Löschung personenbezogener Daten

Wir beleuchten das Recht auf Vergessenwerden aus Art. 17 DS-GVO.

Löschung personenbezogener Daten

Einführung

Seit 25. Mai 2018 gilt die neue Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Seitdem müssen Unternehmen alle Maßnahmen getroffen haben, die zur Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung erforderlich sind. Hierzu zählt insbesondere die Erstellung eines Konzepts zur Löschung personenbezogener Daten. „Löschen“ bedeutet die Unkenntlichmachung gespeicherter personenbezogener Daten. In Art. 17 der DS-GVO verankert ist zudem das sog. Recht auf Löschung („Recht auf Vergessenwerden“), welches als eines der Hauptmotive für die Entstehung der DS-GVO gilt. In Ergänzung zur DS-GVO hat der nationale Gesetzgeber mit § 35 des neuen Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) Gebrauch von der in der DS-GVO vorgesehenen Öffnungsklausel gemacht. Allerdings gehen die Tatbestände des Art. 17 DS-GVO über die des § 35 BDSG hinaus. Unternehmen müssen nun also abhängig vom Ort der Verarbeitung prüfen, wann welche Daten einer Löschung bedürfen. Seit Mai können für die Nichteinhaltung dieser Pflicht Bußgelder von bis zu 4% des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes oder bis zu 20 Millionen Euro angeordnet werden. Parallel können Betroffene nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter haben. Die Umsetzung des Art. 17 DS-GVO ist damit auch vor dem Hintergrund der drohenden Konsequenzen im Falle der Nichtbeachtung unumgänglich.

Art. 17 Abs. 1 DS-GVO

Nach Art. 17 Abs. 1 DS-GVO hat die betroffene Person ein Recht auf Löschung ihrer personenbezogenen Daten, wenn eine der Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 DS-GVO vorliegt. Dabei gilt das Recht auf Löschung als Kernrecht eines umfassenden Rechts auf Vergessenwerden (Abs. 2). Eine Löschung kann verlangt werden, wenn die Daten für den Zweck, für den sie erhoben wurden, nicht mehr notwendig sind (Art. 17 Abs. 1 lit. a). Ein Löschungsbegehren ist darüber hinaus auch dann begründet, wenn die betroffene Person ihre Einwilligung widerruft (Art. 17 Abs. 1 lit. b). Legt die betroffene Person Widerspruch gegen die Verarbeitung ein, so liegt auch dann ein begründetes Löschungsbegehren nach Art. 17 Abs. 1 lit. c DS-GVO vor, sofern keine vorrangigen berechtigten Gründe für die Verarbeitung vorliegen. Art. 17 Abs. 1 lit. a-c DS-GVO umfasst damit also Fälle, in denen eine ursprünglich rechtmäßige Datenverarbeitung rechtswidrig geworden ist.

Nach Art. 17 Abs. 1 lit. d DS-GVO ist eine unverzügliche Löschung vorzunehmen, wenn eine unrechtmäßige Verarbeitung der Daten erfolgt ist. Der Tatbestand der Unrechtmäßigkeit ist zu bejahen, wenn kein Rechtmäßigkeitsgrund iSv. Art. 6 bzw. Art. 9 DS-GVO vorliegt oder wenn die Datenverarbeitung aus anderen Gründen gegen die DS-GVO verstößt (Erwägungsgrund 65). Art. 17 Abs. 1 lit. d DS-GVO ist u.a. dann einschlägig, wenn die Verarbeitung den Grundsätzen von Treu und Glauben widerspricht.

Art. 17 Abs. 1 lit. f DS-GVO stellt eine Schutzregel zugunsten Minderjähriger dar. Demnach besteht ein Löschungsrecht, wenn die personenbezogenen Daten in Bezug auf angebotene Dienste der Informationsgesellschaft gemäß Art. 8 Abs. 1 DS-GVO erhoben wurden. Art. 8 DS-GVO verweist dabei auf die Bedingungen für die Einwilligung eines Kindes iSd. Art. 6 Abs. 1 lit. a zur Datenverarbeitung im Zusammenhang mit Diensten der Informationsgesellschaft iSv. Art. 4 Nr. 25 DS-GVO.

Die Öffnungsklausel nach Art. 17 Abs. 1 lit. e DS-GVO

Auffällig ist die Öffnungsklausel nach Art. 17 Abs. 1 lit. e DS-GVO. Danach kann eine Löschung personenbezogener Daten aufgrund rechtlicher Verpflichtungen nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten erforderlich sein. Öffnungsklauseln zeichnen sich dadurch aus, dass sie zwar einen entsprechenden Rahmen vorgeben, die konkrete Umsetzung wird aber weiterhin den Mitgliedsstaaten überlassen.

Die Löschpflichten des Art. 17 DS-GVO wurden durch den deutschen Gesetzgeber durch § 35 Abs. 1 und Abs. 3 BDSG modifiziert. Hiernach entfällt die Pflicht zur Löschung auch dann, wenn satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

35 BDSG (neu)

Das Recht auf Löschung ist ab dem 25. Mai 2018 auf nationaler Ebene im Bundesdatenschutzgesetz in       § 35 BDSG (neu) geregelt. Demnach besteht ein solches Recht lediglich dann nicht, wenn die Art der Speicherung nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist und wenn das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen ist. Der Betroffene bleibt dann jedoch nicht rechtlos, sondern es kommt zu einer Sperrung der betroffenen Daten nach Art. 18 DS-GVO. § 35 Abs. 1 BDSG nimmt direkten Bezug auf die Ausnahmetatbestände des Art. 17 Abs. 3 DS-GVO. Eine Einschränkung der Verarbeitung soll vorliegen, wenn personenbezogene Daten in der Weise markiert sind, dass ihre künftige Verarbeitung eingeschränkt ist.

Eine besondere Herausforderung in der Praxis ist der richtige Umgang mit unstrukturierten Datensätzen wie E-Mail-Postfächern. Aufgrund der großen Datenmenge erfordert die Prüfung der Löschverpflichtung einen hohen personellen Aufwand. Jedoch müssen Unternehmen die Verfügbarkeit personenbezogener Daten gewährleisten können: Nach Art. 32 Abs. 1 lit. b DS-GVO muss die Herstellung eines Zugangs zu diesen Daten bei einem physischen oder technischen Zwischenfall jederzeit möglich sein. Hieraus resultiert eine gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung von Backups. Eine Bewältigung des Problems ist nur durch eine umfassende und präzise Festlegung der Zwecke der Datenverarbeitungen möglich.

Auch im Rahmen des Umgangs mit E-Mails sind die Aufbewahrungspflichten zu beachten. E-Mails können unter anderem der Vorbereitung und Durchführung von Handelsgeschäften dienen und damit als Handelsbriefe zu qualifizieren sein. § 257 Abs. 1 Nr. 2 HGB sowie § 147 Abs. 1 Nr. 2 AO normieren insoweit eine Pflicht zum geordneten Aufbewahren. Ein bestimmtes Aufbewahrungsformat wird handelsrechtlich jedoch nicht vorgeschrieben.

Ausnahmen nach Art. 17 Abs. 3 DS-GVO

Von besonderer Relevanz sind gerade auch für Unternehmen die in Art. 17 Abs. 3 DS-GVO normierten Ausnahmen von Löschpflichten.

Nach Art. 17 Abs. 3 lit. a DS-GVO hat die betroffene Person keinen Anspruch auf Löschung, soweit die Verarbeitung zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information erforderlich ist. Diese Norm weist somit auf eines der Hauptspannungsfelder im Bereich der Löschungsansprüche hin. Im Rahmen der bei Art. 17 Abs. 3 lit. a DS-GVO vorzunehmenden Abwägung ist das Verhältnis von Datenschutz und Meinungsfreiheit von Relevanz.

Weitere Ausnahmetatbestände sind in Art. 17 Abs. 3 lit. b bis e DS-GVO normiert. Nachfolgend liegt der Schwerpunkt auf Art. 17 Abs. 3 lit. b und Art. 17 Abs. 3 lit. e DS-GVO.

Art. 17 Abs. 3 lit. b DS-GVO

Eine weitere Ausnahme nach Art. 17 Abs. 3 lit. b DS-GVO stellt eine erforderliche Datenverarbeitung zur Erfüllung rechtlicher Pflichten nach dem Recht der Union oder der Mitgliedstaaten, zur Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe oder einer dem Verantwortlichen übertragenen Ausübung öffentlicher Gewalt dar. Art. 17 Abs. 3 lit. b DS-GVO enthält damit eine weitere Öffnungsmöglichkeit zu Gunsten der nationalen Gesetzgeber, einen Anspruch auf Löschung im jeweiligen Fall auszuschließen.

Es bestehen diverse Aufbewahrungspflichten nach deutschem Recht. Beispielsweise regelt  § 147 AO eine Aufbewahrungspflicht für steuerlich bedeutsame Unterlagen. Zu den wichtigsten aufbewahrungspflichtigen Unterlagen zählen somit Bücher, Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen, wie auch empfangene Handels- und Geschäftsbriefe, Buchungsbelege und sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Relevanz sind. Unter die sonstigen Unterlagen aus § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO fallen beispielsweise Prüfungsberichte, Preislisten und Handelsregister- und Grundbuchauszüge. Gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 AO beträgt die Aufbewahrungsfrist sechs Jahre für alle für den Lohnsteuerabzug bedeutsamen Unterlagen. Nach § 140 AO wird die steuerrechtliche Aufbewahrungspflicht auch durch „andere Gesetze“ begründet. § 257 Abs. 1 HGB verweist beispielsweise auf die Unterlagen, die zwingend von jedem Kaufmann aufbewahrt werden müssen. Im Rahmen des HGB sind die Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Lageberichte als auch die empfangenen Handelsbriefe und Buchungsbelege als wichtigste aufbewahrungspflichtige Unterlagen zu nennen.

Art. 17 Abs. 3 lit. e DS-GVO

Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich, so besteht gem. Art. 17 Abs. 3 lit. e DS-GVO ebenfalls kein Löschungsanspruch. Durch diese Vorschrift soll verhindert werden, dass die betroffene Person ihre Daten mit dem Ziel löscht, eine Rechtverfolgung von Dritten zu erschweren.

Restliche Ausnahmetatbestände

Nach Art. 17 Abs. 3 lit. c DS-GVO  liegt eine Ausnahme dann vor, wenn eine Verarbeitung aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit nach dem Art. 9 Abs. 2 lit. h und i sowie Art. 9 Abs. 3 erfolgt.

Gemäß Art. 17 Abs. 3 lit. d DS-GVO ist der Ausnahmetatbestand auch dann erfüllt, sofern eine Verarbeitung erforderlich ist für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke, wissenschaftliche oder historische Forschungszwecke oder für statistische Zwecke gem. Art. 89 Abs. 1. DS-GVO.

Logfiles

Grundsätzlich besteht aufgrund der mit der DS-GVO verstärkten Rechenschaftspflichten wie auch aufgrund allgemeiner Vorgaben aus der IT-Sicherheit eine Pflicht zur Dokumentation. Bei Logfiles (oder Protokolldatei) handelt es sich um Daten, die für einen bestimmten Zeitraum sämtliche Vorgänge in einem IT-System protokollieren, also Ereignisprotokolle in Textformat. Logdateien listen die durchgeführten Aktivitäten auf, wobei teilweise ein direkter Personenbezug besteht. Eine Erstellung von Logfiles erfolgt überall dort, wo eine Dokumentation von Vorgängen erforderlich oder gewünscht ist. Der große Vorteil von Logfiles besteht darin, dass beispielsweise im Falle einer fehlerhaften oder korrupten Datenübertragung die Ursache eines Fehlers herausgefunden und exakt bestimmt werden kann. Sind die Systeme beispielsweise von einem Virus infiziert, so kann die Analyse von Logfiles der rascheren Isolation befallener Sektoren dienen.

Löschungskonzept und Aufbewahrungsfristen

Gepaart mit den erweiterten Rechenschaftspflichten aus der DS-GVO ist es von nun an unabdingbar, ein unternehmensspezifisches Löschkonzept festzulegen. Unter einem Löschkonzept versteht man dabei eine Festlegung, anhand derer eine verantwortliche Stelle sicherstellt, dass ihre personenbezogenen Datenbestände rechtskonform gelöscht werden. Im Rahmen dieses Konzepts wird eine Festlegung von konkreten Speicher- bzw. Löschfristen vorgenommen. Resultierend aus dem Prinzip der Zweckgebundenheit sowie dem Gebot zur Datenminimierung folgt für verantwortliche Stellen die Pflicht, ohne Rechtfertigung vorgehaltene Daten aus ihren Systemen zu löschen. Grundsätzlich dient das Löschkonzept als Anleitung und Nachweis, wie und auf welche Weise innerhalb des Unternehmens datenschutzrechtliche Pflichten zur Löschung von personenbezogenen Daten rechtskonform erfüllt werden. Anknüpfend an die in der DS-GVO vorgesehenen Dokumentations- und Rechenschaftspflichten sollten vorgenommene Löschungen – freilich ohne Personenbezug – dokumentiert werden.

Im Rahmen der Anwendung des Löschkonzepts ist zwingend darauf zu achten, dass hierdurch keine für das Unternehmen relevanten Aufbewahrungspflichten verletzt werden. Die danach zu löschenden Daten werden vor der Löschung aus dem aktiven System an einem sicheren Ort außerhalb des aktiven Systems archiviert. Es wird sichergestellt, dass auf dieses Archiv nur die Geschäftsführung Zugriff hat, sofern diese ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme hat.

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Auswirkungen der DS-GVO im Alltag

Seit Mai 2018 und der damit einhergehenden "neuen Zeitrechnung" unter der DS-GVO gibt es eine Reihe von Veränderungen in den alltäglichen Abläufen. Wir erklären, wo diese "spürbar" sind!

Auswirkungen der DS-GVO im Alltag

Gewinnspiel im Unternehmen

Gewinnspiele sind legal, solange kein Verstoß gegen § 284 StGB vorliegt. Dies gilt im Unternehmen gleichermaßen wie im privaten Freundeskreis. Die Definition des Glücksspiels richtet sich nach § 3 Abs. 1 GlüStV, wonach ein „Glücksspiel“ vorliegt, „wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele.“ Dabei ist in jedem Fall zu beachten, dass das Glücksspiel nicht öffentlich beworben werden darf. Es darf also nur im privaten Rahmen mit beschränktem Personenkreis stattfinden. In diesem privaten Rahmen darf es außerdem weder gewohnheitsmäßig noch gewerbsmäßig stattfinden. Das heißt, der Organisator darf keinen Gewinn einstreichen und alle Wetteinsätze müssen ausgezahlt werden. Gewohnheit liegt vor, wenn z.B. das Glücksspiel jede Woche am selben Tag stattfindet. Da Wetten ein reines Privatvergnügen darstellen, lassen sich gem. § 726 Abs. 1 BGB auch keine zivilrechtlichen Ansprüche daraus ableiten. Wettrunden, die alle zwei und oder alle vier Jahre im Rahmen der Fußball EM/WM stattfinden, gelten nicht als regelmäßig. Aber wenn die Compliance-Richtlinien des Unternehmens die Annahme von Geschenken verbieten, darf die Gewinnprämie nicht ausgezahlt werden. Dann gilt das Tippspiel unter Kollegen nämlich gerade nicht als Privatvergnügen. Insofern bietet es sich an, mit dem Segen der Geschäftsleitung als Unternehmen ein Tippspiel zu veranstalten. Die dafür häufig genutzte App Kicktipp bietet eigens ein Profipaket an, was eine Auftragsverarbeitungsvereinbarung gem. Art. 28 DS-GVO umfasst. Dieser bedarf es jedoch nur, wenn das Unternehmen ein Tippspiel auf der unternehmenseigenen Homepage implementieren möchte, um Kunden miteinzubeziehen. Für das Tippspiel rein unter Kollegen braucht man diese nicht, wenn sich jeder Mitarbeiter selbstständig über die App anmeldet.

WhatsApp Nutzung

Die Nutzung von WhatsApp als Messenger-Dienst wirft zahlreiche datenschutzrechtliche Fragen auf. Grundsätzlich nutzt WhatsApp nach eigenen Angaben seit April 2016 eine „Ende zu Ende“-Verschlüsselung. Jedoch werden dabei Metadaten gesammelt, z.B.: mit welchen Nutzern man kommuniziert, wie oft sich die Nutzer mit bestimmten Kontakten verbinden, wie lange die Nutzer einander Nachrichten schreiben etc. Dabei lässt WhatsApp völlig offen, wie diese verarbeitet werden und an wen diese übertragen werden. Wenn ein Unternehmen WhatsApp verwendet, um mit Kunden zu kommunizieren, kann es auch bei diesen Themen nicht das „Recht auf Information“ oder „Recht auf Vergessenwerden“ der DS-GVO erfüllen. Ein weiteres Problem ist, dass die meisten Nutzer das Backup ihrer WhatsApp-Nachrichten aktiviert haben. D.h. die Nachrichten werden je nach Endgerät in der Cloud von z.B. Apple oder Google als Backup gespeichert. Was die wenigsten Nutzer dabei wissen: Die Nachrichten werden dort entschlüsselt gespeichert. Dadurch könnten nicht nur Apple oder Google sondern auch amerikanische Sicherheitsbehörden auf diese Daten zugreifen. Außerdem lädt WhatsApp zum Abgleich der bei WhatsApp gespeicherten Telefonnummern das gesamte Telefonbuch auf den Server hoch. Dieser Abgleich der gespeicherten Informationen stellt eine Verarbeitung im datenschutzrechtlichen Sinne dar und bedürfte daher einer Einwilligung jedes Kontakts, die allerdings regelmäßig nicht vorliegt. Abgesehen davon kann ein ausreichender Schutz von Kundendaten auch deshalb nicht gewährleistet werden, da WhatsApp seine Server in den USA stehen hat und somit alle personenbezogenen Daten außerhalb der EU übertragen oder gespeichert werden, was dem Grundgedanken der DS-GVO zuwider läuft.

WhatsApp im Unternehmen

Kommunikation unter Mitarbeitern

Selbst wenn alle Mitarbeiter ihre Einwilligung erteilt haben, ist – datenschutzrechtliche Bedenken außen vor gelassen – eine betriebliche Nutzung nicht zu empfehlen, da eine betriebliche Kommunikation einen Verstoß gegen die AGB von WhatsApp darstellt, da diese nur die private Nutzung des Messengers erlauben.

Kommunikation mit Kunden

Auch bei der Kommunikation mit Kunden besteht erstmal grundsätzlich die Problematik der Einwilligung der Kunden zur Übermittlung der persönlichen Daten an WhatsApp. Selbst wenn diese vorliegen sollten, kann das Unternehmen, wie oben erwähnt, die Bestimmungen der DS-GVO nicht einhalten, da nicht bekannt ist wie Metadaten verarbeitet und an wen diese übertragen werden. Zusammenfassend ist klar, dass WhatsApp nicht den Datenschutzbestimmungen der DS-GVO entspricht und ein Unternehmen nicht konform ist, wenn es WhatsApp für geschäftliche Zwecke nutzt. Unternehmen sollten eine professionelle und sichere Enterprise Messaging App einsetzen. Auch WhatsApp Business ist, trotz seines klangvollen Namens, kein Allheilmittel dieser Probleme, da es zwar zusätzliche B2B und B2C-Services anbietet, jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach weiterhin US-Server nutzt.

WhatsApp in der Schule

Auch bei der Nutzung von WhatsApp durch Lehrer in der Kommunikation mit Eltern und oder Schülern stellen sich die oben genannten Probleme. Lehrkräfte müssen stets unterscheiden, ob sie mit Betroffenen dienstlich oder privat kommunizieren. Rechtlich betrachtet ist die dienstliche Kommunikation eine Kommunikation der Schule, z.B. die Bekanntgabe von Noten oder Stundenausfall. Bei privater Kommunikation handelt die Lehrkraft dagegen für sich selbst, d.h. als Privatperson. Ein Beispiel für private Kommunikation wären z.B. Geburtstagsgrüße. Eine eindeutige Trennung kann sich kompliziert darstellen, weshalb in Zweifelsfällen von einer dienstlichen Kommunikation auszugehen ist. Kommuniziert eine Lehrkraft dienstlich, hat sie die besonderen datenschutzrechtlichen Vorgaben der Schulgesetze der Länder und insbesondere der DS-GVO zu beachten. Da durch den Abgleich der Kontakte mit den WhatsApp-Servern in den USA immer eine Verarbeitung i.S.d. DS-GVO vorliegt, ist eine DS-GVO-konforme Nutzung von WhatsApp im Schulbetrieb ausgeschlossen. Dabei ist unerheblich, ob Einwilligungen der Eltern für sich selbst, für Lehrer-Eltern-Gruppen oder für ihre Kinder, für Lehrer-Klassen-Gruppen vorliegen, da in jedem Fall die Verarbeitung durch WhatsApp nicht nachvollziehbar ist.

Mit Eltern

Außerdem kann, selbst wenn die Eltern der Mitgliedschaft in der „WhatsApp“-Gruppe zugestimmt haben, die Freiwilligkeit dieser Erklärung bezweifelt werden, da nicht auszuschließen ist, dass das Akzeptieren der Teilnahme an der „WhatsApp“-Gruppe mit der Befürchtung einherging, dass ihre Kinder ansonsten schulische Nachteile zu erleiden hätten.

Mit Schülern

Abgesehen von der datenschutzrechtlichen Problematik stellt sich die Frage in welchem Alter – 14, 16 oder 18 – die Schüler wirksame Einwilligungen erteilen können. Sinnvoll ist eine Einwilligung vertreten durch die Erziehungsberechtigten.

WhatsApp in der privaten Nutzung

Auch im Bereich der privaten Kommunikation ist zu berücksichtigen, dass Telefonnummern von Kontakten, die selber kein WhatsApp nutzen und somit keine Einwilligung gegeben haben, an dessen Server weitergegeben werden.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass von einer Nutzung von WhatsApp außerhalb des privaten Bereichs abzuraten ist. Da Fax keine realistische Alternative darstellt, bleibt nur die klassische E-Mail oder alternative Messenger. Ein Messenger, der datenschutzrechtlich sicher sein soll, muss folgende Punkte erfüllen:

  1. Keine Verarbeitung oder Speicherung von Daten außerhalb der Europäischen Union.
  1. Daten eines Unternehmens sollten pseudonymisiert und stark verschlüsselt werden.
  1. Keine Analyse und Sammlung von Metadaten.
  1. Keine Speicherung des Adressbuchs, außer bei Einwilligung aller Kontakte eines Nutzers. Da das Einholen einer Vielzahl von Einwilligungen aufwändig ist, ist der Verzicht auf Speicherung des Adressbuchs sinnvoller.
  1. Zugriff auf das Adressbuch sollte auf Basis von Einweg-verschlüsselten Werten (z. B. SHA256) erfolgen, die nicht wieder zurückverwandelt werden können und danach sofort von den Servern der Enterprise Messaging App gelöscht werden.
  1. Ein Unternehmen und seine Mitarbeiter müssen der Enterprise Messaging App eine klare und bejahende Zustimmung zur Verarbeitung personenbezogener Daten geben.
  1. Bereitstellung eines Archivs der gesamten Messaging-Kommunikation und Audit-Logs bereitstellen sowie Möglichkeit zur Archivdurchsuchung.
  1. Transparenz der verwendeten personenbezogenen Daten: detaillierte Informationen zur Verfügung stellen, welche personenbezogenen Daten verwendet werden, warum die Nutzung erforderlich ist und was mit den Daten geschieht.

Diese Vorgaben erfüllen die Messenger Signal, Telegram, Viber und Threema bzw. Threema Work. Jedoch ist zu beachten, dass aufgrund kommender Regelungen in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz sich Abweichungen zur DS-GVO ergeben könnten. Threema erwägt deshalb einen Umzug seiner Server. Möchte man als Unternehmen in der Kundenkommunikation einen Messenger nutzen, ist die Notwendigkeit einer Auftragsverarbeitungsvereinbarung / – vertrags zu beachten. Diesen bietet bislang explizit nur Threema Work an.

Fotografien

Bedeutung im Alltag findet die DS-GVO auch im Bereich der gewerbsmäßigen Personenfotografie. Hier stellt sich die Frage, ob §§ 22, 23 KUG als spezialgesetzliche Regelung i.S.d. Art. 85 Abs. 2 DS-GVO einzuordnen sind. In dem Fall ist DS-GVO-Konformität gewahrt. Räumt man jedoch der DS-GVO Anwendungsvorrang gegenüber dem KUG ein, muss die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung nach Art. 6 DS-GVO gewahrt sein.

DS-GVO im Gesundheitswesen

Für die Verarbeitung von gesundheitsbezogenen Daten gilt die Definition aus Art. 4 Nr. 15 DS-GVO. Deren Verarbeitung ist gem. Art. 9 Abs. 1 DS-GVO untersagt, außer bei Vorliegen der Voraussetzungen aus Art. 9 Abs. 2 lit. a) – j) DS-GVO.

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Service gegen Daten: Einwilligung und Kopplungsverbot

Im Folgenden geht es um die Änderung der Anforderungen an eine wirksame Einwilligung als rechtliche Grundlage für eine Datenverarbeitung.

Service gegen Daten: Einwilligung und Kopplungsverbot

Einführung

Damit personenbezogene Daten erhoben, bearbeitet oder gespeichert werden dürfen, bedarf es einer gesetzlichen Befugnis. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist auch mit einer Einwilligung durch den Betroffenen möglich. Art. 4 Nr. 11 DS-GVO definiert eine Einwilligung als jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist. Es handelt sich somit um einen datenschutzrechtlichen Erlaubnistatbestand. 

Eine Einwilligung ist aber nur wirksam, wenn ihre Voraussetzungen eingehalten werden. Dazu gehören gem. Art. 7 DS-GVO die freie Entscheidung des Betroffenen, er muss ausführlich, erkennbar und bestimmt informiert werden, die Information hat schriftlich zu erfolgen und die Einwilligungserklärung muss widerruflich sein. Mit den strengen Vorgaben für eine rechtswirksame Einwilligung soll das Recht des Verbrauchers auf informationelle Selbstbestimmung geschützt werden. 

Durch den technischen Fortschritt werden die Anforderungen an eine rechtswirksame Einwilligung komplexer und es ist fragwürdig, ob dem Erfordernis der vollumfänglichen Information der informierten Einwilligung noch gerecht werden kann. Es stellt sich also die Frage, wie praxistauglich die Einwilligung noch ist. Der europäische Gesetzgeber ließ die Entwicklung der Digitalisierung nicht außer Acht und hob die Anforderungen an eine rechtswirksame Einwilligung im Rahmen der DS-GVO an. 

Das Kopplungsverbot vor der DS-GVO 

Als Bremse für die Praxistauglichkeit der Einwilligung ist das sogenannte Kopplungsverbot zu sehen. Eine Kopplung hat den Zweck der Generierung von Datenbeständen zur werblichen Nutzung. Sie ist die Abhängigkeit eines Vertragsschlusses oder der Erbringung einer Leistung von der Einwilligung des Betroffenen in eine Datenerhebung oder Datenverarbeitung seiner personenbezogenen Daten, die weiter geht, als die Abwicklung des Vertrags es fordert. Seine rechtliche Grundlage findet das Kopplungsverbot bislang nur national in § 28 Abs. 3b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) a.F. und § 95 Abs. 5 Telekommunikationsgesetz (TKG), jedoch lediglich in abgeschwächter Form, indem es in der Konstellation keines Zugangs zu gleichwertigen vertraglichen Leistungen ohne Einwilligung oder nicht in zumutbarer Weise zur Anwendung kommt. Diese Art des Kopplungsverbots bezieht sich primär auf Monopolsituationen.

Die Freiwilligkeit der Einwilligung ist nur dann gewährleistet, wenn der Betroffene eine echte oder freie Wahl hat und ihm somit die Möglichkeit der Verweigerung oder Rücknahme der Einwilligung ohne weitere Nachteile geboten werden. Dabei ist für die Freiwilligkeit maßgeblich, ob die verantwortliche Stelle aus einer Monopolstellung aus agiert oder ob der Betroffene am Markt Zugang zu gleichwertigen vertraglichen Leistungen erhält, ohne eine Einwilligung zur Verarbeitung seiner Daten abgeben zu müssen. 

Das Kopplungsverbot nach der DS-GVO 

Die ab Mai 2018 verbindlich geltende Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sieht zwar eine EU-weite Normierung des Kopplungsverbots vor, allerdings regelt sie es nicht ausdrücklich. Das Europäische Parlament forderte im sogenannten Trilogverfahren die Regelung eines absoluten Kopplungsverbots in Art. 7 Abs. 4 S. 2 DS-GVO. Im Ergebnis einigte man sich zwar auf eine Entschärfung dieses Vorschlags eines direkten strikten Verbots durch das Europäische Parlament, jedoch läuft der Kompromiss durch Verweise auf die Erwägungsgründe der DS-GVO trotzdem auf ein strenges Kopplungsverbot hinaus. Zur näheren Erläuterung muss zwischen dem horizontalen und dem vertikalen Kopplungsverbot unterschieden werden. 

Das horizontale Kopplungsverbot

Das horizontale Kopplungsverbot bezieht sich auf das Nebeneinander verschiedener Datenverarbeitungsvorgänge und gewährleistet die Freiwilligkeit einer Einwilligung durch das Erfordernis gesonderter Einwilligungen für verschiedene Datenverarbeitungsvorgänge. Eine Kopplung in Form einer einzigen Gesamteinwilligung für mehrere trennbare Datenverarbeitungen ist nach dem horizontalen Kopplungsverbot also unzulässig. Dem Einwilligenden muss die Wahlfreiheit gewährleistet werden, ohne die die Einwilligung als unfreiwillig gemäß Erwägungsgrund 43 DS-GVO eingestuft würde. 

Die Einführung des horizontalen Kopplungsverbots ist eine Reaktion des Verordnungsgebers auf den fortschreitenden Prozess der Digitalisierung zum Zweck des Verbraucherschutzes, um weiterhin die Freiwilligkeit der Einwilligung zu schützen. Der restriktive Charakter der Regelung zeigt sich darin, dass das Verbot keine Ausnahmen kennt. Dies hat aber nicht zur Folge, dass die Einholung einer Einwilligung für mehrere Datenverarbeitungsvorgänge künftig nicht mehr möglich ist. Im Einzelfall kann eine einzige Einwilligung ausreichend sein, beispielsweise wenn die Datenverarbeitungsvorgänge inhaltlich zusammenhängen und aufeinander aufbauen. In dieser Konstellation würde das Erfordernis einzelner Einwilligungen die Effizienz der Verarbeitung hemmen und eine Aufsplittung der Einwilligung keinen Sinn ergeben. Dann soll das horizontale Kopplungsverbot nicht greifen. 

Relevant für die Praxis ist, dass das horizontale Kopplungsverbot für die verantwortlichen Stellen zusätzlichen Aufwand mit sich bringt. Damit ist aber nicht zwangsläufig eine Beeinträchtigung der Praxistauglichkeit der Einwilligung verbunden. 

Das vertikale Kopplungsverbot 

Nach dem vertikalen Kopplungsverbot ist eine Einwilligungserklärung nicht freiwillig, wenn die Erfüllung eines Vertrages von der Erteilung der Einwilligung abhängig ist. Dabei ist es unerheblich, ob es dieser für den eigentlichen Vertragszweck bedarf. Das ergibt sich aus Art. 7 Abs. 4 i.V.m. Erwägungsgrund 43 S. 2 DS-GVO. Damit ist die Kopplung, durch die in Einwilligungserklärungen nicht nur die Datenverarbeitung zur Durchführung eines Vertrages legitimiert wird, sondern der Verantwortliche auch zusätzliche Datenverarbeitungen zu ermöglichen versucht, unzulässig. 

Art. 7 Abs. 4 DS-GVO verdeutlicht die Maßgeblichkeit der Wahlfreiheit des Betroffenen, indem der Abhängigkeit der Vertragserfüllung von der nicht erforderlichen Einwilligung bei der Beurteilung der Freiwilligkeit der Einwilligung „in größtmöglichem Umfang Rechnung“ zu tragen ist. Im Ergebnis regelt Art. 7 Abs. 4 S. 2 DS-GVO mit Heranziehung des Erwägungsgrunds 43 DS-GVO jetzt ein Kopplungsverbot, wie es das Europäische Parlament forderte und vermutet gemäß Erwägungsgrund 43 DS-GVO sogar das Fehlen der Freiwilligkeit. Darin liegt eine über das Ziel der Gewährleistung des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen hinausschließende Wirkung: Das Geschäftsmodell des „Services gegen Daten“ ist kaum mit dem Kopplungsverbot zu vereinbaren, was das Ende dieses Prinzips bedeuten könnte. 

Das Modell „Service gegen Daten“ 

Bei dem Modell „Service gegen Daten“ locken Verantwortliche Verbraucher mit als „kostenlos“ deklarierten und intransparenten Angeboten. Eine „Bezahlung“ findet aber dennoch statt, nämlich mit den personenbezogenen Daten, welche insbesondere zu Werbezwecken verwendet werden. 

Wenn das Kopplungsverbot gerade verbietet, einen Vertragsschluss oder das Erbringen einer Leistung von der Einwilligung des Betroffenen von einer nicht für die Abwicklung des Vertrags erforderlichen Einwilligung des Betroffenen in eine Datenerhebung abhängig zu machen, stellt sich die Frage, ob der Verbraucher künftig noch viele Angebote „kostenlos“ gegen Zahlung mit seinen Daten erhalten kann. Damit verbunden verdeutlicht sich die Problematik der Einwilligung als taugliches Instrument zur Legitimation von Datenverarbeitungen in der Praxis. 

Grundsätzlich normiert der Verordnungsgeber eine Kommerzialisierung von personenbezogenen Daten zwar nicht, er lehnt eine kommerzielle Nutzung von diesen Daten aber auch nicht per se ab, indem in der DS-GVO Geschäftsmodelle auf Grundlage der Zahlung mit personenbezogenen Daten akzeptiert werden, was sich aus dem Wortlaut des Erwägungsgrundes 43 DS-GVO aufgrund der Entscheidung „im Einzelfall“ ergebe. 

Das Kopplungsverbot steht auch nicht dem Modell „Service gegen Daten“ entgegen, wenn dem Betroffenen als Zahlungsmöglichkeit eine Alternative zur Einwilligung in die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten angeboten wird. Entscheidet sich der Betroffene dann für die „Bezahlung mit seinen Daten“, hatte er eine alternative Möglichkeit und somit ein Wahlrecht. Eine Einwilligung wäre somit freiwillig erfolgt und diese auch wirksam. Die alternative Zahlungsmöglichkeit darf allerdings nicht außer Verhältnis zur Option „Service gegen Daten“ stehen, indem sie mit deutlichen wirtschaftlichen Nachteilen verbunden wäre. Dies würde das Wahlrecht des Betroffenen zwischen der Zahlungsalternative und der Alternative der Bezahlung „nur“ durch seine personenbezogenen Daten einschränken, indem nur zahlungskräftige Verbraucher in den Genuss der Datenminimierung kämen. Hier ergibt sich aber wieder die Frage, wann ein klares Missverhältnis zwischen einem Zahlungsbetrag und der Einwilligung vorliegt, da ein monetärer Wert von Daten und einer Einwilligung in deren Verarbeitung schwer festzustellen ist. Einige taugliche Kriterien für die Bemessung des Werts von Daten könnten beispielsweise die Exklusivität der Daten sein, indem dem datenverarbeitenden Unternehmen ein Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten vorliegt. Probleme in Bezug auf das Kriterium sind die Möglichkeit des Widerrufs der Einwilligung durch den Betroffenen, dessen Daten verarbeitet werden, sowie die Garantie der Exklusivität, da der Kunde die Angebote mehrerer Anbieter in Anspruch nehmen kann. Ein weiteres mögliches Kriterium bei dem Versuch der Bemessung eines monetären Werts ist der „Kurs“ der Daten. Darunter fallen Angebot und Nachfrage sowie die Kombination der personenbezogenen Daten mit weiteren Daten, was besonders für Big Data-Anwendungen interessant ist. 

Sollte sich in Zukunft ein einheitlicher Standard für die Bemessung des Werts etablieren, steht der Praxistauglichkeit der Einwilligung mit alternativer Form der Gegenleistung nichts entgegen.

Die Rechtsfolgen 

Es kann festgestellt werden, dass die DS-GVO die Rahmenbedingungen der Einwilligung als rechtswirksame Grundlage für eine Datenverarbeitung deutlich verändert. Angepasst an den Prozess der Digitalisierung verschärfte der europäische Gesetzgeber die Anforderungen an eine rechtswirksame Einwilligung. Damit das Kopplungsverbot, das dem Schutz der Interessen des Betroffenen dienen soll, allerdings nicht zu einer unzulässigen Beeinträchtigung der Privatautonomie führt, bedarf es einer Einschränkung des Verbots aus Gründen der Verhältnismäßigkeit. Den Vertragspartnern soll aus diesem Grund genau der Schutz zukommen, den sie benötigen, damit es nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen kommt und ihnen ihre rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit nicht genommen wird. Das Kopplungsverbot wird insbesondere bei einer Monopolstellung des Verarbeiters zur Anwendung kommen, um ausreichenden Schutz für den Betroffenen und ein Gleichgewicht zwischen Betroffenem und Verantwortlichem zu gewährleisten. Ein Ungleichgewicht und ein Schutzbedürfnis bestehen gerade nicht, wenn der Betroffene die Wahl zwischen mehreren Anbietern einer konkreten Leistung hat. Ferner wird ein Ungleichgewicht angenommen, wenn es sich bei dem Anbieter um eine Behörde handelt. 

Im Ergebnis hat die DS-GVO Auswirkungen auf das Merkmal der Freiwilligkeit von Einwilligungen in Datenverarbeitungen. Die Einführung eines Kopplungsverbots soll die Wahlfreiheit des Betroffenen schützen, indem der Vertragspartner ihm zur Wahrnehmung eines Angebots eine alternative Zahlungsmethode zum Modell „Service gegen Daten“ anbietet. Bei einer Einbindung in den Vertrag soll der Betroffene umfassend über alle Risiken aufgeklärt werden, so dass diese Lösungsmöglichkeit nicht gegen den Grundsatz der Transparenz verstößt. Damit es aber nicht zu einem unbegründeten Eingriff in die Privatautonomie kommt, findet das Kopplungsverbot seine Grenzen in dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit, so dass es in der Regel nur bei vertraglichen Beziehungen zwischen dem Betroffenen mit einer Behörde oder mit einem in einer Monopolstellung agierenden Anbieter zur Anwendung kommt. Folglich bedeutet das Kopplungsverbot nicht das Ende der Einwilligung als rechtliche Grundlage für eine Datenverarbeitung, sondern es tritt lediglich das Erfordernis alternativer Zahlungsangebote bzw. Transparenzpflichten zu den bereits bestehenden Anforderungen hinzu. Es ist aber durchaus wahrscheinlich, dass Anbieter auf andere Grundlagen der Datenverarbeitung ausweichen, um auf Einwilligungen aus praktischen Gründen zu verzichten.

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Binding Corporate Rules

Wir erklären, was Binding Corporate Rules sind und welche Voraussetzungen sie unter der DS-GVO erfüllen müssen.

Binding Corporate Rules

Einführung

Häufig haben Unternehmensgruppen, die international tätig sind und mit selbständigen Einheiten in unterschiedlichen Ländern auch außerhalb Europas agieren, ein großes Interesse daran, personenbezogene Daten der gesamten Unternehmensgruppe verfügbar zu machen. Für eine solche internationale Datenübermittlung kommen besondere Vorschriften der DS-GVO zum Tragen. Denn in der Regel wird der Transfer in mindestens ein Land erfolgen, in dem kein angemessenes Datenschutzniveau besteht, so dass der Transfer in die besagten Länder, einer weiteren Rechtfertigung bedarf, um die Mängel hinsichtlich des Datenschutzniveaus auszugleichen.

Zum einen kann eine Angemessenheitsentscheidung der Europäischen Kommission nach Art. 45 Abs. 3 DS-GVO ergehen, wie es im Falle des EU-US Privacy Shield passiert ist, wenn hinreichende Garantien bestehen, dass ein vergleichbares Schutzniveau im Drittland herrscht. Fehlt es an einem solchen vergleichbaren Schutzniveau, darf keine Angemessenheitsentscheidung getroffen werden und das entsprechende Land gilt als sog. Unsicherer Drittstaat. In diesem Fall kommen die Garantiemaßnahmen des Art. 46 Abs. 2 DS-GVO in Betracht. Zu nennen sind hierbei die Möglichkeit von rechtlich bindenden und durchsetzbaren Dokumenten zwischen den Behörden oder öffentlichen Stellen, Standarddatenschutzklauseln, die von der Kommission erlassen wurden, genehmigten Zertifizierungsmechanismen gem. Art. 42 DS-GVO oder verbindliche interne Datenschutzvorschriften, auf Englisch Binding Corporate Rules (BCR) genannt. 

Binding Corporate Rules vor der DS-GVO 

BCR sind Unternehmensrichtlinien, zu deren Einhaltung sich ein im Hoheitsgebiet der EU niedergelassener Verantwortlicher im Hinblick auf grenzüberschreitende Datenverarbeitung verpflichtet und die in der Form eines Gruppenvertrages alle einbezogenen Unternehmenseinheiten binden und für diese einen verbindlichen Datenschutzstandard schaffen. Auch vor der Normierung der Binding Corporate Rules in den Art. 46, 47 DS-GVO, wurde von diesem Instrument Gebrauch gemacht. Bereits 82 Unternehmen haben sich seit 2002 BCR von den Aufsichtsbehörden genehmigen lassen. Rechtlich gestützt waren diese Maßnahmen auf Art. 26 Abs. 2 DSRL, der jedoch keinen ausdrücklichen Hinweis auf diese Form einer Garantiemaßnahme zur Legitimation von Datenübermittlungen in Drittländer enthält. Mangels einer expliziten Nennung der BCR als zulässiges datenschutzrechtliches Instrument, griff der deutsche Gesetzgeber diese Möglichkeit in § 4 c Abs. 2 BDSG auf, während ganz im Gegenteil dazu in Portugal BCR überhaupt nicht als Übermittlungsgrundlage anerkannt waren. Angesichts dessen, ist die klare Normierung mit detaillierten Voraussetzungen zu Inhalt und Verfahren in der neuen DSGVO sehr praxisfreundlich ausgefallen. 

Voraussetzungen für zulässige BCR 

Art. 46 Abs. 1 DS-GVO gewährt eine Datenübermittlung in unsichere Drittstaaten, wenn der Verantwortliche geeignete Garantien vorsieht und dem Betroffenen durchsetzbare Rechte und wirksame Rechtsbehelfe zur Verfügung gestellt werden. Diese Voraussetzungen gelten für alle Garantiemaßnahmen des Art. 46 Abs.2, während in Art. 47 DS-GVO zur Zulässigkeit von Binding Corporate Rules engere Voraussetzungen gezogen werden: Zum einen müssen die internen Datenschutzvorschriften für alle Mitglieder der Unternehmensgruppe bindend sein, dazu können vertragliche Vereinbarungen zwischen den Unternehmensteilen oder einseitige Erklärungen oder Verpflichtungen des Mutterunternehmens eingesetzt werden, allerdings müssen auch die Beschäftigten beispielsweise durch Verpflichtungen in Arbeitsverträgen mit bedacht und auf Einhaltung und Durchsetzung der BCR verpflichtet werden. Zum anderen müssen die betroffenen Personen ausdrücklich durchsetzbare Rechte in Bezug auf die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingeräumt bekommen, das bedeutet, sie müssen verfahrensrechtliche Möglichkeiten eingeräumt bekommen, um die Einhaltung der BCR durch die Datenschutzbehörden oder durch Gerichte durchsetzen zu können. Als dritte Voraussetzung nennt Art. 46 Abs. 1 DS-GVO, dass die in Absatz 2 genannten Voraussetzungen eingehalten werden müssen. Unter den genannten 14 Voraussetzungen sind folgende Angaben aufgeführt, die in den verbindlichen internen Datenschutzvorschriften enthalten sein müssen: 

  1. Struktur und Kontaktdaten der Unternehmensgruppe 
  2. Detaillierte Informationen über die Datenübermittlung, einschließlich Zweck der Datenverarbeitung, Art der betroffenen Personen und betroffenes Drittland 
  3. Interne und externe Rechtsverbindlichkeit der betreffenden internen Datenschutzvorschriften
  4. Angaben zur Anwendung der allgemeinen Datenschutzgrundsätze 
  5. Rechte der betroffenen Personen, Drittbegünstigungsklauseln 
  6. Der Verantwortliche und die haftende Stelle muss erkennbar sein 
  7. Informationspflichten über Art und Umfang der Betroffenenrechte 
  8. Aufgaben des Datenschutzbeauftragten oder einer anderen überwachenden internen Stelle 
  9. Beschwerdeverfahren 
  10. Bestehende Verfahren zur Überprüfung der Einhaltung der BCR 
  11. Verfahren für die Meldung und Erfassung von Änderungen der Vorschriften und ihre Meldung an die Aufsichtsbehörde 
  12. Verfahren für die Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden 
  13. Meldeverfahren an zuständige Aufsichtsbehörde über nachteilige rechtliche Bestimmungen in einem Drittland 
  14. Geeignete Datenschutzschulungen für Personal mit ständigem oder regelmäßigem Zugang zu personenbezogenen Daten

Genehmigungsverfahren 

Sind all diese Voraussetzungen erfüllt, können die Durchführungsrechtsakte nach einem erfolgreichen Prüfverfahren nach Art. 93 Abs.2 DS-GVO seitens der Europäischen Kommission erlassen werden. Wird der Durchführungsrechtsakt mittels einer befürwortenden Stellungnahme und damit einer Zustimmung der Kommission erlassen, sind alle Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten durch das in Art. 63 DSGVO niedergelegte Kohärenzverfahren dazu verpflichtet die Binding Corporate Rules anzuerkennen. Dies dient der einheitlichen Rechtsanwendung und der Harmonisierung des europäischen Datenschutzrechts. 

Bewertung der Binding Corporate Rules 

Auffälligster Vorteil der Binding Corporate Rules ist die einheitliche Ausgestaltung in allen betroffenen EU-Mitgliedstaaten, sodass Unternehmen nicht mehr sog. Forum Shopping betreiben und von einem niedrigeren Datenschutzniveau anderer Länder profitieren können. Außerdem macht die anfängliche Genehmigung der BCR durch die Kommission, weitere Genehmigungen einzelner Datenübermittlungen überflüssig, sodass Prozesse unbürokratischer und schneller gestaltet werden können. Insbesondere negativ für die Unternehmen fällt auf, dass das Genehmigungsverfahren sehr umfangreich und zeitintensiv ausfällt. Da die Kommission ihre Entscheidung mit allen betroffenen Datenschutzbehörden der unterschiedlichen Länder abgleichen muss, liegt der zeitliche Aufwand bei mindestens 12 Monaten. Trotz allem stellt dieses Instrument eine gute Alternative zu einem fehlenden Angemessenheitsbeschluss oder anderen Instrumenten wie den Standardvertragsklauseln dar, um grenzüberschreitenden Datentransfer zu ermöglichen.

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Die Datenschutzfolgenabschätzung in der DS-GVO

Wir erklären, was unter einer Datenschutz-Folgenabschätzung nach Art. 35 DS-GVO zu verstehen ist und wann sie durchgeführt werden muss.

Die Datenschutz-Folgenabschätzung in der DS-GVO

Einführung

Was zuvor durch § 4 d Abs. 5 BDSG geregelt und unter dem Begriff der Vorabkontrolle bekannt war, wird ab Mai 2018 in Art. 35 DS-GVO wiederzufinden sein. Das neue Instrument der Datenschutz-Folgenabschätzung ist dem der Vorabkontrolle sehr ähnlich, wird aber einen deutlich weiteren Anwendungsbereich haben. Bisher war eine Vorabkontrolle regelmäßig dann durchzuführen, wenn die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten besondere Risiken für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen aufweist. Ein solches besonderes Risiko war laut Gesetzestext bei der Verarbeitung besonderer Arten personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG anzunehmen oder wenn die Verarbeitung dazu bestimmt ist, die Persönlichkeit des Betroffenen zu bewerten, etwa bei Assessment Centern, der Erstellung von Kundenprofilen oder Personalinformationssystemen. Die Pflicht zur Vorabkontrolle entfällt jedoch dann, wenn eine gesetzliche Pflicht zur Verarbeitung besteht, der Verantwortliche eine Einwilligung des Betroffenen eingeholt hat oder die Datenverarbeitung zur Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist. 

Art. 35 Abs. 1 DS-GVO formuliert die Pflicht zur Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung noch weiter: Liegt in der „Form der Verarbeitung, insbesondere bei Verwendung neuer Technologien, aufgrund der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen“, muss der Verantwortliche vorab die Folgen der beabsichtigten Verarbeitungsvorgänge abschätzen oder abschätzen lassen. 

Die folgenden Absätze konkretisieren die Voraussetzungen einer Durchführungspflicht: Während in Absatz 3 drei Fälle explizit genannt werden, in denen eine Folgenabschätzung notwendig wird, weist Absatz 4 und 5 die Aufsichtsbehörden dazu an, eine Liste zu erstellen, in denen die Verarbeitungsvorgänge ersichtlich werden, bei denen eine Folgenabschätzung erforderlich ist oder eben auch nicht erforderlich ist (sog. Positiv- und Negativ-Listen). Die Art. 29 Datenschutzgruppe, als gemeinsames Gremium der Datenschutzbeauftragten der Mitgliedstaaten, hat ihre Pflicht aus der DSGVO erfüllt und eine solche Liste und Leitlinien herausgegeben. 

Leitlinien der Art. 29 Datenschutzgruppe und ihre Kriterien 

Ziel des Arbeitspapiers der Art. 29 Datenschutzgruppe ist es, für Einheitlichkeit im Umgang mit der Datenschutz-Folgenabschätzung zu sorgen. Es soll eine einheitliche europäische Liste für Verarbeitungsvorgänge enthalten, bei denen eine Folgenabschätzung obligatorisch ist, sowie einheitliche Kriterien aufstellen, wann ein „hohes Risiko“ vorliegt und wann nicht und zusätzlich, unter welchen Umständen die Aufsichtsbehörde nach Art. 36 Abs. 1 DS-GVO informiert werden muss. Es soll den tatbestandlichen Prognoseentscheidungen, die typischerweise auf Unsicherheiten beruhen, einen einheitlichen und verlässlichen Rahmen bieten, der für alle Verantwortlichen als Orientierung und Absicherung dienen soll. 

Bevor die einzelnen Kriterien erläutert werden, stellt die Art. 29 Datenschutzgruppe klar, dass wenn ähnliche Technologien eingesetzt werden, um ähnliche Daten für einen ähnlichen Zweck zu sammeln, auch eine einheitliche Folgenabschätzung ausreicht. Die nachfolgenden Kriterien erläutern den Umfang und die Bedeutung der Formulierung des „voraussichtlich hohen Risikos für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen“ des Art. 35 Abs. 1 DS-GVO. Neben den exemplarischen Fällen des Art. 35 Abs. 3 DS-GVO, enthält das Arbeitspapier diese zehn Kriterien, die zu einer Folgenabschätzung führen können: 

  1. Bewertung und Scoring sowie Profiling von Daten, die Arbeitsleistung, wirtschaftliche Situation, Gesundheit, persönliche Vorlieben und Interessen betreffen. 
  2. Automatische Entscheidungsfindung mit rechtlichen oder ähnlichen Folgen für den Betroffenen, zum Beispiel wenn die Verarbeitung zum Ausschluss oder zur Diskriminierung von Betroffenen führt. 
  3. Systematische Überwachung, insbesondere die systematische Überwachung von öffentlich zugänglichen Bereichen. Ausschlaggebend ist hier, dass der Betroffenen nicht weiß, von wem er überwacht wird und wer als Verantwortlicher dahinter steht. Darüber hinaus kann es für den Betroffenen unmöglich sein, diese Art von Überwachung zu vermeiden. 
  4. Sensible Daten, wie sie in Art. 9 DS-GVO beschrieben werden und persönliche Daten mit Bezug zu Straftaten 
  5. Datenverarbeitung mit weitem Umfang, wobei der Erwägungsgrund 91 dazu herangezogen wird, um zu bestimmen, wann ein besonders umfangreicher Datenverarbeitungsvorgang vorliegt. Dabei ist die Anzahl der Betroffenen, die Menge oder der Umfang der Daten, die Dauer der Verarbeitung sowie die geographische Ausweitung der Verarbeitung in den Blick zu nehmen. 
  6. Datensätze, die zusammengestellt oder kombiniert wurden und aus unterschiedlichen Verarbeitungsvorgängen gewonnen wurden. 
  7. Daten, die gefährdete / schutzwürdige Personen betreffen, insbesondere im Hinblick auf wirtschaftliche Verluste, Identitätsdiebstahl oder -betrug oder andere immaterielle oder physische Schäden. Dieses Kriterium erfordert aufgrund des gehobenen Machtungleichgewichts zwischen Betroffenem und Verantwortlichem eine Folgenabschätzung, da dem Betroffenen keine effektive Möglichkeit zusteht zu wiedersprechen oder freiwillig zuzustimmen. 
  8. Innovative Nutzung oder technische Prozesslösungen, wie Beispielsweise die Kombination von Fingerabdrücken mit Gesichtserkennungssystemen. 
  9. Grenzüberschreitender Datentransfer außerhalb der Europäischen Union
  10. Wenn die Datenverarbeitung an sich die Betroffenen daran hindert ihre Rechte auszuüben oder von einer Dienstleistung Gebrauch zu machen.

Als Daumenregel stellt die Art. 29 Datenschutzgruppe auf, dass eine Folgenabschätzung erfolgen muss, sobald zwei dieser Kriterien kumulativ erfüllt sind; Ausnahmen natürlich vorbehalten. Und es gilt der Grundsatz, dass auch bei Unklarheit über die tatsächliche Erforderlichkeit der Folgenabschätzung die Durchführung in jedem Fall empfohlen wird, da die Folgenabschätzung ein hilfreiches Werkzeug ist, um eine Übereinstimmung mit dem Datenschutzrecht zu fördern. Die Durchführung muss vor Beginn des Verarbeitungsprozesses stattfinden. Die Folgenabschätzung muss mindestens die in Art. 35 Abs. 7 DS-GVO aufgezählten Elemente enthalten, also eine systematische Beschreibung der geplanten Verarbeitungsvorgänge und der Zwecke der Verarbeitung (a), eine Bewertung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Verarbeitungsvorgänge in Bezug auf den Zweck (b), eine Bewertung der Risiken für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen (c) und die zur Bewältigung der Risiken geplanten Abhilfemaßnahmen. Das Arbeitspapier der Art. 29 Datenschutzgruppe empfiehlt darüber hinaus auch die Dokumentation aller Schritte und Überwachung des gesamten Prozesses. 

Keine Folgenabschätzung ist dagegen ausdrücklich dann erforderlich, wenn kein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten für natürliche Personen besteht. Also dann wenn Natur, Umfang, Kontext und Zweck der Verarbeitung sehr ähnlich sind mit Verarbeitungsvorgängen, für die bereits eine Folgenabschätzung durchgeführt wurde. Oder auch wenn für die Verarbeitung eine Rechtsgrundlage besteht oder der Verarbeitungsvorgang auf der Liste der Aufsichtsbehörden zu finden ist, die alle folgenabschätzungsfreien Verarbeitungsvorgänge enthält.

Vergleich mit der Vorabkontrolle und dem „Standard-Datenschutzmodell“ 

Herzstück der Datenschutz Folgenabschätzung stellt die Bewertungsphase nach Art. 35 Abs. 7 lit. b und c DS-GVO dar. Sie gleicht die Verarbeitungsvorgänge, Zwecke und Risiken für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen mit den rechtlichen Vorgaben ab und entwickelt eine Relation zwischen der Eintrittswahrscheinlichkeit einerseits und der Schwere der möglichen Schäden für die Betroffenen andererseits. Dabei werden Gefahrenlagen und Gewährleistungsziele als Prüfungsmaßstab einbezogen, was sehr an das sog. Standard-Datenschutzmodell erinnert, welches die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder seit Herbst 2015 verwenden und welches auf den Voraussetzungen der Vorabentscheidung des § 4 d Abs. 5 BDSG beruht. Das Standard-Datenschutzmodell gibt dem Verwender eine Methode an die Hand, um Verarbeitungsvorgänge systematisch auf ihre Übereinstimmung mit dem geltenden Recht abzugleichen. Kernstück dieser Methode stellen die sechs Gewährleistungsziele dar. Diese Gewährleistungsziele streben eine normgerechte Verarbeitung durch technisch-organisatorische Maßnahmen an, sind aber nicht zu verwechseln mit den Schutzzielen, die in einigen Landesdatenschutzgesetzen enthalten sind. Während die ersten drei Gewährleistungsziele die Daten- und Informationssicherheit betreffen, sind die weiteren drei auf den Schutz der Betroffenen ausgerichtet: 

  • Verfügbarkeit: Begrifflich bedeutet Verfügbarkeit, dass die Daten zugänglich sein müssen, also ordnungsgemäß im vorgesehenen Prozess verwendet werden können. Sie müssen für den Berechtigten zugriffsbereit sein und die vorgesehenen Methoden müssen auf sie anwendbar sein. 
  • Integrität: Das Standard-Datenschutzmodell erklärt das Gewährleistungsziel der Integrität so, dass „informationstechnische Prozesse und Systeme die Spezifikationen kontinuierlich einhalten, die zur Ausübung ihrer zweckbestimmten Funktionen für sie festgelegt wurden“. Andererseits bedeutet dies auch, dass die Daten unversehrt, vollständig und aktuell bleiben. 
  • Vertraulichkeit: Keine Person darf personenbezogene Daten unbefugt zur Kenntnis nehmen. 
  • Nichtverkettung: Das Gewährleistungsziel der Nichtverkettung garantiert, dass Daten nur für den Zweck verarbeitet und ausgewertet werden, für den sie auch zweckgebunden erhoben wurden. 
  • Transparenz: Transparenz bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sowohl Betreiber als auch Kontrollinstanzen erkennen können, welche Daten für welchen Zweck in einem Verfahren erhoben und verarbeitet werden, welche Systeme und Zwecke genutzt wurden und wo der Datenfluss endet.
  • Intervenierbarkeit: Den Betroffenen müssen Rechte auf Benachrichtigung, Auskunft, Berichtigung, Sperrung und Löschung eingeräumt werden und die verantwortliche Stelle ist dazu verpflichtet, die eingeforderten Maßnahmen auch umzusetzen.

Anhand der Gewährleistungsziele ist erkennbar, dass das Standard-Datenschutzmodell die Betroffenenperspektive in den Mittelpunkt der Vorabentscheidung stellt, während die DS-GVO mit ihrer Folgenabwägung eher den Fokus auf das Schadensrisiko legt. Art. 35 Abs. 7 lit b und c DS-GVO stellt die „Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Verarbeitungsvorgänge in Bezug auf den Zweck“ und die Risiken für die Betroffenen in den Mittelpunkt, strebt also nach einem angemessenen Ausgleich zwischen legitimen Verarbeitungszielen und den möglichen Schäden für die Betroffenen. Auch wenn die gesetzlichen Anforderungen im BDSG und der DS-GVO ähnlich formuliert sind, so lässt sich doch in der Methodik eine Tendenz finden, vom bloßen Betroffenenschutz Abstand zu nehmen und den gerechten Ausgleich zwischen den gegenüberstehenden Interessen zu suchen. Das Standard-Datenschutzmodell kann als Vorreiter wichtige Impulse mitgeben und als Grundgerüst dienen, jedoch ist die Datenschutz-Folgenabschätzung als eigenständiges Instrument mit abweichender Schutzrichtung zu betrachten.

Folgen einer unterlassenen Folgenabschätzung 

Ist eine Folgenabschätzung oder eine Konsultation der Aufsichtsbehörde nach Art. 36 DS-GVO erforderlich, wird aber versäumt, so können auf den Verantwortlichen schwere Sanktionen zukommen. Nach Art. 83 Abs. 4 lit. a iVm Art. 39 DS-GVO kann dem Verantwortlichen ein Bußgeld in Höhe von 10 000 000 Euro oder im Falle eines Unternehmens von bis zu 2 % seines weltweit erzielten Jahresumsatzes drohen, je nachdem welcher der beiden Beträge höher ist. Alternativ können Maßnahmen der Aufsichtsbehörde nach Art. 58 DS-GVO verhängt werden.

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Datenschutz in Bildungseinrichtungen

Von der Kita bis zur Schule: Wir gehen auf den Datenschutz in Bildungseinrichtungen ein.

Datenschutz in Bildungseinrichtungen

Einführung

Im Datenschutz gilt: es dürfen keine personenbezogenen Daten erhoben, gespeichert und verarbeitet werden, soweit kein Gesetz dies erlaubt. Das regelt Art. 6 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Dieser Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann darauf zurückgeführt werden, dass jeder Mensch das Recht über seine Daten hat. Aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung kann abgeleitet werden, dass jedem Menschen die Freiheit zusteht, selber entscheiden zu können, welche Daten wem, wann und zu welchem Zweck zugänglich sind. Dieses Recht steht jedem Menschen zu. Problematisch ist dies allerdings dann, wenn es um Minderjährige geht, die in der Regel nicht die nötige Entscheidungsreife besitzen und abwägen können, inwiefern sie selbst über ihre Daten verfügen sollten. Daher sind in der Regel die Eltern des Kindes nach § 1626 Abs. 1 BGB zur elterlichen Sorge verpflichtet, was auch die Sorge für die Person des Kindes umfasst. Sie entscheiden für das Kind in Sachen Datenschutz und vertreten es auch nach außen gemäß § 1629 Abs. 1 BGB.

Als Ausnahme des Grundsatzes des Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt können Kitas bestimmte Datennutzungen auch ohne Einwilligungen durchführen. Hierzu zählt die Nutzung von personenbezogenen Daten, die zur Gewährleistung der Betreuung notwendig ist. Erlaubt ist demnach die Erhebung folgender Daten:

  • Name, Adresse, Geburtstag des Kindes
  • Name, Adresse und Kontaktdaten der gesetzlichen Vertreter (idR. Eltern)
  • Krankheiten, Allergien und Impfungen des Kindes
  • Kontaktdaten des Kinderarztes/ Hausarztes

Über die notwendigen Daten hinaus dürfen nur personenbezogene Daten verarbeitet werden, deren Verarbeitung durch einen gesetzlichen Erlaubnistatbestand oder eine DS-GVO-konforme Einwilligung nach Art. 7 DS-GVO gerechtfertigt wird.

Foto- und Videoaufnahmen

Ein wesentliches datenschutzrelevantes Thema rund um Schule und Kita ist der Bereich der Foto- und Videoaufnahmen. Fotos und Videos fallen unter die personenbezogenen Daten. In der Regel sind die Aufnahmen nicht für die Aufgabe der Schule, nämlich den Bildungsauftrag, erforderlich, sodass sie nicht „per se“ verarbeitet werden dürfen. Die Fotografie eines Kindergartenkindes oder Schülers bedarf also mangels gesetzlicher Ermächtigung einer Einwilligung.

Unter „diese Einwilligung“ fällt nicht automatisch auch die Veröffentlichung der Aufnahmen auf Homepages o.ä., weshalb es einer weiteren Einwilligung der Eltern dafür bedarf. Wichtig ist hier, dass sich die Einwilligung konkret auf den Zweck der Veröffentlichung auf der Homepage oder auch nur auf den Gemeinschaftsraum der Schule/Kita bezieht.

Während sich die Fotografie als solche nach den Vorschriften der DS-GVO richtet, findet im Bereich der Veröffentlichung von Fotos und Videos das Kunsturhebergesetz (§ 22 KUG) Anwendung. Inwiefern das KUG jedoch neben der DS-GVO anwendbar ist, ist umstritten. Hinsichtlich dieser Problematik gibt es bislang noch keine absolute Rechtssicherheit. Einer Stellungnahme des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat nach zu urteilen gilt das KUG in Bezug auf die Verbreitung von Foto- und Videoaufnahmen neben der DS-GVO. Danach bedarf es einer Einwilligung nach § 22 KUG, die im Vergleich aber geringere Anforderungen als die Einwilligung nach Art. 7 DS-GVO hat.

Aktuelles Ereignis: Kita schwärzt Kinderfotos aus DS-GVO Panik

Kürzlich sorgte eine katholische Kindertagesstätte für mediales Aufsehen, als sie Erinnerungsfotoalben an den ältesten Jahrgang verteilte, die Fotos allerdings zuvor durch Edding geschwärzt hatte, sodass jeweils nur das Kind zu sehen war, dem das Erinnerungsfotoalbum geschenkt wurde. Die Kita begründete ihr Handeln mit einer Vorbeugung von Klagen aufgrund der DS-GVO. Dieses profane Mittel, stellte jedoch gleichzeitig eine sehr radikale Vorgehensweise dar und ist wohl als Widerspruch zu der tatsächlichen Absicht eines Erinnerungsfotoalbums anzusehen.  Als ein „milderes Mittel“ hätte es hier bereits ausgereicht die Einwilligung der Eltern für den Abdruck und die Verteilung einzuholen. Da es sich in dem Spezialfall um eine katholische Kindertagesstätte handelte, ist das speziellere Gesetz über den Kirchlichen Datenschutz (KDG) vor der DS-GVO anzuwenden. Aber auch nach dem KDG ist eine Einwilligung einzuholen, welche sich bis auf eine Formvorschrift bei §§ 6, 8 KDG nicht von der DS-GVO Vorschrift unterscheidet.

Alte Einwilligungen

Wurden bereits vor Inkrafttreten der DS-GVO am 25. Mai 2018 Einwilligungen der Eltern von Kindern eingeholt, sind diese nicht automatisch anwendbar, sondern müssen auf ihre Konformität mit der DS-GVO geprüft werden. Nur wenn die „alte“ Einwilligung auch die Voraussetzungen des Art. 7 DS-GVO erfüllt, kann sie auch weiterhin als Rechtsgrundlage für Datenverarbeitungen genutzt werden.

Digitalisierung in der Schule

Häufig nutzen Lehrer im Zeitalter der Digitalisierung bei der Unterrichtsgestaltung digitale Medien. Einige Beispiele dafür sind Clouds und digitale Klassenbücher. Auch hier gilt: ohne eine gesetzliche Ermächtigung oder Einwilligung dürfen nur die personenbezogenen Daten verarbeitet werden, die erforderlich sind. Darüber hinaus dürfen weitere Daten von Schülern nur genutzt werden, wenn das Gesetz das vorschreibt oder die Eltern für ihre Kinder darin eingewilligt haben.

Schülerfotos zur Namenseinprägung

So manch ein Lehrer ist zu Beginn eines Schuljahres mit der Fülle an neuen Schülern überfordert und macht es sich schwer, die Namen der Schüler zu lernen. Kommt ein Lehrer auf die Idee, Schülerfotos mit Sitzplänen zu erstellen, ist das aus datenschutzrechtlicher Sicht insofern problematisch, als dass die Lehrer dafür wohl im seltensten Fall eine Einwilligung der Eltern eingeholt haben dürften. Die klassische Form von Namensschildern, die aufgestellt werden, erscheint insofern nach wie vor als bewährtes Mittel.

Schulfotos

Jedes Jahr ist es zu Beginn eines neuen Schuljahres soweit: der Fotograf kommt. Indem der Schulfotograf (nach erteilter Einwilligung der Eltern) Bilder von den Schülern anfertigt, handelt er immer noch im Weisungsbereich der Schule. Die Schule hat dafür einzustehen, dass die durch die Fotografie erhobenen personenbezogenen Daten der Schüler weiterhin umfassend geschützt werden. Dafür hat die Schule mit dem engagierten Fotograf einen Auftragsverarbeitungsvertrag anzufertigen, indem der Fotograf sich verpflichtet, die Anforderungen der DS-GVO einzuhalten.

Fazit

Es kann unstreitig festgestellt werden, dass sich in Bezug auf die Themen Kita und Schule viele datenschutzrechtliche Hürden ergeben. Die Besonderheit ergibt sich daraus, dass zwar jede Kita und jede Schule anders ausgerichtet sein mag, allerdings das Thema Datenschutz überall zur Anwendung kommt. Nichtsdestotrotz bleibt es eine Frage des Einzelfalles. Haben Sie daher Fragen rund um dieses Thema, dann helfen wir Ihnen sehr gerne.

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Schadensersatzansprüche nach der DS-GVO

Wir erklären, welche Schadensersatzansprüche bei Verstößen gegen die DS-GVO entstehen und wann überhaupt ein Schaden vorliegt.

Schadensersatzansprüche nach der DS-GVO

Einleitung

Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sorgt seit Mitte des Jahres 2018 für ein strengeres Datenschutzrecht in der EU. Dabei gilt die Verordnung nach Art. 288 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweisen der europäischen Union (AEUV) unmittelbar und auch vorrangig gegenüber nationalen Datenschutzgesetzen. Der europäische Gesetzgeber entschied sich in der DS-GVO auch für die Normierung von Schadensersatzansprüchen, nach welchen der Verantwortliche somit direkt haftet. Im alten Datenschutzrecht ergaben sich für den Betroffenen Schwierigkeiten hinsichtlich des Nachweises eines Schadens, sodass ein Verstoß in der Praxis zivilrechtlich bislang häufig sanktionslos blieb. Nun hat der europäische Gesetzgeber seinen Willen klar geäußert, neben öffentlich-rechtlichen Regelungen zur Prävention und Sanktion im Rahmen des Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, verbunden mit seinem Recht an den eigenen Daten, auch die zivilrechtlichen Instrumente zu erweitern.

Schadensersatzanspruch aus Art. 82 Abs. 1 DS-GVO

Art. 82 Abs. 1 DS-GVO räumt jeder Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DS-GVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter ein. Konkretisiert wird der Schadensersatzanspruch

Anspruchsberechtigter ist somit jeder von einer Datenverarbeitung Betroffene, dem ein Schaden aufgrund eines Verstoßes gegen die DS-GVO entstanden ist. Die Anspruchsberechtigung ist nicht auf nationale Bürger begrenzt, vielmehr kann jeder EU-Ausländer tauglicher Anspruchssteller sein. Anspruchsberechtigte Betroffene können nur „natürlichen Personen“ sein, juristische Personen sind nicht anspruchsberechtigt. Dies geht aus der Definition des Begriffs  „Betroffener“ in Art. 4 Nr. 1 DS-GVO hervor, wonach nur identifizierbare „natürliche Personen“ in den Schutzbereich fallen sollen. Eine Ausnahme dessen in Form des Schutzes nach Art. 7 und 8 der EU-Grundcharta hat der EuGH lediglich in dem Fall bejaht, dass der Name eine oder mehrere natürliche Personen bestimmt.

Anspruchsgegner ist der für die Datenverarbeitung Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter. Nach Art. 82 Abs. 4 DS-GVO haften diese gesamtschuldnerisch, wonach der Anspruchsberechtigte ein Wahlrecht hat, wen er in Anspruch nimmt. Die Gesamtschuldner können nach Art. 82 Abs. 5 DS-GVO einen Innenausgleich vornehmen.  Art. 82 Abs. 2 DS-GVO regelt eine Privilegierung des Auftragsverarbeiters, wonach dieser entschuldigen kann. 

Ein Verstoß gegen die DS-GVO kann grundsätzlich jede Verletzung einer Pflicht des Verantwortlichen sein. Die DS-GVO legt dem Verantwortlichen eine Vielzahl an Pflichten auf. Dazu gehören beispielsweise Informationspflichten nach Art. 12 ff. DS-GVO, Dokumentationspflichten nach Art. 30 DS-GVO und Meldeverpflichtungen an die Aufsichtsbehörde bei Datenschutzverletzungen nach Art. 33 f. DS-GVO.

Hinsichtlich des Verschuldens für den Umstand, durch welchen der Schaden eingetreten ist, sieht  Art. 82 Abs. 3 DS-GVO eine Beweislastumkehr vor. Dafür muss der Verantwortliche oder der Auftraggeber nachweisen, dass er für den Umstand, durch den der Schaden eingetreten ist, nicht verantwortlich ist. Demnach ist der Schadensersatzanspruch zwar  verschuldensabhängig, allerdings ist der Maßstab sehr streng. Denn der Anspruchsgegner  haftet zunächst einmal vollumfänglich für jede schadensstiftende Handlung. Haftungsbeschränkungen oder Bagatellgrenzen kennt die DS-GVO nicht.

Abzuwarten bleibt, inwieweit ein potentielles Mitverschulden des Betroffenen zu berücksichtigen sein wird, etwa bei Verwendung eines zu simplen oder zu kurzen Passworts durch den Betroffenen.

Die Beweislast für eine Behauptung trägt nach dem deutschen Recht grundsätzlich derjenige, für den die geltend gemachte Tatsache günstig ist. Macht die betroffene Person also einen Schadensersatzanspruch geltend, so trägt sie die Beweislast für alle Voraussetzungen des haftungsbegründenden Tatbestandes. Da Betroffene dies aber in der Regel nicht hinreichend belegen können, scheiterten diverse Ansprüche des Betroffenen gegen den Verantwortlichen nach dem alten Datenschutzrecht. Dies wollte der Verordnungsgeber nun ändern und verteilte die Beweislast nach der DS-GVO neu. Nach dem in Art. 5 Abs. 2 DS-GVO zugrunde gelegten Rechenschaftsprinzip und nach Art. 24 Abs. 1 DS-GVO muss der Verantwortliche die Einhaltung seiner Pflichten nachweisen können. In der Konsequenz führt das unter Umständen zu einer Beweislastumkehr von erheblicher Bedeutung im Rahmen eines zivilrechtlichen Prozesses um den Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DS-GVO. Wie die Gerichte die Beweislast der DS-GVO handhaben, bleibt abzuwarten. Ferner ist bislang noch nicht ersichtlich, inwiefern Zertifizierungen nach Art. 42, 43 DS-GVO, die mit den Aufsichtsbehörden abgestimmt sind, als Entlastungsbeweis genügen.

Die Verletzungshandlung muss zudem ursächlich für den Schaden sein. Wer Ursächlichkeit der Rechtsverletzung für den eingetretenen Schaden beweisen muss, ist nicht geregelt.

Schaden

Weitere Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs nach der DS-GVO ist freilich das Bestehen eines Schadens. Ausdrücklich genannt wird neben materiellen Schäden auch der immaterielle Schaden. Nach Erwägungsgrund 146 sei der Begriff des Schadens weit auszulegen. Damit gemeint ist auch, dass Schadensersatzforderungen abschrecken und weitere Verstöße unattraktiv machen sollen. Genannt werden  Diskriminierung, Identitätsdiebstahl oder -betrug, Rufschädigung, Verlust der Vertraulichkeit von dem Berufsgeheimnis unterliegenden personenbezogenen Daten oder unbefugte Aufhebung der Pseudonymisierung. Daneben werden andere gesellschaftliche Nachteile genannt, welche sich zu einem materiellen Schaden verwirklichen können oder anderweitige finanzielle Verluste und erhebliche wirtschaftliche Nachteile.

Zur Berechnung materieller Schäden sind nationale Grundsätze heranzuziehen. Zu beachten ist hierbei, dass die Effektivität des durch europäische Gesetzgebung geregelten Schadensersatzanspruchs nicht beeinträchtigt werden darf (Stichwort „Abschreckung“), was für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich hohe Schadenssummen zur Folge haben kann. Materielle Schäden sind in Deutschland nach der Differenzmethode zu berechnen. Dabei ist die Vermögenslage des Geschädigten mit und ohne schädigende Handlung zu vergleichen. Beispielhaft zu nennen sind etwa die Nichtgewährung eines Kredits aufgrund falscher Bonitätsdaten oder Anwaltshonorare, welche zur Durchsetzung von materiellen oder immateriellen Schäden erforderlich waren.

Auch hinsichtlich der auszuurteilenden Schadenshöhe gilt nationales Recht. Nach § 287 ZPO entscheidet das Gericht nach freier Überzeugung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls über die Höhe des Schadens. Dafür bedarf es aber Anhaltspunkte, an die das Gericht anknüpfen kann.

Fazit

Der in der DS-GVO normierter Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DS-GVO schützt die betroffene Person weitreichender und sicherer als das alte Datenschutzrecht. Das Recht des Betroffenen auf Schadensersatz stellt ein nicht zu unterschätzendes wirtschaftliches Risiko dar. Dies gilt vor allen Dingen unter Beachtung des Umstandes, dass zu ersetzende Schäden schlechterdings mit der Gesamtzahl der betroffenen Personen zu multiplizieren sind.

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Die Datenschutz-Grundverordnung: Was müssen Amazon-Händler wissen?

Überall hört man nur eins: Die DS-GVO gilt ab dem 25. Mai 2018! Doch was steckt dahinter? Wir erklären, was sich für Amazon-Händler ändert und was im Hinblick auf die DS-GVO zu beachten ist.

Die Datenschutz-Grundverordnung: Was müssen Amazon-Händler wissen?

Was ist die Datenschutz-Grundverordnung?

Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) ist eine Verordnung der Europäischen Union zur Sicherstellung des Schutzes personenbezogener Daten innerhalb der EU und zur Gewährleistung des freien Datenverkehrs innerhalb des Europäischen Binnenmarktes. Die Verordnung bedarf keines Umsetzungsgesetzes, sondern gilt unmittelbar ab dem 25. Mai 2018 in den Mitgliedstaaten. Es gilt der Erlaubnisvorbehalt, nach dem die Verarbeitung personenbezogener Daten grundsätzlich verboten ist, es sei denn es greift eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung oder der Betroffene hat in die Verarbeitung ausdrücklich eingewilligt (Art. 6 DS-GVO). 

Bin ich als Amazon-Händler von der DS-GVO betroffen? 

Nach Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 2 DS-GVO unterfällt jeder der DS-GVO, der personenbezogene Daten von in der EU befindlichen Personen verarbeitet. Es ist also unerheblich, ob der Händler in der EU niedergelassen ist oder nicht. Die DS-GVO gilt nicht nur für Unternehmen, die ihren Sitz in der EU haben, ebenso gibt es keine Privilegierung für kleinere Händler. Personenbezogene Daten von juristischen Personen unterfallen nicht dem Schutz der DS-GVO, so dass B2B-Geschäfte zwischen dem Amazon-Händler und Kapitalgesellschaften, eingetragenen Vereinen und Personengesellschaften nicht unter die DS-GVO fallen, wenn nur die juristischen Personen unter ihrer Firmierung und nicht die dahinter stehenden natürlichen Personen adresseiert werden. Einigen sich ein Amazon-Händler und ein Kunde über den Abschluss eines Kaufvertrags, so kommt sowohl Amazon als auch der Amazon-Händler mit den personenbezogenen Daten des Kunden in Berührung. Somit sind auch die Amazon-Händler zur Einhaltung der DS-GVO verpflichtet. Wann konkret eine Datenverarbeitung vorliegt, bestimmt Art. 4 Nr. 2 DS-GVO: unter den Begriff der Datenverarbeitung fallen beispielsweise die Erhebung, Erfassung, Organisation, Ordnung, Speicherung, Anpassung oder Veränderung, Auslesung, Abfragung, Verwendung, Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder andere Form der Bereitstellung, Abgleich oder Verknüpfung, Einschränkung, Löschung und Vernichtung von personenbezogenen Daten.

Welche Änderungen kommen mit der DS-GVO auf Amazon-Händler zu? 

Die folgenden Pflichten für Amazon-Händler existieren bislang schon nach dem Bundesdatenschutzgesetz, durch die DS-GVO kann die Nichteinhaltung dieser Pflichten aber zu schmerzhaften Strafen führen. Die maximale Geldbuße beträgt bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu 4% des gesamten weltweit erzielten Umsatzes im vorangegangenen Geschäftsjahr.

Dokumentationspflicht 

Ein Verarbeiter unterliegt nun der Pflicht, ein Verzeichnis über seine Verarbeitungstätigkeiten zu führen (Art. 30 Abs. 1, 2 DS-GVO). Dokumentiert werden müssen die Kontaktdaten des Verantwortlichen, der Zweck der Verarbeitung, die Kategorien der betroffenen Personen und Daten, die Empfänger der verarbeiten Daten, eine ggf. stattfindende Übermittlung der Daten ins Ausland, die Löschungsfristen sowie die zur Datenverarbeitung verwendeten technischen und organisatorischen Maßnahmen. Zudem hat der Verantwortliche eine Datenschutz-Folgenabschätzung zu dokumentieren, sofern diese erforderlich ist nach Art. 35 Abs. 1 S. 1 DS-GVO. Die Pflicht zur Dokumentation entfällt aber nach Art. 30 Abs. 5 DS-GVO, wenn das Unternehmen des Amazon-Händlers weniger als 250 Mitarbeiter hat und es nicht zu einer Verarbeitung besonders sensibler Daten im Sinne des Art. 9 DS-GVO kommt. 

Auftragsdatenverarbeitung und Übertragung in Drittländer

Amazon-Händler bedienen sich üblicherweise verschiedener zusätzlicher Tools zur Erleichterung ihres Arbeitsalltags. In der Regel kommt es dadurch zu weiteren Datenverarbeitungen, beispielsweise über den Amazon Marketplace Web Service. Diese weiteren Verarbeitungen stellen möglicherweise Auftragsdatenverarbeitungen dar, bei denen Amazon-Händler nur mit Auftragsverarbeitern arbeiten dürfen, die sich nach Art. 28 DS-GVO richten. Zusätzliche Besonderheiten ergeben sich dann, wenn der Datentransfer in ein nichteuropäisches Land fließt, dass zudem kein sogenanntes „sicheres Drittland“ ist. Das sind die Staaten, die die Europäische Kommission nicht als ein dem europäischen Datenschutz entsprechendes Drittland erklärt hat. Dazu zählen unter anderem auch die USA.

Behördliche Rechenschaftspflicht 

Ein Verantwortlicher unterliegt nach Art. 5 Abs. 2 DS-GVO der Pflicht, die Einhaltung aller grundlegenden Datenschutzprinzipien auf behördliche Anforderung nachzuweisen.

Widerrufsmöglichkeit der Einwilligung 

Eine weitere Neuerung stellt die zu gewährleistende Widerrufsmöglichkeit von erteilten Einwilligungen durch den Betroffenen nach Art. 7 Abs. 3 S. 4 DS-GVO dar. 

Auskunftsrechte Betroffener 

Einem Betroffenen, dessen personenbezogene Daten verarbeitet wurden, räumt die DS-GVO einige Auskunftsrechte ein. Dazu gehören ein Recht auf Löschung (Art. 17 DS-GVO), aber auch Auskunftsrechte über die Datenspeicherung und-verarbeitung (Art. 15 DS-GVO) sowie ein Recht auf Berichtigung bei unrichtigen personenbezogenen Daten (Art. 16 DS- GVO). Ein Betroffener kann sich bei Nichteinhaltung dieser Pflichten durch den Händler an die Behörden zur Durchsetzung seiner Rechte wenden, welche wiederrum dann ein Verfahren gegen den Amazon-Händler eröffnet. Nach Art. 12 Abs. 3 DS-GVO verkürzt sich die Frist zur Stellungnahme durch den Verantwortlichen auf einen Monat. 

Datenschutzerklärung 

Aufgrund des deutlich eingeschränkten Gestaltungs- und Entscheidungsspielraums für Amazon-Händler durch bindende Vorgaben von der Plattform Amazon, wie beispielsweise die Zahlungsmethoden, ist die erforderliche Datenschutzerklärung für Amazon-Händler um einiges weniger umfangreich. Dennoch gilt es, bereits bestehende Datenschutzerklärungen den Anforderungen der DS-GVO anzupassen. Ein Beispiel ist die Verlinkung sämtlicher Schaltflächen auf die aktualisierte Datenschutzerklärung sowie diverse Anpassungen bei Plug-Ins und Social-Media-Buttons. Eine bestätigte Kenntnisnahme der Datenschutzerklärung durch den Kunden wird allerdings nicht gefordert und es reicht ein Hinweis. 

Wann muss ein Datenschutzbeauftragten ernannt werden?

Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Amazon-Händler verpflichtet sein, einen Datenschutzbeauftragten zu benennen. Dieser Pflicht unterliegt er gem. Art. 37 DS-GVO, wenn seine Kerntätigkeit in der Durchführung von Verarbeitungstätigkeiten besteht, also die Datenverarbeitung ein zentraler Bestandteil der unternehmerischen Tätigkeit ist, und eine systematische Überwachung von Personen erforderlich macht (Art. 37 Abs. 1 lit. b DS-GVO) oder die Kerntätigkeit besteht in der umfangreichen Verarbeitung besonderer Datenkategorien (Art. 37 Abs. 1 lit. c DS-GVO). In erster Linie fällt darunter beispielsweise die Verarbeitung von Gesundheitsdaten im Krankenhaus, so dass Amazon-Händler mit dem vorrangigen Zweck der Vertragsabwicklung, aber auch der Werbung in der Regel nicht von der Pflicht betroffen sind.

Fazit

Auch wenn die ab dem 25. Mai 2018 geltende DS-GVO auch Amazon-Händlern mit bislang geltendem Recht größtenteils übereinstimmt, bringt sie dennoch einige Veränderungen für Online-Händler mit sich, die im Ergebnis zur Stärkung der Betroffenenrechte führen. Zusammenfassend werden Amazon-Händler sich u.a. mit neuen Dokumentationspflichten, behördlichen Rechenschaftspflichten, stärker ausgeprägten Auskunftsrechten von Betroffenen und der Widerrufsmöglichkeit von Einwilligungen durch den Betroffenen auseinander setzen müssen.

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EuGH zum Fluggastdaten-Abkommen mit Kanada: So nicht!

Wie erläutern, warum das Fluggastdaten-Abkommen mit Kanada aus Sicht des EuGH keinen ausreichenden Datenschutz bietet.

EuGH zum Fluggastdaten-Abkommen mit Kanada: So nicht!

Vorgeschichte des Abkommens 

Zwischen der Europäischen Union und Kanada besteht seit 2006 ein Abkommen über die Übermittlung und Verarbeitung von erweiterten Fluggastdaten und Fluggastdatensätzen, wonach die Fluggesellschaften, die Personen nach Kanada fliegen, erweiterte Fluggastdaten und Fluggastdatensätze an die zuständigen kanadischen Behörden übermitteln dürfen und gegebenenfalls müssen. Gleichzeitig wurde in Art. 1 des Abkommens von 2006 gewährleistet, dass die Weitergabe von den genannten Daten unter uneingeschränkter Achtung grundlegender Rechte und Freiheiten, insbesondere des Rechts auf Privatsphäre erfolgt. Auf dieser Grundlage entschied die Europäische Kommission gem. Art. 25 Abs. 2 RL 95/46/EG, dass das Abkommen einen angemessenen Schutz böte. Diese Entscheidung und damit auch die Geltungsdauer des Abkommens lief im September 2009 aus, sodass im folgenden Jahr die Verhandlungen über ein neues Fluggastdatenabkommen aufgenommen wurde und am 5. Dezember 2013 beschloss der Rat die Unterzeichnung des neuen, wenn auch umstrittenen, Abkommens und ersuchte die Zustimmung des Parlaments zu diesem Entwurf. Das Parlament jedoch legte das Abkommen dem EuGH vor und bat um ein Gutachten nach Art.218 Abs.11 AEUV, welches der EuGH nun am 26. Juli 2017 verkündet hat. Ein solches Gutachten über die Vereinbarkeit mit europäischem Recht bzw Zustimmungsfähigkeit eines internationalen Abkommens wurde bisher noch nie erbeten und stellt damit schon rein verfahrenstechnisch eine Besonderheit dar. 

Inhalt des geplanten Abkommens 

Wesentlicher Inhalt des Abkommens ist die Übermittlung und Verarbeitung von Fluggastdatensätzen, sog. Passenger Name Records, oder kurz: PNR-Daten. Das Abkommen sieht vor, dass die Fluggesellschaften bei Flügen zwischen Kanada und der EU die erhobenen Daten an die zuständigen kanadischen Behörden übermitteln dürfen, welche diese dann verarbeiten können. Dies alles zum Zwecke der Verhinderung und Aufdeckung von terroristischen Straftaten oder anderer grenzüberschreitender schwerer Kriminalität. Dabei gilt ein Speicherungszeitraum von 5 Jahren im Zielland und die gesammelten Daten lassen dabei Rückschlüsse auf den Reiseverlauf, Reisegewohnheiten, Beziehungen zwischen den Fluggästen sowie die finanzielle Situation, Essgewohnheiten und gesundheitlichen Zustand der Fluggäste zu. Das Europäische Parlament wandte sich mit zwei Fragen an den EuGH, in denen es erfragte, ob das Abkommen mit den Bestimmungen der Verträge (Art. 16 AEUV) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Art. 7, Art. 8 und Art. 52 Abs. 1) bezüglich des Rechts auf den Schutz personenbezogener Daten vereinbar sei. Und die zweite Frage, bezog sich auf die zutreffende Rechtsgrundlage, denn das Europäische Parlament war sich nicht darüber einig, ob Art. 82 Abs. 1 Buchst. d und Art. 87 Abs. 2 Buchst. a AEUV oder Art. 16 AEUV die zutreffende Rechtsgrundlage darstelle. 

EuGH pocht auf Schutz personenbezogener Daten

Obwohl das Abkommen grundsätzlich zulässig sei, kommt der EuGH dennoch zu dem Ergebnis, dass es in seiner jetzigen Form so nicht geschlossen werden dürfe, weil einzelne Bestimmungen nicht mit den Grundrechten aus der Grundrechtecharta vereinbar seien. Die Speicherungsdauer von 5 Jahren stelle einen besonders großen Zeitraum dar. Die Speicherung, Verwendung und Weitergabe zwischen kanadischen, europäischen und ausländischen Behörden greife in das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens sowie in das Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten ein. Diese Eingriffe könnten jedoch gerechtfertigt sein durch die Verfolgung eines dem Gemeinwohl dienenden Ziels, welches hier die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit im Rahmen der Bekämpfung terroristischer und grenzübergreifender schwerer Kriminalität darstellt. Allerdings stellte das Gericht fest, dass einige Bestimmungen im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung problematisch erscheinen: Zum einen fehlt es an einer Rechtfertigung für diejenigen Bestimmungen, die die Übermittlung von sensiblen Daten – darunter sind Daten über die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinung, religiöse oder philosophische Überzeugung oder die Gewerkschaftszugehörigkeit zu verstehen – ermöglichen, da das Risiko einer gegen das Diskriminierungsverbot verstoßenden Verarbeitung besonders präzise und fundierte Rechtfertigungsgründe erfordere, welche aber nicht gegeben sind. 

Darüber hinaus legt der EuGH fest, dass sich das Ausmaß der Befugnisse auf das absolut Notwendige beschränken müsse. Im Falle der Einreise und des Aufenthalts der Fluggäste in Kanada sei ein hinreichender mittelbarer Zusammenhang zum verfolgten Ziel vorhanden, so dass die Speicherung nicht über das absolut Notwendige hinausgeht. Besteht bei den Fluggästen aber weder bei ihrer Ankunft in Kanada noch während ihres Aufenthalts oder ihrer Ausreise der Verdacht einer Gefahr im terroristischen Bereich, ist eine weitere dauerhafte Speicherung ihrer Daten für einen Zeitraum von 5 Jahren nicht erforderlich, da kein mittelbarer Zusammenhang zwischen ihren PNR-Daten und dem verfolgten Ziel bestehe, sodass eine Rechtfertigung hier fehlt. 

Abschließend arbeitet das Gericht einige Änderungsvorgaben heraus, unter deren Berücksichtigung ein überarbeiteter Entwurf zulässig wäre. Darunter fällt zum einen die Forderung, dass einige der zu übermittelnden PNR-Daten klarer und präziser definiert werden müssen, ebenso müssen die in der automatisierten Verarbeitung von PNR-Daten verwendeten Modelle spezifischer und zuverlässiger und keinesfalls diskriminierend sein. Es dürfen außerdem nur Datenbanken gebraucht werden, die im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung eingerichtet wurden. Zur Weitergabe an Nicht-EU-Länder durch kanadische Behörden gibt der EuGH vor, dass eine solche Weitergabe nur möglich ist, wenn ein ähnliches Abkommen mit entsprechendem Schutzniveau zwischen der EU und diesem Staat gilt. Außerdem müssen den betroffenen Fluggästen Informationsrechte eingeräumt und eine unabhängige Kontrollstelle zur Überwachung eingerichtet werden. 

Die Frage nach der zutreffenden Rechtsgrundlage beantwortet der EuGH dahingehend, dass das Abkommen auf beiden Rechtsgrundlagen, also Art. 82, 87 AEUV (justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und polizeiliche Zusammenarbeit) sowie auf Art. 16 AEUV (Schutz personenbezogener Daten) fußen muss, da zwei gleichrangige, untrennbar miteinander verbundene Ziele verfolgt werden. 

Kritik 

Von Datenschützern zwar uneingeschränkt begrüßt, löst das Gutachten des EuGH teilweise auch Kritik aus. Denn die Folge ist: Wird kein neues Abkommen geschlossen, gilt das Abkommen von 2006 unverändert weiter, welches mindestens genauso überprüfungsbedürftig sei wie der aktuelle Entwurf. Durch die Änderungsvorgaben des EuGH werde jetzt aber nun der Zeitraum verlängert, in dem das alte Abkommen gelte, das keinen besseren Schutz biete.

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Zulässigkeit von Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Wir beleuchten das Urteil des OVG Saarlouis zur Videoüberwachung am Arbeitsplatz.

Zulässigkeit von Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Einführung

Schon im März 2017 hatte der Deutsche Bundestag das sog. Videoüberwachungsverbesserungsgesetz verabschiedet, welches am 5. Mai 2017 in Kraft getreten ist. Das seit Mai 2018 geltende Bundesdatenschutzgesetz (BDSG neu) enthält dabei die inhaltlich gleiche Neuregelung der Videoüberwachung. Die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume darf nur unter den in § 4 BDSG (neu) geregelten Voraussetzungen vorgenommen werden. § 4 BDSG betrifft dabei den Einsatz von optisch-elektronischen Einrichtungen. Hiervon werden sowohl analoge als auch digitale Beobachtungstechnik erfasst, sowie Fotoapparate oder Mobiltelefone mit integrierter Kamera. Eine Anwendung von § 4 BDSG kann nur dann erfolgen, wenn die Videoüberwachung zum Zwecke der Beobachtung vorgenommen wird. § 4 BDSG umfasst dabei ausschließlich die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume. Es wird unterschieden zwischen dem Regelfall und den Bereichen mit besonderem Gefahrenpotenzial. Das OVG Saarlouis hat mit Urteil vom 14.12.2017 (2 A 662/17) in einem Rechtsstreit entschieden, der die Videoüberwachung zur Wahrnehmung des Hausrechts betraf. Hierauf wird abschließend eingegangen.

§ 4 BDSG (neu)

§ 4 Abs. 1 BDSG enthält dabei die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Videoüberwachung. Die Beobachtung ist demnach zulässig, soweit sie zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen (Nr. 1), zur Wahrnehmung des Hausrechts (Nr. 2) oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkrete festgelegte Zwecke erforderlich sind (Nr. 3). Hierbei handelt es sich um drei Zweckbestimmungen, die geeignet sind eine Beobachtung zu rechtfertigen.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BDSG muss die Videobeobachtung erforderlich sein. Die Erforderlichkeit einer Überwachungsmaßnahme ist grundsätzlich dann gegeben, wenn sie geeignet ist, das mit der Überwachung verfolgte Ziel tatsächlich zu erreichen. Zusätzlich darf kein anderes Mittel ersichtlich sein, das gleich wirksam, aber die betroffene Person weniger in ihren Rechten beeinträchtigt. Maßgeblich im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Videoüberwachungsmaßnahme ist also die Abwägung zwischen den mit der Überwachung verfolgten Zwecken und dem Grad der Schutzwürdigkeit der Interessen des Betroffenen. Bei der vorzunehmenden Abwägung ist insbesondere darauf zu achten, ob der jeweilige Bereich öffentlich zugänglich ist oder nicht.

Nach § 4 Abs. 3 BDSG darf eine Speicherung oder Verwendung von nach Absatz 1 erhobenen Daten nur dann erfolgen, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht überwiegen. Gemäß § 4 Abs. 4 BDSG besteht auch eine Informationspflicht gegenüber der von der Videoüberwachungsmaßnahme betroffenen Person. Einer Pflicht zur Löschung der Daten muss nach § 4 Abs. 5 BDSG dann nachgegangen werden, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind.

Urteil des OVG Saarlouis

Das OVG Saarlouis hat mit Urteil vom 14.12.2017 (2 A 662/17) in einem Rechtsstreit über die Frage entschieden, ob die erfolgte Videoüberwachung zur Wahrnehmung des Hausrechts und berechtigter Interessen erfolgte und somit eine Rechtfertigung der Beobachtung vorliegt. In dem dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt hatte der Eigentümer einer Apotheke aufgrund eines zu verzeichnenden und nicht erklärbaren Verlusts in Höhe von 40.000€ eine Videoüberwachung eingerichtet. Die Überwachung umfasst dabei sowohl die Verkaufsräume der Apotheke, als auch den nicht öffentlich zugänglichen Bereich und eine Überwachung der Beschäftigten selbst. Die Mitarbeiter haben ihre Einwilligung zur Aufstellung der Videokameras erteilt. Die Aufstellung der Videokameras wurde von dem Unabhängigen Datenschutzzentrum des Saarlandes untersagt. Hiergegen klagte der betroffene Apotheker. Das OVG Saarlouis gab dieser Klage zum Teil statt.

Videoüberwachung des Verkaufsraums

Die Videoüberwachung des Verkaufsraumes sollte den Schutz des Klägers vor weiteren Diebstählen bezwecken. Dieser Zweck stellt einen Fall der Wahrnehmung des Hausrechts i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 2 BDSG dar. Das Gesetz enthält jedoch keine Definition des Hausrechts. In Rechtsprechung und Literatur erfolgt dabei eine weite Auslegung. Bei Zugrundelegung einer weiten Auslegung zählen Maßnahmen, die geeignet sind zur Gewährleistung eines Eigentumsschutzes beizutragen, zur Wahrnehmung des Hausrechts. Bezogen auf den vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass die potentiellen Straftäter durch eine Videoüberwachung massiv abgeschreckt werden können. Nach Auffassung des Gerichts überwiegt damit das Interesse des Eigentümers am Schutz seines Eigentums. Überdies kann der Kläger sich vorliegend auch auf § 4 Abs. 1 Nr. 3 BDSG berufen. Es waren genügend Anhaltspunkte gegeben, die den Schluss auf einen Diebstahl zulassen und eine permanente Beobachtung des Raumes nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 BDSG damit erforderlich machten.

Videoüberwachung des nicht öffentlich zugänglichen Bereichs

Die Videoüberwachung der Arbeitsräume und damit des nicht öffentlich zugänglichen Bereichs ist aufgrund der eingeholten Einwilligung der Beschäftigten zu bejahen. Grundsätzlich kommen im Rahmen der Videoüberwachung nicht-öffentlicher Räume die allgemeinen Erlaubnistatbestände in Betracht (Bsp.: Art. 6 DS-GVO, insbesondere Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO).

Videoüberwachung der Beschäftigten

Im Rahmen der Videoüberwachung der Beschäftigten kann im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen werden, dass ein möglicherweise strafbares Verhalten eines oder mehrerer Mitarbeiter ursächlich für den eingetretenen Verlust ist.

Das OVG Saarlouis hob folglich die Anordnung der Datenschutzbehörde auf (Urteil vom 12.12.2017, Az. 2 A 662/17).

Fazit

Für die Frage der Zulässigkeit der Videoüberwachung kommt es zunächst auf das Vorliegen eines Zwecks nach § 4 Abs. 1 BDSG an. Damit steht auch bei dem Urteil des OVG Saarlouis das Gebot der Zweckbindung im Fokus. Nachfolgend liegt der Schwerpunkt dann auf der Prüfung der Intensität des aus der Überwachung resultierenden Grundrechtseingriffs. Im Rahmen dieser Abwägung sind u.a. Art und Umfang der erfassten Informationen, den betroffenen Personenkreis und die Alternativen zur Videoüberwachung.

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