OLG Stuttgart erlaubt „kostenlos“-Werbung für Lidl-App trotz Datenverarbeitung

Lidl-Markt: "kostenlos"-Werbung erlaubt
Lidl-Markt: "kostenlos"-Werbung erlaubt

OLG Stuttgart erlaubt „kostenlos“-Werbung für Lidl-App trotz Datenverarbeitung

Eine App, die personenbezogene Daten verarbeitet, darf dennoch als „kostenlos“ beworben werden. Das entschied der Verbraucherrechtssenat des Oberlandesgerichts Stuttgart. Hintergrund war die Unterlassungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverband gegen Lidl. Gerügt wurde die Bewerbung der Lidl Plus App als „kostenlos“, obwohl Nutzerinnen und Nutzer für die Verwendung ihre persönlichen Daten angeben und einer Verarbeitung zustimmen müssen, was eine Bezahlung in Daten bedeute.

Das Gericht stellte fest, dass „kostenlos“ lediglich bedeutet, dass kein Geld als Preis zu zahlen sei. Die Datenverarbeitung stelle eine zulässige Gegenleistung dar, die eine Bewerbung mit „kostenlos“ nicht ausschließe, sofern die Datenverarbeitung ausreichend in den Nutzungsbedingungen erläutert werde.

Damit darf die Lidl Plus App weiterhin als kostenlos beworben werden. Diese Rechtsprechung dürfte sich auch auf weitere digitale Dienste übertragen lassen, die kein Geld als Gegenleistung fordern. Zu beachten ist jedoch stets, dass die Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung in Bezug auf die Informationspflichten eingehalten werden müssen. Allerdings hat OLG Stuttgart wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Hier finden Sie die Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Stuttgart:

https://oberlandesgericht-stuttgart.justiz-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Medien/Unterlassungsklage+des+Verbraucherzentrale+Bundesverbandes+gegen+Lidl+im+Zusammenhang+mit+dem+Vorteilsprogramm+_Lidl+Plus_+erfolglos

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Digitaler Euro: EU treibt Einführung des D€ voran

Digitaler Euro
Digitaler Euro

Digitaler Euro: EU treibt Einführung des D€ voran

Der D€, also der digitale Euro soll kommen. Doch wann genau, ist noch unklar. Seit November 2023 befindet er sich in der Vorbereitungsphase.

Die Idee dahinter ist eine einheitliche digitale Zahlungsmethode für den gesamten Euroraum. Das Bargeld soll nicht komplett verschwinden, aber der digitale Euro soll der Tatsache Rechnung tragen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher vorwiegend mit Karte oder dem Handy zahlen. Außerdem soll die Einführung dieses öffentlichen Zahlungsmittels die Abhängigkeit von amerikanischen Zahlungssystemen reduzieren.

Kritisiert wird der Vorschlag derzeit insbesondere noch von Geschäftsbanken, die ökonomische Risiken (Einlagenverlust, Margendruck) und unverhältnismäßige regulatorische/technische Anforderungen bemängeln.

Stand jetzt wird frühstens 2028 mit der Einführung zu rechnen sein. Ende Oktober wird es zunächst einmal einen Berichtsentwurf des parlamentarischen Berichterstatters Fernando Navarrete geben.

Wir werden Sie darüber informieren, wie es dann mit dem D€ weitergeht!

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Geplante EU-Verordnung zur Chatkontrolle: unverhältnismäßiger Eingriff in die Privatsphäre?

Mann beim Chatten: EU-Chatkontrolle unverhältnismäßig?
Mann beim Chatten: EU-Chatkontrolle unverhältnismäßig?

Geplante EU-verordnung zur Chatkontrolle: unverhältnismäßiger Eingriff in die Privatsphäre?

Für den 14. Oktober steht der Entwurf der Verordnung zur Chatkontrolle auf der Tagesordnung im EU-Rat. Gegenstand der Verordnung soll die Überwachung privater Chats sowie das Scannen privater Nachrichten auf Endgeräten zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern sein.

Die Datenschutzkonferenz ordnet die Massenüberwachung als höchst bedenklich ein und fordert, den Entwurf in dieser Fassung abzulehnen. Zwar sei das Ziel der Verordnung von großer Bedeutung, der Eingriff in die Privatsphäre jedoch unverhältnismäßig. Erforderlich wären absichtlich platzierte Sicherheitslücken, die dann aber auch anderweitig ausgenutzt werden könnten.

Die Datenschutzkonferenz fordert daher die Bundesregierung auf, dem Entwurf nicht zuzustimmen.

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EuGH erklärt die Aufsichtsgebühr des Digital Services Act für nichtig

Sitz des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg
Sitz des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg

EuGH erklärt die Aufsichtsgebühr des Digital Services Act für nichtig

Am 10. September 2025 erklärte das Gericht der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache T-55/24 die Beschlüsse der EU-Kommission über die Festlegung der Aufsichtsgebühr für Facebook, Instagram und TikTok für nichtig. 

Als Grundlage für die Beschlüsse diente das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA), das der Kommission die Aufgabe überträgt, sehr große Online-Plattformen (VLOPs) und Suchmaschinen zu beaufsichtigen. Hierfür darf die Kommission eine jährliche Aufsichtsgebühr erheben, welche anhand der durchschnittlichen monatlichen Nutzerzahl berechnet wird. Die Kommission hatte daraufhin für Facebook, Instagram und TikTok entsprechende Gebühren durch Durchführungsbeschlüsse festgesetzt.

Trotz rechtswidriger Methodik, Zahlungspflicht für 2023 bleibt bestehen

Das Gericht stellte fest, dass die verwendete Methodik zur Berechnung der Nutzerzahlen essentiell sei und deshalb in einer delegierten Verordnung hätte geregelt werden müssen. Die Durchführungsbeschlüsse seien daher formell rechtswidrig.

Um Regelungslücken zu vermeiden und der Kommission Zeit für eine korrekte Umsetzung der Erhebung der Aufsichtsgebühr zu geben, entschied das Gericht, dass die Wirkung dieser Beschlüsse jedoch vorerst bestehen bleibt und damit auch die Zahlungspflicht für 2023 für Unternehmen. Das Gericht beschränkte die Übergangssituation auf höchstens zwölf Monate nach Rechtskraft des Urteils. Gegen die Entscheidung ist ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel zum EuGH möglich.

Veränderungen bei Gebührenhöhe möglich

Neben der Zahlungspflicht für 2023 müssen Unternehmen damit rechnen, dass die Kommission bald eine rechtssichere Regelung erlässt, die zu einer veränderten Gebührenhöhe führt. Dadurch können sowohl Rückerstattungen, aber auch Nachforderungen entstehen. Empfehlenswert ist daher auch, interne Systeme zur Erfassung der aktiven Nutzerzahlen zu verbessern und diese Daten transparent vorzuhalten, um bei künftigen Verfahren abgesichert zu sein.

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EuGH weist Klage auf Nichtigkeitserklärung des Data Privacy Framework ab

Glasfaserkabel zur Datenübertragung in die USA
Glasfaserkabel zur Datenübertragung in die USA

EuGH weist Klage auf Nichtigkeitserklärung des Data Privacy Framework ab

Am 03. September 2025 hat das Gericht der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache T-553/23 (Latombe/Kommission) eine Klage gegen den neuen Angemessenheitsbeschluss der EU-Kommission zum Data Privacy Framework (DPF) zurückgewiesen.

Die USA bieten ein angemessenes Datenschutzniveau

Die Klägerseite kritisierte zum einen die Praxis umfassender Datenerhebungen durch US-Dienste und stellte zum anderen die Unabhängigkeit der gerichtlichen Kontrolle in Frage. Der EuGH sah wiederum die erlassenen Vorgaben und die gerichtliche Kontrolle durch den Data Protection Review Court (DPRC) zur Sicherstellung des Rechtschutzes bei Datenzugriffen als ausreichend an und wies die Klage vollständig ab. Damit bestätigt der EuGH, dass die USA zum Zeitpunkt des Beschlusses ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleisteten.

Datenübermittlung an US-Unternehmen

Für Unternehmen heißt das: Eine Datenübermittlung an US-Unternehmen ist rechtmäßig, sofern diese nach dem DPF zertifiziert sind. In diesen Fällen sind weder Standardvertragsklauseln (SCCs) noch zusätzliche Genehmigungen erforderlich.

Unternehmen in der EU stehen jedoch weiterhin in der Verantwortung, sorgfältig zu prüfen und zu dokumentieren, ob ihre US-Dienstleister tatsächlich in der offiziellen Zertifizierungsliste geführt werden. Liegt keine Zertifizierung vor, bleiben weiterhin SCCs oder Binding Corporate Rules (BCRs) notwendig. Zudem bestehen die Pflichten zur Transparenz gegenüber Betroffenen fort, etwa durch Anpassung der Datenschutzerklärung und klare Hinweise auf Datenübermittlungen in die USA.

Weiterhin Risiken bei der Datenübermittlung an US-Unternehmen

Es bleibt jedoch weiterhin Vorsicht geboten, da die Vorgängerabkommen („Safe Harbor“ und „Privacy Shield“) beide wegen des unzureichenden Schutzniveau der Überwachungspraxis in den USA durch den EuGH aufgehoben wurden („Schrems I“ (C‑362/14) und „Schrems II“ (C‑311/18)). Daher sollten EU-Unternehmen weiterhin vorsorglich SCC bereithalten und die weitere Rechtsentwicklung beobachten.

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KI-Training und personenbezogene Daten: Einige Erkenntnisse aus dem Urteil des OLG Köln im Fall Meta

Frau, auf die Code projiziert wird: Datenschutz beim KI-Training
Frau, auf die Code projiziert wird: Datenschutz beim KI-Training

KI-Training und personenbezogene Daten: Einige Erkenntnisse aus dem Urteil des OLG Köln im Fall Meta

Metas Umgang mit der Einwilligung der Nutzer

Für das Training von KI-Modellen werden umfangreiche Datenmengen benötigt. Viele Anbieter suchen nach geeigneten Quellen. Im Fall von Meta entschied sich das Unternehmen, öffentlich zugängliche Daten volljähriger Nutzer von Facebook und Instagram für das Training seiner KI-Modelle zu verwenden. Diese Maßnahme wurde den Nutzern vor der Umsetzung angekündigt. Anstelle einer ausdrücklichen Einwilligung setzte Meta jedoch auf ein Opt-out-Modell.

Dieses Vorgehen rief rechtliche Bedenken hervor und führte zu einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch den Verein zur Wahrnehmung kollektiver Verbraucherinteressen in Nordrhein-Westfalen. Das Oberlandesgericht Köln entschied am 23. Mai 2025 (Az. 15 UKl 2/25) über den Fall. Nachfolgend die wichtigsten Erkenntnisse zur Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen des KI-Trainings von diesem Fall.

Dürfen personenbezogene Daten für das KI-Training verwendet werden?

Grundsätzlich ist die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zweck des Trainings von KI zulässig, sofern sie mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vereinbar ist. Während die EU-Verordnung über Künstliche Intelligenz (KI-VO) die Anforderungen an KI-Systeme regelt, bleibt jede Verarbeitung personenbezogener Daten dem Datenschutzrecht, insbesondere der DSGVO, unterworfen.

Im vorliegenden Fall wurde versucht, Meta die Verwendung öffentlich zugänglicher Nutzerdaten für das KI-Training zu untersagen. Das Gericht wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück, was darauf schließen lässt, dass personenbezogene Daten unter bestimmten Voraussetzungen für das Training von KI-Systemen verarbeitet werden dürfen, auch wenn der ursprüngliche Zweck ihrer Erhebung nicht das KI-Training war.

Das Urteil stellt jedoch keine generelle Freigabe dar. Unternehmen müssen bei der Nutzung von Kundendaten für KI-Entwicklung mit besonderer Sorgfalt vorgehen.

Ist das KI-Training ein „berechtigtes Interesse“?

Gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. b DSGVO dürfen personenbezogene Daten nur für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden. Nach der Erhebung dürfen sie nicht für andere, nicht vorher festgelegte Zwecke verwendet werden.

Zwar kann eine Einwilligung eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung darstellen, sie muss jedoch:

  • für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben;
  • durch eine eindeutige bestätigende Handlung erteilt werden.

Im Fall Meta wurde keine ausdrückliche Einwilligung eingeholt. Stattdessen berief sich das Unternehmen auf das berechtigte Interesse gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Das Gericht akzeptierte, dass die Entwicklung von KI-Systemen unter bestimmten Umständen ein berechtigtes Interesse darstellen könne, sofern die Nutzer informiert werden und die Möglichkeit haben, Widerspruch einzulegen.

Zentrale Empfehlungen für Unternehmen

  1. Transparenz ist unerlässlich
    Nutzer müssen klar und proaktiv darüber informiert werden, wie ihre Daten verwendet werden. Das Gericht akzeptierte Metas Opt-out-Modell, da die Nutzer informiert wurden und widersprechen konnten.

  2. Informierung vor Datenerhebung
    Nur Daten, die nach erfolgter Information und gewährtem Widerspruchsrecht erhoben wurden, dürfen für das KI-Training verwendet werden. Eine nachträgliche Zweckänderung ohne Offenlegung ist unzulässig.

  3. Berechtigtes Interesse konkret darlegen
    Die Verarbeitung muss einem konkreten, nachvollziehbaren Unternehmenszweck dienen. Allgemeine oder spekulative Interessen genügen nicht.

Fazit: Vorsicht ist geboten

Auch wenn das Gericht den Antrag gegen Meta abgewiesen hat, bedeutet dies nicht, dass personenbezogene Daten uneingeschränkt für KI-Training verwendet werden dürfen. Jede Verarbeitung muss einzelfallbezogen geprüft werden unter Berücksichtigung von:

  • Art und Umfang der angebotenen Dienste,
  • Art von personenbezogenen Daten,
  • Rechtsgrundlage der Verarbeitung.

Da sich das regulatorische Umfeld – insbesondere im Bereich der KI-Regulierung – fortlaufend weiterentwickelt, sind Unternehmen gehalten, sich kontinuierlich über neue Entwicklungen zu informieren und die geltenden Vorschriften einzuhalten. Wer beabsichtigt, personenbezogene Kundendaten für das Training von KI-Systemen zu nutzen, muss die damit verbundenen rechtlichen Risiken sorgfältig prüfen und für Transparenz sowie rechtskonforme Verarbeitung sorgen. 

Gerne unterstützen wir Sie dabei, diese komplexen Anforderungen zu erfüllen und Ihre Compliance-Maßnahmen effektiv umzusetzen. Sprechen Sie uns an, wir beraten Sie zu DSGVO-Compliance und IT-Recht.

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Kontrollpflichten von Verantwortlichen: Haftung bei fehlender DS-GVO-Überprüfung von Auftragsverarbeitern

Kontrollpflichten von Verantwortlichen: 

Haftung bei fehlender DS-GVO-Überprüfung von Auftragsverarbeitern  

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Das OLG Dresden hat entschieden, dass ein Unternehmen, das seine Auftragsverarbeiter nur unzureichend prüft, für deren Verstöße gegen die DS-GVO verantwortlich ist (OLG Dresden Urt. v. 15. Oktober 2024 – 4 U 940/24). Anlass dafür waren Verletzungen von Datenschutzvorschriften, die durch einen Hacker-Angriff aufgefallen sind. Durch die fehlende Kontrolle habe das beklagte Unternehmen gegen seine Datenschutzpflichten verstoßen.  

Im Nachfolgenden fassen wir die Gründe des Gerichts für diese Entscheidung zusammen und gehen anschließend darauf ein, welche Maßnahmen aus Unternehmersicht getroffen werden müssen. 

Hintergrund 

Die Beklagte betreibt einen Musikstreamingdienst und hatte bis Ende 2019 eine israelische Firma als Auftragsdatenverarbeiter beauftragt. Obwohl dem Vertrag zufolge die verarbeiteten Daten nach Vertragsende gelöscht werden sollten und der Auftragsdatenverarbeiter dies auch bestätigte, gelangten infolge eines Datenhacks im November 2022 Nutzerdaten der Beklagten, unter anderem die des Klägers, ins Darknet.  

Betroffene Daten waren neben E-Mail-Adresse und IP-Adresse auch Geburtsdaten und geografische Standorte. Infolgedessen informierte die Beklagte die betroffenen Nutzer und reichte eine Meldung über die Verletzung des Datenschutzes bei der französischen Datenschutzbehörde (CNIL) ein.  

Der Kläger behauptet, seine Daten seien bereits 2019 durch unzureichenden Schutz bei der Beklagten oder ihrem Auftragsdatenverarbeiter kompromittiert worden und wirft der Beklagten daneben vor, nicht zeitnah informiert zu haben und notwendige Schutzmaßnahmen unterlassen sowie die Überwachung ihres Dienstleisters vernachlässigt zu haben. Der Kläger sieht sich emotional und praktisch durch mögliche Folgen wie Identitätsdiebstahl, Phishing und Spam-Mails belastet. 

Das Landgericht Dresden wies die Klage mit der Begründung ab, dass der Datensatz aus dem Jahr 2019 stamme, der Hacking-Angriff jedoch erst 2022 stattgefunden habe. Im Berufungsverfahren rügte der Kläger daraufhin eine fehlerhafte Rechtsanwendung, insbesondere im Hinblick auf Art. 82 DS-GVO und verlangt daher die Entscheidung über die Reichweite des Schadensersatzanspruchs und die Aussetzung des Verfahrens bis zu relevanten EuGH- oder BGH-Entscheidungen, die zu vergleichbaren Fällen anhängig sind. 

Stellungnahme des OLG Dresden 

Das OLG Dresden entschied grundsätzlich, dass dem Kläger mangels eines Schadens kein Anspruch auf Schadensersatz zustände, da die betroffenen Daten des Klägers keine sensiblen Daten im Sinne der DS-GVO darstellen würden und es daher an einer konkreten Missbrauchsgefahr sowie an negativen Auswirkungen infolge des Datenverlusts fehlen würde, gleichwohl stellte das OLG Dresden fest, dass die Beklagte trotzdem ihre datenschutzrechtlichen Pflichten verletzt habe. Unternehmen unterliegen dem Gericht zufolge nämlich nicht nur der Verantwortung ihre Auftragsdatenverarbeiter sorgfältig auszuwählen, sondern diese auch regelmäßig zu überwachen. Abgeleitet wird diese Überwachungspflicht aus Art. 28 DS-GVO, worin eine andauernde Kontrollpflicht impliziert wird. Praxisfremde Praktiken wie etwa eine Vor-Ort-Kontrolle seien zwar nicht notwendig, jedoch entstehen bei großen Datenmengen und besonders sensiblen Daten sowie bei personenbezogene Daten nach Art. 9, 10 DS-GVO gesteigerte Kontrollpflichten, welche auch nach Beendigung des Vertrags bestehen bleiben.  

Die Beklagte hätte im Rahmen dieser Pflichten auch sicherstellen müssen, dass ihr Auftragsdatenverarbeiter die Daten nach Vertragsende tatsächlich löscht. Eine bloße Ankündigung über die Löschung durch den Auftragsverarbeiter genüge hierbei nicht, vielmehr hätte die Beklagte sich eine entsprechende Löschungsbestätigung einholen müssen.  

Auch der Auftragsdatenverarbeiter habe seine vertragliche Verpflichtung zur Löschung nach Vertragende verletzt, indem er die erhaltenen Daten in eine ungesicherte Testumgebung überführte, wodurch diese bei einem Hackerangriff ins Darknet gelangen und dort zum Verkauf angeboten werden konnten. Die Haftung der Beklagten könne nicht nach Art. 82 Abs. 3 DS-GVO wegen Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden und auch das Handeln des Auftragsverarbeiters ist ihr zuzurechnen. 

Was bedeutet das für Unternehmen? 

Dieses Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die Praxis der Auftragsverarbeitung und unterstreicht die Bedeutung sorgfältiger Überwachung und Kontrolle durch die verantwortlichen Unternehmen. Damit die datenschutzrechtlichen Grundsätze zur Rechtmäßigkeit (Art. 5 Abs. 1 lit. a) DS-GVO), zur Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 lit. c) DS-GVO) und Speicherbegrenzung (Art. Art. 5 Abs. 1 e) DS-GVO) gewahrt werden, sind Auftragsverarbeiter nach Vertragsende verpflichtet, personenbezogene Daten zu löschen oder zurückzugeben. Um der Kontrollpflicht des Art. 28 DS-GVO über diese Löschung nachzukommen, sollten Unternehmen die Löschung mit dem Auftragsverarbeiter nach Vertragsende zuvor schriftlich festhalten. Besonders wichtig ist hierbei die Vereinbarung über eine Löschbestätigung, welche konkrete Rahmenbedingungen, wie Datum, Person des Löschenden oder Art der Löschung enthält.  

Um die Kontroll- und Überwachungspflichten aus Art. 29, 32 DS-GVO zu erfüllen, ist die Löschung von sensiblen Daten durch den Auftraggeber regelmäßig zu überprüfen. Falls nämlich Kundendaten beim Auftragsverarbeiter bleiben und der Auftraggeber nicht alle nötigen Maßnahmen zur Löschung getroffen hat, haftet dieser im Schadensfall nach den Regelungen des Art. 82 DS-GVO. 

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Der Beschäftigtendatenschutz im digitalen Zeitalter: Herausforderungen und Lösungsansätze

Der Beschäftigtendatenschutz im digitalen Zeitalter: Herausforderungen und Lösungsansätze

Das Beschäftigtendatengesetz

In der modernen Arbeitswelt, die zunehmend von der Digitalisierung und datengetriebenen Prozessen geprägt ist, gewinnt der Beschäftigtendatenschutz immer mehr an Bedeutung. Ein eigenständiges Gesetz, das diesen komplexen Bereich umfassend regelt, gibt es in Deutschland trotz seiner Bedeutung noch nicht. Das Gesetz zur Stärkung eines fairen Umgangs mit Beschäftigtendaten und für mehr Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Beschäftigte in der digitalen Welt (RefE-BeschDG) soll künftig die Datenverarbeitung im Rahmen von Beschäftigungsverhältnissen regeln.

Was haben Arbeitgeber demnächst zu beachten?

Hintergrund des Gesetzes

Der Beschäftigtendatenschutz basiert im Wesentlichen auf den allgemeinen Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sowie den speziellen Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Insbesondere § 26 BDSG spielt eine zentrale Rolle, da er die Verarbeitung personenbezogener Daten von Beschäftigten regelt. Das Beschäftigtendatengesetz liegt gegenwärtig noch als Referentenentwurf vor. Der Europäischen Gerichtshof (EuGH C-34/21) hat festgestellt, dass § 26 BDSG, welcher zuvor die Datenverarbeitung in Beschäftigungsverhältnissen regelte, nicht den Grundsätzen der DS-GVO entspricht, weil er die Rechtsgrundlage aus der DS-GVO, insbesondere zur Vertragserfüllung nur wiederholt und damit unanwendbar ist.

Regelungen, die von nationalen Gesetzgebern erlassen werden, müssen besondere Maßnahmen zur Wahrung der menschlichen Würde, berechtigter Interessen und Grundrechte der Betroffenen berücksichtigten, weshalb eine bloße Wiederholung des Wortlautes der DS-GVO nicht genügt. Nach dieser Entscheidung war klar, dass es eine ausdifferenziertere Regelung geben muss, um für Transparenz und Rechtssicherheit sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Beschäftigtenseite zu sorgen.

Kernpunkte des Beschäftigtendatenschutzes

Das RefE-BeschDG ist ein umfassendes Gesetz, das den Schutz personenbezogener Daten von Beschäftigten regeln soll. Es gilt sowohl für private als auch für öffentliche Arbeitgeber und umfasst einen breiten Anwendungsbereich.

Zentrale Ziele und Inhalte

Der Gesetzesentwurf zielt darauf ab, einen Ausgleich zwischen Interessen des Betriebs und denen der Beschäftigten zu schaffen. Das zeigt sich dadurch, dass eine Interessenabwägung im Einzelfall vorgenommen werden muss, sofern keine Einwilligung erteilt wurde. Aufseiten des Arbeitgebers stehen dann (legitime) betriebliche Gründe und auf der Seite des Beschäftigten sein Persönlichkeitsrecht. In der Abwägung der Interessen ist immer das Abhängigkeitsverhältnis eines Beschäftigten zu berücksichtigen.

Sofern eine Einwilligung erteilt wird, muss diese freiwillig und in informierter Weise erfolgen. Dafür muss der Beschäftigte frühzeitig informiert werden.

Wenn die Datenverarbeitung auf berechtigten betrieblichen Interessen beruht, müssen diese Interessen hinreichend gegenüber dem Betroffenen dargelegt werden.

Außerdem sind auch Regelungen bezüglich Künstlicher Intelligenz im Arbeitsverhältnis enthalten.

Ein Augenmerk wird fermer auf die Überwachung von Beschäftigten gelegt. Überwachungsmaßnahmen unterliegen strengen Regelungen. So sind Tonaufnahmen verboten, Videoaufzeichnungen sind lediglich zur Erfüllung von durch Rechtsvorschriften oder Kollektivvereinbarungen festgelegten Pflichten des Arbeitgebers oder zur Wahrung wichtiger betrieblicher Interessen erlaubt. Darüberhinausgehend ist auch dann eine Interessenabwägung vorzunehmen. Die Aufzeichnungen dürfen kurzzeitig und anlassbezogen oder stichprobenhaft bei einer Höchstspeicherfrist von 72 Stunden erfolgen.

Besondere Aspekte

Eine Besonderheit sind Beweisverwertungsverbote datenschutzrechtswidrig verarbeiteter Daten in einem gerichtlichen Verfahren über personelle Maßnahmen. Eine Ausnahme soll nur dann bestehen, wenn ein Missverhältnis zwischen dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten und den grundrechtlich geschützten Interessen des Arbeitgebers an der gerichtlichen Verwertung besteht. Das Bundesarbeitsgericht hat in seinen Entscheidungen bisher eher die Tendenz zu einer verwertungsfreundlicheren Praxis gezeigt. Nun scheint selbst ein vorsätzliches vertragswidriges Verhalten noch nicht für eine Verwertung zu sprechen, weil dadurch nicht automatisch ein offensichtliches Missverhältnis begründet werden kann.

Erfasst ist auch die Datenverarbeitung durch konzernangehörige Unternehmen. Diese dürfen Beschäftigtendaten ausschließlich für einen bestimmten Zweck zur Durchführung des Beschäftigtenverhältnisses, zur Erfüllung einer durch Rechtsvorschrift oder Kollektivvereinbarung festgelegten Pflicht oder zur Wahrung der berechtigten Interessen des Arbeitgebers oder des Konzernunternehmens erforderlich ist, verarbeiten. Dabei ist ferner erforderlich, dass die Interessen des Arbeitgebers überwiegen.

Unzulässig ist die Verarbeitung derjenigen Beschäftigtendaten, die den Kernbereich privater Lebensführung betreffen.

Verhältnis zur DS-GVO

Beide Regelungen ergänzen sich gegenseitig. Die DS-GVO bildet den allgemeinen Rahmen, während das RefE-BeschDG den spezifischen Bereich des Beschäftigtendatenschutzes konkretisieren und ergänzen. Es wird also nicht die DS-GVO ersetzen, sondern auf ihr aufbauen.

Ausblick

Wann das Gesetz in Kraft treten soll, ist noch nicht klar. Prognostiziert wird der Sommer 2025. Der Gesetzentwurf muss noch den parlamentarischen Prozess durchlaufen. Es bleibt abzuwarten, welche Änderungen sich im Laufe der Beratungen noch ergeben werden.

Fest steht: Ein eigenständiges Beschäftigtendatenschutzgesetz würde die Rechtslage in Deutschland erheblich verändern und könnte Vorbild für andere europäische Länder sein.

Handlungsbedarf von Unternehmen

Es ist bereits jetzt schon sinnvoll, die Verarbeitung von Beschäftigtendaten in Ihrem Unternehmen kritisch zu überprüfen und ggfls. anzupassen. Aufgrund der bestehenden Rechtsprechung des EuGH, ist es wichtig, nicht bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes zu warten, sondern proaktiv zu handeln, um bereits jetzt rechtskonform zu agieren.

Wir unterstützen Sie gerne bei der Bestandsaufnahme, führen für Sie die Erforderlichkeitsprüfung für den Umfang der Datenverarbeitung durch und beraten Sie, inwieweit Sie Ihre Mitarbeiter über Art und Umfang der Datenverarbeitung in Ihrem Unternehmen informieren müssen.

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EuGH: Ist jeder Datendiebstahl mit einem immateriellen Schaden verbunden?

Flagge der Europäischen Union

EuGH: Ist jeder Datendiebstahl mit einem immateriellen Schaden verbunden?

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Auch bei Datenverlust muss ein tatsächlicher Schaden nachgewiesen werden

Ist jeder Datendiebstahl mit einem immateriellen Schaden verbunden? 

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich in den Verfahren C-182/22 und C-189/22 mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen Personen, deren personenbezogene Daten gestohlen wurden, einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens haben. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob bereits der Verlust der Kontrolle über die Daten einen solchen Schaden begründet oder ob ein konkreter Missbrauch nachgewiesen werden muss. 

Welches sind nach dem EuGH die wesentlichen Gesichtspunkte eines immateriellen Schadens? 

Der EuGH hat klargestellt, dass der bloße Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten nicht automatisch einen Anspruch auf immateriellen Schadenersatz begründet. Vielmehr muss ein tatsächlicher Schaden nachgewiesen werden. 

Der immaterielle Schadenersatz dient in erster Linie dem Ausgleich eines tatsächlich erlittenen Schadens und nicht der Bestrafung des Verantwortlichen. Ein Identitätsdiebstahl liegt nur dann vor, wenn ein Dritter tatsächlich die Identität des Betroffenen annimmt. Es muss jedoch nicht nachgewiesen werden, dass dieser Missbrauch konkrete Folgen hatte. Das bedeutet, dass es keinen festen Katalog von Nachweisen gibt, die in jedem Fall erforderlich sind. Vielmehr wird es darauf ankommen, eine möglichst überzeugende Indizienkette zu schaffen, die darauf hindeutet, dass die gestohlenen Daten tatsächlich missbraucht wurden. Die Gerichte werden jeden Einzelfall prüfen und abwägen müssen.  

Die Höhe des Schadensersatzes liegt im Ermessen der nationalen Gerichte. Das Verschulden des Verantwortlichen spielt bei der Bemessung des Schadensersatzes keine Rolle. 

Was bedeutet die Entscheidung für die Betroffenen? 

Die Entscheidung des EuGH schränkt die Möglichkeiten für Betroffene von Datenschutzverletzungen ein. Betroffene von Datenschutzverletzungen werden es in Zukunft schwerer haben, immateriellen Schadensersatz zu erlangen. Die Rechtslage ist nach wie vor unklar. Welche konkreten Folgen eines Datendiebstahls müssen nachgewiesen werden, um einen immateriellen Schaden zu begründen? Wie hoch ist der immaterielle Schaden in einzelnen Fällen zu bemessen? 

Der EuGH macht mit dieser Entscheidung deutlich, dass der Schutz personenbezogener Daten in der EU ernst genommen wird. Die Durchsetzung von Ansprüchen kann jedoch weiterhin schwierig sein. 

Was bedeutet das für Unternehmen? 

Um Unternehmen wirksam vor Schadensersatzklagen zu schützen, ist eine proaktive Prävention unerlässlich. Durch die Implementierung eines robusten Risikomanagementsystems, regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter, klare Vertragsgestaltung und eine umfassende Dokumentation können potenzielle Risiken minimiert werden. Zudem ist es ratsam, rechtzeitig auf Veränderungen in der Rechtslage zu reagieren und sich kontinuierlich über aktuelle Entwicklungen zu informieren. Wenn ein Datenschutzvorfall eingetreten ist, sollten alle möglichen Maßnahmen ergriffen werden, um den Eintritt eines Schadens so gering wie möglich zu halten.

 

Wir unterstützen Sie gerne bei der Umsetzung und Einhaltung der DSGVO, indem wir Ihre Prozesse analysieren, Datenschutzschulungen durchführen und Sie bei der Dokumentation begleiten. 

 

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