Sicherer Umgang mit KI im Unternehmensalltag

Sicherer Umgang mit künstlicher Intelligenz im Unternehmensalltag 

Was darf Ki im Unternehmen?

Einleitung

Wir haben in unserem ersten Artikel bereit einen kurzen Überblick darüber gegeben, was genau eigentlich unter Künstliche Intelligenzen (KI) verstanden wird und haben in diesem Rahmen die Verordnung zur Regulierung von KI den sogenannten Artificial Intelligence Act (AI Act) beleuchtet. 

Im Nachfolgenden möchten wir noch tiefer ins Detail gehen und Darstellen wie man KI im Unternehmen einsetzten kann. 

Künstliche Intelligenzen sind heute aus dem Unternehmensalltag nicht mehr wegzudenken. Sie ermöglichen Innovation, Effizienz und könnten europäischen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Mit dem AI Act soll ein Regelwerk für den sicheren Umgang mit Künstlichen Intelligenzen in der Europäischen Union festgelegt werden (dazu haben wir bereits in unserem ersten Artikel Stellung genommen.). Adressaten dieses Gesetzes sind nicht nur die Entwickler von KI, sondern auch Unternehmen, die KI nutzen. Welche laut Lars Klingholz, Leiter Künstliche Intelligenz beim Digitalverband Bitcom, ein Großteil der europäischen Unternehmen sein. Der Verband begrüßt jedoch den AI Act und sieht ihn als Möglichkeit nachhaltig KI einzusetzen. 

Wie kann man Künstliche Intelligenzen im Unternehmen nutzen? 

Ob in Form eines Chatbot im Bereich des Kundenservice, zur Auswertung von Kundenbewertungen, in Gestalt von Robotern in der Fabrikation oder gar Tools zur Zusammenfassung von Kundengesprächen, die Einsatzmöglichkeiten von KI in Unternehmen sind vielfältig. 

KI ist in der Lage, ganze Aufgabenbereiche selbständig zu übernehmen und kann dabei helfen, neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, Vertriebswege zu optimieren und die Produktionsleistung zu steigern. Das Europäische Parlament hofft, dass dies zu einer positiven Entwicklung in Sektoren führen wird, die bereits in der Europäischen Union etabliert sind, wie Maschinenbau, Landwirtschaft, Gesundheitswesen oder auch Mode. 

Im Bereich Human Resources kann KI beispielsweise bei der Einstellung neuer Mitarbeiter:innen unterstützen, indem sie das gesamte Verfahren der Stellenausschreibung, der Durchführung des Bewerbungsgesprächs und der Auswahl der Teilnehmenden übernimmt. Einzig die Entscheidung, welcher Kandidat eingestellt wird, muss dann nur noch der Arbeitgebende treffen, da automatisierte Einzelentscheidungen nach Art. 22 DS-GVO verboten sind. 

Das Thema Videoüberwachung, insbesondere im Unternehmenskontext ist hingegen heikel und nicht selten mit Stolperfallen für den Arbeitgeber verbunden. Während bei Berufen mit hohem Berufsrisiko, beispielsweise bei der Polizei, KI zur Wahrung des persönlichen Schutzes verwendet wird, ist KI in anderen Bereichen in der Lage die Erstellung von Leistungs- und Bewegungsprofile der Mitarbeitenden zu ermöglichen. Dies stellt jedoch regelmäßig einen nicht notwendigen Eingriff in die Rechte und Freiheiten der Mitarbeitenden dar und soll daher künftig durch das neue Beschäftigtendatenschutzgesetz besser geregelt werden. 

Bei der Nutzung von KI am Arbeitsplatz kann sich auch ein Konflikt mit der Informationspflicht des Arbeitsgebers gegenüber den Arbeitnehmenden ergeben. Neben der Information darüber, dass mit KI gearbeitet wird, ist auch die Offenlegung des Aufbaus und die Funktionsweise des Algorithmus der KI nötig. Oftmals arbeiten Unternehmen jedoch mit KI-Anwendungen anderer Unternehmen, deren Algorithmus ein Geschäftsgeheimnis ist und haben daher selbst keine Kenntnis über die konkrete Funktionsweise der KI. Hieraus kann sich dann ein Informationsdefizit des Arbeitgebers gegenüber den Arbeitnehmenden ergeben. 

Künstliche Intelligenzen sind imstande, zahlreiche Aufgaben übernehmen. Wie sieht es mit den Arbeitsplätzen aus? 

Bei vielen Arbeitnehmenden besteht nach wie vor die Sorge aufgrund von KI ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Künstliche Intelligenzen sind stetig in der Entwicklung und erweitern daher täglich ihr Wissen und ihre Fähigkeiten. Während einige Ökonomen dies für Berufe mit routinierten Tätigkeiten vorhersagen, sehen andere das Problem eher bei den fehlenden Investitionen in die Entwicklung von KI, insbesondere in Deutschland. Durch diesen Marktanteilverlust würden viel mehr Arbeitsplätze verloren gehen und nicht etwa durch die Übernahme von Tätigkeiten durch KI. Während in den USA allein im Jahr 2022 47,4 Mrd. US-Dollar in die Entwicklung Künstlicher Intelligenzen investiert wurde, gefolgt von China mit 13,4 Mrd. US-Dollar, waren es in Deutschland hingegen nur 2,4 Mrd. US-Dollar. Allerdings investierte auch kein anderer EU-Staat mehr.  

Welche konkreten Probleme ergeben sich beim Einsatz von KI im Unternehmensalltag? 

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) kritisiert in einer Stellungnahme den Einsatz von generativer KI-Anwendungen durch Arbeitnehmende am Arbeitsplatz. Gerade durch die Integration generativer KI in alltäglich genutzte Anwendungen wie Textverarbeitungsprogrammen oder auch Suchmaschinen ist die Hürde für die Nutzung denkbar gering. Arbeitnehmende müssen sich dessen bewusst sein, dass sie auch hier die datenschutzrechtlichen Grundsätze beachten und insbesondere eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung haben müssen. Dabei sind insbesondere Arbeitgeber in der Pflicht, entsprechend zu schulen und ihre Beschäftigten für die Problematik zu sensibilisieren. Die Verwendung solcher Systeme führt zudem häufig zu einem Konflikt mit dem datenschutzrechtlichen Transparenzgebot. Es ist häufig kaum oder gar nicht zu erkennen aus welchem Datenpool die KI ihr Wissen bezieht. 

Ein Fall aus den USA zeigt, dass das Wissen der KI auch veraltet oder vielmehr noch die herausgegebenen Informationen falsch sein kann. Ein Anwalt aus den USA hatte mithilfe des Chatbots ChatGPT nach Präzedenzfällen im Zusammenhang mit Verjährungen gesucht. ChatGPT hatte ihm daraufhin falsche Fälle präsentiert. Die KI war in der Lage mithilfe ihres Wissens ganze Fallakten zu erfinden, welche wiederum Verweise auf weitere erfundene Gerichtsurteile enthielten. Das Gericht sah darin einen Täuschungsversuch, welcher gravierende Folgen für den Rechtsanwalt haben könnte.  

Kompliziert wird es also vor allem bei der Frage der Haftung. Ob Fehler auf Anwender- oder Programmfehler zurückzuführen sind, kann gegebenenfalls schwierig zu beweisen sein. Auch bei der Generierung von Bildern stellt sich die Frage, wem dieses gehört. Dem Unternehmen, dass die KI eingesetzt hat, dem Mitarbeiter, der die Daten in das System eingespeist hat oder doch dem Entwickler? 

Fazit und Ausblick 

KI im Unternehmen? Ja oder nein? 

Ob der Einsatz von KI-Anwendungen sinnvoll ist, hängt von dem Tätigkeitsbereich ab. Innerhalb der Produktion stellt die Verwendung von KI eher kein Problem dar. Auch für Recherchearbeiten oder im Bewerbungsverfahren kann KI eine Erleichterung darstellen, jedoch sollten die ausgegebenen Informationen anschließend kontrolliert werden.  

Bei der Bewertung des Einsatzes von KI muss jedoch klar differenziert werden, ob gerade personenbezogene Daten verwendet werden und basierend darauf abgewogen werden, ob eine Nutzung nicht mit einem zu hohen Risiko verbunden ist. Grundsätzlich können Künstliche Intelligenzen für Unternehmen ein großer Gewinn sein, die Anwendung ist jedoch mit Vorsicht zu genießen.  

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Kommen bald endlich Regelungen für die Arbeitszeiterfassung?

Arbeitszeiterfassung

Unternehmen warten auf Klarheit

Arbeitszeiterfassung

Kommen bald endlich Regelungen für die Arbeitszeiterfassung?

Einleitung

Im Rahmen seines Beschlusses vom 13. September 2022 (Az. 1 ABR 22/21) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) erklärt, dass bereits jetzt nach deutschem Recht die Arbeitszeiterfassung zum Schutz der Arbeitnehmer:innen verpflichtend ist.

Dabei beruft sich das BAG im Wesentlichen auf das sog. Stechuhr-Urteil des EuGH vom 14. Mai 2019 (EuGH Rs. 55/18 CCOO), welches die Auslegung der europäischen Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG) betraf. Das Urteil haben wir damals auch in unserem Blog-Artikel betrachtet (zum Nachlesen unter https://rickert.law/verpflichtung-des-arbeitgebers-zur-systematischen-arbeitszeiterfassung/).

Der EuGH hatte festgestellt, dass Arbeitgeber nach Unionsrecht verpflichtet sind, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, um die Arbeitszeiten von Arbeitnehmer:innen zu erfassen. Die EU-Mitgliedstaaten sind dazu angehalten, diese Pflicht umzusetzen und Details zu regeln.

Deutschland und die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung

In Deutschland ist die Umsetzung bisher noch nicht erfolgt. Das BAG verleiht dem EuGH-Urteil Nachdruck und drängt die Politik darauf, durch neue Regelungen im Arbeitszeitgesetz endlich Rechtsicherheit für deutsche Unternehmen zu schaffen.

Neu ist allerdings die Feststellung des BAG, dass trotz bislang fehlender Umsetzung des Unionsrechts in Deutschland schon eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gilt, weil § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz im Lichte des Unionsrecht auszulegen ist.

In seinen Urteilsgründen aus dem vergangenen Dezember machte das BAG allerdings noch keine inhaltlichen Vorgaben für zukünftige Regelungen. Es wurde offen gelassen, ob das System digital oder analog sein soll.

Zudem hat das BAG klargestellt, dass die Dokumentation der Arbeitszeiten an die Arbeitnehmer:innen selbst delegiert werden kann, was beispielsweise mit Blick auf die Arbeit im Home Office interessant ist. Voreilige Schlüsse oder Ängste vor dem Ende der Vertrauensarbeitszeit sind daher unbegründet. Das BAG betont vielmehr, dass die Arbeitszeiterfassung allein dem Schutz der Arbeitnehmer:innen dient: Sie sollen davor bewahrt werden, zu viel zu arbeiten und Ruhezeiten nicht einzuhalten.

Das Bundesarbeitsministerium hat angekündigt, voraussichtlich noch im ersten Quartal 2023 einen Vorschlag für die Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz vorzustellen. Bislang ist durch das Arbeitszeitgesetz nur die Aufzeichnung von Überstunden und Arbeit an Sonn- und Feiertagen vorgegeben.

Fazit

Für Arbeitgeber ist es ratsam, jetzt zeitnah ein entsprechendes Erfassungssystem einzurichten oder sich zumindest näher mit praktikablen Modellen auseinanderzusetzen. Eine Strafe bei fehlender Einrichtung muss zumindest bislang noch nicht befürchtet werden.

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Der „Gelbe Schein“ wird digital!

Gelbe Schein

Ab dem 01.01.2023 kann der Arbeitgeber die Krankmeldung direkt bei der Krankenkasse abrufen.

Gelbe Schein

Nicht vergessen: Der Gelbe Schein wird digital!

Zum 01.01.2023 wird bundesweit für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (der „Gelbe Schein“) verpflichtend elektronisch. Das bedeutet, beim Arztbesuch erhalten die PatientInnen lediglich einen Papierausdruck für ihre Unterlagen. Die neue elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) wird hingegen auf technischem Wege direkt an die Krankenkassen übermittelt. Dort kann der Arbeitgeber die Informationen dann abrufen.

Was müssen gesetzlich versicherte Arbeitnehmer jetzt noch tun?

Es besteht weiterhin die Pflicht, dem Arbeitgeber seine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich zu melden und diese regelmäßig spätestens am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen zu lassen (§ 5 Abs. 1 EntgFG). Beachten Sie hier auch die Regelungen, die in ihrem Betrieb für die Krankmeldung vorgesehen sind. 

Nur die bisherige Nachweispflicht der Arbeitsunfähigkeit durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung gegenüber dem Arbeitgeber entfällt jetzt nach dem neuen § 5 Abs. 1a EntgFG.

Den voraussichtlichen Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit müssen Sie Ihrem Arbeitgeber jedoch ebenfalls mitteilen, weil die Abfrage der eAu bei den Krankenkassen nur mit dieser Information erfolgreich durchgeführt werden kann.

In welchen Schritten erfolgt die Übermittlung der eAU?

Schritt 1: Datenübermittlung von der Arztpraxis an die Krankenkasse (§§ 295 Abs. 1, 1, 10 SGB V)

Schritt 2: Erstellung einer Meldung zum Abruf für den Arbeitgeber durch die Krankenkasse (§ 109 SGB IV n.F.)

Schritt 3: Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten durch den Arbeitgeber bei der Krankenkasse (neuer § 5 Abs. 1a EFZG)

Welche Informationen erhält der Arbeitgeber durch die eAU?

Die Krankenkasse übermittelt dem Arbeitgeber folgende Informationen:

  • Name der versicherten Person
  • Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit
  • Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung

In welchen Fällen muss bei gesetzlich versicherten Arbeitnehmern auch weiterhin eine klassische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfolgen?

  • Krankheitsfälle im Ausland
  • Physiotherapie
  • Psychotherapie
  • Erkrankung eines Kindes
  • Beschäftigungsverbot in der Schwangerschaft
  • Rehabilitationsmaßnahmen
  • Wiedereingliederungsmaßnahmen
  • Nicht an das System angebundene Arztpraxen

Was passiert, wenn technische Probleme die Übermittlung (vorübergehend) verhindern?

Die Daten werden durch die Praxis-Software gespeichert und der Versand der Krankmeldung erfolgt, sobald dies wieder möglich ist. 

Bei einer länger andauernden Störung wenden Arztpraxen das Ersatzverfahren mit Papierausdrucken an: Der gesetzlich versicherte Arbeitnehmer schickt dann den Ersatzausdruck selbst an seine Krankenkasse. Die Daten können durch einen aufgedruckten Barcode von den Krankenkassen ohne großen Aufwand digitalisiert und den Arbeitgebern anschließend bereitgestellt werden.

Welchen Hintergrund hat die Änderung?

Im Rahmen des Dritten Bürokratie-Entlastungsgesetzes (Begründung BT-Drs 19/13959) wurde das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) und darin ein einheitliches und verbindliches elektronisches Verfahren zur Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsdaten durch die Ärzte an die Krankenkassen eingeführt.

Seit 01. Januar 2022 lief die Pilotphase: Arbeitgeber, die bereits technisch dazu in der Lage waren, konnten die AU-Daten schon elektronisch bei den Krankenkassen einsehen.

Es ist davon auszugehen, dass auch in Zukunft weitere Anwendungsfälle in das eAU-Verfahren aufgenommen werden.

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law-to-go: Urlaubsregelungen an Weihnachten und Silvester 

Urlaubsregelungen an Weihnachten

Kurze Antworten auf schnelle Fragen

Urlaubsregelungen an Weihnachten

law-to-go: Urlaubsregelungen an Weihnachten und Silvester 

Sind Heiligabend (24.12.) und Silvester (31.12.) gesetzliche Feiertage? 

Nein. Aber der 1. und 2. Weihnachtstag sowie der 1. Januar sind gesetzliche Feiertage, für die Sie sich keinen Urlaub nehmen müssen. 

Haben alle Arbeitnehmende an diesen gesetzlichen Feiertagen automatisch frei? 

Grundsätzlich ja, es sei denn, sie fallen unter die Berufsgruppen der Feuerwehr, Pflegedienste, Gastronomie, Landwirtschaft und natürlich der Verkehrsbetriebe. 

Reichen denn für Heiligabend und Silvester wenigstens halbe Urlaubstage? 

Leider nicht. Zumindest aus gesetzlicher Sicht. Aber weil Chef*innen an Weihnachten gerne nett sind, ist es in vielen Betrieben üblich geworden.  

Bekomme ich mehr Geld, wenn ich an Heiligabend oder Silvester arbeite? 

Nein. Unter bestimmten Voraussetzungen jedoch, nämlich wenn es vertraglich oder tariflich vereinbart wurde, ist selbst das möglich. 

Muss ich zwischen den Tagen arbeiten? 

Natürlich. Es sind ganz normale Arbeitstage. 

Kann mich mein Betrieb zwingen, an diesen Tagen Urlaub zu nehmen? 

Ja, das kann er, indem er den sog. Betriebsurlaub veranschlagt. Er kann dies jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen tun. 

Mehrere Mitarbeitende möchten z.B. an Heiligabend Urlaub nehmen: wer bekommt den Vortritt? 

Das kommt darauf an… wie die Vorjahresurlaubsregelung aussah, wer besonders erholungsbedürftig ist oder wer familiär wichtige Gründe hat. Die Antwort lautet also: es ist immer jemand anderes. 

Gibt es eine Art Gewohnheitsrecht für die Urlaubsregelungen an Heiligabend und Silvester? 

Gibt Ihr Betrieb Ihnen drei Jahre in Folge an diesen Tagen frei, nennt man das „Betriebliche Übung“ und Sie können darauf in Zukunft beim Arbeitsgericht bestehen. Es sei denn, in der betrieblichen Mitteilung findet sich irgendwo der Vorbehalt, dass die Freistellung nur für das jeweilige Jahr gilt und freiwillig erfolgt. 

Verfällt mein Resturlaub zum Ende des Jahres? 

Bisher war das so, von bestimmten Ausnahmen abgesehen. Inzwischen jedoch darf der Jahresurlaub grundsätzlich nur noch dann verfallen, wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass er den Arbeitnehmenden angemessen auf den bevorstehenden Verfall des Resturlaubs hingewiesen hat und ihm die Chance gelassen hat, den Urlaub noch anzutreten. 

Wie immer gibt es Einzelfallregelungen und Ausnahmen. Und wie immer stehen wir Ihnen für gezielte Aufklärung gerne zur Verfügung.  

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Es ist längst GbR-Praxis, nun wird es auch Gesetz

GbR

MoPeG: Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

GbR

Es ist längst GbR-Praxis, nun wird es auch Gesetz: das Gesetz zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts (MoPeG)

Einführung

Das teilweise aus dem 19. Jahrhundert stammende Personengesellschaftsrecht für GbR, OHG und KG soll endlich an die Bedürfnisse des modernen Wirtschaftslebens angepasst werden, wie es auch längst schon in der Praxis umgesetzt wird. Vor allem die GbR erfährt im neuen Gesetz zahlreiche Änderungen.

Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) tritt zum 01. Januar 2024 in Kraft.

Reformen der GbR

Die GbR selbst wird rechtsfähig

Während nach formellem Recht bislang nur die Gesellschafter einer GbR rechtsfähig waren, ist es nun die GbR selbst. Damit entfällt der Verweis auf die Vorschriften zur OHG, was der GbR sofort einen neuen Status als Grundform verschafft. Während sie nämlich bisher nur als eine dem Umstand geschuldete Gelegenheitsgesellschaft angesehen wurde, sobald sich mind. 2 Menschen für ein gewerbliches Projekt zusammentun, kann sie nun auch auf Dauer am wirtschaftlichen Leben mit all seinen Rechtsmöglichkeiten teilnehmen.

Die GbR ist Vermögensträgerin

Auch hier waren formal rechtlich bislang die einzelnen Gesellschafter die Vermögensträger. Nun ist die GbR selbst die Trägerin ihres Vermögens.

Freiberufler können sich zu einer Personenhandelsgesellschaft zusammenschließen

Über diese gesetzliche Rückendeckung dürften sich alle Freiberufler wie Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten oder Ingenieure freuen, denn sie profitieren damit von Haftungsbeschränkungen, die ihnen vorher verwehrt wurden.

Der Grund liegt in dem erweiterten Verständnis, dass der Handel mit Dienstleistungen wie ein Handel mit Waren betrachtet werden kann. Bislang berechtigte nämlich allein der Handel mit Waren zur Gründung einer Kommanditgesellschaft (KG), deren Haftungsbeschränkungen weit über die einer sog. Partnerschaftsgesellschaft hinausgehen. So haften etwa Kommanditisten unabhängig vom Sachverhalt lediglich auf die Höhe ihrer Einlagen.

Das bedeutet, dass auch Freiberufler, die sich zu einer KG zusammenschließen, als Kommanditisten künftig eine generelle Haftungsbeschränkung im Rahmen einer Personenhandelsgesellschaft genießen können, wie es bereits in vielen anderen Ländern gängige Praxis ist.

Freies Sitzwahlrecht

Künftig kann eine deutsche Personengesellschaft sämtlichen Tätigkeiten im Ausland nachgehen und dennoch in der Rechtsform einer deutschen Gesellschaft bleiben. Das freie Sitzwahlrecht für eingetragene Personengesellschaften gilt dann unabhängig vom Ort der Eintragung. Folglich besteht die freie Wahl des Verwaltungssitzes, sofern ein Vertragssitz im Inland angegeben wurde.

Der Gesellschafter scheidet aus, aber die GbR bleibt

Tod und Kündigung eines GbR-Gesellschafters führt ab 2024 per Gesetz auch nur zu dessen Ausscheiden und nicht wie bisher zur Auflösung der Gesellschaft. Die enge persönliche Bindung zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern wird dadurch abgemildert.

Beschlussmängelrecht: Wo kein Kläger, da kein Richter mehr

Für die Personenhandelsgesellschaften wie OHG und KG wird außerdem ein sog. Beschlussmängelrecht verankert. Das bedeutet, dass fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse nicht mehr automatisch unwirksam sind. Sie müssen nun aktiv innerhalb von 3 Monaten nach Bekanntgabe angefochten werden.

Einführung eines öffentlich einsehbaren Gesellschaftsregisters

Diese Modernisierung ist die wohl wichtigste Neuerung im MoPeG, denn Vor- und Nachteile liegen hier eng beieinander.

Mit dem MoPeG wird ein Gesellschaftsregister eingeführt, welches von den Amtsgerichten geführt wird. Öffentlich einsehbar werden dann der Name der GbR, deren Sitz, alle Gesellschafter und die Vertretungsbefugnisse.

Anders als bei OHG und KG besteht für die GbR grundsätzlich kein Eintragungszwang. Auch ohne Eintragung bleibt die GbR rechtsfähig (vgl. § 707 Abs. 1 BGB n.F.). Die Gesellschafter können frei entscheiden, ob sie die Gesellschaft eintragen möchten oder nicht.

Dennoch gibt es eine Art „faktischen Zwang“, denn in Zukunft soll nur eine eingetragene GbR das Recht haben, registrierte Rechte erwerben zu können, wie z.B.  Immobilien.

Für die GbRs, die bereits vor der Gesetzesänderung nach gängiger Praxis eine Immobilie oder ein Grundstück erworben haben, greift eine Grundbuchsperre. Sie können ohne Eintragung ins Gesellschaftsregister ihre Immobilie nicht mehr veräußern, sprich: sie können nicht mehr aus dem Grundbuch ausgetragen werden.  

Zu den registrierten Rechten, die eine Eintragung in das Gesellschaftsregister notwendig machen, gehören ebenfalls der Erwerb von Marken, Patenten, Gebrauchsmustern, Designs oder sonstige in öffentliche Register eingetragene Rechte.

Mehr Transparenz

Das Gesellschaftsregister ist im Aufbau und in der Funktion dem Handelsregister ähnlich. Die Publizitätsdefizite der GbR werden behoben, die klare Transparenz in Haftung und Vertretungsverhältnisse schaffen vertrauenserweckende Rechtsklarheit. Da die Informationen im Gesellschaftsregister guten Glauben genießen, kann sich der Rechtsverkehr auf die Angaben im Register verlassen.

Um genau diesen Vertrauensbonus zu schützen, kann die eingetragene GbR nur bei vollständiger Auflösung wieder aus dem Register gelöscht werden. Die Gesellschafter können die GbR also nicht einfach aus dem Register löschen lassen, ohne dass diese damit als aufgelöst gilt.

Sobald eine GbR ins Gesellschaftsregister eingetragen ist, ist sie dazu verpflichtet, dies in ihrem Namen zu kennzeichnen. Dies erfolgt durch den Zusatz eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts, oder kurz eGbR. Zudem muss sie die wirtschaftlich Berechtigten im Sinne von § 3 Abs.1 Geldwäschegesetz an das 2017 eingeführte Transparenzregister melden.

Die Eintragung ist mit Kosten verbunden.

Fazit

Mit Inkrafttreten des MoPeG wird die GbR als Außengesellschaft grundlegend neu geregelt – allerdings ändert sich im Vergleich zu der derzeitigen Praxis nur zum Teil etwas, weil größtenteils die bisherige die GbR-betreffende Rechtsprechung nur zusammengefasst wurde.

Die Eintragung ins Gesellschaftsregister stellt jedoch eine große Veränderung im MoPeG dar, die einige Vorteile bietet, aber auch einige bedenkenswerte Nachteile enthält.

Auf der einen Seite schafft die Eintragung ins Gesellschaftsregister eine Vertrauensbasis oder auch sogar erst eine Voraussetzung für intensive Rechtsgeschäfte, ist die GbR aber erst einmal eingetragen, kann sie nicht mehr aus dem Gesellschaftsregister gelöscht werden, es sei denn, die Gesellschaft wird vollständig aufgelöst (§ 707a Abs. 4 BGB n.F.). Erfordert der Zweck der GbR wirklich eine Eintragung? 

Die Kehrseite der Eintragung ist nämlich eben diese Transparenz, die jedem Einblicke gewährt, wer die mit vollem Namen, Geburtsdatum und Wohnsitz genannten Gesellschafter sind, die vielleicht nicht öffentlich bekannt werden wollen oder wer zu welchen Anteilen beteiligt ist. Da die GbR Inhaberin der registrierten Rechte ist (Immobilien, Patente, Designs etc.), gilt es zu überlegen, ob sich die gewählte Gesellschaftsform, die eGbR, mit den sonstigen Bedürfnissen wie z.B. Privatsphäre verträgt oder ob eine andere Rechtsform an der Stelle nicht besser wäre.

Zu diesen Fragen beraten wir Sie gerne ausführlich und prüfen dabei Ihre Gesellschaftsverträge, ob sie ggf. angepasst werden sollten. Wir empfehlen Ihnen, dies noch vor Inkrafttreten bzw. vor Eintragung zu tun, vor allem, wenn absehbar sein sollte, dass sich der Gesellschafterbestand ändern wird.

Ihr Ansprechpartner für (gesellschaftliche) Vertragsgestaltung: RA Nicolas Golliart

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Beschäftigtendatenschutz: Was darf der Chef?

Beschäftigtendatenschutz

Die Kernaussage der DS-GVO hinsichtlich des Beschäftigtendatenschutz laut §26 BDSG und der Umgang mit besonderen Situationen

Beschäftigtendatenschutz

Beschäftigtendatenschutz: Was darf der Chef?  

Einführung  

Beschäftigtendatenschutz: Es geht um die Überwachung der Mitarbeitenden. Wie weit darf sie gehen, wo sind die Grenzen und welches Gesetz regelt es. Anders gefragt: was darf der Chef? 

Noch gibt es kein eigenes Gesetz, dafür aber zahlreiche Regelungen, die Anhaltspunkte liefern. Die Verhandlungen in Richtung einheitliches Beschäftigtendatenschutzgesetz laufen jedoch wieder an, nachdem der letzte Entwurf von 2010 nie verabschiedet wurde. Bisher hat nur Finnland ein solches Beschäftigtendatenschutzgesetz, die übrigen EU-Länder arbeiten mit Einzelfallregelungen. 

Es gilt also, die aktuellen Entwicklungen auf dem Schirm zu halten. Aktuell regelt insbesondere die DS-GVO den Beschäftigtendatenschutz. Sollte es aber zu einem eigenen Gesetz kommen, müsste die DS-GVO weiter konkretisiert werden.  

Wo stehen wir im Beschäftigtendatenschutz derzeit? 

Die Kernaussage der DS-GVO hinsichtlich des Beschäftigtendatenschutz laut §26 BDSG ist, dass personenbezogene Daten der Arbeitnehmer erhoben werden dürfen, wenn sie für die Erfüllung, Aufnahme oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich sind. Die Erhebung bedarf dann nicht der Einwilligung des Betroffenen.  

Darunter fallen  

  • Bewerberdaten
  • allgemeine Personen- und Kontaktdaten 
  • Kontoverbindung 
  • Tätigkeitsprofil bzw. Position 
  • Gesundheitsdaten 
  • Religionszugehörigkeit (notwendig für die Lohnabrechnung) 

Für die Erhebung darüberhinausgehender Daten bedarf es möglicherweise der Einwilligung des Betroffenen.  

Warum brauchen wir ein Beschäftigtendatenschutzgesetz? 

Die Frage ist: Wie soll mit besonderen Situationen umgegangen werden? Wie steht es z.B. mit der Videoüberwachung in der Produktion? Darf der Chef die Emails lesen, die vom Arbeitsrechner aus versendet werden? Darf er die Chronik der Internetnutzung überwachen?  

Die allgemein gehaltenen Regelungen der DS-GVO sind wenig konkret und nur bedingt für Einzelfälle ausgelegt, sie decken eher Standardsituationen ab. Es ist schwer zu klären, welche Daten denn nun wirklich für die Erfüllung, Aufnahme oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich sind.  

Die Interessen von Beschäftigten und Vorgesetzten können sehr weit auseinander liegen. Missbrauchsmöglichkeiten gibt es auf beiden Seiten. 

Das entscheidende Argument für mehr Beschäftigtendatenschutz ist das Machtgefälle zwischen Beschäftigten und ihren Vorgesetzten. Hier kann man nicht von „gleichem Recht für alle“ sprechen. Die Abhängigkeit von Lohn und Arbeitsplatz drängen den Beschäftigten in eine unsouveräne Rolle und lassen ihn manch bittere Pille schlucken aus Angst vor Konsequenzen. Eine solche bittere Pille sind z.B. Daten, die über ihn erhoben werden, gegen die er sich aber nicht zu wehren traut.  

Ein Gesetz könnte Klarheit und Schutz für alle Beteiligten schaffen.  

Ausblick 

Der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gegründete unabhängige Beirat und der Deutsche Gewerkschaftsbund haben Empfehlungen und Vorschläge ausgearbeitet, die jedoch zum Teil nicht sehr detailreich ausfallen. Bei der Ausgestaltung steht dem Gesetzgeber also noch ein großer Spielraum offen.  

Immerhin, die Empfehlungen und der Gesetzesentwurf wurden bereits veröffentlicht (s.u.). Vor dem Hintergrund der Festlegung im Koalitionsvertrag rückt es in den Bereich des Möglichen, dass ein Gesetz noch in dieser Legislaturperiode erlassen werden könnte. Mal sehen, wie der Gesetzgeber die Entwürfe ausarbeitet und was Bundestag und Bundesrat dazu sagen. 

Wenn Sie weiterführende Fragen zum Thema Beschäftigtendatenschutz haben, zögern Sie nicht, uns anzusprechen.  

Downloads

DGB-Entwurf-eines-Beschaeftigtendatenschutzgesetzes

Ergebnisse-Beirat-Beschaeftigtendatenschutz

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Arbeitsverträge müssen zum 1.8.2022 nachgerüstet werden

Arbeitsverträge

Neue EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen (RL 2019/1152).

Arbeitsverträge

Arbeitsverträge müssen schnellstens nachgerüstet werden

Ab dem 1.8.2022 gilt das neue Nachweisgesetz

Das neue Nachweisgesetz (NachwG) vom 23.6.2022 verpflichtet die Arbeitgeber, die Arbeitsbedingungen von Mitarbeitenden, die ab dem 1.8.22 angestellt werden, nun absolut transparent und verständlich zu formulieren. Sie müssen wesentlich mehr Informationen als bisher über die Vertragsbedingungen zusammenfassen, von Hand unterschreiben und den Mitarbeitenden schriftlich aushändigen. So will es die neue EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen (RL 2019/1152).

Wer das versäumt, darf sich auf bis zu 2.000 € Bußgeld pro Verstoß einstellen.

Bislang mussten die Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen nur in geringerem Umfang und lediglich innerhalb eines Monats den Mitarbeitenden schriftlich mitteilen. Sanktionen bei verspäteter oder unvollständiger Information gab es nicht.

Das wird sich zum 1.8.2022 ändern

Diese Informationen gehören ab dem 01.08.2022 über die bisherigen mitzuteilenden Arbeitsbedingungen hinaus zwingend kommuniziert:

  • Nennung des Enddatums von befristeten Arbeitsverhältnissen
  • Höhe und Zusammensetzung sämtlicher Entgeltbestandteile, wozu u.a. die Vergütung von Überstunden, Prämien, Sonderzahlungen, Zulagen und Zuschläge fallen
  • Dauer der vereinbarten Probezeit
  • die vereinbarte Arbeitszeit und ebenso die vereinbarten Ruhepausen und -zeiten (bei Schichtarbeit der vereinbarte Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen)
  • der vereinbarte Arbeitsort und zusätzlich der Hinweis, wenn die Mitarbeitenden diesen frei wählen können (inklusive der Bedingungen)
  • Möglichkeit der Anordnung von Überstunden sowie der Voraussetzungen hierfür (betriebliche Notwendigkeit)
  • das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses (Kündigungsfristen, Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage, Schriftformerfordernis)
  • Ansprüche auf Fortbildungen, die der Arbeitgeber bereitstellt
  • Name und Anschrift des Trägers einer etwaig bestehenden betrieblichen Altersversorgung

Änderungen in anderen Gesetzen

Neben den Änderungen im NachweisG führt die Umsetzung der EU-Richtlinie noch zu weiteren Anpassungen. Dazu zählen unter anderem diese:

In der GewO werden künftig die Kosten für Fortbildungen, die für die Ausübung der jeweiligen Tätigkeit erforderlich sind, den Arbeitgebern auferlegt. Diese Fortbildungen zählen dann auch als Arbeitszeit.

Darüber hinaus muss Beschäftigten mit einem befristeten Arbeitsvertrag künftig die Möglichkeit offenstehen, ihren Wunsch nach einem unbefristeten Vertrag oder nach einer Veränderung in der vereinfachten Textform anzuzeigen. Arbeitgeber haben sodann eine Begründungspflicht für ihre Entscheidungen, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestand.

Zudem müssen Vereinbarungen über die Probezeit bei befristeten Arbeitsverträgen in Zukunft in einem angemessenen Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und zur Art der Tätigkeit stehen. Weitere Details oder Voraussetzungen, bei deren Einhaltung die Angemessenheit gewahrt ist, stehen jedoch nicht in den neuen Regelungen.

Außerdem müssen Regelungen zur Arbeit auf Abruf detailliert und in Schriftform ergehen. Mitarbeitenden steht dann außerhalb des vereinbarten Zeitraums ein Recht auf Verweigerung der Arbeit zu.

Des Weiteren können Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer den Wunsch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages in Textform anzeigen. Der Entleiher muss die Entscheidung bzw. Antwort dann begründen, wenn die Arbeitnehmerüberlassung bereits sechs Monate bestanden hat. Letztlich werden die Nachweispflichten bei der Arbeitnehmerüberlassung um einen weiteren Punkt ergänzt: künftig muss auch ein Nachweis über die Identität der entleihenden Unternehmen erfolgen.

Arbeitsverträge: Welche Informationen müssen bis wann bereitgestellt werden?

Betr. Beschäftigte, die ab dem 1.8.2022 eingestellt werden

Theoretisch gibt es je nach Arbeitsbedingung drei Fristen für Arbeitgeber, zu denen sie die zusätzlichen Informationen schriftlich aushändigen müssen. Manche Informationen müssen gleich am 1. Arbeitstag des neuen Mitarbeitenden ausgehändigt werden. Manche innerhalb von 7 Tagen und andere wiederum erst zum Ende des Monats. In der Praxis ist diese zeitliche Staffelung aber kaum realistisch. Solche Informationen werden üblicherweise in den Arbeitsvertrag mit aufgenommen, so dass die Unternehmen sie gleich zu Beginn gesammelt aushändigen.

Betr. Beschäftigte, die vor dem 1.8.22 angestellt wurden

Diese erhalten die neuen Informationen zwar nicht automatisch, können sie aber explizit anfordern. Diesem Wunsch muss der Arbeitgeber je nach Arbeitsbedingung innerhalb einer Woche bzw. binnen eines Monats schriftlich nachkommen.

Warum Arbeitgeber die termingerechten Änderungen ernst nehmen müssen

Für die Unternehmen bedeutet die neue Änderung nicht nur ordentlich Arbeit, sondern auch ein finanzielles Risiko im Falle einer nicht vollständigen Information.

  1. Jeder Verstoß kann 2.000 € / Verstoß kosten. Bei Unternehmen mit vielen Beschäftigten schlägt das deutlich zu Buche.
  2. Die Mitarbeitenden erhalten stärkere Rechte durch die Nachweispflicht. Zwar besteht ein Arbeitsverhältnis auch unabhängig davon, ob der Arbeitgeber seinen Informationspflichten nachgekommen ist. Aber die Mitarbeitenden können bei Verstößen ihre Arbeitsleistung zurückhalten, während der Arbeitsgeber dennoch das vereinbarte Entgelt zahlen muss.
  3. Sollte es zu arbeitsgerichtlichen Verfahren kommen, hat der Arbeitgeber möglicherweise erhebliche Beweisprobleme. Dann können sich die Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber auf eine Beweiserleichterung bis hin zu einer Beweislastumkehr.

Fazit

Die Frage ist, welches Unternehmen wirklich gestaffelt die erweiterten Informationen überreicht. Es macht für die meisten vermutlich mehr Sinn, alle Informationen auf einmal auszuhändigen. Das bedeutet aber auch, dass die neue Nachweispflicht für die Unternehmen auf einen Schlag ein hohes Maß an Mehraufwand bedeutet. Und das unter Ankündigung von Sanktionen, sollte man der Nachweispflicht nicht pünktlich oder nur unzureichend nachkommen.

Entsprechend besteht bereits jetzt ein dringender Handlungsbedarf für Arbeitgeber. Sie sollten ihre Arbeitsverträge schnellstmöglich anpassen.

Im Ergebnis ist das deutsche Umsetzungsgesetz den Anforderungen der europäischen Richtlinie nachgekommen. Es ist jedoch verwunderlich, warum Deutschland – im Gegensatz zu anderen europäischen Mitgliedstaaten – strikt am Schriftformgebot festhalten will, anstatt auch die Textform oder elektronische Form gelten zu lassen.

Während sich das Schriftformerfordernis eigentlich nur auf die neuen zusätzlich zu dokumentierenden Informationen bezieht und nicht auf die Arbeitsverträge selbst, ist es in der Praxis unüblich, beides voneinander zu trennen. Es wird also darauf hinauslaufen, dass künftig sowohl Verträge als auch  Informationen zwecks Unterzeichnung von Hand wieder auf Papier ausgehändigt werden.

In Zeiten von Digitalisierung und Nachhaltigkeit ist das nicht ganz nachvollziehbar.

Sind Sie unsicher, ob in Ihren Arbeitsverträgen Anpassungen vorgenommen werden müssen?

Gerne beraten und unterstützen wir Sie, Ihrer neuen Nachweispflicht umfassend, pragmatisch und fristgerecht nachzukommen.

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Unternehmen legen ihre wirtschaftlich Berechtigten offen

die wirtschaftlich Berechtigten

Das Ende der Mitteilungsfiktion gem. § 20 GwG a.F.  

die wirtschaftlich Berechtigten

Transparenzregister: Unternehmen müssen ihre wirtschaftlich Berechtigten offenlegen   

Auch wenn Ihr Unternehmen keine Geldwäsche betreibt oder den Terrorismus finanziert, ist Ihre Unternehmensform möglicherweise vom Ende der sog. Mitteilungsfiktion betroffen. 

Denn mit Deadline zum 30.6.22 müssen sich nun auch alle GmbH, UG, AG und KG auf Aktien, sowie Genossenschaften und Partnergesellschaften in das Transparenzregister eingetragen und damit ihre wirtschaftlich Berechtigten offengelegt haben. 

Wer dem nicht, oder fehlerhaft, oder sogar vorsätzlich fehlerhaft, nachkommt, muss mit empfindlichen Geldbußen bis 100.000 € und in bestimmten Fällen darüber hinaus rechnen.  

Für OHG und KG und eingetragene wirtschaftliche und konzessionierte Vereine gilt die Deadline zum 31.12.22.   

Vom Auffangregister zum Vollregister

Seit 2017 gibt es das sog. Transparenzregister. Um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bekämpfen zu können, müssen Unternehmen offenlegen, wer ihr Inhaber bzw. wirtschaftlich Berechtigter ist (englisch: Ultimate Benefical, UBO).  

Das Transparenzregister basiert, wie viele andere Regelungen zur Geldwäschebekämpfung, auf EU-Richtlinien. Bisher gibt es fünf EU-Richtlinien und eine sechste ist bereits in Planung. Die sechste Richtlinie beinhaltet insbesondere auch Regelungen zum Wirtschaftsverkehr mit Russland.  

2021 wurde eine größere Änderung des Transparenzregisters beschlossen, welche sich aus dem TraFinG (dem Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz vom 1.8.2021) ergibt.  

Das bisherige Transparenzregister gilt demnach nicht mehr als Auffangregister, sondern wird zu einem Vollregister, das eben jene Unternehmen nun mitteilungspflichtig macht, die bislang davon ausgenommen waren. 

Fristen 

In § 59 Abs. 8 GwG sind die jeweiligen Übergangsfristen für die Betroffenen genannt.  

Die erste Frist für AG, SE und KG auf Aktien ist bereits am 30. März 2022 verstrichen. 

Die zweite Frist lief am 30. Juni 2022 ab. Bis dahin waren alle GmbH, UG sowie alle Genossenschaften, europäischen Genossenschaften und Partnergesellschaften einzutragen.  

Die letzte Umsetzungsfrist läuft am 31. Dezember 2022 aus und gilt für die Personengesellschaften wie OHG, KG, oder GmbH & Co. KG.  

Wer gilt als wirtschaftlich Berechtigter?   

Auch wenn es tatsächlich keinen offiziellen wirtschaftlich Berechtigten gibt, aber dennoch ein Vertreter der Gesellschaft so auftritt, sog. Fiktiv-Wirtschaftlich-Berechtigter, muss auch dieser künftig im Transparenzregister genannt werden.   

Eine allgemeine Definition ergibt sich zunächst einmal aus § 3 Abs. 1 GwG. 

„Ein wirtschaftlich Berechtigter ist eine natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine juristische Person, sonstige Gesellschaft oder eine Rechtsgestaltung steht. Oder es ist eine natürliche Person, auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt wird oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird.“  

Spezifischere Bestimmungen zu der Person des wirtschaftlich Berechtigten folgen dann in § 3 Abs. 2 bis 4 GwG. Dabei sind besonders die Regelungen zu mehrstufigen Beteiligungsstrukturen zu beachten, da sie sich auch auf die Mitteilungsfristen auswirken.   

Was muss gemeldet werden?   

Inhaltlich müssen sich die Betroffenen insbesondere an § 19 Abs. 1 GwG halten.  

Danach müssen der  

  • Vor- und Nachnahme,  
  • Geburtsdatum,  
  • Wohnort,  
  • alle Staatsangehörigkeiten sowie  
  • Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses  

gemeldet werden.  

Vor allem der Aspekt mit den Staatsangehörigkeiten ist neu, da vorher nur eine Staatsangehörigkeit genannt werden musste.  

Die unverzügliche Meldungspflicht bezieht sich auch auf jedwede Änderung. Ändert sich die Person des wirtschaftlich Berechtigten oder gibt es ganz allgemein Unstimmigkeiten zwischen den Angaben im Transparenzregister und den tatsächlichen Begebenheiten (§ 23a GwG), gehören diese Infos dem Transparenzregister mitgeteilt.  

Neugründungen nach dem 01. August 2021 müssen von vornherein umgehend gemeldet werden. Diese können sich nicht auf die alte Mitteilungsfiktion berufen.  

Wer kann die Informationen einsehen?   

Wer die eingetragenen Informationen im Transparenzregister einsehen darf, ergibt sich vorwiegend aus § 23 GwG.  

  • Allen voran dürfen Behörden Einsicht in das Register nehmen, sofern es der Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben dient, beispielsweise Strafverfolgungsbehörden.  
  • Der Verpflichtete darf Einsicht nehmen, wenn er mit der Einsichtnahme der Erfüllung seiner Sorgfaltspflicht gem. § 10 Abs. 3 und 3a GwG nachkommt.  
  • Außerdem ist allen Mitgliedern der Öffentlichkeit die Einsichtnahme gestattet.  

In gut begründeten Einzelfällen kann jedoch eine Beschränkung der Einsichtnahme beantragt werden. Der wirtschaftlich Berechtigte muss für die Beschränkung ein sog. schutzwürdiges Interesse gem. § 23 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 2 GwG geltend machen. Eine derartige Beschränkung gilt jedoch nicht gegenüber Behörden.  

Wer Einsicht nehmen möchte muss sich online registrieren, damit gleichzeitig kontrolliert und protokolliert werden kann, wer sich Einsicht verschafft hat.  

Allerdings ist die registerführende Stelle nicht befugt, die Personen, die Einsicht genommen haben, dem wirtschaftlich Berechtigten oder anderen einfach offenzulegen. Der wirtschaftlich Berechtigte kann aber einen Antrag stellen, um zu erfahren, wer die Registerdaten seines Unternehmens eingesehen hat (gem. § 28 Abs. 3 GwG). Diese Auskunft darf jedoch nur einmal pro Kalenderjahr bzw. einmal im Quartal erfolgen.  

Was passiert bei Verstößen gegen die Meldepflicht?   

Eine fehlerhafte Mitteilung stellt gem. § 56 Abs. 1 Nr. 1 und § 55 GwG eine Ordnungswidrigkeit dar.   

Dafür kann ein Bußgeld bis zu 100.000 € anfallen. Wer vorsätzlich eine fehlerhafte Mitteilung abgibt, kann sogar ein Bußgeld bis zu 150.000 € erhalten.  

Bei schwerwiegenden, systematischen Verstößen können Geldbußen bis zu 1. Million Euro oder bis zum zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftliche Vorteils entstehen.  

Zudem werden bestandskräftige und unanfechtbare Bußgeldentscheidungen auf der Website des Bundesverwaltungsamt veröffentlicht.  

Fazit   

Mit dem TraFinG haben sich die Transparenzpflichten für Unternehmen erneut verschärft.  

Mit Blick auf die hohen Geldbußen sind alle betroffenen Unternehmen gut beraten, die Meldungen sofort wahrzunehmen, selbst wenn die Frist erst zum 31.12.2022 abläuft. Auch künftige meldepflichtige Änderungen sollten tunlichst sofort der Registerstelle mitgeteilt werden. 

Zu Fragen, ob und in welchem Umfang Sie mit Ihrem Unternehmen betroffen sind, wie Meldungen vorgenommen werden oder was Sie tun können, sollten Sie die Frist versäumt haben, beraten wir Sie gerne persönlich und ausführlich.  

  

 

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Arbeitnehmerüberlassung: Wie lange gilt eigentlich „vorübergehend“?

Arbeitnehmerüberlassung

EuGH-Urteil zum Begriff der „vorübergehenden“ Arbeitnehmerüberlassung

Arbeitnehmerüberlassung

Arbeitnehmerüberlassung:

Wie lange gilt eigentlich „vorübergehend“?

Einleitung

Die Arbeitnehmerüberlassung, oder auch Leiharbeit oder Zeitarbeit genannt, ist eine äußerst kontrovers diskutierte Form der Personaldienstleistung. Die einen nennen sie „moderne, flexible Beschäftigungsform“ die anderen reden von „modernem Sklavenhandel“. Der wohl hartnäckigste Vorwurf liegt in ihrer Instrumentalisierung zum Zwecke des Lohndumpings und dass sich Firmen, die Leiharbeiter beschäftigen, ihrer eigentlichen Arbeitgeberpflichten entziehen.

Das entscheidende Wort bei der Arbeitnehmerüberlassung ist „vorübergehend“. Und genau dieser Begriff ist nicht eindeutig definiert. Weil es seitens des EuGH bislang keine Bewertung dazu gab, begrenzte der nationale Gesetzgeber die Höchstüberlassungsdauer auf 18 Monate. Weil es aber erneut Streit um die rechtliche Bewertung des Begriffs „vorübergehend“ gab, lag es nun am EuGH, die Rechtslage zu klären.

Am 17. März 2022 verkündete er schließlich sein Urteil (C-232/20).

Sachverhalt

Im zugrundeliegenden Sachverhalt geht es um die Klage eines Leiharbeitnehmers gegen die Daimler AG. Der Kläger forderte die Feststellung über das Bestehen eines festen (unbefristeten) Arbeitsverhältnisses, da seine Leiharbeitnehmerstellung nicht mehr als vorübergehend einzustufen sei.

Seit dem 01.09.2014 war der Kläger bei einem Leihunternehmen beschäftigt und von da an bis zum 31.05.2019 an die Daimler AG entliehen worden. Der Zeitraum wurde lediglich für eine zweimonatige Elternzeit unterbrochen. Insgesamt wurde der Kläger also für 55 Monate entliehen.

Der Kläger arbeitete im Bereich der Motorenfertigung. Für Daimler gilt eine Gesamtbetriebsvereinbarung, welche u.a. den Einsatz von Leiharbeitnehmern regelt. In dieser heißt es, dass ein Leiharbeitnehmer in das Unternehmen eintreten kann, sofern ein Vorgesetzter dies bei Erfüllung zusätzlicher Bedingungen beantragt.

Nach einer gesetzlichen Veränderung am 20.09.2017 wurde diese Gesamtbetriebsvereinbarung um den Zusatz ergänzt, dass Leiharbeitnehmer max. 36 Monate eingesetzt werden dürfen, für die Berechnung der Höchstdauer jedoch werden gem. § 19 Abs. 2 AÜG nur Einsatzzeiten ab dem 01.04.2017 berücksichtigt. Damit war die Daimler AG als Beklagte der Ansicht, dass keine Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer vorliegt.

Das Arbeitsgericht Berlin (v. 08.10.2019 – 8 Ca 7829/19) wies die Klage des Leiharbeitnehmers ab. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (v. 13.05.2020 – 15 Sa 1991/19) legte hingegen im Rahmen der Berufung mehrere Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Insbesondere ging es um die Klärung des Begriffs vorübergehend.

Wann reden wir allgemein von Arbeitnehmerüberlassung?

Von Arbeitnehmerüberlassung wird gesprochen, wenn ein selbständiger Unternehmer wie z.B. eine Zeitarbeitsfirma (Verleiher) einen Arbeitnehmer, z.B. Herrn Müller (Leiharbeitnehmer) vorübergehend an einen anderen Unternehmer, wie hier die Daimler AG (Entleiher), verleiht (im Gegensatz zur Leihe des BGB jedoch gegen Entgelt).

Um überhaupt entliehen werden zu dürfen, muss dies in einem Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer geregelt sein, der auch während der Leihe fortbesteht.

Jedoch unterliegt der Leiharbeitnehmer während der Überlassung den arbeitsrechtlichen Weisungen des Entleihers. Herr Müller hat zwar einen Arbeitsvertrag mit der Zeitarbeitsfirma, muss sich jedoch an die Anweisungen von Daimler halten.

Zwischen dem Verleiher und Entleiher wird ebenfalls ein Vertragsverhältnis geschlossen, der sog. Arbeitnehmerüberlassungsvertrag. In ihm muss benannt werden, für welche Tätigkeit Herr Müller als Leiharbeitsnehmer vorgesehen ist und welches Gehalt er dafür bezieht. Diese Konditionen jedoch dürfen im Sinne der Gleichstellung gem. § 8 AÜG nicht von den wesentlichen Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer abweichen.

Eine Überlassung von Arbeitnehmern ist nur „vorübergehend“ möglich. Gemäß § 1 Abs. 1b S.1 AÜG darf die Überlassungsdauer 18 Monate nicht überschreiten. Allerdings gibt es Ausnahmen von dieser zeitlichen Begrenzung.

  • Durch tarifvertragliche Regelungen können auch längere Überlassungszeiträume vereinbart werden (§ 1 Abs. 1b S.3 AÜG).
  • Überlassungszeiträume vor dem 01.04.2017 sind nicht zu berücksichtigen (§ 19 Abs. 2 AÜG), was eine Einschränkung bei der Berechnung des Überlassungszeitraums gem. § 1 Abs. 1b S.1 darstellt.

Welche Fragen hatte der EuGH nun zu klären und wie antwortete er darauf?

1.) Ist die Überlassung eines Leiharbeitnehmers an ein entleihendes Unternehmen schon dann nicht mehr als „vorübergehend“ im Sinne des Art. 1 der Leiharbeitsrichtlinie anzusehen, wenn die Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz erfolgt, der dauerhaft vorhanden ist und der nicht vertretungsweise besetzt wird?

EuGH: Wenn ein Leiharbeitnehmer beschäftigt wird, ist das nicht arbeitsplatzbezogen zu verstehen, sondern allgemein. Daher können auch sog. Dauerarbeitsplätze beim Entleiher durch Leiharbeitnehmer besetzt werden, sofern diese wiederum nur vorübergehend tätig sind.

2.) Ist die Überlassung eines Leiharbeitnehmers während einer Zeitspanne von 55 Monaten als nicht mehr „vorübergehend“ im Sinne von Art. 1 der Richtlinie 2008/104 anzusehen?

EuGH: Auch eine Überlassungsdauer von 55 Monaten kann trotz dieses langen Zeitraums eine vorübergehende Überlassung darstellen. Erst, wenn aufeinanderfolgende Überlassungen auf demselben Arbeitsplatz erfolgen und die Beschäftigungsdauer länger ist als das, was vernünftigerweise als vorübergehend betrachtet werden kann, könne ein rechtmissbräuchlicher Einsatz angenommen werden.

Für den Fall, dass die erste oder die zweite Vorlagefrage bejaht wird:

3.) Besteht für den Leiharbeitnehmer ein Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem entleihenden Unternehmen, auch wenn das nationale Recht eine solche Sanktion vor dem 1. April 2017 nicht vorsieht?

EuGH: Leiharbeitnehmer haben keinen Anspruch auf ein festes Arbeitsverhältnis, sollte die Überlassung doch nicht als „vorübergehend“ eingestuft werden (Art. 10 I RL 2008/104/EG).

4.) Verstößt eine nationale Regelung wie § 19 Abs. 2 AÜG dann gegen Art. 1 der Richtlinie 2008/104, wenn sie erstmals ab dem 1. April 2017 eine individuelle Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten vorschreibt, vorangegangene Zeiten der Überlassung aber ausdrücklich unberücksichtigt lässt, wenn bei Berücksichtigung der vorangegangenen Zeiten die Überlassung als nicht mehr vorübergehend zu qualifizieren wäre?

Dass Einsatzzeiten vor dem 01.04.2017 in der Berechnung der Höchstüberlassung ausgeschlossen werden, sieht der EuGH kritisch. Jedoch überlässt er die Beurteilung im konkreten Einzelfall den nationalen Gerichten. Nach Ansicht des Gerichtshofs könne der nationale Gesetzgeber aber nicht die Festlegung der Überlassungsdauer vornehmen und gleichzeitig den Berechnungszeitraum beschränken.

5.) Kann die Ausdehnung der individuellen Überlassungshöchstdauer den Tarifvertragsparteien überlassen werden? Falls dies bejaht wird: Gilt dies auch für Tarifvertragsparteien, die nicht für das Arbeitsverhältnis des betroffenen Leiharbeitnehmers, sondern für die Branche des entleihenden Unternehmens zuständig sind?

Schließlich sieht der EuGH kein Hindernis darin, dass die Tarifvertragsparteien die Höchstüberlassungsdauer regeln. Dieser Vorgehensweise stehe das Unionsrecht nicht entgegen.

Fazit

Nach wie vor ist nicht klar definiert, was denn nun konkret „vorübergehend“ bedeutet. Stattdessen gibt der EuGH vage Auslegungshilfen vor und überlässt die Beantwortung den nationalen Gerichten.

Zudem hat der EuGH die Entscheidung an das LAG zurückgewiesen und somit bleibt das endgültige Ergebnis noch abzuwarten. Voraussichtlich wird sich auch noch das Bundesarbeitsgericht mit der Beantwortung der Frage beschäftigen müssen.

Für die Arbeitgeberseite sind das erfreuliche Nachrichten: Sie können weiterhin den Spielraum zur Auslegung der Höchstüberlassungsdauer dehnen und legitimieren, insbesondere durch tarifrechtliche Regelungen.

Der Verlierer dieses Urteils ist ganz klar der Leiharbeitnehmer, dessen Rechte individuell vom Arbeitgeber und den nationalen Gerichten abhängen, nicht aber von einer für alle geltenden klaren Ansage von ganz oben.

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Reichweite des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DS-GVO

DSGVO

Wir informieren sie über die Reichweite des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DS-GVO.

DSGVO

Der BGH äußerte sich erstmals zur Reichweite des Auskunftsanspruchs nach Art.15 DS-GVO

Einführung 

Der Bundesgerichtshof („BGH“) setzte sich in seinem Urteil vom 15. Juni 2021 (Az. VI ZR 576/19) mit der Reichweite des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DS-GVO auseinander. Dabei geht der BGH grundsätzlich von einer weiten Reichweite des Auskunftsbegehrens aus. 

Im vorliegenden Urteil ging es um einen Versicherungsnehmer (Kläger), der bei seinem Versicherungsunternehmen (Beklagte) eine kapitalbildende Lebensversicherung abgeschlossen hat. Der Versicherungsnehmer verklagte das Versicherungsunternehmen unter anderem wegen ausstehender Rückzahlung der Versicherungsprämien. Im Rahmen seines Klagebegehrens verfolgte er auch einen umfassenden Auskunftsanspruch, da ihm seines Erachtens kein vollständiger Auskunftsanspruch hinsichtlich seiner Daten gewährt wurde.

Zu Beginn der Klage stützte sich der Auskunftsanspruch noch auf § 34 BDSG und wurde im Verlauf durch Art. 15 DS-GVO ersetzt. Der Kläger verlangte Auskunft über die gesamte Korrespondenz der Parteien, einschließlich der Daten des vollständigen Prämienkontos, Zweitschriften und Nachträge zum Versicherungsschein, sowie Telefon-, Gesprächs- und Bewertungsvermerke der Beklagten zum Versicherungsverhältnis. Die Beklagte weigerte sich so weitreichende Auskünfte zu erteilen, da diese ihres Erachtens nicht von Art. 15 DS-GVO erfasst seien. 

Das Amtsgericht Brühl wies die Klage mit der Begründung ab, dass weder ein Rückzahlungsanspruch noch ein weitreichender Auskunftsanspruch im Sinne des damals noch geltenden § 34 BDSG bestünde. Wenn überhaupt bestünde lediglich ein “Basisanspruch”, und diesem sei die Beklagte nach Auffassung des Amtsgerichts Brühl ausreichend nachgekommen. Das Landgericht Köln wies die Berufung als unzulässig ab, sodass die Klage auf Auskunft letztlich vom BGH zu entscheiden war. 

Voraussetzungen von Art. 15 DS-GVO 

Die Norm ermöglicht jedem Betroffenen das Recht einen Auskunftsanspruch über seine personenbezogenen Daten, die von dem Verantwortlichen verarbeitet werden, zu verlangen. Art. 15 DS-GVO bezieht sich allerdings nicht nur auf personenbezogene Daten, sondern auch auf weitere Auskünfte hinsichtlich: 

  • des Verarbeitungszwecks,  
  • der Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden; 
  • die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen;
  • falls möglich die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer; 
  • das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder eines Widerspruchsrechts gegen diese Verarbeitung; 
  • das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde; 
  • wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten; 
  • das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Artikel 22 Absätze 1 und 4 und – zumindest in diesen Fällen – aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person. 

Die in Art. 15 Abs.1 DS-GVO genannten Auskunftsmöglichkeiten eröffnen somit einen umfassenden Bereich, den man beim Auskunftsanspruch eines Betroffenen berücksichtigen muss.  

Grundsätzlich unterliegt die Ausübung dieses Auskunftsanspruches keinen besonderen Formerfordernissen. Die Auskunft kann schriftlich, persönlich, telefonisch oder auch per E-Mail beantragt werden.  

Bei der Beantragung muss zudem kein Grund für die gewünschten Auskünfte genannt werden.  

BGH bestätigt weiten Umfang des Auskunftsanspruchs 

Bereits 2007 hatte sich der EuGH im Rahmen eines Urteils für einen weiten Umfang des Auskunftsanspruches ausgesprochen. Damals bezog sich der EuGH noch auf die Richtlinie 95/46/EG (Datenschutzrichtlinie) zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, die schließlich von der DS-GVO abgelöst wurde.

Dennoch wurde bereits damals ein umfangreicher Auskunftsanspruch anerkannt, der die Betroffenen berechtigt ihre Datenverarbeitung einzusehen, über sie informiert zu werden und Berichtigung oder ggf. Löschung zu verlangen. Dieser Linie folgt nun auch der BGH und hat erstmals zum weiten Umfang des Auskunftsanspruch nach Art.15 DS-GVO Stellung bezogen. Im vorliegenden Urteil hat der BGH folgende Feststellungen getroffen, an die man sich zukünftig bei der Bearbeitung eines Auskunftsanspruches orientieren kann: 

Demnach sind alle personenbezogenen Daten i.S.d. Art. 4 Nr.1 DS-GVO von Art. 15 DS-GVO erfasst. Gemäß des BGH ist diese Norm auch nicht dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass nur „signifikante biografische Informationen“ erfasst werden.

Das ergibt sich bereits aus dem Erwägungsgrund Nr. 63 S.1 der DS-GVO. Danach soll der Betroffene in angemessenen Abständen sein Auskunftsrecht bezüglich seiner personenbezogenen Daten ausüben können, um zu erfahren, welche Daten und zu welchen Zwecken die Daten verarbeitet werden. Der Betroffene soll sich durch die Auskunft der Bearbeitung seiner Daten bewusstwerden und die Möglichkeit haben die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zu überprüfen.  

Der BGH entschied weiter, dass selbst Dokumente, die der Betroffene bereits kennt, vom Auskunftsbegehren erfasst werden können.  

Der Auskunftsberechtigte kann sogar wiederholt Auskunft verlangen. 

Auch die Korrespondenz mit Dritten wird erfasst. Selbst interne Vermerke fallen unter Art. 15 DS-GVO, da die Norm nicht voraussetzt, dass die fraglichen Daten extern zugänglich sind. 

Anhand der Feststellungen des BGH zeigt sich, dass im Rahmen eines Auskunftsanspruches eine umfassende Sammlung an personenbezogenen Daten herauszugeben ist. Der Verantwortliche kann keine „Rosinenpickerei“ vornehmen und nur die Daten rausgeben, die seines Erachtens ausreichend sind, um dem Auskunftsanspruch zu entsprechen. 

Einschränkungen des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DS-GVO  

So viele Daten der Auskunftsanspruch auch umfasst, so ergeben sich gleichwohl Einschränkungen des Auskunftsumfangs. Hierzu zählen unter anderem Daten, die im Rahmen einer internen rechtlichen Analyse über die betroffene Person zusammengefasst wurden. Grundsätzlich können diese Analysen personenbezogene Daten enthalten, die Beurteilung der Rechtslage stellt aber keine Information über den Betroffenen dar. Zum anderen werden keine Daten über Provisionszahlungen oder Ähnliches erfasst. 

Auswirkungen von Ausschlussnormen  

Im zugrundeliegenden BGH-Urteilbleiben die Auswirkungen von Ausschlussnormen wie beispielsweise Art. 12 Abs. 5 S. 2 und Art. 15 Abs. 4 DS-GVO hingegen unberücksichtigt. Dennoch sollten diese im Rahmen des Auskunftsanspruchs Beachtung finden. 

Art. 12 Abs. 5 S.2 DS-GVO schließt z.B. einen Auskunftsanspruch gem. Art. 15 DS-GVO dann aus, wenn dieser offenkundig unbegründet ist. Bei exzessiven Anträgen kann der Verantwortliche zudem ein angemessenes Entgelt für die entstehenden Verwaltungskosten verlangen oder sich sogar gänzlich weigern tätig zu werden.

Exzessives Verhalten wird angenommen, wenn es sich um häufige Wiederholungen von Anträgen handelt oder Anträge ohne stichhaltigen Grund in kurz hintereinander geschalteten Zeitintervallen gestellt werden. Die Zeitintervalle sind zu kurz, wenn es offensichtlich unmöglich ist, dass sich die Umstände seit Antragsstellung geändert haben können. 

Schließlich beschränkt Art. 15 Abs. 4 DS-GVO die Herausgabe von Kopien darauf, dass keine Rechte und Freiheiten anderer Personen beeinträchtigt werden dürfen. 

Fazit 

Die gerichtliche Auseinandersetzung mit dem gesetzlichen Auskunftsanspruch gem. Art. 15 DS-GVO ist für den Rechtsanwender durchaus zu begrüßen, da er zukünftig für mehr Rechtssicherheit im Umgang mit dem Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO sorgen wird. 

Allerdings kann die weitgehende Auslegung für die Verantwortlichen zu einem hohen Arbeitsaufwand führen. Ferner können sie sich Schadensersatzansprüchen gem. Art. 82 DS-GVO aussetzen, wenn sie dem Auskunftsanspruch nicht wie geschuldet entsprechen. 

Zu beachten ist jedoch schließlich, dass mögliche Ausschlussnormen gerichtlich noch gar nicht behandelt wurden, sodass es abzuwarten bleibt, ob die beschlossene weite Auslegung im Rahmen von rechtlichen (weiteren) Auseinandersetzungen doch noch begrenzt wird. 

Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.   

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