Auswirkungen des Brexits auf die Datenübermittlung in das Vereinigte Königreich

Angemessenheitsbeschluss

Nach dem Brexit gilt das Vereinigte Königreich als Drittland, sodass für eine Datenübermittlung bestimmte Voraussetzungen vorliegen müssen.

Angemessenheitsbeschluss

Auswirkungen des Brexits auf die Datenübermittlung in das Vereinigte Königreich

Einleitung

Im Rahmen des bevorstehenden Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU (Brexit, voraussichtlich bis spätestens 31.01.2020) ist die Frage nach den Auswirkungen und Änderungen auf die rechtliche Beurteilung von Datenübermittlungen aus der EU an Unternehmen im Vereinigten Königreich von besonderer Bedeutung. Der britische Premierminister Boris Johnson und die EU Staaten haben sich am 17.10.2019 auf ein neues Abkommen geeinigt, dieses muss jedoch noch vom britischen Parlament abgesegnet werden. Bisher kam es im britischen Parlament nicht zu einer absoluten Mehrheit für Johnsons Brexit Deal. Das Parlament stimmte am 29.10.2019 aber einer Neuwahl zu, welche voraussichtlich am 12.12.2019 stattfinden soll. Am 06.11.2019 wurde das britische Parlament nun aufgelöst. Johnson hofft, dass ein neues Parlament seinem Brexit Deal zustimmt.

Im Rahmen des aktuellen Abkommens verpflichten sich die Parteien zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus personenbezogener Daten, um den Datenfluss zwischen ihnen zu erleichtern. Es soll zudem einen Übergangszeitraum geben, in dem das Vereinigte Königreich zwar nicht Mitglied der EU ist, sich aber an dessen Richtlinien und Verordnungen halten muss. Des Weiteren soll die Europäische Kommission nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU mit Prüfungen über ein angemessenes Schutzniveau beginnen um spätestens bis Ende 2020 einen Angemessenheitsbeschluss vorbringen zu können. 

In Ermangelung eines bisher geschlossenen Austrittsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich besteht weiterhin die „Gefahr“ eines ungeregelten Brexits (No-Deal-Brexit). Sobald das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union ausgetreten ist, gilt es als Drittland im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Folglich darf eine Datenübermittlung nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen stattfinden. Ziel dieser weiteren Voraussetzungen ist die Erhaltung eines mit der EU vergleichbaren Datenschutzniveaus, wenn personenbezogene Daten an das Vereinigte Königreich übermittelt werden.

Datenübermittlungen aus der EU/dem EWR in das Vereinigte Königreich 

Die Zulässigkeitsprüfung einer Datenübermittlung an ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittland erfolgt zweistufig. Zunächst müssen die Verarbeitung und Weitergabe der personenbezogenen Daten an sich zulässig sein. Des Weiteren muss der Datentransfer an ein Drittland gerechtfertigt sein. Eine Rechtfertigung des Auslandstransfers bilden die Art. 44 ff. DS-GVO. Ein Datentransfer in ein Drittland ist demnach stets zulässig, wenn die Europäische Kommission einen Angemessenheitsbeschluss gemäß Art. 45 Abs. 1 DS-GVO erlässt, welcher besagt, dass das jeweilige Drittland über ein angemessenes, mit dem EU-Recht vergleichbares Datenschutzniveau verfügt. Die bisherigen Angemessenheitsbeschlüsse der EU Kommission stammen noch aus der Zeit vor der DS-GVO, bilden aber dennoch weiterhin wirksame Rechtfertigungen für einen Auslandsdatentransfer.

Mangels Angemessenheitsbeschlusses der EU für das Vereinigte Königreich, müssen sog. „geeignete Garantien“ gemäß Art. 46 DS-GVO getroffen werden, um einen Datentransfer zu ermöglichen. Hierzu kann sich verschiedener Datentransferinstrumente bedient werden. Es obliegt den Verantwortlichen und Auftragsverarbeitern zu überprüfen, welche Mechanismen zur Datenübermittlung in das Vereinigte Königreich in der jeweiligen Situation am besten geeignet sind. 

Standarddatenschutzklauseln

In Betracht kommen zunächst Standarddatenschutzklauseln. Derzeit sieht die EU Kommission drei Zusammenstellungen von Standarddatenschutzklauseln vor, welche die Datenübermittlung von einem Verantwortlichen in einem EU-Land an einen Verantwortlichen oder einen Auftragsverarbeiter in einem Drittland regeln (2001/497/EG, 2004/915/EG, 2010/87/EG). Diese Klauseln können sodann in (auch bereits bestehende) Verträge eingebaut werden. Wichtig ist, dass diese Klauseln nicht abgeändert werden dürfen; sie müssen genauso übernommen und unterzeichnet werden, wie die Kommission sie genehmigt hat. Die Standarddatenschutzklauseln stammen aus der Zeit vor der DS-GVO, sind jedoch so lange wirksam, bis die EU Kommission sie durch einen Beschluss ändert, ersetzt oder aufhebt.

Verbindliche interne Datenschutzvorschriften (BCRs)

Des Weiteren können Unternehmensgruppen, d.h. multinationale Konzerne, verbindliche interne Datenschutzvorschriften verwenden, welche einen angemessenen Datenschutz innerhalb der Gruppe gewährleisten. Die Unternehmensgruppen verpflichten sich dadurch zur Bereitstellung geeigneter Garantien für die Übermittlung von personenbezogenen Daten, auch außerhalb der EU/des EWR. Bereits bestehende, nach der früheren Richtlinie 95/46/EG genehmigte, verbindliche interne Datenschutzvorschriften bleiben unter der DS-GVO wirksam und gelten als geeignete Garantien im Sinne des Art. 46 DS-GVO. Sie müssen jedoch an einigen Stellen aktualisiert werden, um den Voraussetzungen der DS-GVO vollständig zu entsprechen. Zukünftige verbindliche interne Datenschutzvorschriften bedürfen einer Genehmigung der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde, nachdem der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) Stellung genommen hat.

Verhaltensregeln und Zertifizierungsmechanismen

Zudem besteht die Möglichkeit, Datentransfers auf Grundlage von branchenspezifischen Verhaltensregeln nach Art. 40 DS-GVO zu legitimieren, soweit diese über rechtsverbindliche und durchsetzbare Verpflichtungen des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters verfügen und von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt wurden, Art. 46 Abs. 2 lit. e DS-GVO. Dasselbe gilt für Zertifizierungen, Art. 46 Abs. 2 lit. f, 42 DS-GVO. 
Bisher gibt es noch keine Präzisierung des Inhalts der Verhaltenskodizes und Zertifizierungsmechanismen im Hinblick auf rechtliche Rahmenbedingungen und Verfahrensfragen; es ist sodann auf Leitlinien der europäischen Aufsichtsbehörden zu warten. 

Ad-hoc-Vertragsklauseln

Ad-hoc-Datenschutzklauseln können zwischen den jeweiligen Vertragspartnern (der EU/dem EWR und dem Vereinigten Königreich) individuell ausgehandelt werden, sodass sie in der jeweiligen Situation angemessene Garantien für die Datenübermittlung bilden. Diese müssen vor einem Datentransfer jedoch vom Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB) genehmigt werden. Sofern Standarddatenschutzklauseln geändert werden, werden sie zu Ad-hoc-Vertragsklauseln. 

Ausnahmen

Im Einzelfall können auch Ausnahmeregelungen gemäß Art. 49 DS-GVO greifen. Dies ist beispielweise bei einer vorherigen informierten Einwilligung oder einer Datenübermittlung zur Erfüllung eines Vertrages der Fall. Diese Ausnahmen sind sehr eng auszulegen und gelten in der Regel nur bei gelegentlichen und sich nicht wiederholenden Datenübermittlungen. 

Fazit

Bis zum Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU sind von europäischen Unternehmen, welche im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit personenbezogene Daten in das Vereinigte Königreich übermitteln, Vorkehrungen zu treffen, welche einen ausreichenden Schutz der Daten im Sinne der DS-GVO gewährleisten. Hierzu kann sich je nach Einzelfall verschiedener Datentransferinstrumente bedient werden, bis es zu einem Angemessenheitsbeschluss der EU Kommission für das Vereinigte Königreich gekommen ist.

Wir unterstützen Sie gerne bei der Bewältigung der mit dem Brexit einhergehenden datenschutzrechtlichen Herausforderungen.

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Umfang des Auskunftsrechts des Betroffenen aus Art. 15 DS-GVO

Wir gehen näher darauf ein, was unter dem Auskunftsrecht der DS-GVO zu verstehen ist und welche Informationen davon umfasst sind.

Umfang des Auskunftsrechts des Betroffenen aus Art. 15 DS-GVO

Einleitung

Vor Inkrafttreten der DS-GVO wurden die Auskunftsrechte in den §§ 19, 34 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) der alten Fassung geregelt. Bemerkenswert am Bundesdatenschutzgesetz ist, dass es in seiner ursprünglichen Fassung bereits 1977 in Kraft getreten ist. Die Bundesrepublik war damit dem europäischen Gesetzgeber um Jahrzehnte voraus – dieser verabschiedete ein erstes Gesetz zum Datenschutz erst im Jahr 1995 mit der Richtlinie 95/46/EG, welche wiederum durch die Richtlinien 2002/58/EG und 2009/136/EG ergänzt wurde. Diese wiederum wurde durch die DS-GVO im Mai 2018 ersetzt.

Zwar ist die DS-GVO eine europaweit einheitliche Verordnung, so dass sich die zum Bundesdatenschutzgesetz a.F. existierende deutsche Rechtsprechung nicht per se zur Auslegung von europäischen Normen heranziehen lässt und stattdessen neu erarbeitet werden muss. Ob und inwiefern existierende Rechtsprechung zum BDSG a.F. im Rahmen der DS-GVO herangezogen werden kann, deren Artikel gleichbedeutend mit Normen aus den oben genannten Richtlinien sind, ist Sache des Einzelfalls. In den hier erörterten Urteilen hat das LG Köln im Rahmen der Auslegung von Art. 15 DS-GVO frühere Rechtsprechung des OLG Köln zum § 34 BDSG a.F. (Beschluss vom 26.07.2018, 9 W 15/18) herangezogen.

Die §§ 19, 34 BDSG a.F. wurden im Rahmen der Umsetzung der Artt. 10, 12 der Richtlinie 95/46/EG erlassen. Während der Auskunftsanspruch der §§ 19, 34 BDSG a.F. nur eine Auskunft über die gespeicherten Daten vorsieht, geht Art. 15 DS-GVO darüber hinaus und sieht eine Auskunft über die verarbeiteten Daten vor. Das heißt in der Praxis, dass nun nicht mehr Auskunft über die Speicherung der Daten selbst gegeben werden muss, sondern die Verarbeitung umfasst auch das Auslesen, Abfragen, Verändern, Übermitteln, Verbreiten oder Abgleichen von Daten. Quasi jede Handlung, bei der Daten verwendet werden, stellt eine Verarbeitung dar. Mit Inkrafttreten der DS-GVO steht dem Verbraucher nun auch der neue Anspruch des Rechts auf Kopie gem. Art. 15 Abs. 3 DS-GVO zu.

Vorliegend soll herausgearbeitet werden, wie weit der Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO reicht und ob und wie weit personenbezogene Daten aus der Vergangenheit mitumfasst sind. Auch wenn die DS-GVO mittlerweile seit knapp 1,5 Jahren gilt, ist das Auskunftsrecht des Art. 15 DS-GVO Gegenstand juristischer Auseinandersetzung. Dies ist vor allem der unpräzisen Ausgestaltung der Norm in Hinblick auf ihre Reichweite geschuldet. 

Differenzierung zwischen dem Auskunftsrecht und dem Recht auf Kopie

Vorab sei erwähnt, dass Abs. 1 des Art. 15 DS-GVO sich in zwei Teile gliedert – es handelt sich um ein zweistufiges Auskunftsrecht. Der erste Teil gewährt den eigentlichen Auskunftsanspruch: „Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten (…).“ Der zweite Teil gewährt das Recht auf zusätzliche Informationen, die in lit. a) – h) aufgeführt sind. Dass die Norm zwei selbstständige Rechte meint, ist aufgrund der Gestaltung in Form eines einzelnen Satzes nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Das Recht auf eine Kopie setzt folgerichtig einen Anspruch auf die Auskunft voraus. Beide Ansprüche führen somit zum selben Ergebnis – der Unterschied liegt lediglich darin, dass Art. 15 Abs. 1 DS-GVO keine Vorgaben zur Darstellung der personenbezogenen Daten macht. Dies kann also tabellarisch, grafisch oder auf Wunsch des Betroffenen auch mündlich erfolgen. Hingegen erfordert der Anspruch auf eine Kopie aus Art. 15 Abs. 3 DS-GVO eine Darstellung der Daten 1-zu-1 in der Form, wie sie tatsächlich beim Verantwortlichen vorliegen – ergo der Wortlaut „Kopie“.

Anspruch auf vergangene Informationen

Bislang ist weder umfangreiche Rechtsprechung vorhanden, die Art. 15 DS-GVO zum Gegenstand hat, noch gibt es höchstrichterliche Urteile. Jedoch hat das Landgericht Köln dieses Jahr bereits zwei Urteile, diese Thematik betreffend, gesprochen: 26 O 25/18 vom 18. März 2019 sowie 26 S 13/18 vom 19. Juni 2019. Wie oben erwähnt, ist unstrittig, dass der Auskunftsanspruch des Art. 15 DS-GVO über den vormaligen Auskunftsanspruch aus § 34 BDSG a.F. hinausgeht. Allerdings war auch nach dem BDSG a.F. nicht klar, inwieweit vergangene Informationen vom Auskunftsanspruch umfasst sind.

Das Landgericht hat eine enge Auslegung des Art. 15 DS-GVO angenommen und den Auskunftsanspruch der Klägerin auf die alleinigen gespeicherten Daten der Klägerin beschränkt. Sonstige interne Daten, die im Rahmen des Unternehmenszwecks verarbeitet werden, sind nicht von Art. 15 DS-GVO umfasst: 

Nach der Auffassung der Kammer bezieht sich der Auskunftsanspruch aber nicht auf sämtliche internen Vorgänge der Beklagten, wie z.B. Vermerke, oder darauf, dass die betreffende Person sämtlichen gewechselten Schriftverkehr, der dem Betroffenen bereits bekannt ist, erneut ausgedruckt und übersendet erhalten kann.“

Das heißt, der Betroffene kann seinen Namen, Geburtsdatum, Identifikationsmerkmale, Gesundheitsdaten oder Kontonummer erfragen. Nutzt das Unternehmen die Daten um zum Beispiel interne Gutachten zu erstellen, werden diese nicht vom Auskunftsanspruch erfasst. Damit soll auch verhindert werden, dass Betroffene den Auskunftsanspruch „missbrauchen“ und den Verantwortlichen zum persönlichen E-Mail-/Postarchiv machen, was ansonsten einen riesigen Aufwand mit sich ziehen würde.

Damit folgte das LG einem Urteil des OLG Köln, welches im Rahmen des Auskunftsanspruchs des § 34 BDSG a.F. feststellte, dass dieser kein Ausforschungsanspruch sei und schon allein die Fairness gegenüber Unternehmen gebietet, dass diese internen Vorgänge unter Verschluss halten können. 

Damit ist auch die Frage nach den zurückliegenden gespeicherten Informationen vom LG Köln zum Teil beantwortet. Vergangene Korrespondenz mit oder über den Betroffenen ist nicht vom Auskunftsanspruch erfasst. Offen bleibt die Frage, ob eine sonstige vergangene Verarbeitung beauskunftet werden muss, soweit sie die in Art. 15 Abs. 1 lit. a) – h) DS-GVO aufgeführten Informationen enthält.

Es bleibt jedoch abzuwarten, ob ähnlich gelagerte Fälle vom BGH oder insbesondere vom EuGH, den Umfang des Auskunftsanspruchs des Art. 15 DS-GVO betreffend, anders beurteilt werden.

Fazit

Das LG Köln differenziert zwischen den personenbezogenen Daten, die der Verantwortliche vom Betroffenen erhalten hat und den Daten, die der Verantwortliche im Rahmen seines Unternehmenszweckes auf Basis der vorhandenen personenbezogenen Daten selbst erstellt hat.

Diese Interpretation ist auch praxisnah, da – angenommen es bestände eine uneingeschränkte Auskunftspflicht – ein Unternehmen sonst gezwungen wäre, sämtliche internen Verarbeitungsvorgänge über die betreffende Person wie zum Beispiel Analysen, Schriftverkehr und rechtliche Bewertungen, die das Unternehmen aufgrund der Natur seines Unternehmenszwecks selbst aufwändig erstellt hat, preiszugeben und damit im Zweifel auch Geschäftsgeheimnisse opfern müsste. Auch wäre eine solche Zusammenstellung mit erheblichem technischem Aufwand verbunden. Zu beachten ist die Abgrenzung zu Art. 13, 14 DS-GVO, die den Verantwortlichen ohne eine vorherige Handlung der betroffenen Person zur Informationspflicht gegenüber dieser verpflichten, wohingegen der Betroffene durch das Auskunftsrecht des Art. 15 DS-GVO erst nach einem vom Betroffenen geltend gemachten Auskunftsverlangen verpflichtet wird.

Anzumerken ist jedoch, dass eine darüberhinausgehende Auskunftserteilung geboten sein kann, wenn dem ebenfalls in der DS-GVO geregelten Transparenzgebot Rechnung getragen werden soll.

Unternehmen sollten ein Auskunftsersuchen zügig bearbeiten. Im Gegensatz zu Auskunftsersuchen nach dem § 34 BDSG a.F. gilt nun gem. Art. 12 Abs. 3 DS-GVO eine Frist von einem Monat. Diese soll jedoch vor allem komplexen Auskunftsanträgen vorbehalten sein. Wichtig ist, die Identität des Antragstellers zu überprüfen, da personenbezogene Daten selbstredend vertrauliche Informationen sind. Als Auskunftsersuchender sollte man nicht nur eine Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO einholen, sondern auch direkt eine Kopie der Daten gemäß Art. 15 Abs. 3 DS-GVO.

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California Consumer Privacy Act (CCPA)

Wir beleuchten den CCPA und vergleichen seine Regelungen mit denen der DS-GVO.

California Consumer Privacy Act (CCPA)

Einleitung

Da in den föderal organisierten USA der Bereich des Datenschutzes primär in den Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der Bundesstaaten fällt, existiert derzeit auf Bundesebene kein mit der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) vergleichbares Gesetz zur umfassenden Regelung des Datenschutzes. In der Hinsicht nimmt der Bundesstaat Kalifornien eine Außenseiter- und Vorreiterrolle ein. Der kalifornische Gesetzgeber hat mit dem „California Consumer Privacy Act“ (CCPA) ein Gesetz erlassen, das den Verbrauchern ein bis dato unbekanntes Datenschutzniveau gewähren soll. In Kraft treten wird das Gesetz zum 1. Januar 2020 (Gesetzestext: hier abrufbar). 

Neben der Tatsache, dass der CCPA ausgerechnet in der Heimat diverser Silicon Valley-Giganten entstand, ist vor allen Dingen bemerkenswert, dass das Gesetz von einer Bürgerinitiative ausging. Dies spiegelt unmissverständlich das Interesse der Bürger an einem funktionierenden Datenschutzsystem zur Steuerung des Umgangs mit personenbezogenen Informationen wider. Im Gegensatz zu früheren Versuchen, in den USA den Datenschutz im Bewusstsein von Unternehmen und Verbrauchern zu verankern, konnte der kalifornische Gesetzgeber rund um den „Cambridge Analytica“- Skandal die Gunst der Stunde nutzen, den Verbraucherschutz diverser kritischer Stimmen zum Trotz zu etablieren.

Anwendungsbereich der CCPA 

Der CCPA entfaltet Wirkung gegenüber allen Unternehmen, die personenbezogene Informationen von kalifornischen Verbrauchern verarbeiten. Das Unternehmen muss dabei nicht in Kalifornien ansässig sein. Somit können neben amerikanischen auch europäische Unternehmen in den Geltungsbereich des CCPA fallen (s.g. Marktortprinzip), welche bspw. über das Internet in Kaliforniern Waren oder Dienstleistungen anbieten. Indirekt dürfte das Gesetz zudem für Service Provider gelten, welche den kalifornischen Markt als adressierende Kunden haben. Von der Anwendung ausgenommen sind Unternehmen nur, wenn sie die personenbezogenen Daten zu einem Zeitpunkt erhoben haben, an dem sich der Verbraucher außerhalb von Kalifornien aufgehalten hat, kein Teil des Verkaufs bzw. der Weitergabe der personenbezogenen Daten in Kalifornien erfolgte und keine personenbezogenen Daten verkauft wurden, die vom Verbraucher zu einer Zeit erhoben wurden als er in Kalifornien befindlich war (Section 1798.145 (a) (6)).

Anwendbar ist der CCPA nur für Unternehmen, welche mindestens einen der folgenden Schwellenwerte erreichen (Section 1798.140 (c) (1) (A) – (C)):

  • jährliche Bruttoeinnahmen von mehr als USD 25 Millionen,
  • Verarbeitung von personenbezogenen Informationen im Umfang von 50.000 oder mehr Verbrauchern, Haushalten oder Gerätschaften, die von in Kalifornien ansässigen Personen stammen, für geschäftliche Zwecke des Unternehmens,
  • der Gewinn des Unternehmens resultiert zu 50 % oder mehr aus den jährlichen Einnahmen durch den Verkauf von personenbezogenen Informationen. 

Im Rahmen letzter Gesetzestextänderungen hat der Assembly Bill No. 25 vom 11. Oktober 2019 personenbezogene Daten, die über eine Person als Bewerber, Mitarbeiter, Eigentümer, Direktor, leitender Angestellter, medizinischer Angestellter oder Auftragnehmer dieses Unternehmens verarbeitet werden sowie personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zwecke der Aufrechterhaltung von Notfallkontakten gesammelt und verwendet wurden und schließlich personenbezogene Daten, die ausschließlich zur Verwaltung von Leistungen an die Angehörigen einer Person gesammelt und verwendet wurden, bis zum 1. Januar 2021 von der Anwendung der CCPA freigestellt.

Vergleich DS-GVO und CCPA 

In der Sache betrifft der CCPA überwiegend den Verbraucherschutzbereich. Die DS-GVO enthält dagegen umfassende Vorgaben hinsichtlich der Einhaltung und richtigen Umsetzung des Datenschutzes. Im CCPA sind beispielsweise keine Angaben zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten zu finden. 

Einwilligung

Ein fundamentaler Unterschied wird bei Betrachtung der Bestimmungen deutlich, welche den Verkauf von personenbezogenen Daten regeln. Während nach der DS-GVO regelmäßig eine ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers in die Weitergabe erforderlich ist, genügt nach dem CCPA ein Widerruf (Opt-out). Section 1798.135 (a) (1) bestimmt, dass Unternehmen einen deutlich sichtbaren Link auf ihrer Webseite mit dem Titel „Do Not Sell My Personal Information“(Verkaufen Sie meine personenbezogenen Daten nicht) darstellen müssen, der den Verkauf der personenbezogenen Daten untersagt. Wenn Kinder zu den Verbrauchern gehören, gelten strengere Regeln. Kinder im Alter zwischen 13 und 16 Jahren müssen ausdrücklich ihre Einwilligung geben. Bei Kindern unter 12 Jahren entscheidet der Erziehungsberechtigte.

Dies hat vor allem auf Werbetreibende Auswirkungen. Zwar muss im Gegensatz zur DS-GVO kein Cookie-Banner mit Einwilligungsmöglichkeit auf der Webseite eingeblendet werden. Da aber auch der CCPA Cookies (First-Party und Third-Party-Cookies) als personenbezogene Daten klassifiziert, können Verbraucher nun durch die gesetzlich vorgeschriebene Opt-out-Möglichkeit verhindern, dass Werbetreibende mithilfe von Tracking passende Produktplatzierungen anzeigen können. Dies kann bei Websitebetreibern zu einer erheblichen Reduktion von Werbeeinnahmen führen. In der Folge könnte die Qualität von kostenfreien Angeboten sinken und/oder „Paywalls“ zur Finanzierung installiert werden.

Personenbezogene Daten

In Bezug auf die Definition der „Personenbezogenen Daten“ (Englisch: personal information) ähneln sich beide Gesetze. Der CCPA versteht darunter alle Informationen, die „einen Verbraucher oder Haushalt identifizieren, sich darauf beziehen, beschreiben, in der Lage sind diesem zugeordnet zu werden, oder vernünftigerweise direkt oder indirekt mit einem bestimmten Verbraucher oder Haushalt verknüpft werden können“ (“Personal information” means information that identifies, relates to, describes, is capable of being associated with, or could reasonably be linked, directly or indirectly, with a particular consumer or household“) (Section 1798.140 (o) (1)).

Vor allem der letzte Teil der Norm ist interessant, da dieser über die Definition der DS-GVO hinausgeht. Damit wird nicht nur der einzelne Verbraucher vor Missbrauch seiner Daten geschützt, sondern zum Beispiel auch seine Familie, wenn sie einen Haushalt bildet und sich von etwaigen Haushalts- und Gerätedaten Rückschlüsse auf den Haushalt ziehen lassen sollten.

In Section 1798.140 (o) (1) (A) – (K) werden beispielhaft Indikatoren aufgezählt, die sämtliche kommerzielle Informationen im Hinblick auf die Kaufhistorie und die Konsumtendenzen, Internet- oder andere elektronische Netzwerkaktivitäten wie den Browserverlauf, Interaktionen mit Apps, Webseiten etc., Geolokalisierungsdaten und Interferenzen erfassen, die sich aus anderen personenbezogenen Daten ergeben, um ein Verbraucherprofil zu erstellen, das Präferenzen, Verhaltensweisen und Merkmale beschreibt. 

Im Unterschied zur DS-GVO bestimmt der CCPA in Section 1798.140 (o) (2), dass allgemein zugängliche Daten, die sich bei staatlichen Stellen befinden, nicht vom Anwendungsbereich des CCPA erfasst sind. Auch sieht der CCPA, im Gegensatz zur DS-GVO (Art. 9 Abs. 1), keinen erhöhten Schutz für sensible Datenkategorien, wie die politische Meinung oder sexuelle Orientierung des Einzelnen, vor.

Rechte der Verbraucher in Kalifornien nach CCPA 

Neben mit der DS-GVO vergleichbaren Informationspflichten finden sich im CCPA mit EU-Niveau vergleichbare Betroffenenrechte wieder. Zu nennen sind die Rechte auf Auskunft und Kopie eines „spezifischen Teils“ der Daten, das Recht auf Vergessenwerden, das Recht auf Nicht-Diskriminierung und nicht zuletzt das oben genannte Opt-out-Recht, um den Verkauf personenbezogener Daten an Dritte zu verhindern. 

Recht auf Löschung / „Vergessenwerden“ – Section 1798.105

Der CCPA gewährt dem Verbraucher ein großzügiges Recht zur Löschung seiner personenbezogenen Daten. Dafür ist – anders als in Art. 17 Abs. 1 lit. a) – f) DS-GVO – keine normierte Voraussetzung notwendig. Bereits der Wunsch des Verbrauchers reicht nach der CCPA aus. Dies kann das Unternehmen nur bei Vorliegen einem der in Section 1798.105 (d) (1) – (9) aufgezählten Gründe verweigern, zum Beispiel im Falle der Erforderlichkeit der Nutzung der personenbezogenen Informationen im Rahmen eines Vertragsverhältnisses.

Recht auf Auskunftserteilung – Section 1798.110, 1798.115

Ein Unternehmen kann vom Verbraucher verpflichtet werden, Angaben bezüglich der Art und den von einer Speicherung explizit betroffenen personenbezogenen Informationen offen zu legen. Unabdingbar ist auch die Mitteilung des Speicherungszwecks als auch die Benennung der Unternehmen, bei denen eine Datenerhebung vorgenommen wurde. Dies ist vergleichbar mit dem Recht auf Datenportabilität aus Artt. 13, 14 DS-GVO. 

Recht auf Opt-out – Section 1798.120

Wie oben erwähnt, erfordert der CCPA im Gegensatz zur DS-GVO keine ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers. Die Verbraucher haben jedoch das Recht den Verkauf oder die Offenlegung ihrer persönlichen Informationen zu verhindern. Eine Weitergabe ist grundsätzlich nur mit ausdrücklicher Zustimmung durchzuführen. Wählt ein Verbraucher die Opt-out-Möglichkeit muss das Unternehmen dies respektieren und darf erst nach zwölf Monaten erneut versuchen eine Einwilligung einzuholen (Section 1798.135 (a) (5)).

Recht auf Gleichbehandlung – Section 1798.125

Der CCPA weist ausdrücklich darauf hin, dass Verbraucher von Unternehmen nicht aufgrund der Tatsache diskriminiert werden dürfen, weil sie die ihnen durch den CCPA zugesprochenen Rechte 

auch tatsächlich geltend machen. In der Hinsicht ist der CCPA mit der DS-GVO identisch, die es ebenfalls Unternehmen verbietet, Verbraucher zu diskriminieren, die ihre Rechte geltend machen wollen.

Recht auf Datenübertragbarkeit – Section 1798.130

Durch das Recht auf Datenübertragbarkeit wird gewährleistet, dass die betroffene Person die Daten, die sie einem Unternehmen zur Verfügung gestellt hat, nach einer Anfrage in einem tragbaren und soweit technisch durchführbar in einem leicht verwendbaren Format erhält, um diese Informationen ungehindert an andere Unternehmen übermitteln zu können. Das Unternehmen muss dem innerhalb von 25 Tagen unentgeltlich nachkommen. Anders als in der DS-GVO, wo nicht explizit geregelt ist, welchen zeitlichen Rahmen das Auskunftsrecht aus Art. 15 DS-GVO abdeckt (siehe Blogartikel), gilt der Auskunftsanspruch der CCPA gem. Section 1798.130 (a) (2) nur für die letzten zwölf Monate.

Klagerecht – Section 1798.150 (a) (1)

Um die genannten Rechte durchzusetzen, steht den Verbrauchern in Kalifornien ein Klagerecht zu. Eine Privatperson kann nur gegen ein Unternehmen gerichtlich vorgehen, wenn personenbezogene unverschlüsselte (nonencrypted) und nicht-unerkenntliche (nonredacted) Daten widerrechtlich in Umlauf gekommen sind und das Unternehmen nicht seiner Pflicht nachgekommen ist, für ein angemessenes Sicherheitsniveau zu sorgen. In allen anderen Fällen ist nur der Generalstaatsanwalt zur Klageerhebung befugt. Die DS-GVO ermöglicht hingegen Betroffenen grundsätzlich gem. Art. 79 DS-GVO gegen jede Rechtsverletzung gerichtlich vorzugehen.,

Pflichten für Unternehmen 

Unternehmen sind angehalten, entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung des CCPA vorzunehmen. Im Fokus steht hierbei die Anpassung der Datenschutzbestimmungen. Den Unternehmen obliegt gegenüber den Verbrauchern die Pflicht zur Mitteilung der Kategorien der personenbezogenen Informationen, die von der Speicherung betroffen sind. Die Verbraucher müssen darüber hinaus über die Ihnen aus dem CCPA zustehenden Rechte in Kenntnis gesetzt werden.

Zwar kennt der CCPA keine Auftragsdatenverarbeitung wie die DS-GVO, jedoch regelt Section 1798.140 (v) die sogenannten “Service provider”, also Verarbeiter, die im Auftrag eines in Kalifornien ansässigen Unternehmens Dienstleistungen erbringen. Die Voraussetzungen sind zwar nicht so umfangreich wie in Art. 28 DS-GVO, jedoch gleichen sich beide dahingehend, dass personenbezogene Daten nicht für einen anderen als den vereinbarten Zweck verwendet werden dürfen: 

“Service provider” means a sole proprietorship, partnership, limited liability company, corporation, association, or other legal entity that is organized or operated for the profit or financial benefit of its shareholders or other owners, that processes information on behalf of a business and to which the business discloses a consumer’s personal information for a business purpose pursuant to a written contract, provided that the contract prohibits the entity receiving the information from retaining, using, or disclosing the personal information for any purpose other than for the specific purpose of performing the services specified in the contract for the business, or as otherwise permitted by this title, including retaining, using, or disclosing the personal information for a commercial purpose other than providing the services specified in the contract with the business.

Dieser Passus muss in dem geschlossenen Vertrag enthalten sein. Zwar schreibt der CCPA keine den Artt. 28, 32 DS-GVO vergleichbare detaillierte Auflistung von Technischen und Organisatorischen Maßnahmen vor, jedoch folgt aus Section 17898.150 (a) (1) „Any consumer whose nonencrypted or nonredacted personal information, as defined in subparagraph (A) of paragraph (1) of subdivision (d) of Section 1798.81.5, is subject to an unauthorized access and exfiltration, theft, or disclosure as a result of the business’ violation of the duty to implement and maintain reasonable security procedures and practices appropriate to the nature of the information to protect the personal information may institute a civil action for any of the following:”, dass ein Unternehmen strafrechtlichen Sanktionen ausgesetzt ist, wenn personenbezogene unverschlüsselte (nonencrypted) und nicht-unerkenntliche (nonredacted) Daten widerrechtlich in Umlauf gekommen sind und das Unternehmen nicht seiner Pflicht nachgekommen ist, für ein angemessenes Sicherheitsniveau zu sorgen, so dass ein Unternehmen selbst Sorge dafür tragen muss, wirksame Sicherheitsstandards zu finden.

Folgen bei Rechtsverstößen

Bei Zuwiderhandlungen in Form einer vorsätzlichen Verletzung der Datenschutzpflichten gegen den CCPA ist eine Strafe in Höhe von USD 7.500,00 zu zahlen. 

Eine Strafe kann nur dann verhindert werden, wenn das Unternehmen innerhalb von 30 Tagen die Forderungen des Verbrauchers erfüllt. Liegt eine fahrlässige Verletzung vor, so wird eine Strafzahlung in Höhe von USD 2.500,00 fällig. Normiert ist zudem ein gesetzlicher Schadensersatz von USD 100,00 bis USD 750,00 pro Einwohner und Vorfall, sollten Unternehmen aufgrund mangelhafter Datensicherheit Opfer von Datendiebstahl oder anderen Formen des Datenverlusts werden. Bei größeren Unternehmen mit einer Vielzahl von Kunden können sich Datenpannen – Imageschäden außer Betracht gelassen – somit schnell zu Millionenbeträgen summieren.  

Fazit

Der CCPA dürfte eine deutliche Verbesserung für die Rechte und Freiheiten kalifornischer Verbraucher mit sich bringen. Den Bürgern Kaliforniens wird durch den CCPA die Möglichkeit eröffnet, über die Form des Umgangs mit ihren personenbezogenen Daten selbst frei zu entscheiden. Besteht der Wunsch nach Löschung der Daten oder der Verhinderung des Datenverkaufs, so ist der Bürger berechtigt die aus dem CCPA resultierenden Rechte geltend zu machen. Eine konsequente Anwendung des CCPA kann Vertrauen beim Verbraucher erzeugen, möglicherweise mit dem Effekt, dass dieser in Zukunft eher bereit ist, personenbezogene Daten herauszugeben, wenn er im Gegenzug qualitativ hochwertige Dienste nutzen kann.

Der CCPA sieht sich jedoch auch Kritik ausgesetzt – insbesondere die kalifornischen Internetfirmen sehen ihre Handlungsfähigkeit eingeschränkt und den Wirtschaftsstandort Kalifornien gefährdet. Diese wollen die Gefahr und die damit einhergehenden Konsequenzen eines Datenmissbrauchs nicht einsehen. Ihrer Auffassung nach kann die Handlungsfähigkeit Kaliforniens in ihrer Rolle als Wirtschaftsstandort möglicherweise beeinträchtigt werden. Diese Unternehmen fordern eine entsprechende Anpassung des Gesetzes, welches den Eintritt der zuvor genannten Bedenken verhindert.  

Auch datenschutzrechtlich gibt es Bedenken. Im Gegensatz zum Unionsrecht setzt der CCPA keine den Artikeln 44 ff. DS-GVO vergleichbare Gleichwertigkeit ausländischer Datenschutzregime voraus. Damit unterliegt der Transfer personenbezogener Daten aus Kalifornien in die EU – anders als aus der EU in die USA – keinen besonderen gesetzlichen Anforderungen. Ohne ein „angemessenes Schutzniveau” im Sinne der DS-GVO wird der Datentransfer aus der EU in Richtung Kalifornien vorläufig nicht privilegiert zu behandeln sein.

Somit obliegt es der US-Regierung auch auf Bundesebene ein Datenschutzsystem zu entwickeln, welches sich durchaus am CCPA als zentralem Leitbild orientieren kann, aber gleichzeitig auch den strengen Anforderungen der DS-GVO in Bezug auf den Datenaustausch personenbezogener Daten von EU-Bürgern mit den USA gerecht wird. 

Dies wäre wünschenswert, da mit dem EU-US Privacy Shield zwar ein Nachfolgeabkommen für das durch den EuGH für unwirksam erklärte Safe Harbour-Abkommen existiert. Dessen Wirksamkeit ist umstritten, aber nur indirekt auf dem Prüfstand vor dem EuGH. Siehe dazu: den Blogbeitrag zur Stellungnahme des EU-Generalstaatsanwalts vom 19. Dezember 2019.

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Überblick zum zweiten Datenschutzanpassungs- und Umsetzungsgesetz

Wir beleuchten die Änderungen des neuen Datenschutzanpassungs- und Umsetzungsgesetzes.

Überblick zum zweiten Datenschutzanpassungs- und Umsetzungsgesetz (2019)

Einleitung

Schon 2017 hat der Bundestag ein Datenschutzanpassungs- und Umsetzungsgesetz erlassen. Dieses umfasste allerdings nur die Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), um dieses an die DS-GVO (Verordnung (EU) 2016/679) anzupassen. Mit dem zweiten Datenschutzanpassungs- und Umsetzungsgesetz (2. DSAnpUG) hat der Bundestag nun auch das bereichsspezifische Datenschutzrecht des Bundes an die seit Mai 2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) angepasst. 

Zusätzlich soll mit dem zweiten Datenschutzanpassungs- und Umsetzungsgesetz die Richtlinie (EU) 2016/680 (JI-Richtlinie) zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates umgesetzt werden. Mit dieser soll ein einheitlicher Rahmen in der EU für den Bereich der Polizei und Justiz geschaffen und ein höheres Datenschutzniveau in der Union erreicht werden.

Um den Vorgaben aus dieser Richtlinie nachzukommen, hat der Gesetzgeber im 2. DSAnpUG zahlreiche Änderungen bestehender Gesetze vorgenommen. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 20. September 2019 zugestimmt. Es soll am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.

Änderungen

Im Folgenden werden auszugsweise einige Änderungen aufgelistet.

BDSG: Benennung des Datenschutzbeauftragten

Die am meisten spürbare Änderung wird sicherlich die Erhöhung von zehn auf 20 Mitarbeiter als Voraussetzung für die Benennung eines Datenschutzbeauftragten gem. § 38 Abs. 1 S.1 BDSG im Unternehmen sein. Dabei ist zu bedenken, dass die Pflicht zur Einhaltung der Datenschutzauflagen natürlich weiter besteht und es nun vor allem an den Mitarbeitern und dem Vorgesetzten liegt, diese einzuhalten. Dies ist einerseits ein Vorteil für kleine Unternehmen, wie zum Beispiel Start-Ups, andererseits verringert es die Verbreitung eines Bewusstseins für die Einhaltung von Datenschutzbestimmungen. 

Ob durch den Wegfall eines Datenschutzbeauftragten nicht nur Bürokratie, sondern auch Kompetenz und Sachverstand abgebaut wird und zu einem laxeren Umgang mit dem Datenschutzrecht führt, wird sich in der Praxis zeigen.

BDSG: Elektronische Einwilligung zur Datenverarbeitung

Als weitere Änderung ist § 26 Abs. 2 S. 3 BDSG zu nennen. Momentan ist bezüglich der Einwilligung für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten von Mitarbeitern im Rahmen von Beschäftigungsverhältnissen nur die Schriftform vorgeschrieben. Dieses Schriftformerfordernis fällt weg. Stattdessen soll mit dem 2. DSAnpUG künftig auch eine elektronische Einwilligung des Betroffenen zugelassen werden.

BDSG: Verarbeitung bei erheblichem öffentlichem Interesse 

In § 22 Abs. 1 Nr. 1 BDSG wird mit lit. d) ein neuer Erlaubnistatbestand für öffentliche und nichtöffentliche Stellen eingefügt. Demnach soll die Verarbeitung von besonderen Datenarten zulässig sein, wenn diese „bei einem erheblichen öffentlichen Interesse zwingend erforderlich ist“. 

Damit wird der Erlaubnistatbestand bei Vorliegen von öffentlichem Interesse aus § 22 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) BDSG, der bislang nur für öffentliche Stellen galt, auch auf nichtöffentliche Stellen ausgeweitet.

BDSG: Verarbeitung bei Auszeichnungen und Ehrungen 

Mit § 86 BDSG wird ein komplett neuer Paragraph hinzugefügt. Damit sollen im Rahmen der „Vorbereitung und Durchführung staatlicher Verfahren bei Auszeichnungen und Ehrungen sowohl die zuständigen als auch andere öffentliche und nichtöffentliche Stellen die dazu erforderlichen personenbezogenen  Daten, einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (DS-GVO), auch ohne Kenntnis der betroffenen Person verarbeiten“ dürfen. 

Zivilprozessordnung und Grundbuchordnung

Die Zivilprozessordnung und die Grundbuchordnung werden im Rahmen der Auskunftsrechte an die Bestimmungen des Art. 15 DS-GVO angepasst. 

Der Zivilprozessordnung wird § 882i hinzugefügt. Danach kann die betroffene Person Einsicht in das Schuldnerverzeichnis über die zentrale und länderübergreifende Abfrage im Internet nach § 882h Abs. 1 Satz 2 ZPO nehmen. Eine Information der betroffenen Person über konkrete Empfänger,  gegenüber denen die personenbezogenen Daten, die im Schuldnerverzeichnis und in den an das zentrale Vollstreckungsgericht übermittelten Anordnungen der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis enthalten sind, offengelegt werden, erfolgt nur insoweit, als Daten zu diesen Empfängern nach den Vorschriften für Zwecke der Datenschutzkontrolle zu speichern sind

Die Grundbuchordnung wird um § 12d ergänzt. Dieser ermöglicht der betroffenen Person, die als Eigentümer oder Inhaber grundstücksgleicher Rechte von Grundstücken eingetragen ist, ein Auskunftsrecht nach Art. 15 DS-GVO. Konkret sind das: das Grundbuch, die Urkunden, auf die im Grundbuch zur Ergänzung einer Eintragung Bezug genommen ist und die noch nicht erledigten Eintragungsanträge.

Wenn Sie weitere Fragen zur neuen Rechtslage haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren!

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Neues zum Kopplungsverbot – Begriff der Freiwilligkeit

DSGVO

Wir informieren Sie über das Kopplungsverbot und gehen dabei insbesondere auf dem Begriff der Freiwilligkeit ein.

DSGVO

Neues zum Kopplungsverbot – Begriff der Freiwilligkeit

Einleitung

Seit Verbreitung der „Kostenloskultur“ im Internet findet das Kopplungsverbot zunehmende Beachtung im Datenschutz. Das Kopplungsverbot war in Deutschland in § 28 Abs. 3b BDSG a.F. normiert und bezog sich nur auf Monopolsituationen, wonach es einem Dienstleister untersagt war, eine Leistungserbringung von der Einwilligung des Betroffenen in eine Datenerhebung oder Datenverarbeitung seiner personenbezogenen Daten abhängig zu machen. Erst mit Einführung der DS-GVO fand diesbezüglich ein Paradigmenwechsel in Deutschland statt, so dass sich das Kopplungsverbot auf jede Verarbeitung personenbezogener Daten erstreckt.

Siehe dazu auch: früheren Blogbeitrag.

Problematik 

Das Kopplungsverbot des Art. 7 Abs. 4 DS-GVO ist getrennt vom Erforderlichkeitsgrundsatz des Art. 6 Abs. 1 lit. b) DS-GVO zu betrachten. Nach diesem ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten nur erlaubt, wenn diese zur Durchführung eines Vertrags oder vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich ist. 

Hingegen regeln Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a, Art. 7 Abs. 4 DS-GVO die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die für die Erfüllung eines Vertrages eben nicht zwingend erforderlich sind, und so nicht der Regelung des Art. 6 Abs. 1 lit. b) DS-GVO unterfallen. In diesen Fällen ist explizit eine Einwilligung des Betroffenen notwendig. Zwingende Voraussetzung für diese Einwilligung ist unter anderem nach Art. 7 Abs. 4 DS-GVO, dass diese von den Betroffenen freiwillig erteilt wurde. Fehlt es an der Freiwilligkeit der Einwilligung, ist diese unwirksam und die Verarbeitung rechtswidrig.

Damit bemisst sich die Reichweite des Kopplungsverbots nach der Freiwilligkeit der Einwilligung. Wie das Erfordernis der Freiwilligkeit auszulegen ist, regelt Art. 7 Abs. 4 DS-GVO:

„(Es muss) dem Umstand in größtmöglichem Umfang Rechnung getragen werden, ob unter anderem die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung zu einer Verarbeitung von personenbezogenen Daten abhängig ist, die für die Erfüllung des Vertrags nicht erforderlich sind.“

Hingegen verneint Erwägungsgrund 43 DS-GVO bereits die Freiwilligkeit, wenn:

„zu verschiedenen Verarbeitungsvorgängen von personenbezogenen Daten nicht gesondert eine Einwilligung erteilt werden kann, obwohl dies im Einzelfall angebracht ist, oder wenn die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung abhängig ist, obwohl diese Einwilligung für die Erfüllung nicht erforderlich ist.“

Wie man sieht, legt einerseits Art. 7 Abs. 4 DS-GVO den Begriff der Freiwilligkeit weit aus („in größtmöglichem Umfang“), andererseits grenzt Erwägungsgrund 43 ihn stärker ein („…wenn die Erfüllung eines Vertrags (…) von der Einwilligung abhängig ist.“) Diese Diskrepanz führt zu einer Rechtsunsicherheit, mit der sich die Rechtsprechung wird befassen müssen.

Urteil des OLG Frankfurt 

Das OLG Frankfurt beschäftigte sich im Urteil vom 27.06.2019 (Az.: 6 U 6/19) damit, ob die Klägerin dem beklagten Unternehmen eine Einwilligung für Werbeanrufe erteilt hat. Die Einwilligung für Werbeanrufe war mit der Teilnahme an einem Gewinnspiel gekoppelt. Ohne ein solche Einwilligung war die Teilnahme am Gewinnspiel nicht möglich. Das Unternehmen rief in der Folge die Klägerin an und berief sich hierbei auf die durch die Teilnahme an dem Gewinnspiel erhaltene Genehmigung. Da die Beklagte keinen Nachweis über das Vorliegen einer Einwilligung erbringen konnte, entschied das Gericht zugunsten der Klägerin auf Unterlassung der Werbeanrufe. 

Merkmal der Freiwilligkeit

Das Gericht stellt jedoch fest, dass keine Bedenken gegen die wirksame Einwilligung bestehen, wenn der Verbraucher der Werbung zugestimmt hat und der Geschäftsbereich des werbenden Unternehmens hinreichend klar beschrieben worden ist. Eine Umschreibung des Geschäftsbereichs mit „Marketing und Werbung“ ist nicht genug präzise, da nicht erkennbar ist, für welche Art von Produkten die Einwilligung in die Werbung erteilt wurde.

Zudem muss die Einwilligung freiwillig erfolgen. Nach dem OLG Frankfurt ist eine Einwilligung „freiwillig“, wenn sie „ohne Zwang“ erteilt wird – was der Begriffsbestimmung des Art. 2 lit. h) RL 95/46/ EG entspricht. Dabei muss der Betroffene eine echte oder freie Wahl haben und somit in der Lage sein, die Einwilligung zu verweigern oder zurückzuziehen, ohne Nachteile zu erleiden (siehe Erwägungsgrund Art. 42 S. 5 DS-GVO). Auf den Betroffenen darf kein Druck ausgeübt werden. Ein bloßes Anlocken durch Versprechen einer Vergünstigung, oder die Teilnahme an einem Gewinnspiel, reicht nicht, um Druck zu erzeugen. Wer sich für ein Gewinnspiel anmeldet und im Gegenzug seine Daten im Rahmen einer Werbeeinwilligung preisgibt, tut dies ohne Zwang. Die Verknüpfung eines Einwilligungserfordernisses mit der Teilnahme an einem Gewinnspiel stehe der Freiwilligkeit einer solchen Einwilligung nicht entgegen. 

Fazit

Das OLG Frankfurt hat in seinem Urteil zwar eine Präzisierung des Merkmals der „Freiwilligkeit“ im Rahmen von Werbeeinwilligungen vorgenommen. Anzumerken ist jedoch, dass das Gericht nicht explizit zum Kopplungsverbot aus Art. 7 Abs. 4 DS-GVO Bezug nimmt. Auch ob ein DS-GVO-Verstoß über das Wettbewerbsrecht sanktioniert werden kann, wird vom Gericht nicht angesprochen. 

Auch ist weiterhin unklar, wie die Wirksamkeit einer früheren Einwilligung für die Nutzung eines kostenlosen Dienstes nach Änderung der AGB dieses Dienstes zu beurteilen ist, was besonders für die Nutzung von großen sozialen Netzwerken wie Facebook relevant sein dürfte.

Somit lässt sich festhalten, dass das OLG Frankfurt ein absolutes Kopplungsverbot ablehnt. Dies ist zu begrüßen, da es Usus in der Kostenloskultur des Internets ist, einen Teil seiner personenbezogenen Daten freiwillig preiszugeben, um in den Genuss zahlreicher Dienste zu kommen. Es wäre praxisfern, anzunehmen, dass Verbraucher den Großteil dieser Dienste weiterhin nutzen würden, wenn sie kostenpflichtig wären. Ob dem Verbraucher die Preisgabe seiner Daten „wert“ ist oder er lieber ganz auf den Dienst verzichtet, muss er selbst entscheiden.

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Zulässigkeit von Facebooks „Like-Button“

Rund um den "Gefällt-mir"-Button: EuGH-Urteil und datenschutzrechtliche Einordnung.

Zulässigkeit von Facebooks „Like-Button“

Einleitung

Im Urteil C-40/17 „Fashion-ID“ vom 29.7.2019 hat der EuGH entschieden, dass Webseitenbetreiber, die Facebooks „Gefällt-mir“- Button auf ihrer Seite einbinden, für die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben ebenso verantwortlich sind, wie Facebook selber. Deshalb ist der Webseitenbetreiber verpflichtet, den Webseitenbesucher über die Erhebung seiner Daten zu informieren und seine Einwilligung einzuholen. 

Unterschied zur Facebook-Fanpage

Bereits im Urteil zu den Facebook-Fanpages vom 05.06.2018 (Az. C-210/16) begründet der EuGH eine gemeinsame Verantwortlichkeit damit, dass Fanpage-Betreiber durch Erstellen der Fanpage einen Beitrag leisten, der es Facebook erst ermöglicht, mithilfe von Cookies umfassende Einblicke in die Nutzung seiner Dienste zu erhalten, um sein System der Werbung zu verbessern.

Im vorliegenden Urteil C-40/17 liegt der Beitrag des Webseitenbetreibers darin, durch Einbinden des „Gefällt-mir“-Buttons, Facebook Einblicke in die Nutzungsstatistik zu geben.

Während im Urteil zu Facebook-Fanpages eine gemeinsame Verantwortlichkeit ausschließlich auf das Erstellen und Betreiben einer Facebook-Fanpage bezogen war, weitet der EuGH die gemeinsame Verantwortlichkeit auf die Verwendung von Social Plug-ins aus. 

Im Urteil zu den Facebook-Fanpages hat der EuGH zwar den unterschiedlichen Grad der Verantwortlichkeit gewürdigt (C-210/16 Rn. 43), aber erst im vorliegenden Urteil dahingehend präzisiert (C-40/17 Rn. 85), dass „diese Verantwortlichkeit (…) jedoch auf den Vorgang oder die Vorgänge der Datenverarbeitung beschränkt (ist), für den bzw. für die er tatsächlich über die Zwecke und Mittel entscheidet, d. h. das Erheben der in Rede stehenden Daten und deren Weitergabe durch Übermittlung.“ Für die Vorgänge darüber hinaus ist Facebook verantwortlich.

Vorliegen eines gemeinsamen Zwecks

Bereits in den Schlussanträgen vom 19. Dezember 2018 hat der Generalanwalt angemerkt, dass, obwohl keine identische kommerzielle Nutzung der Daten stattfindet, der Webseitenbetreiber und Facebook allgemein offenbar kommerzielle Zwecke verfolgen, die sich wechselseitig ergänzen. Damit besteht trotz fehlender Zweckidentität eine Einheit der Zwecke: Es werden nämlich kommerzielle und werbliche Zwecke verfolgt. 

Der Webseitenbetreiber möchte durch die Einbindung des Buttons seine Werbung für ihre Produkte so optimieren, indem diese im sozialen Netzwerk Facebook sichtbarer gemacht werden, wenn ein Besucher ihrer Website den Button anklickt (C-40/17 Rn. 80).

Der EuGH würdigt zwar auch die eigenständigen Verarbeitungsvorgänge, wonach Facebook nur Besucherdaten sammelt und der Webseitenbetreiber seine Inhalte verbreiten will, differenziert jedoch nicht weiter und fasst beide unter „wirtschaftlichen Interessen“ zusammen:

 „Dabei werden diese Verarbeitungsvorgänge im wirtschaftlichen Interesse sowohl von Fashion ID als auch von Facebook Ireland durchgeführt, für die die Tatsache, über diese Daten für ihre eigenen wirtschaftlichen Zwecke verfügen zu können, die Gegenleistung für den Fashion ID gebotenen Vorteil darstellt.“

Facebook könnte jederzeit, unabhängig vom Webseitenbetreiber, die Funktionsweise des Like-Buttons ändern. Dieser muss das gar nicht erst mitbekommen. Durch die vom EuGH vorgenommen Aufteilung der Verantwortlichkeit, muss der Webseitenbetreiber jedoch nicht über die von Seiten Facebooks vorgenommenen Änderungen informieren, sondern nur über seine eigenen Verarbeitungsvorgänge. Für die weitere Verarbeitung durch Facebook bedarf es einer gesonderten Einwilligung des Nutzers.

Kritik

In der Literatur wurde diese geringe Schwelle zur Mitverantwortlichkeit bereits im Rahmen der Begründung des EuGH zu Facebook-Fanpages kritisiert, da eine bloße Mitursächlichkeit an einem Datenstrom nicht für eine gemeinsame Verantwortlichkeit genügen soll. Erforderlich soll ein zumindest rein tatsächlicher Einfluss auf die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten sein. Die Figur der gemeinsamen Verantwortlichkeit im Sinne des Art. 26 DS-GVO (Joint Controllership) beruht eben auf einem bewussten und gewollten Miteinander und nicht auf einer losen oder gar zufälligen Zusammenarbeit. Insbesondere hat der Webseitenbetreiber keinen Zugriff auf die Facebook-Server. Ebenso ist nicht nachvollziehbar wieso der Empfänger der Daten (hier Facebook) zusammen mit dem Webseitenbetreiber verantwortlich sein soll, wenn er keinen Einfluss auf die Übermittlung durch den Webseitenbetreiber hat.

Offene Fragen

Zwar schafft der EuGH mit dem Urteil Klarheit in Bezug auf den unterschiedlichen Verantwortungsgrad im Rahmen der Verarbeitung personenbezogener Daten – er schafft jedoch auch Unklarheit.

Sonstige Plug-ins 

Fraglich ist, ob eine Verantwortlichkeit auch besteht, wenn der Seitenbetreiber andere Plug-ins, wie z.B. Twitter, Instagram oder Pinterest verwendet, die zwar dem Plug-in-Betreiber zu kommerziellen Zwecken dienen, dem Seitenbetreiber aber nur als Beispiel zur Veranschaulichung im Rahmen eines Beitrags für einen Blog dienen, und damit nicht zu kommerziellen Zwecken. Auch die Situation von Plug-ins zu technischen Zwecken, zum Beispiel iframes im Rahmen Webseitendarstellung, oder Googles Plug-ins wie Analytics oder reCAPTCHA ist nicht klar. Stellt man dabei auf das Auslesen von Nutzungsdaten, einschließlich der IP-Adresse ab, wäre dafür auch schon eine Einwilligung des Nutzers erforderlich.

Die Argumentation des EuGH, dass der Webseitenbetreiber zusammen mit dem Plug-in-Betreiber zu kommerziellen Zwecken agiert, greift hier nicht. Deswegen kann man genauso gut argumentieren, dass Plug-ins, mit denen der Webseitenbetreiber keine eigenen kommerziellen Zwecke verfolgt, von der gemeinsamen Verantwortlichkeit ausgenommen sind. Damit bleibt es nur bei der Notwendigkeit einer Auftragsdatenvereinbarung gem. Art. 28 DS-GVO. Diesen gibt es nicht für reCAPTCHA. Google selber gibt keine transparenten Informationen über die von reCAPTCHA gesendeten Informationen preis.

Cookies

Der EuGH hat weiterhin offengelassen, ob eine Einwilligung des Webseitenbesuchers in die Nutzung des Facebook Like-Buttons erforderlich ist oder diese durch ein berechtigtes Interesse gedeckt ist. 

Diese Frage wird das OLG Düsseldorf beantworten müssen. Dabei beruft sich der EuGH (C-40/17 Rn. 87) auf die Richtlinie 2002/58 (Cookie-Richtlinie / ePrivacy-RIchtlinie), die jedoch in Deutschland nie richtig umgesetzt worden ist. Außerdem beruht der vor dem OLG Düsseldorf anhängige Prozess auf der alten Datenschutzrichtlinie 95/46 und nicht auf der DS-GVO. 

Der EuGH stellt zumindest klar, dass, sollte ein berechtigtes Interesse ausreichen, sowohl der Webseitenbetreiber als auch der Plugin-Anbieter, jeweils berechtigte Interessen wahrnehmen müssen (C-40/17 Rn. 97).

Fazit

Welche Auswirkungen das Urteil in der Praxis haben wird und ob nun alle Webseitenbetreiber, die Social Plug-ins verwenden, eine Vereinbarung gem. Art. 26 Abs. 1 Satz 2 DS-GVO (Joint Controller Agreement) zusätzlich zu einer Auftragsdatenvereinbarung nach Art. 28 DS-GVO abschließen müssen, bleibt abzuwarten. 

Ob eine Einwilligung für Cookies notwendig ist, ist weiterhin unklar. Endgültige Rechtssicherheit wird wohl erst die ePrivacy-Verordnung bringen. Bis dahin empfiehlt es sich, eine 2-Klick Lösung zum Beispiel „Shariff-Lösung“ bei der Implementierung von Social-Plug-ins zu benutzen.

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Zulässigkeit von Videoüberwachung im öffentlichen Raum

Wir erläutern anhand einiger Beispielen, inwieweit eine Videoüberwachung an öffentlichen Orten zulässig ist und nicht gegen das Datenschutzrecht verstößt.

Zulässigkeit von Videoüberwachung im öffentlichen Raum

Einleitung

Vandalismus, Pöbeleien, Beleidigungen oder auch Straftaten stellen keine Seltenheit im Öffentlichen Raum dar. Um diese Taten zu verringern bzw. strafrechtlich zu verfolgen, wird die öffentliche Videoüberwachung zunehmend ausgebaut. Jedoch muss im Vorfeld eine umfassende Interessenabwägung stattfinden. Zwar sollen Täter von Straftaten abgeschreckt werden, andererseits soll jedoch eine freie Bewegung im Raum möglich sein, ohne dass der einzelne Bürger einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt wird. Diese Abwägung unterschiedlicher Interessen hat seit Anwendungsbeginn der DS-GVO, und damit einhergehend dem neuen BDSG, an Komplexität hinzugewonnen.

Grundsatz

Vor Einführung der DS-GVO richtete sich die Zulässigkeit der Installation von Überwachungskameras nach § 6b BDSG a.F. Dieser wurde durch die neue Fassung des § 4 BDSG ersetzt. Demnach ist gem. § 4 Abs. 2 S.1 BDSG im Rahmen einer umfangreichen Interessenabwägung eine Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) nur zulässig, soweit sie:

  1. zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,
  2. zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
  3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke

erforderlich ist und keinerlei Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Da der neue § 4 Abs. 1 S. 1 BDSG mit dem § 6b Abs. 1 S. 1 BDSG a.F. inhaltsgleich übernommen wurde und auch die DS-GVO eine Interessenabwägung im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung einer Datenverarbeitung durch eine Videoüberwachung in Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DS-GVO vorsieht, ist es denkbar, dass die nachfolgenden Urteile auf die aktuelle Rechtslage übertragbar sind.

Praxis

Für eine Interessenabwägung der Videoüberwachung in der Praxis und deren Vereinbarkeit mit dem Datenschutzrecht sollen hier Beispiele jüngerer Rechtsprechung herangezogen werden. Allesamt beziehen sich jedoch nur auf private Betreiber.

Videoüberwachung im ÖPNV

Das OVG Lüneburg hat im Urteil vom 07.09.2017 (11 LC 59/16) die von den Hannoverschen Verkehrsbetrieben (ÜSTRA AG) praktizierte Videoüberwachung als mit dem Datenschutzrecht für vereinbar erklärt. Die klagende Landesbeauftrage für Datenschutz hat zuvor eine Differenzierung beim Einsatz der Videokameras je nach Tageszeit und Linie unter Berücksichtigung der konkreten Gefahrenlage verlangt. Das OVG Lüneburg lehnte dies ab und hat besonders die Umstände gewürdigt, dass die Hannoverschen Verkehrsbetriebe zahlreiche Störfälle wie, Vandalismus, Pöbeleien, Beleidigungen oder tätliche Angriffe auf Mitarbeiter, vor Einführung der Videoüberwachung verzeichnet haben. Nach Ansicht des Gerichts ist eine Videoüberwachung gem. § 6b BDSG a.F. erforderlich, um die von den Hannoverschen Verkehrsbetrieben festgelegten Ziele der Verfolgung von Straftaten bei der Fahrgastbeförderung und Sicherung von Beweismaterial, der Gefahrenabwehr einschließlich der Verhütung von Straftaten und der Steigerung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Fahrgäste als Nebenzweck zu erreichen.

Videoüberwachung in einer Apotheke

Das OVG Saarlouis hat in seinem Urteil vom 12.12.2017 (2 A 662/17) hingegen die Notwendigkeit einer Videoüberwachung teilweise bejaht. Gegenstand der Rechtssache war eine Anordnung der Landesbeauftragten für Datenschutz an eine Apotheke, die Videoüberwachung im Verkaufsraum einzustellen.

Die Vorinstanz (VG Saarlouis 29.01.2016, 1 K 1122/14) sah eine Rechtfertigung nur hinsichtlich des Medikamentenschranks im nicht-öffentlichen Bereich vor und gab ansonsten der Datenschutzaufsichtsbehörde Recht. Als milderes Mittel hat sie die Verkürzung des Inventurzyklus vorgeschlagen. Das OVG Saarlouis hat daraufhin im Rahmen der Berufung der beklagten Apotheke gegen die Anordnung der Argumentation der Beklagten insoweit Folge geleistet, dass auch die Videoüberwachung in den Verkaufsräumen notwendig ist, um den hohen Schwund an Verkaufsartikeln einzudämmen. In Bezug auf die schutzwürdigen Interessen der Arbeitnehmer muss berücksichtigt werden, dass diese sich mit der Videoüberwachung ausdrücklich einverstanden erklärt hätten und auch deren schutzwürdige Interessen nicht dem Bedürfnis des Klägers entgegenstünden.

Videoüberwachung in einer Zahnarztpraxis

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerfG) hat mit Urteil vom 27. März 2019 (Az. 6 C 2.18) entschieden, dass eine Videoüberwachung in einer Zahnarztpraxis, die ungehindert öffentlich betreten werden kann, strenge datenschutzrechtliche Regeln befolgen muss.

Die Zahnarztpraxis kann durch Öffnen der Eingangstür ungehindert betreten werden. Die aufgenommenen Bilder können in Echtzeit auf Monitoren angesehen werden, die sich in Behandlungszimmern befinden (sogenanntes Kamera-Monitor-System). Die Datenschutzbehörde in Brandenburg erließ gegen die Zahnarztpraxis einen Bescheid, die Videokamera so auszurichten, dass der den Patienten und sonstigen Besuchern zugängliche Bereich nicht mehr erfasst werden.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren und den Vorinstanzen, erhob die die Praxis betreibende Zahnärztin Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Dieses stellte vorab fest, dass die seit 25.05.2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) keine Anwendung auf datenschutzrechtliche Anordnungen findet, die vor diesem Zeitpunkt erlassen worden sind.

Damit richtet sich die Beurteilung der Zulässigkeit nach dem BDSG in seiner alten Fassung – konkret nach § 6b BDSG a.F. Diese erfolgt im Rahmen einer Interessenabwägung; es müssen also gem. § 6b Abs. 1 BDSG a.F. die Interessen der Videoüberwachung gegenüber den schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegen.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass die Klägerin nicht hinreichend dargelegt hat, dass sie für den Betrieb ihrer Praxis auf die Videoüberwachung angewiesen ist. Es bestünden keine tatsächlichen Anhaltspunkte, die ihre Befürchtung, Personen könnten ihre Praxis betreten, um dort Straftaten zu begehen, berechtigt erscheinen ließen. Die Videoüberwachung sei nicht notwendig, um Patienten, die nach der Behandlung aus medizinischen Gründen noch einige Zeit im Wartezimmer sitzen, in Notfällen betreuen zu können. Auch seien die Angaben der Klägerin, ihr entstünden ohne die Videoüberwachung erheblich höhere Kosten, völlig pauschal geblieben.

Verwendung von Dashcams

Der BGH hat in seinem Urteil vom 15.05.2018 (VI ZR 233/17) bezüglich Dashcams Stellung zum Verhältnis von Datenschutz und Einsatz als Beweismittel bezogen. Zuvor haben die beiden Vorinstanzen (Amts- und Landgericht) die Verwertbarkeit der Aufnahmen der Dashcam als Beweismittel im Zivilprozess abgelehnt, da die Aufnahmen unter Verstoß gegen das Datenschutzrecht entstanden waren. 

Hingegen hat der BGH die Verwertbarkeit der Aufnahmen gestattet. Zwar bejaht der BGH das unzulässige Erlangen der Beweismittel, verweist jedoch auch darauf, dass solche Tatbestände nicht ausdrücklich in der Zivilprozessordnung geregelt sind (im Gegensatz zu der im amerikanischen Recht herrschenden Theorie „fruit of the poisonous tree“). Der BGH stimmt den Vorinstanzen bezüglich des datenschutzrechtlichen Verstoßes bei der Verwendung von Dashcams zu. Die kontinuierliche Aufzeichnung des Straßenverkehrs mit einer Dashcam verstößt gegen § 4 Abs. 1 BDSG a.F., da Betroffene nicht ihre Einwilligung in die Erhebung von Daten gegeben. 

Auch § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG a.F. ist nicht einschlägig, da keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen im Rahmen öffentlicher Videoüberwachung durch die Dashcam überwiegen.

Stattdessen stuft der BGH das Interesse des Geschädigten an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche und sein Grundrecht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG, in Verbindung mit dem Interesse an einer funktionierenden Zivilrechtspflege, höher ein als die Interessen des Betroffenen. Des Weiteren hat sich der Betroffene durch seine Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr der öffentlichen Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer freiwillig ausgesetzt. Außerdem zeichnet die Dashcam des Geschädigten nur Vorgänge auf öffentlicher Straße auf, die grundsätzlich für jedermann wahrnehmbar waren. Zu berücksichtigen ist, dass der Betroffene als Unfallbeteiligter gem. § 142 StGB verpflichtet ist, seine personenbezogenen Daten herauszugeben. 

Dabei hat der BGH betont, dass die Aufzeichnung nicht permanent erfolgen darf. Nur eine kurzzeitige anlassbezogene Speicherung im Zusammenhang mit einem Unfallgeschehen ist zulässig. Auch eine automatische regelmäßige Löschung ist möglich. Zwar war zum Zeitpunkt des Urteils des BGH die DS-GVO noch nicht in Kraft, aber auch aus heutiger Sicht ist eine andere Wertung nicht ersichtlich.

Zusammenfassung

Die vorgegangenen Urteile zeigen gut den starken einzelfallabhängigen Charakter der Urteile der Gerichte im Rahmen der Videoüberwachung durch private Betreiber auf. 

Zwar widerspricht die Faktenlage in Hannover – kein nennenswerter Rückgang von Straftaten im ÖPNV – der Argumentation des OVG Lüneburg. Dem stehen jedoch als Argumente die Verfolgung von Straftaten und die Sicherung von Beweismaterial sowie die Steigerung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Fahrgäste gegenüber. 

Aufgrund dieses massiven Eingriffs in die Privatsphäre, ist eine umfangreiche Interessenabwägung, wie § 4 Abs. 1 S.1 Nr. 2 und 3 BDSG sie im Rahmen der Videoüberwachung durch private Videoanlagen in der Öffentlichkeit vorsieht, unentbehrlich. Auch eine nicht regelmäßig über einen längeren Zeitraumstattfindende Überwachung, wie das OVG Lüneburg sie anhand der meist kurzen Verweildauer in einem Transportmittel des ÖPNV angenommen hat, ist nicht unbeachtlich. Eine Überwachung findet in der Öffentlichkeit beinahe nahtlos durch Kameras an hochfrequentierten Plätzen und vorherigen / folgenden Fahrten mit U-Bahnen, Bussen oder Straßenbahnen und dort vorhandenen Kameras statt. Dies wird durch die Missbrauchsmöglichkeiten, die von potenziell hunderttausenden Dashcams ausgeht, komplettiert.

Auch in Zukunft wird die Thematik sicherlich nicht, insbesondere im Zusammenhang von mit Kameras bestückten Drohnen, nicht an Aktualität einbüßen.

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Ein Jahr Datenschutz-Grundverordnung

Wir blicken nun auf ein Jahr DS-GVO zurück. Hier erläutern wir die Auswirkungen in Deutschland seit Inkraftreten der Verordnung.

Ein Jahr Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO)

Einleitung

Vor genau einem Jahr ersetzte die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) die aus dem Jahr 1995 stammende Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr. Bevor im Mai 2020 die EU Kommission die Evaluierung der DS-GVO vornehmen wird, wollen wir bereits das erste Jubiläum zum Anlass nehmen, das erste Jahr DS-GVO zu beleuchten und einen Ausblick auf noch zu erwartende Entwicklungen zu bieten. Als Fazit voranstellen lässt sich sicherlich, dass der Datenschutz bereits seit Inkrafttreten der DS-GVO in ganz Europa eine völlig neue Bedeutung erfährt. Die Umsetzung der neuen (und teils auch alten) Anforderungen dauert in den meisten Unternehmen aber noch an. 

Auswirkungen in Deutschland

Mit Geltungswirkung der DS-GVO zum 25.05.2018 schienen zwei Gefühlsausprägungen zu dominieren: Durch Unsicherheit geprägter Aktionismus und andererseits besonnenes oder leichtfertiges Zuwarten. Mit Beginn des „DS-GVO-Hypes“ bildeten sich mit Blick auf die gesetzlich angedrohten Bußgelder der teils neuen, teils alten Anforderungen Mythen innerhalb der Wirtschaftswelt. Webseiten wurden offline genommen, Klingelschilder demontiert, Handwerker mussten Teppich- und Raummaße DS-GVO-konform verarbeiten und Gesichter in Fotoalben wurden geschwärzt. Viele Punkte haben sich zwischenzeitlich relativiert. Beispielsweise im Bereich der Personenfotografie äußerten sich Aufsichtsbehörden beschwichtigend. Mit Urteilen vom 18.6.2018 (15 W 27/18) und 8.10.2018 (15 U 110/18) hat das OLG Köln eine weitere Anwendbarkeit des KunstUrhG jedenfalls im journalistischen Bereich bejaht. Abzuwarten bleibt, ob sich diese Auffassung auch in höheren Instanzen und bundesweit durchsetzen kann. Dennoch: Das „one size fits all“ Prinzip der DS-GVO führt nach wie vor vielfach aufgrund des für unverhältnismäßig hoch erachteten Bürokratie- und Dokumentationsaufwand zu viel Kritik. 

Auf der anderen Seite blieben und bleiben viele Unternehmen noch weitgehend untätig. Vor dem Hintergrund, dass die Aufsichtsbehörden bisher eher selten öffentlichkeitswirksam eingeschritten waren und die große Abmahnwelle ausblieb, werden sich diese Unternehmen in ihrer Vorgehensweise vermutlich zunächst bestätigt fühlen. In Deutschland gab es bisher weniger als 100 Bußgeldbescheide, welche sich der Höhe nach ganz überwiegend eher am unteren Ende des Bußgeldrahmens bewegt haben dürften. Doch die Aufsichtsbehörden haben bereits angekündigt, nach Ablauf einer gewissen Schonfrist verstärkt von den ihnen zur Verfügung stehenden Sanktionsmitteln Gebrauch machen zu wollen. Zum Vorbild nehmen könnten sich die deutschen Datenschutzwächter die französische Datenschutzaufsichtsbehörde. Gegen Google verhängte diese Anfang 2019 bereits ein Bußgeld in Höhe von 50 Millionen Euro wegen mangelnder Transparenz bei den Informationen zur Verwendung der erhobenen Daten. Trotz der – in Absolutheit betrachtet – hohen Summe steht hierbei jedoch zu vermuten, dass es sich dabei zunächst um einen Schuss vor den Bug gehandelt haben dürfte. 

Die gering ausfallenden Sanktionen deutscher Unternehmen mögen in Teilen natürlich auch der Tatsache geschuldet sein, dass zumindest in Deutschland mit dem BDSG in seiner alten Fassung regelungstechnisch bereits ein solides Datenschutzniveau gewährleistet war. Die DS-GVO hat im Vergleich zur alten Rechtslage nur wenig an den grundlegenden Datenschutzbestimmungen geändert. Vielmehr übernimmt sie die Begriffe aus der Richtlinie 95/46/EG und ergänzt sie durch neue Präzisierungen. Unternehmen, welche bereits im Vor-DS-GVO-Zeitalter an ihrer Datenschutz-Compliance arbeiteten, dürften sich insofern weitgehend entspannt zurückgelehnt haben. 

Doch mit der Hoffnung, es werde auch weiterhin nur die Großen treffen, dürften die wenigen untätig abwartenden Unternehmen schon in näherer Zukunft nicht mehr gut fahren. Freilich liegt und lag der Fokus der Aufsichtsbehörden tatsächlich zunächst auf den im großen Stil personenbezogene Daten verarbeitenden Playern der Wirtschaft. Begründet liegen dürfte diese aufsichtsbehördliche Vorgehensweise neben der voran zu stellenden Überlastung der Behörden auch damit, dass mit dem Vorgehen gegen Großkonzerne das Bewusstsein der Bevölkerung für den Datenschutz weiter geschärft werden kann. Gerade Unternehmen, welche technisch und organisatorisch noch nicht nachgebessert haben, besonders sensible oder besondere Kategorien von Daten verarbeiten oder ihre Kunden über Prozesse nicht transparent informieren, sind gut beraten, die Zurückhaltung der Behörden nicht fehl zu interpretieren. 

Denn festzustellen ist aus der Beraterperspektive bereits jetzt, dass betroffene Personen kritischer geworden sind. Dies zeigt schon die hohe Zahl von geltend gemachten Betroffenenrechten, insbesondere in Form von Auskunftsansprüchen und dem Recht auf Löschung, wobei insbesondere das Löschen von Daten viele Unternehmen vor praktische Probleme in der Umsetzung stellt. Neben dem starken öffentlichen Fokus auf das Thema Datenschutz mag die Erhöhte Sensibilität der Betroffenen auch daran liegen, dass Unternehmen sich mittlerweile transparenter zeigen (müssen), was im Nebeneffekt zu kritischen Rückfragen der betroffenen Personen führt. So zeigt sich, dass Verbraucher auch den Weg zu den Aufsichtsbehörden nicht scheuen, insbesondere wenn geltend gemachte Betroffenenansprüche aus ihrer Sicht nicht zufriedenstellend erfüllt wurden. 

Handreichungen der Behörden und Unterstützung durch Berater

Auch „ein Jahr danach“ herrscht noch vielfach Rechtsunsicherheit bei der praktischen Umsetzung der Vorgaben aus der DS-GVO und dem neuen BDSG. Aufsichtsbehörden werden daher auch künftig gefordert sein, Unternehmen weitere Hilfestellung zu geben. Zur Unterstützung haben sich die Aufsichtsbehörden zwar bereits mit einer großen Zahl an Publikationen hervorgetan. Was den Detailgrad der Handreichungen und auch die erforderliche Abstimmung der europäischen Behörden untereinander angeht, besteht, jedenfalls aus unserer Sicht, noch Potential zur Verbesserung. Um bei der hohen Zahl von (sich teils widersprechenden) Guidelines, Leitfäden, sonstigen Angaben der Behörden und Urteilen nicht den Überblick zu verlieren und selbige richtig einordnen zu können, sind viele Unternehmen auf externe Beratung angewiesen. Berater können den Unternehmen dabei helfen, Widersprüche zu erkennen und mit Auslegung zu schließende Lücken der zur Verfügung stehenden Texte einzuordnen, um somit eine weitgehend rechtssichere Umsetzung der gestellten Anforderungen zu gewährleisten. 

Wichtigstes Ziel der Datenschutz-Grundverordnung war, Transparenz zu schaffen. Dies dürfte den meisten Unternehmen ansatzweise bereits gelungen sein. Nun gilt es, im Wege von Soforthilfemaßnahmen erstellte Datenschutzinformationen nochmals mit der technischen und organisatorischen Realität abzugleichen und den propagierten Datenschutz im Unternehmen auch tatsächlich zu leben. 

Ausblick

Mit Spannung zu beobachten bleiben die Entwicklungen rund um den Gesetzgebungsprozess der e-Privacy-Verordnung. Diese dürfte auf lange Sicht im Zusammenhang mit dem Tracking von Internetnutzern mittels der Verwendung von Cookies für Klarheit sorgen. Hier bleibt zu hoffen, dass das ursprünglich für 2018 geplante Gesetz noch vor dem zweiten Jahrestag der DS-GVO verabschiedet wird.

Softwarehersteller, welche Unternehmen bei der technischen Umsetzung effizienter Löschkonzepte unterstützen können, werden sich einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz erarbeiten. Abzuwarten bleiben weitere Entwicklungen aus der Rechtsprechung und Einlassungen der Datenschutzaufsichtsbehörden. Und doch werden auch in nächster Zeit – auch für uns Berater –viele Fragen offenbleiben. Gerne unterstützen wir Sie auch in Zukunft dabei, mit bestehenden Rechtsunsicherheiten umzugehen.

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Das neue Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG)

Wir beleuchten das neue Geschäftsgeheimnisgesetz und gehen darauf ein, was Unternehmen beachten müssen.

Das neue Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG)

Einführung

Seit dem 26.4.2019 ist das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) in Kraft. Dieses dient der Umsetzung der Geschäftsgeheimnis-RL 2016/943/EU. Damit ist der bislang sporadisch gesetzlich geregelte Schutz von Geschäftsgeheimnissen (siehe §§ 17-19 UWG, die nun keine Anwendung mehr finden) und daraus resultierende vertragliche Schadensersatzansprüche, weil Arbeitnehmer eine Nebenpflicht zum Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gem. § 242 BGB trifft, und der durch die Rechtsprechung geformte Geheimnisbegriff in einem Spezialgesetz zusammengefasst und konkretisiert.

Vorliegend sollen die Punkte aufgelistet werden, die Unternehmen besonders beachten müssen.

Geschäftsgeheimnis

Definition

Das Geschäftsgeheimnisgesetz definiert in § 2 Nr. 1 den Begriff des Geschäftsgeheimnisses als eine Information:

  1. die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und
  2. die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und
  3. bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.

Das Kriterium des „berechtigten Interesses an der Geheimhaltung“ gründet in der nach altem Recht üblichen Differenzierung zwischen Betriebs- und Geschäftsgeheimnis. Durch die Aufnahme dieses Kriteriums hat der Gesetzgeber die zuvor im deutschen Recht praktizierte Trennung (Geschäftsgeheimnisse: organisatorische und kaufmännische Details; Betriebsgeheimnisse: technische Informationen) beider Begriffe aufgehoben.

Zu beachten ist das Kriterium der angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch den Geheimnisinhaber. Unternehmen müssen nun aktiv werden, damit ihr schützenswertes Know-how vom Schutz des neuen Gesetzes profitiert.

Geheimhaltungsmaßnahmen

Die angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen aus § 2 Nr. 1 GeschGehG richten sich nach der Geschäftsgeheimnis-RL 2016/943/EU, die sich wiederum an die in Art. 39 des TRIPS-Abkommens enthaltene Definition der „nicht offenbarten Informationen“ anlehnt.

Unternehmen müssen aktiv Maßnahmen zur Geheimhaltung ergreifen, um in den Schutz des Gesetzes zu kommen. Diese Geheimhaltungsmaßnahmen können in Form von technischem, organisatorischem und vertraglichem Know-how-Schutz durchgeführt werden, müssen also objektiven Maßstäben genügen.

Damit unterscheidet sich das Geschäftsgeheimnisgesetz von der bisherigen Rechtslage, wonach ein subjektiver Geheimhaltungswille ausreichte, an den keine hohen Anforderungen gestellt wurden und es teilweise für ausreichend befunden wurde, wenn sich dieser Geheimhaltungswille aus der Natur der geheim zuhaltenden Tatsachen ergab. 

Zusätzlich zu den gem. § 242 BGB aus dem Arbeitsvertrag entstammenden Nebenpflichten zum Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, sollten vertragliche Geheimhaltungsmaßnahmen durch arbeitsrechtliche Vereinbarungen, wie mit einer Verschwiegenheitsverpflichtung, aufgenommen werden. Ebenso ist es empfehlenswert Verschwiegenheitsvereinbarungen (Non-Disclosure Agreements) zu vereinbaren, die die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen regeln. Sonst könnte der Arbeitnehmer diese für eigene Zwecke verwenden. Dabei ist zu beachten, nicht die Grenze zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zu überschreiten, da sonst die Unwirksamkeit der Verschwiegenheitsverpflichtung droht.

Ob die Geheimhaltungsmaßnahmen angemessen sind, hängt vom Einzelfall ab und kann folgende Kriterien umfassen:

  • Wert des Geschäftsgeheimnisses und dessen Entwicklungskosten,
  • Bedeutung für das Unternehmen,
  • übliche Geheimhaltungsmaßnahmen im Unternehmen (Zugangssperren, Passwörter, IT-Sicherheitsmaßnahmen),
  • Art der Kennzeichnung der Information,
  • Verschwiegenheitsverpflichtungen mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern.

Denkbar ist, die Angemessenheit von Geheimhaltungsmaßnahmen nach den Kriterien der technischen und organisatorischen Maßnahmen des Art. 32 DS-GVO zu beurteilen.

Reverse Engineering

Ebenfalls im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage in Deutschland legitimiert § 3 Abs. 1 Nr. 2 GeschGehG nun ausdrücklich das Reverse Engineering, also das Kopieren eines funktionierenden Produkts durch Beobachten, Untersuchen, Rückbauen oder Testen desselben. Der europäische Gesetzgeber will so – im Rahmen bestehender gewerblicher Schutzrechte wie Patent- oder Designrechte – den technischen Fortschritt fördern.  Für Unternehmen gilt damit besondere Vorsicht im Umgang mit Prototypen und Musterstücken und ob, wem und in welchem Umfang sie diese zur Verfügung stellen. 

Tatbestandslose Offenlegung

Besondere Beachtung verdient die Ausnahme des § 5 Nr. 2 GeschGehG. Dieser betrifft Whistleblower, also Hinweisgeber, die zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens, ein Geschäftsgeheimnis erlangen, nutzen oder offenlegen, um das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen und so nicht dem Tatbestand des § 4 GeschGehG unterfallen.

Problematisch ist hier die unpräzise Formulierung „Sonstiges Fehlverhalten“. Zwar wird der Rechtfertigungsgrund durch das Kriterium des allgemeinen öffentlichen Interesses eingeschränkt, trotzdem lässt sich befürchten, dass böswillige Mitarbeiter sogar Hinweise aus Rache oder anderen, wenig edlen Motiven veröffentlichen, um die neu gewonnene Straffreiheit auszunutzen.

Jedoch bietet die unpräzise Formulierung „Sonstiges Fehlverhalten“ auch dem Whistleblower keinen Freifahrtschein, da nicht abzusehen ist, wie ein Gericht im Einzelfall entscheiden wird und bei rechtswidrigem Verhalten seinerseits nicht eine hundertprozentige Straffreiheit erwarten kann. Sollte der Whistleblower jedoch in gutem Glauben gehandelt haben, ist er trotzdem durch die allgemeinen Irrtumsvorschriften geschützt.

Aber auch Journalisten werden von der Vorschrift des § 5 Nr. 2 GeschGehG geschützt. 

Empfehlungen für die Praxis

Unternehmen sollten überprüfen, ob ihre Geschäftsgeheimnisse ausreichenden Geheimhaltungsmaßnahmen unterliegen. Dazu muss zum einen eine sichere IT-Infrastruktur vorhanden sein, zum anderen müssen hinreichende Vertraulichkeitsverpflichtungen mit den Arbeitnehmern, sonstigen Dienstleistern und Geschäftspartnern ausformuliert sein.

Vor Inkrafttreten des Geschäftsgeheimnisgesetzes befanden sich Unternehmen bei Verstößen von Mitarbeitern gegen Geheimhaltungsmaßnahmen in der paradoxen Situation, dass sie zur gerichtlichen Durchsetzung von Sanktionen im Zweifelsfall vor Gericht die Inhaberschaft von Geschäftsgeheimnissen durch Preisgabe eben jener nachweisen müssen. Diese unbefriedigende Situation konnte dann nur durch den Verzicht auf gerichtliche Durchsetzung vermieden werden. Leider hat sich durch das neue Gesetz nichts an der Situation geändert, so dass der Gang vor Gericht wohl überlegt sein muss.

Um Mitarbeiter vom externen Whistleblowing abzuhalten, im Falle, dass das Unternehmen sich sonstiges Fehlverhalten zu Schulde kommen lässt, ist eine interne Whisteblowing-Strategie zu empfehlen, auch wenn dies keine hundertprozentige Sicherheit bietet. Dies kann sich jedoch noch durch die geplante EU-Whistleblower-Richtlinie ändern, da diese eine interne Meldung vorranging verlangt.

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Neues Recht der Datenportabilität

Wir beleuchten das Recht auf Datenportabilität aus Art. 20 DS-GVO und gehen unter anderem auf dessen Inhalt und praktische Bedeutung ein.

Neues Recht der Datenportabilität

Einführung

Mit der neuen Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) haben Nutzer seit Mai 2018 die Möglichkeit, eigene Daten beim Wechsel eines Informationssystems zu übernehmen. Dieses Recht wird „Datenportabilität“ oder auch Datenübertragbarkeit genannt und findet in Art. 20 DS-GVO seinen Niederschlag.

Inhalt der Vorschrift

Nach Art. 20 DS-GVO können Betroffene die sie betreffenden personenbezogenen Daten, die sie einem Verantwortlichen bereitgestellt haben, in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format erhalten. Wenn die automatisierte Datenverarbeitung auf einer Einwilligung beruhte oder zur Durchführung eines Vertrages erfolgte, können Betroffene diese Daten einem anderen Verantwortlichen übermitteln und zwar ohne Behinderung durch den Verantwortlichen, dem die personenbezogenen Daten bereitgestellt wurden. Soweit technisch machbar, kann der Betroffene die Übermittlung direkt von einem für die Verarbeitung Verantwortlichen einem anderen Verantwortlichen für die Verarbeitung erwirken.

Voraussetzungen der Geltendmachung

Art. 20 DS-GVO setzt für die Geltendmachung des Rechts folgende Voraussetzungen voraus: Es muss sich um personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DS-GVO handeln, die dem Verantwortlichen bereitgestellt worden sind. Weiter muss die Verarbeitung der personenbezogenen Daten auf einer Einwilligung oder einem Vertrag beruhen und mithilfe automatisierter Verfahren erfolgen. Zweck der Einführung einer Datenportabilität ist die Stärkung der Kontrolle der Betroffenen über ihre personenbezogenen Daten, die automatisch verbreitet werden. Ebenso soll durch die Regelung die Mitnahme eingestellter Daten erleichtert werden.

Praktische Bedeutung

Die Meinungen über die neu eingeführte Datenportabilität gehen auseinander. Von Datenschützern wird die Änderung als ein „Meilenstein“ gesehen, indem sie mehr Rechtssicherheit auch für Unternehmer sowie für alle Marktteilnehmer gleiche Bedingungen schafft. Es geht um eine Anpassung des Datenschutzes an den Wandel des digitalen Zeitalters sowie eine Vereinheitlichung der Regelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU. Besonders aus der Wirtschaft hagelt es Kritik gegen die Vorschrift. Die Regelung sei zu vage und unklar formuliert und finde einen zu großen Anwendungsbereich. Ferner entstünden für alle betroffenen Unternehmen zusätzliche Kosten. Bezüglich der Datenportabilität wird eingewandt, dass der Nutzer nicht immer von seinem in Art. 20 DS-GVO eingeräumten Recht Gebrauch machen möchte. Zudem ziele der Gesetzgeber auf die Social Media Plattform „Facebook“ ab, wobei auch andere Unternehmen in den Adressatenkreis der Vorschrift fielen. Diese Kritik kann aber leicht beanstandet werden. Ein Anspruch ist ein Recht und eben keine bindende Verpflichtung für den Berechtigten. Er kann geltend gemacht werden, muss aber nicht. Ferner hat die Art.-29-Gruppe der europäischen Datenschutzbeauftragten bereits in ihrer Stellungnahme vom 13. Dezember 2016 den weitergefassten Anwendungsbereich der Datenportabilität thematisiert.

Probleme

Die neue Regelung bringt aber auch viele offene Fragen mit sich. Beispielsweise ist unklar, welche Schnittstellen und Datenformate die verschiedenen Diensteanbieter für die Datenportabilität zur Verfügung stellen sollen. Aus technischer Sicht ist einzuwenden, dass die meisten Diensteanbieter keine separaten Datenbanken für Rohdaten haben, was zur Aufdeckung von Kerntechniken und Geschäftsinformationen und somit zum Verstoß gegen geistige Eigentumsrechte und Geschäftsgeheimnisse führen könne. Grund dafür wäre, dass mit der Übermittlung der Daten auch detaillierte Hintergrundinformationen über die technische Einrichtung des ursprünglichen Verantwortlichen und die verwendeten Algorithmen transportiert werden können. Zudem ist noch nicht geklärt, wie kompatibel die untereinander übertragenden Dienste sein müssen. Probleme ergeben sich bei den unterschiedlichen Angeboten der Dienste. Ein Beispiel ist die Angabe des Geschlechts in sozialen Netzwerken. Während Facebook zwischen 60 verschiedenen Geschlechtern unterscheidet, tut Google+ es nur zwischen „männlich“, „weiblich“ und „unbestimmt“. Hier wäre die Datenportabilität praktisch nicht einfach umzusetzen und stellt die Diensteanbieter also vor große Probleme. Ein weiteres Problem ist die Konstellation in einem Drei-Personen-Verhältnis, wenn also etwa bei Kommunikationspartnern per Telefon oder E-Mail Daten von Dritten hinzukommen. Die Privatheit von Außenstehenden ist zu schützen, womit Datenschützer vermuten, dass die Diensteanbieter erst einmal alle Ordner nebst Inhalten eines Webmail-Services oder Listen von Anrufen herausgeben. Keinesfalls dürfe es aber zu einer Nutzung der Informationen für den Fall der Kundengewinnung durch die Kontaktliste Dritter kommen. Auch der Bundesverband für Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien e.V. (bitkom) sieht die Daten Dritter bei der Geltendmachung personenbezogener Daten problematisch und fordert zur Erleichterung für die Entscheidung im konkreten Einzelfall detaillierte Ergänzungen. Als Beispiel kann der Begriff „Bereitstellung der Daten“ durch den Betroffenen genannt werden. Im Rahmen der Auslegung des Zwecks der Vorschrift, auch durch die Gesetzesbegründung der EU-Kommission ist die bessere Kontrolle über die Daten durch den Betroffenen maßgeblich, wonach es ausreichen sollte, lediglich die entsprechenden benötigten Daten zur Weiternutzung des neuen Dienstes zu transportieren. Bezüglich der praktischen Umsetzung wird bemängelt, dass die dafür benötigten technischen Standards für die unproblematische Ausübung des Rechts im Moment fehlen. Aufgrund des hohen dafür beanspruchten Zeitaufwands wird ein Vorliegen einer rechtzeitigen Lösung bis zum Inkrafttreten der Vorschrift als sehr unrealistisch gesehen. Standards seien gerade für den Anbieterwechsel innerhalb einzelner Sektoren wie Gesundheitswesen und Telekommunikation wichtig, um die Umsetzung der Datenportabilität zu vereinfachen. Um das Recht der Datenportabilität ausüben zu können, müsse allerdings zunächst die Identität der Betroffenen durch die Diensteanbieter geprüft werden. Das Verfahren einer Identitätsprüfung sei allerdings den Verantwortlichen bislang unbekannt. Auch das verdeutlicht wieder die Notwenigkeit eines möglichen Leitfadens der Aufsichtsbehörden zur allgemeinen Regelung des Authentifizierungsverfahrens.

Fazit

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Einführung der Datenportabilität das Datenschutzrecht wesentlich ändert. Die direkte Datenübermittlung spielt eine größere Rolle als zunächst für hauptsächlich die Social Media Plattformen vorgesehen, in dem auch kleinere Unternehmen unter den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen. Befürwortet wird der vereinfachte Anbieterwechsel für Kunden und damit die Anpassung des Datenschutzrechts an das digitale Zeitalter. Probleme sind allerdings noch hinsichtlich der Umsetzung der Datenportabilität aus Gründen der Kapazitäten der Unternehmen zu sehen. Es wird sich zeigen, wie Unternehmen die volle Gewährleistung dieses Rechts sichern wollen. Bezüglich der einheitlichen und vereinfachten praktischen Umsetzung der Neuerung bleiben allerdings noch Leitlinien und Auslegungshilfen abzuwarten.

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