoliert verwertbar, weswegen die Pfändung des Anspruchs auf Aufrechterhaltung der Erreichbarkeit der Domain alle weiteren, sich ebenfalls aus diesem Vertragsverhältnis ergebenden Nebenansprüche, umfasst. Dies ergibt sich aus § 398 BGB, wonach die Überweisung an Zahlung statt, vorliegend zum Schätzwert (statt des Nennwerts), die Wirkung einer Abtretung hat. 

Dem Anspruch des Gläubigers stehen auch nicht die AGB der DENIC als Registrar der Domain entgegen. Diese sehen als formales Erfordernis eine Kündigung durch den bisherigen Domaininhaber und einen neuen Domainauftrag durch den künftigen Domaininhaber vor. Eine Klärung der Wirksamkeit dieses Erfordernisses der AGB in Bezug auf Mehrdeutigkeit gem. § 305c Abs. 2 BGB oder das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 S.2 BGB war vorliegend entbehrlich, da der Gläubiger der Forderung in die Rechtsstellung des bisherigen Domaininhabers gerückt ist und die Kündigung gegenüber der DENIC ausgesprochen hat.

Der Beklagte konnte sich im zugrundeliegenden Verfahren auch nicht darauf berufen, dass der Pfändungsschuldner dem Kläger nur einen Betrag in Höhe von rund 2.000€ schuldete, während der Pfändungsgegenstand – die Domain – einen Wert von über 5.000€ hatte und der Überweisungsbeschluss nicht klarstellt, welcher Teil der gepfändeten domainvertraglichen Ansprüche überwiesen werden sollte. Da eine Vollpfändung zulässig ist, ist es unerheblich, ob der der Wert der gepfändeten Ansprüche höher ist, als der durch den Vollstreckungsschuldner geschuldete Betrag. Eine Beschränkung kann der Schuldner im Wege der Erinnerung nach § 766 ZPO erreichen. 

Da die Rechtsstellung der DENIC als Drittschuldner nicht verschlechtert werden darf, kann diese sich auf Einwendungen und Einreden gegen den Vollstreckungsschuldner berufen, die zur Zeit des Wirksamwerdens des Überweisungsbeschlusses gem. §§ 404 ff. BGB begründet waren; jedoch nicht auf die Einwendungen, die gegen die Richtigkeit der Vollstreckung zugrunde liegenden Forderung sowie alle sonstigen Einwendungen, die nur der Schuldner im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend machen mussten.

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Neues zur Arbeitnehmerüberwachung aus Straßburg

Wir berichten über die digitale Überwachung am Arbeitsplatz.

Neues zur Arbeitnehmerüberwachung aus Straßburg

Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hatte am 05.09.2017 über das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 EMRK am Arbeitsplatz zu entscheiden. Es ging um die Rechtmäßigkeit der Kündigung des rumänischen Staatsangehörigen Mogdan Mihai Bărbulescu, der am Arbeitsplatz zunächst auf Anweisung seines Arbeitsgebers einen Yahoo Messenger installierte um Kundenanfragen zu beantworten und diesen im Weiteren auch für private Kommunikation nutzte. Kurz vor der Kündigung des Beschwerdeführers wurde im Unternehmen über die Entlassung einer Angestellten aus disziplinarischen Gründen informiert, nachdem sie Internet, Telefon und Kopierer für private Zwecke genutzt hatte. Der Beschwerdeführer stritt die Anschuldigung ab, den Messenger Dienst für private Kommunikation genutzt zu haben, jedoch konnte der Arbeitgeber ihm ein 45-seitiges Transkript seiner Online-Gespräche entgegenhalten, welches Kommunikation mit seinem Bruder und seiner Verlobten zu persönlichen und intimen Themen enthielt. Der Arbeitgeber sprach Herrn Bărbulescu am 1. August 2007 die Kündigung aus, die der Beschwerdeführer vor den nationalen Gerichten jedoch angriff, aufgrund der Überwachung am Arbeitsplatz, die sein Recht auf Privatsphäre und private Kommunikation verletzen würde. Die nationalen Gerichte wiesen das Begehren des Beschwerdeführers, die Rechtswidrigkeit der Kündigung festzustellen, ab. Ebenso verneinte die Kammer des EGMR im Januar 2016 eine Verletzung des Art. 8 EMRK, mit der Begründung, die nationalen Gerichte hätten einen fairen Ausgleich zwischen den betroffenen Interessen auf Achtung des Privatlebens und der Korrespondenz einerseits sowie den Interessen des Arbeitgebers andererseits hergestellt. Im Juni 2016 beantragte Herr Bărbulescu eine Verweisung an die Große Kammer des EGMR, die nun auch anders als zuvor urteilte.

Entscheidung des EGMR: 

Das Gericht stellte zunächst fest, dass Art. 8 EMRK anwendbar ist, denn obwohl die Kommunikation am Arbeitsplatz stattfand ist das Konzept von „Privatleben“ für diesen Fall anwendbar. Auch die Vorgaben des Arbeitgebers können das Privatleben am Arbeitsplatz nicht auf null reduzieren, sondern nur auf das Nötigste beschränken. 

Im Weiteren stellt das Gericht fest, dass die nationalen Gerichte es versäumt haben festzustellen, ob der Beschwerdeführer über die Überwachungsmaßnahmen und deren Natur informiert worden sei. Der vorherige Hinweis auf eine ähnliche Entlassung wegen privater Internutzung am Arbeitsplatz sei nicht ausreichend, um den Angestellten zu warnen bzw. zu informieren. Ein Arbeitnehmer muss vor Beginn der Überwachungsmaßnahmen über die Art und das Ausmaß derselben informiert werden, um sich bei der privaten Kommunikation am Arbeitsplatz darüber bewusst zu sein, dass private und intime Details möglicherweise mitgelesen werden. Vor allem mit Blick auf das Ausmaß der Überwachung und den Eingriff in die Rechte des Arbeitnehmers hätte die Frage nach einer ausreichenden Warnung umfassend beantwortet werden müssen, ebenso wie die fehlende Beurteilung der nationalen Gerichte, ob überhaupt legitime Gründe zur Rechtfertigung dieses massiven Eingriffs zur Verfügung standen. Auch haben es die Gerichte versäumt zu hinterfragen, ob das gleiche Ziel mit milderen Mitteln hätte erreicht werden können, was aber im Hinblick auf das eingriffsintensivste Disziplinarmittel, nämlich der Kündigung, unbedingt hätte erfolgen müssen. Aufgrund dieser Feststellungen stellt der EGMR fest, dass die Gerichte die widerstreitenden Interessen der Beteiligten nicht in angemessenen Ausgleich gebracht haben und Rumänien damit seine Schutzpflichten gegenüber dem Beschwerdeführer verletzt hat. Neben diesen konkreten Feststellungen der Versäumnisse der rumänischen Gerichte, geht aus diesem Urteil deutlich hervor, dass Überwachungsmaßnahmen am Arbeitsplatz zwar möglich sind, über sie aber zuvor informiert werden muss und sie in einem angemessenen Verhältnis zum Zweck stehen müssen. Da auch Deutschland Mitglied des Europarates ist, müssen sich auch die hiesigen Gerichte und Arbeitgeber an diese Vorgaben halten. 

Rechtsprechung deutscher Gerichte zur Arbeitnehmerüberwachung

Auch die hiesige Rechtsprechung war in den vergangenen Jahren immer wieder mit dieser Thematik befasst und hat teilweise recht unterschiedliche Entscheidungen getroffen: Während das LAG Berlin-Brandenburg 2016 urteilte, dass im Rahmen von Kündigungsschutzprozessen die Einträge der aufgerufenen Internetseiten in einem Internetbrowser, der auf dem Dienstrechner installiert ist, ausgewertet werden dürfen, um eine exzessive private Internetnutzung am Arbeitsplatz zu beweisen, fällt die Einschätzung des BAG zu Keyloggern anders aus. Keylogger können auf einem Rechner installiert werden, um unbemerkt Tastenanschläge zu registrieren und in regelmäßigen Abständen Bildschirmfotos zu machen. In einem Kündigungsprozess, versuchte der Arbeitgeber die private Nutzung am Arbeitsplatz mithilfe der Dokumentation des Keyloggers zu beweisen. Das BAG sah darin aber einen massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers und betrachtete die anlasslose und gleichzeitig sehr intensive Überwachung der Arbeitnehmer als unverhältnismäßig. Damit war ein Beweisverwertungsverbot einschlägig und die gesammelten Beweise konnten im Prozess nicht verwendet werden. 

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Der neue IT-Grundschutz des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik

Wir informieren Sie über den abgeschlossenen Modernisierungsprozess des neuen IT-Grundschutzes.

Der neue IT-Grundschutz des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik

Modernisierung des IT-Grundschutzes

Seit dem 11.Oktober 2017 ist der umfangreiche und langwierige Prozess der Modernisierung des IT-Grundschutzes des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik abgeschlossen. Die Ergebnisse wurden auf der IT-Sicherheitsmesse it-sa vom 10. – 12. Oktober 2017 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Die modernisierte Fassung zielt auf einen flexibleren und zukunftsfähigen IT-Grundschutz ab, so der BSI-Präsident Arne Schönbohm.

Was ist der IT-Grundschutz?

Der IT-Grundschutz umfasst unterschiedliche Methoden und Maßnahmen, die das BSI erarbeitet hat, um das Sicherheitsniveau der eigenen Informationstechnik von Unternehmen und Behörden zu erhöhen. Ziel ist es, ein mittleres, angemessenes oder auch ausreichendes Schutzniveau zu erreichen und den Behörden und Unternehmen ein ganzheitliches Managementsystem für ihre Informationssicherheit zu bieten. Dafür wurden dem Adressaten bisher eine Reihe von IT-Grundschutz-Katalogen zur Verfügung gestellt, die eine Reihe an technischen Sicherheitsmaßnahmen und infrastrukturelle, organisatorische und personelle Schutzmaßnahmen enthielten. Darüber hinaus dient der IT-Grundschutz als Grundlage für die Zertifizierung eines angemessenen Sicherheitsniveaus.

Was hat sich verändert?

Mit der Modernisierung des IT-Grundschutzes soll ein flexibleres und zukunftsorientierteres Sicherheitssystem geschaffen werden, das vor allem kleineren Unternehmen, Behörden und Institutionen, die sich noch nie mit der Informationssicherheit auseinandergesetzt haben, zu Gute kommen soll. Dazu dient vor allem der neue „Leitfaden zur Basis-Absicherung“, der auf seinen 44 Seiten 3 grundlegende Schritte zur Umsetzung erster Sicherheitsmaßnahmen beschreibt. Der neue und modernisierte IT-Grundschutz besteht aus 3 unterschiedlichen Elementen, zum einen dem IT-Grundschutz-Kompendium, 3 BSI-Standards und dem Leitfaden zur Basis Absicherung.

IT-Grundschutz-Kompendium

Die bisher geltenden IT-Grundschutz Kataloge gehen im Kompendium auf und werden von diesem vollständig abgelöst. Das Kompendium mit seinen 763 Seiten beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Elementaren Gefährdungen, die auftreten und der Informationssicherheit schaden können und seinen 80 Bausteinen. Es werden 47 unterschiedliche elementare Gefährdungen für die Informationssicherheit aufgeführt, darunter beispielsweise Feuer, Abhören, Zerstören von Geräten oder Datenträgern. Diese Auflistung dient dazu, die Unternehmen und Behörden auf die potenziellen Gefahrensituationen für ihre Datensicherheit aufmerksam zu machen, sodass sie sich mit dem entsprechenden Risiko auseinandersetzen und Sicherheitsmaßnahmen ergreifen können. Dabei ist es ihnen möglich das Risiko an Dritte auszulagern, es zu akzeptieren und die möglichen Folgen hinzunehmen oder aber das Risiko gezielt durch Vorkehrungen und Maßnahmen zu reduzieren oder gar ganz zu vermeiden. Die aufgearbeiteten 80 Bausteine stellen maßgebliche Pfeiler einer umfassenden Informationssicherheit dar und unter den Clustern Sicherheitsmanagement, Organisation und Personal. Konzeption und Vorgehensweise, Betrieb, Detektion und Reaktion, Anwendung, IT-Systeme, Industrielle IT, Netze und Kommunikation sowie Infrastruktur werden dem Anwender alle wichtigen Rahmenbedingungen genannt. Diesen werden mögliche Gefahrenlagen und Anforderungen zugeordnet. Beispielsweise wird unter dem Baustein „Allgemeines Gebäude“ erläutert, was der Begriff des Gebäudes im Rahmen der Informationssicherheit umfasst, dass als Gefährdungslage in Gebäuden Feuer, Blitz, Wasser, Elementarschäden und Naturkatastrophen sowie Unbefugter Zutritt und weitere auftreten können und welche Anforderungen für den Bereich „Allgemeines Gebäude“ zu stellen sind, um mögliche Risiken für die Informationssicherheit zu minimieren. Dieses Kompendium soll ab dem 1.Februar 2018 als Prüfungsgrundlage für die Zertifizierung nach ISO 27001 dienen.

Die BSI-Standards Die 3 BSI-Standards des modernisierten IT-Grundschutzes sind die BSI-Standards 200-1, 200-2, 200-3. Sie formulieren Empfehlungen zu Methoden, Prozessen und Verfahren sowie konkreten Vorgehensweisen und Maßnahmen für Behörden, Unternehmen, Hersteller und Dienstleister, um ihre Geschäftsprozesse und Daten sicherer zu gestalten. Der BSI-Standard 200-1 beschäftigt sich mit den Anforderungen an Managementsysteme für Informationssicherheit und ist auch weiterhin kompatibel zum ISO-Standard 27001 und bezieht Empfehlungen der ISO 27002 mit ein. Der BSI-Standard 200-2 führt IT-Grundschutz-Vorgehensweisen aus und enthält 3 neue Vorgehensweisen zur Umsetzung des IT-Grundschutzes. Dagegen beschreibt der BSI-Standard 200-3 unter dem Stichwort Risikomanagement alle risikobezogenen Arbeitsschritte bei der Umsetzung des IT-Grundschutzes und hilft dem Anwender insoweit, als dass der Aufwand, um ein angemessenes Schutzniveau zu erreichen erheblich reduziert wird. Dieser Standard knüpft an die Situation an, dass Unternehmen und Behörden bereits mit den IT-Grundschutz-Methoden vertraut sind und nun eine Risikoanalyse anschließen wollen.

Leitfaden zur Basis-Absicherung

Als drittes Element tritt der Leitfaden zur Basis-Absicherung nach IT-Grundschutz hinzu und gibt dem Anwender eine Orientierung „In 3 Schritten zur Informationssicherheit“ an die Hand. Diese 3 Schritte beinhalten die Initiierung, Organisation und Durchführung des Sicherheitsprozesses und beschreiben im Detail, wie ein Sicherheitskonzept aufgebaut und umgesetzt werden kann. Unter den ersten Schritt der Initiierung fällt zum einen zunächst Verantwortung zu übernehmen (speziell durch den Informationssicherheitsbeauftragten), zum anderen aber auch Sicherheitsziele festzulegen und Leitlinien zu formulieren. Die Organisation umfasst im zweiten Schritt den Aufbau einer Organisation zur Informationssicherheit und die Integration von Sicherheitsprozessen in bestehende Abläufe und Prozesse. Der dritte Schritt der Durchführung beginnt mit der Auswahl und Priorisierung der Bausteine aus dem Kompendium und schließt mit einem IT-Grundschutz-Check und der Umsetzung der Sicherheitskonzeption ab.

Was geschieht als nächstes?

Das IT-Grundschutz-Kompendium wird im Februar 2018 als gedruckte Version erscheinen und jährlich im Februar aktualisiert werden. Der Leitfaden erscheint als Broschüre. Ob die modernisierte Version tatsächlich flexibler und konkreter ausgestaltet ist als zuvor und daher den Bedürfnissen kleinerer Unternehmen und Behörden entgegenkommt, wird sich aus der Praxis der nächsten Zeit erst noch zeigen.

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Facebook verliert Prozess in 2. Instanz: kein ausreichender Datenschutz!

Wir erklären, warum der Datenschutz von Facebook nach Ansicht des Berliner Gerichts nicht ausreichend ist.

Facebook verliert Prozess in 2. Instanz: kein ausreichender Datenschutz! 

Einführung

Das Kammergericht Berlin entschied mit Urteil vom 22. September 2017 (Az. 5 U 155/14), dass Facebook die personenbezogenen Daten deutscher Kunden im App-Zentrum nicht ausreichend schützt und bestätigte die vorherige Entscheidung des Landgerichts Berlin vom November 2014. Facebook ist nun verpflichtet, in Sachen Datenschutz nachzubessern und den Verbraucher über die Nutzungsbedingungen für Spiele aus seinem App-Zentrum besser zu informieren.

Der Sachverhalt

Facebook-Nutzer können über das App-Zentrum kostenlos Onlinespiele anderer Anbieter spielen. Im November 2012 wurde in dem App-Zentrum u.a. auch das Spiel „The Ville“ angeboten, für das Nutzern zu Beginn des Spiels unter dem Button „Sofort spielen“ Hinweise bezüglich der Übermittlung ihrer personenbezogenen Daten an den Betreiber des Spiels angezeigt wurden, jedoch ohne Angaben über den Zweck der Datenverarbeitung. Die personenbezogenen Daten umfassten die E-Mail-Adresse, Statusmeldungen und andere Informationen. Diese Konstellation traf auch auf drei weitere Spiele zu. Bei dem Spiel „Scrabble“ hieß es: „Diese Anwendung darf Statusmeldungen Fotos und mehr in deinem Namen posten“. 

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) mahnte Facebook ab und klagte anschließend mit der Begründung, dass die Hinweise zu knapp seien, um den Verbraucher in ausreichendem Maße über die Datenverarbeitung zu informieren. Ferner würde der Hinweis keine rechtswirksame Einwilligung darstellen. Somit sei Facebook nicht befugt, die personenbezogenen Daten der Nutzer an den Anbieter zu übermitteln. Das Landgericht gab dem VZBV Recht. Facebook ging daraufhin in Berufung, scheiterte nun allerdings auch vor dem Kammergericht.

Die Entscheidungen des KG Berlin

Zum einen entschied das Gericht, dass das deutsche Datenschutzrecht Anwendung findet, obwohl es sich bei Facebook um ein Unternehmen mit Sitz in Irland handelt. Grund dafür sei, dass sich das Angebot auch an deutsche Nutzer richte und sich eine in Hamburg sitzende Schwestergesellschaft für die Förderung des Anzeigengeschäfts verantwortlich zeichne. Allein in dem Werben um Werbekunden und deren Unterstützung durch die Facebook Germany GmbH liege eine hinreichend effektive und tatsächliche Tätigkeit einer Niederlassung. Insgesamt unterliege Facebook also hier dem deutschen Datenschutzrecht. 

Auch im Übrigen stimmt das Kammergericht der Entscheidung der Vorinstanz zu. Ein Rechtsverstoß sei darin zu sehen, dass eine Einwilligung des Nutzers bezüglich der Übermittlung seiner personenbezogenen Daten fehle. Allein durch das Anklicken des Buttons „Sofort spielen“ werde der Nutzer nicht ausreichend darüber informiert, dass er dadurch in die Übermittlung seiner Daten einwillige. Der Nutzer werde diesbezüglich nicht einheitlich informiert. Ferner dürfe auch nicht von einer Generaleinwilligung des Nutzers über die Übermittlung seiner Daten an andere Betreiber ausgegangen werden. 

Das Gericht beanstandete auch die Mitteilung bezüglich der Berechtigung zum Posten im Namen des Nutzers. In diesem Zusammenhang stellte die Einräumung derartiger Berechtigungen einen Verstoß gegen das Transparenzgebot aus dem AGB-Recht gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und gegen Vorgaben der EU-Datenschutzrichtlinie 95/46/EG dar. Zum einen sei zu unbestimmt und unklar, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt sich diese Posts durch den Spielebetreiber geschehen sollten, zumal zum anderem von der Formulierung auch Werbung für sexuell anzügliche Produkte umfasst sei. 

Das Urteil des Kammergerichts ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Es ist möglich, dass Facebook in Revision geht.

Anforderungen an eine wirksame Datenschutzeinwilligungserklärung

Gemäß § 4 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit eine gesetzliche Grundlage dafür vorliegt oder der Betroffene darein eingewilligt hat. Die Anforderungen an eine wirksame Einwilligung regelt § 4a BDSG. 

Zunächst muss eine Einwilligung freiwillig erfolgen, also auf einer autonomen Entscheidung des Betroffenen beruhen. Dies wird dadurch gewährleistet, indem man dem Betroffenen eine Alternative zur Einwilligung bietet. Ferner hat derjenige, der die personenbezogenen Daten erhebt, verarbeitet oder nutzt den Zweck der Datenerhebung, -verarbeitung oder –nutzung anzugeben. Das Erfordernis der Transparenz zeichnet sich dadurch aus, dass gerade keine pauschale Einwilligung für noch unbestimmte Zwecke in der Zukunft eingeholt werden können. Zudem muss die Einwilligung grundsätzlich schriftlich eingeholt werden. Unter Umständen ist es erforderlich, den Betroffenen auch auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen. Ebenso ist eine besondere optische Hervorhebung unerlässlich, falls die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen erteilt werden soll. 

Außerdem nutzen viele Unternehmer vorformulierte Einwilligungserklärungen, um sie bei einer Vielzahl von Verträgen anzuwenden. Wenn die Einwilligung in AGB eingebaut wird, muss sie zudem den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB genügen. Insbesondere darf kein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB vorliegen, nach dem die Klausel den Betroffenen erstens nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen darf und zweitens die Erklärung gemäß des Transparenzgebots für den Vertragspartner klar und verständlich sein muss.

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Zulässigkeit von Dashcam-Aufnahmen im öffentlichen Straßenverkehr

Ausgehend vom Urteil des OLG Nürnberg erläutern wir die Zulässigkeit von Dashcam-Aufnahmen im öffentlichen Straßenverkehr.

Zulässigkeit von Dashcam-Aufnahmen im Straßenverkehr

Was sind Dashcams?

Als Dashcams werden kleine Kameras bezeichnet, die im Auto am Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe angebracht werden können, um Verkehrsvorgänge zu filmen. Grundsätzlich funktionieren die Kameras so, dass während der gesamten Fahrzeit das Verkehrsgeschehen gefilmt wird, die Daten aber nur für eine kurze Dauer im Zwischenspeicher des Geräts hinterlegt werden. Erst bei Eintritt einer größeren Erschütterung, wie sie bei einem Unfall auftreten würde, speichert die Dashcam 30 Sekunden des Geschehens dauerhaft auf der eingesetzten SD-Karte ab. Davon bilden 20 Sekunden das Geschehen unmittelbar vor der Erschütterung, und 10 weitere nach der Erschütterung ab. Damit sollen Unfallhergänge besser rekonstruiert und gegebenenfalls in Schadensersatzverfahren bewiesen werden können.

Ob solche Dashcams überhaupt erlaubt sind, ob sie als Beweise verwertet werden dürfen und welche Belange dem entgegenstehen könnten, beschäftigt die Gerichte seit einiger Zeit. Das OLG Nürnberg hat nun als erstes Oberlandesgericht darüber zu entscheiden gehabt und sorgfältig abgewogen. 

Der Sachverhalt

In dem Verfahren vor dem OLG Nürnberg begehrte der Kläger Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall. Der Kläger fuhr mit seinem PKW vor dem LKW des Beklagten auf der Autobahn. Im Verlauf der Fahrt fuhr der Beklagte dem Kläger auf, wodurch das klägerische Fahrzeug heckseitig links beschädigt wurde. Dadurch entstand ein Schaden in Höhe von knapp 14.000 Euro, den der Kläger nun vollständig ersetzt verlangte, da er der Meinung war, der Unfall sei ausschließlich durch den Beklagten verschuldet worden. Dieser sei ihm aufgrund von Unachtsamkeit oder überhöhter, nicht angepasster Geschwindigkeit sowie insbesondere aufgrund von nicht eingehaltenem Sicherheitsabstand aufgefahren. Zur Entkräftung dieser Behauptung wollte der Beklagte Aufnahmen seiner Dashcam als Beweismittel in den Prozess einbringen. Hiergegen war vertrat der Kläger die Auffassung, die Verwendung der Aufnahmen würde gegen Beweisverwertungsverbote verstoßen.

Beweisverwertungsverbote – eine Abwägungsentscheidung

Ausdrücklich normierte Beweisverwertungsverbote gibt es zwar im Strafprozessrecht, nicht jedoch in der Zivilprozessordnung. Verstößt die Beweisbeschaffung also gegen eine Norm, so verhindert dies nicht automatisch die Verwertung des Beweises. Vielmehr muss im Lichte der verletzten Norm und deren Schutzzweck aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung über die Verwertbarkeit entschieden werden. Hierbei kommt es einerseits auf die Bedeutung des Beweismittels für die Rechtsverwirklichung einer Partei an, andererseits müssen die informationelle Selbstbestimmung, das Recht am eigenen Bild nach § 22 S. 1 KunstUrhG und datenschutzrechtliche Normen wie § 6b BDSG in der Güter- und Interessenabwägung mit berücksichtigt werden.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die informationelle Selbstbestimmung

Das informationelle Selbstbestimmungsrecht ist Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG iVm Art. 1 Abs. 1 GG) und umfasst das Recht am eigenen Bild und den Schutz der personenbezogenen Informationen. Grundsätzlich ist das Aufzeichnen des Verkehrsvorgangs dazu geeignet, in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzugreifen, ob dieses Recht aber tatsächlich verletzt ist, hängt von einer Abwägung der schutzwürdigen Interessen beider Parteien ab. Gegen die Annahme einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sprechen im Wesentlichen zwei Gesichtspunkte: Zum einen ist auf den Aufnahmen der Dashcam die Person des Klägers selbst nicht erkennbar. Zum anderen gehört die Aufnahme von Verkehrsvorgängen in der Öffentlichkeit ohne Zweifel der Sozial- bzw. Öffentlichkeitssphäre an und unterfällt damit dem geringsten Schutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrechts, da von einer sehr geringen Belastungsintensität ausgegangen werden kann und unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit ein Eingriff die geringsten Rechtfertigungsanforderungen aufweist. Daher nimmt das OLG Nürnberg nicht an, dass sich ein Verwertungsverbot aus einer Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ergibt.

Betroffene Rechte Dritter

Naturgemäß werden bei der Aufnahme von Vorgängen im Straßenverkehr nicht nur die Unfallbeteiligten aufgenommen, sondern auch unbeteiligte Dritte werden von der Aufnahme erfasst. Allerdings bewahrt die Aufnahme die Anonymität dieser Passanten und erfasst sie nur als „Beiwerk des Stadt- und Straßenbildes“, denn im Vordergrund steht bei den Dashcam-Aufnahmen nicht die Abbildung einer Persönlichkeit, sondern ein Verkehrsgeschehen und dieses sei von Verkehrsteilnehmern, die sich auf öffentlichen Wegen und Plätzen aufhalten hinzunehmen. Deshalb stehen auch Rechte Dritter der Verwertbarkeit nicht im Wege. 

Datenschutzrechtliche Gesichtspunkte

In die Abwägungsentscheidung wurden auch datenschutzrechtliche Erwägungen mit einbezogen. So stand ein Verstoß gegen § 6b BDSG zur Debatte. § 6b BDSG erklärt die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mittels Videoüberwachung für unzulässig, es sei denn sie ist erforderlich zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen, zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke und das schutzwürdige Interesse der Betroffenen überwiegt nicht. Die ersten beiden Alternativen sind offensichtlich nicht gegeben, das Gericht prüfte jedoch, ob die Aufzeichnungen zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich sind. Dabei wurde deutlich herausgestellt, dass die Aufzeichnung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienten, ebenso wie sie für eine funktionstüchtige Rechtspflege mit dem Streben nach einer materiell richtigen Entscheidung erforderlich war. Denn außer den Aufzeichnungen der Dashcam waren keine anderen Beweise verfügbar. Hinzu tritt der Fakt, dass die Aufzeichnung nur in einer Länge von 30 Sekunden permanent gespeichert wurde und damit jegliche Zweifel an dem Verwendungszweck der Aufnahmen ausgeräumt werden konnten. 

Datenschutzrechtliche Anordnung gegen den Betrieb einer Dashcam

Auf den ersten Blick gegenteilig wirkt die Entscheidung des VG Göttingen vom 31.05.2017 zur Rechtmäßigkeit einer datenschutzrechtlichen Anordnung gegen den Betrieb einer Dashcam. Dabei urteilt das Verwaltungsgericht, dass eine datenschutzrechtliche Anordnung, die dem Betroffenen den Betrieb seiner Dashcam im öffentlichen Straßenverkehr untersagt bzw. einschränkt, rechtmäßig sei, da die Aufnahmen gegen den § 6b BDSG verstießen.

Der Kläger wehrte sich gegen diese datenschutzrechtliche Anordnung der Beklagten, die ergangen war, nachdem der Kläger in den vergangenen Jahren an seinem Auto an Front- und Heckscheibe eine Dashcam angebracht und auf Grundlage der Aufnahmen etwa 50.000 Ordnungswidrigkeiten bei den Ordnungsbehörden angezeigt hatte, wobei er seine Anzeigen mit Bildaufnahmen belegte. Daraufhin erließ die Beklagte gegen ihn die Anordnung mit dem Inhalt, die Verwendung seiner Daschcams so zu gestalten, dass eine Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten anderer Verkehrsteilnehmern anlässlich der widmungsgemäßen Nutzung von öffentlichen Verkehrsflächen ausgeschlossen ist und weiterhin diejenigen Aufnahmen zu löschen, die nicht ausschließlich für einen persönlichen oder familiären Zweck entstanden sind. 

Eine Rechtsgrundlage sieht das Verwaltungsgericht in § 38 Abs. 5 S. 1 BDSG, da der Kläger gegen § 6b BDSG verstoßen hat. Denn er beobachte und überwache öffentlich zugängliche Räume, erhebe und verarbeite dabei personenbezogene Daten. Sein Verhalten falle offensichtlich nicht unter einen der Ausnahmetatbestände des § 6b Nr. 1 und 2, und auch nicht unter Nr. 3, da bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen der Zweck konkret festgelegt sein müsse und der Kläger nur den weitgefassten Zweck des Selbst- und Eigentumsschutzes sowie der Beweissicherung angebe. Diese Zwecke könnten allenfalls einen Einsatz der Dashcams im Einzelfall rechtfertigen, nicht jedoch wie hier die anlasslose und regelmäßige Videoüberwachung des Straßenverkehrs. Darin sei auch kein berechtigtes Interesse zu sehen, denn der Kläger trete als vermeintlicher Sachwalter öffentlicher Interessen auf, obwohl die Gewährleistung eines gesetzeskonformen Straßenverkehrs der Straßenverkehrsbehörden und Polizei, nicht jedoch privaten Dritten obliege. Und selbst wenn ein solches schutzwürdige Interesse anzunehmen wäre, würden die schutzwürdigen Interessen der anderen Verkehrsteilnehmer mit ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung die Interessen des Klägers überwiegen. 

Das Gericht zieht noch in Betracht, dass die Anwendung des § 38 Abs. 5 BDSG gem. § 27 Abs. 1 S. 1 BDSG ausgeschlossen sei, falls die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten erfolge. Allerdings gelte die Ausnahme für persönliche und familiäre Zwecke nicht für den öffentlichen Raum, so dass eine Aufnahme des öffentlichen Verkehrs von vorn herein nicht mehr „ausschließlich“ persönlicher oder familiärer Natur sein könne. So sei es auch hier, da der Kläger unter anderem die Kameras verwendet habe, um Verkehrsordnungswidrigkeiten anderer Verkehrsteilnehmer aufzunehmen, ohne dass er persönlich etwas mit diesem Verkehrsvorgang zu tun habe.

Beweisverwertungsverbot bei Verstoß gegen § 6b BDSG

Das OLG Stuttgart hatte Ende des Jahres 2016 über die Frage zu entscheiden, ob zwingend ein Beweisverwertungsverbot im Straf- oder Bußgeldverfahren anzunehmen sei, wenn Dashcam-Aufnahmen unter Verstoß gegen § 6b BDSG gefertigt wurden. Dabei kam das Gericht zu dem Schluss, dass § 6b Abs. 3 S. 2 BDSG kein ausdrückliches Beweisverwertungsverbot enthalte und der Gesetzgeber auch keines formulieren wollte. Ein auf rechtswidrige Weise erlangtes Beweismittel dürfe, unter Anwendung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), im Einzelfall auch zu Lasten des Betroffenen verwendet werden, wenn die Art des Verbots und das Gewicht des Verfahrensverstoßes sowie der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter unter Abwägung der widerstreitenden Interessen dies erforderlich machten. Daher sei der Tatrichter nicht daran gehindert, eine Videoaufzeichnung zu verwerten und als Beweismittel zuzulassen, solange diese keine Einblicke in die engere Privatsphäre gewährten, sondern lediglich Verkehrsvorgänge dokumentierten und damit eine mittelbare Identifizierung durch das Kennzeichen erlaubten. Dabei könne dann das allgemeine Interesse an der Effektivität von erheblichem Fehlverhalten im Straßenverkehr höher gewertet werden, als die entgegenstehenden Interessen des Betroffenen. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass trotz eines Verstoßes gegen § 6b BDSG eine Verwertung als Beweismittel zumindest im Straf-und Bußgeldverfahren möglich ist. 

Fazit

Mit diesen Entscheidungen sind zwar nicht alle Streitigkeiten und Unklarheiten rund um die Verwendbarkeit von Dashcams im öffentlichen Straßenverkehr ausgeräumt. Jedoch können unterschiedliche Schlüsse aus den oben genannten Überlegungen gezogen werden: Zum einen, dass Dashcam-Aufzeichnungen als Beweis verwertet werden dürfen, wenn sie zur funktionstüchtigen Rechtspflege beitragen, keine anderen Beweise auffindbar sind und die Aufzeichnungen auf eine zeitlich eng begrenzte Dauer beschränkt sind. Zum anderen wird aber auch deutlich, dass eine anlasslose und regelmäßige Videoüberwachung des öffentlichen Straßenverkehrs unter keinen Ausnahmetatbestand des BDSG fällt, das Argument des Selbst- und Eigentumsschutzes nicht ausreicht, um ein berechtigtes Interesse zu begründen und ein Verhalten, wie es der Kläger an den Tag gelegt hat, durch eine datenschutzrechtliche Anordnung zweifelsfrei untersagt werden kann. Trotzdem betonen Gericht immer wieder, dass eine dauerhafte und anlasslose Überwachung von einer Überwachung im Einzelfall zu unterscheiden sei, wenn der Fahrer eine Gefahr oder Verletzung im Straßenverkehr befürchtet. Zu der Frage wann und unter Bezugnahme auf welche Ausnahmetatbestände eine solche Aufnahme gerechtfertigt wäre, äußert sich das VG Göttingen jedoch nicht.

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Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Online-Gruppen-Kalendern

Wir gehen näher auf die Entscheidung des LG Nürnberg zum Mitbestimmungrecht des Betriebsrats bei Online-Gruppen-Kalendern ein.

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Online-Gruppen-Kalendern

Einführung

Möchte der Arbeitgeber einen Gruppenkalender in Outlook einrichten, so muss er den Betriebsrat bei der Entscheidung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) berücksichtigen. Andernfalls ist eine Weisung des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, den Kalender zu nutzen, unwirksam und eine darauf beruhende Abmahnung aus der Personalakte des Arbeitnehmers zu entfernen. Das entschied das Landesarbeitsgericht Nürnberg mit Urteil am 21.02.2017 (Az. 7 Sa 441/16) und bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz.

Der Sachverhalt

Der Kläger ist seit einer langen Zeit bei der Beklagten beschäftigt und als Verkehrsmeister tätig. Er verlangte die Entfernung einer Abmahnung aus seiner Personalakte. Diese ist auf eine Weigerung der Anweisung zurückzuführen, von dem Gruppenkalender „Tram“ für die Verwaltung der betrieblichen Termine Gebrauch zu machen. Zuvor waren alle Angestellte der Abteilung in der Funktionsmailbox mit Zugriff auf den Kalender zusammengefasst worden. Mit Schreiben teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ihn die Verpflichtung treffe, den Weisungen der Arbeitgeberin nachzukommen. Für den Fall eines ähnlichen Vorkommnisses spielte die Beklagte auf weitergehende arbeitsrechtliche Maßnahmen bis hin zur Kündigung an.

Mit dem Begehren der Rücknahme der Abmahnung sowie ihrer Entfernung aus der Personalakte erhob der Kläger vor dem Arbeitsgericht Nürnberg Klage. Das Gericht gab der Klage mit Urteil vom 26.08.2016 (Az. 12 Ca 978/16) statt und stützte seine Entscheidung auf das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die Arbeitgeberin sei verpflichtet, den Betriebsrat bei der Einrichtung eines Gruppenkalenders zu beteiligen. Dazu war es im vorliegenden Fall nicht gekommen. Die Beklagte sah in der Einrichtung eines Gruppenkalenders keine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Sie war der Ansicht, dass die Einrichtung des Kalenders bereits von einer Betriebsvereinbarung über den Umgang mit Informations- und Kommunikationsanlagen (IuK) umfasst sei. Aus diesen Gründen legte die Beklagte gegen das Urteil Berufung ein.

Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung

Ein Arbeitnehmer kann die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung grundsätzlich verlangen, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt (BAG, Urt. v. 02.11.2016, Az. 10 AZR 596/15; BAG, Urt. v. 19.07.2012, Az. 2 AZR 782/11). Der Anspruch des Arbeitnehmers ergibt sich dann aus §§ 242, 1004 Abs. 1 S. 1 BGB.

Eine hier zu bejahende unzutreffende rechtliche Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers sah das Gericht in der Bewertung der Weigerung, der Anordnung Folge zu leisten. Eine Anordnung des Arbeitgebers zulasten des Arbeitnehmers ist nämlich nach der sogenannten Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung dann unwirksam, wenn die Mitbestimmung des Betriebsrats erforderlich war, diese aber nicht vorliegt. Der Arbeitgeber soll keine Vorteile daraus ziehen, wenn er sich mitbestimmungswidrig verhält.

Online-Gruppenkalender als „technische Einrichtung“

Zentrale Frage des Verfahrens war die Beurteilung des Online-Gruppenkalenders als „technische Einrichtung“ im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Nur wenn es sich bei dem Kalender um eine technische Einrichtung handelt, die dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung des Arbeitnehmers zu überwachen, war die Einbeziehung des Betriebsrates bei der Einführung eines Gruppenkalenders, zu der es nicht kam, erforderlich. Folge dessen ist die Unwirksamkeit der Anordnung durch die Führungskraft. Der Arbeitnehmer muss unwirksamen Anordnungen nicht nachkommen und setzt sich damit auch nicht dem Risiko der Abmahnung oder Kündigung aus. Eine sich darauf stützende Abmahnung oder Kündigung ist unwirksam.

Das Bundesarbeitsgericht, dessen Rechtsprechung das LAG Nürnberg sich anschloss, sieht in einer Computersoftware in Verbindung mit dem Rechner, der mit ihr betrieben wird, eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die Nutzung von Microsoft Outlook ist somit offensichtlich eine technische Einrichtung.

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates

Die Zustimmung des Betriebsrats war notwendig, wenn es durch die Nutzung des Gruppenkalenders zu einer Überwachung der Leistung und des Verhalten des Arbeitnehmers gekommen wäre. Damit ist ein Vorgang gemeint, durch den die Informationen über den Arbeitnehmer auf technische Weise erhoben und aufgezeichnet werden, um sie auch späterer Wahrnehmung zugänglich zu machen. Die objektive Eignung dazu ist ausreichend. Das Gericht bejahte die Voraussetzungen mit der Begründung, dass der Gruppenkalender der Beklagten eine Auswertung der Leistungen des Klägers in Bezug auf die Koordination seiner Termine und Terminsdichte ermöglichte, auch ohne Kenntnis des Klägers davon.

Im Ergebnis hat der Arbeitgeber den Betriebsrat bei der Einrichtung eines Online-Gruppenkalenders zu berücksichtigen. In einer vorherigen Betriebsvereinbarung konnte hier keine wirksame Berücksichtigung des Betriebsrats gesehen werden, da diese nicht die Einführung neuer Hard- oder Software beinhaltete und sich somit nicht mit der angestrebten Einrichtung des Gruppenkalenders deckte.

Letztendlich fehlte die Berücksichtigung des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG und die Weisung der Beklagten war unwirksam. Somit musste sie die Abmahnung aus der Personalakte des Klägers entfernen.

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Widerrufsbelehrung und Muster-Widerrufsformular bei begrenzter Darstellungsfläche

Wir informieren Sie über die formalen Anforderungen bei Fernabsatzverträgen, insbesondere über die vorvertraglichen Informationspflichten.

Widerrufsbelehrung und Muster-Widerrufsformular bei begrenzter Darstellungsfläche

Einleitung

Der Bundesgerichtshof legte dem Europäischen Gerichtshof mehrere Fragen in Bezug auf das Erfordernis einer Widerrufsbelehrung und eines Muster-Widerrufsformulars in einem Werbeprospekt mit Bestellkarte vor. Am 14.06.2017 stellte es ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH (BGH Vorlagebeschluss v. 14.06.2017, Az. I ZR 54/16). 

Mit dem Vorabentscheidungsersuchen begehrt der BGH die Beantwortung einiger Fragen bezüglich der Auslegung der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Rates und Parlaments.

Die Fragen zur Vorabentscheidung betreffen Art. 6 Abs. 1 lit.h der Richtlinie über die Informationspflichten bei Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, konkret die Anforderungen an das Widerrufsrecht, und Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2011/83/EU über die formalen Anforderungen bei Fernabsatzverträgen, konkret die notwendigen vorvertraglichen Informationen bei lediglich begrenzt zur Verfügung stehendem Raum oder Zeit. 

Der Sachverhalt

Es geht um ein Werbeprospekt mit Bestellpostkarte. Als Beilage zu diversen Zeitungen und Zeitschriften verbreitete die Beklagte ein Werbeprospekt mit heraustrennbarer Bestellpostkarte. Zwar befand sich auf der Vorder- und der Rückseite ein Hinweis auf das gesetzliche Widerrufsrecht, im Ergebnis fehlten aber eine Widerrufsbelehrung sowie ein Muster-Widerrufsformular. Diese waren lediglich durch einen Umweg zu finden: Bei Eingabe des in der Fußleiste auf Vorder- und Rückseite des Werbeprospekts angegebenen Internetadresse, die zur Startseite des Internetauftritts der Beklagten führte, waren sowohl Widerrufsbelehrung als auch Muster-Widerrufsformular über den Link „AGB“ unter der Überschrift „Rechtliches“ zu finden. Ferner enthielt das Prospekt unter der Überschrift „So bestellen Sie bei…“ die Telefon- und Faxnummer, Internetadresse und Postanschrift der Beklagten, und in der besagten Fußleiste auf Vorder- und Rückseite unter der Überschrift „Bestellservice“ die Telefonnummer und Internetadresse der Beklagten. Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und beanstandete das Prospekt mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung und Muster-Widerrufsformular. Nach erfolgloser Abmahnung erhob die Klägerin Klage auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten. 

Entscheidung des OLG Düsseldorf 

Während die Klage vor dem Landgericht Wuppertal erfolgreich war, änderte das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urt. v. 18.02.2016, Az. I-15 U 54/15) als Berufungsinstanz das Urteil der Vorinstanz etwas ab. Es verurteilte die Beklagte zur Erstattung der vorgerichtlichen Abmahnkosten und Unterlassung des Abschlusses von Fernabsatzgeschäften bei nicht erfüllten Informationspflichten. Diese bestünden in der Information über Bedingungen, Fristen, Verfahren und Adressat des Widerrufs sowie der Beifügung eines Muster-Widerrufsformulars. Das OLG Düsseldorf sah den alleinigen Hinweis auf das Widerrufsrecht als nicht ausreichend; vielmehr müsse der Verbraucher umfassend über das Widerrufsrecht informiert und belehrt werden. Die Erleichterung der Informationspflichten greife nur, wenn dem Verbraucher wegen der räumlichen oder zeitlichen Begrenzung des Fernkommunikationsmittels sämtliche Pflichtinformationen nicht an das Fernkommunikationsmittel angepasst sowie klar und verständlich zur Verfügung gestellt werden können. Ferner darf der Unternehmer dann keinen Einfluss auf diese räumlichen oder zeitlichen Begrenzungen des Fernkommunikationsmittels haben. 

Die Beklagte ging gegen das Urteil in Revision und verfolgt die vollständige Abweisung der Klage, während die Klägerin die Revision zurückzuweisen beantragt. Der Erfolg der Revision der Beklagten vor dem BGH ist von der Auslegung der Art. 6 Abs. 1 lit. h und Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie abhängig, weshalb der BGH eine Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 1 lit. b, Abs. 3 AEUV beim EuGH einholt. 

Hintergrund

Hintergrund stellt die europäische Verbraucherrichtlinie dar. Sie dient der Vereinheitlichung des Schutzes des Verbrauchers. Ein einheitlicher Verbraucherschutz mit ausgewogenem Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutz und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmer fördert den Binnenmarkt und die damit verbundene Harmonisierung schafft einen einheitlichen Rechtsrahmen. Der sich aus der Richtlinie erwachsende Verbraucherschutz muss in das nationale Recht umgesetzt und richtlinienkonform ausgelegt werden. Somit kommt es bei der Auslegung der hier einschlägigen Gesetzte des § 312g Abs. 1 BGB iVm. Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB darauf an, wie die entsprechenden Vorschriften aus der Richtlinie auszulegen sind. 

Die Fragen des BGH an den EuGH

  1. Der BGH stellt sich die Frage, ob es im Rahmen des Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie bei begrenztem Raum oder Zeit darauf ankommt, ob das abstrakte Fernkommunikationsmittel seiner Art nach nur begrenzter Raum oder Zeit zur Verfügung stellt, oder ob die konkret vom Unternehmer gewählten Gestaltung nur begrenzten Raum oder Zeit anbietet.
  2. Ferner ist sich der BGH unsicher, ob die nach Art. 8 Abs. 4 und Art. 6 Abs. 1 lit. h der Richtlinie erforderlichen vorvertraglichen Informationen bezüglich des Widerrufsrechts auch Einschränkungen über das Bestehen eines solchen Rechts aufgrund begrenzter Darstellungsmöglichkeiten zulassen.
  3. Zudem fragt sich der BGH, ob nach Art. 8 Abs. 4 und Art. 6 Abs. 1 lit. h der Richtlinie zwingenderweise ein Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B der Richtlinie beigefügt werden muss, wenn nur begrenzte Darstellungsmöglichkeiten vorliegen.

Im Fragestellungen im Einzelnen mit Einschätzung des BGH 

  1. Kommt es bei der Beurteilung einer räumlichen oder zeitlichen Begrenzung eines Fernkommunikationsmittels im Sinne des Art. 8 Abs. 4 S. 1 der Richtlinie auf die abstrakte Begrenzung des Raums und der Zeit durch das Fernkommunikationsmittels an (1) oder auf die konkrete Begrenzung der Raums oder der Zeit durch die gewählte Gestaltung des Unternehmers (2)?

Grundsätzlich kann sich der Unternehmer bei Fernkommunikationsmitteln mit begrenzten Darstellungsmöglichkeiten auf erleichterte Informationspflichten gemäß Art. 246a § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 EGBGB berufen, womit er nur über das Bestehen eines Widerrufrechts zu informieren hat. Bringt das Mittel des Werbeprospekts also eine begrenzte Darstellungsmöglichkeit mit sich? 

Die Annahme einer abstrakten Begrenzung des Raums bei einem Werbeprospekt würde bedeuten, dass das Kommunikationsmittel „Werbeprospekt“ aufgrund seiner technischen Eigenschaften räumlich derart begrenzt ist, dass es dem Unternehmer weder technisch, noch tatsächlich möglich ist, seinen Informationspflichten in angepasster, klarer und verständlicher Art und Weise nachzukommen. Da ein Prospekt von mehreren Seiten Umfang jedoch für den Unternehmer durch beispielsweise eine Änderung des Formats die Möglichkeit der freien Gestaltung durch die Änderung des Formats o.ä. bietet, scheidet nach dieser Auslegung eine begrenzte Darstellungsmöglichkeit für Printprospekte aus. Bei dem Abstellen auf eine konkrete Ausgestaltung des Kommunikationsmittels durch den Unternehmer ist eine begrenzte Darstellungsmöglichkeit zu bejahen, wenn der Raum aufgrund der gestalterischen Entscheidung des werbenden Unternehmens zu Layout und Grafik oder Umfang des Werbeträgers für die Pflichtangaben nicht ausreicht.

Für beide Auslegungsmöglichkeiten nennt der BGH gute Argumente. Für die Auslegung, konkret auf die gewählte Gestaltung des Fernkommunikationsmittels durch den Unternehmer abzustellen, spricht der Wortlaut der Richtlinie. Er liefert keine Anhaltspunkte dafür, dass das Merkmal der Begrenzung von Raum oder Zeit auf technischen Begrenzungen beruhen muss. Im Rahmen der raschen technischen Entwicklung gäbe es somit keinen Anwendungsbereich für die Ausnahme der begrenzten Darstellungsmöglichkeiten. Ferner gewährleistet Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union die unternehmerische Freiheit, zu der auch die Werbefreiheit gehört. Diese darf nicht unverhältnismäßig beschränkt werden. Ein Abstellen auf die abstrakte technische Begrenzung von Kommunikationsmitteln würde dazu führen, dass bestimmte Werbeformen aufgrund einer großen Menge an Informationspflichten im Verhältnis zum Werbeinhalt selber nicht mehr genutzt würden, da der Verbraucher sonst mit umfangreichen Informationen überfrachtet würde. Jedenfalls muss der Unternehmer dem Verbraucher gemäß Art. 8 Abs. 7 lit. a der Richtlinie innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsabschluss und spätestens bei Lieferung der Waren alle Informationen, die der Verbraucher nicht vor Vertragsschluss erhalten hat, auf einem Dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen. Während ein Werbeprospekt nach der Lebenserfahrung des Öfteren nicht aufbewahrt wird, würden damit auch die Informationen des Unternehmers, ebenso die bezüglich des Widerrufrechts, entsorgt. Eine Information des Verbrauchers nach Abschluss des Fernabsatzvertrages würde den Verbraucher also effektiver schützen. Für eine Auslegung nach der abstrakten technischen Begrenzung eines Fernkommunikationsmittels spricht wiederrum der Zweck der Richtlinie des hohen Verbraucherschutzes. Dem Verbraucher kann grundsätzlich nicht der Wechsel des Fernkommunikationsmittels zur ergänzenden Informationsgewinnung zugemutet und vorausgesetzt werden und sollte deshalb nur die äußerste Ausnahme darstellen. Andernfalls könnte der Unternehmer seine Informationspflichten durch Verweigerung der Umgestaltung zur umfänglichen Information des Verbrauchers umgehen. Die Umgehung würde auch das Verhältnis der Regel-Ausnahme-Beziehung aushebeln.

  1. Ist es mit Art. 8 Abs. 4 und Art. 6 Abs. 1 lit. h der Richtlinie vereinbar, die Informationen über das Widerrufsrecht bei begrenzten Darstellungsmöglichkeiten auf die Information über das Bestehen eines Widerrufrechts zu beschränken?

Grundsätzlich muss der Unternehmer den Verbraucher in verständlicher und klarer Weise über die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts mit Muster-Widerrufsformular informieren, Art. 8 Abs. 4 iVm. Art. 6 Abs. 1 lit. h der Richtlinie. Beschränkungen für diese Pflicht sind nicht ersichtlich. Der Senat spricht sich im Ergebnis aber für eine Einschränkbarkeit dieser Informationspflicht auf das bloße Bestehen eines Widerrufrechts aus. Dies begründet der BGH damit, dass gemäß des Erwägungsgrunds 4 der Richtlinie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmers gewährleistet werden soll. Eine vollumfängliche Informationspflicht des Unternehmers stelle aufgrund ihres großen Umfanges eine unverhältnismäßige Beschränkung der Werbefreiheit dar. Das Schutzbedürfnis des Verbrauchers werde bereits durch Art. 8 Abs. 7 lit. a der Richtlinie erfüllt, indem auf jeden Fall alle weiteren Informationen bezüglich des Widerrufrechts innerhalb einer angemessenen Frist nach Abschluss des Fernabsatzvertrags zu erteilen sind. Ein bloßer Hinweis auf das Bestehen des Widerrufrechts stelle den hohen Verbraucherschutz nicht in Frage und reiche damit im Fall der begrenzten Darstellungsmöglichkeiten aus.

  1. Ist es nach Art. 8 Abs. 4 und Art. 6 Abs. 1 lit. h der Richtlinie auch im Fall begrenzter Darstellungsmöglichkeiten zwingend geboten, dem Fernkommunikationsmittel ein Muster-Widerrufsformular nach Anhang I Teil B der Richtlinie beizufügen?

Grundsätzlich stellt Art. 6 Abs. 1 lit. h der Richtlinie keine formellen Anforderungen an die Art, wie der Unternehmer den Verbraucher über das Muster-Widerrufsformular zu informieren hat. Jedoch lassen sich aus der Richtlinie einige Hinweise herauslesen, dass dem Verbraucher jedenfalls das Muster-Widerrufsformular zu übermitteln ist. Dafür spricht die direkte Ansprache „Sie“ verbunden mit einer Rücksendeaufforderung im Muster-Widerrufformular aus Anhang I Teil B der Richtlinie. Diese Annahme wird durch einen Verweis der Muster-Widerrufsbelehrung auf Anhang I Teil B unterstützt. Der BGH sieht somit deutliche Argumente für die Pflicht der Übermittlung jedenfalls des Muster-Widerrufformulars.

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