Muss ich als Onlinehändler über die Herstellergarantie informieren?

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Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) vom 10.11.2022, Az.: I ZR 241/19

Onlinehändler

Wann und inwieweit muss ich als OnlineHändler über die Herstellergarantie informieren?

Einleitung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich kürzlich (Urt. v. 10.11.2022, Az.: I ZR 241/19) zu dieser Fragestellung geäußert. Ausgangspunkt war ein langjähriger Gerichtsstreit zwischen einem Online-Händler von Schweizer Offiziersmessern und einem Mitbewerber.

Der Händler verklagte seinen Mitbewerber auf Unterlassung, weil er die Informationen seines Mitbewerbers zur Herstellergarantie des Taschenmessers für unzureichend hielt. Die Herstellergarantie war auf der Angebotsseite selbst nicht erwähnt, sondern fand sich lediglich in dem angefügten Produktinformationsblatt des Herstellers.

Der interessierte Kunde konnte auf das Produktinformationsblatt nur zugreifen, wenn er auf der Angebotsseite unter der Zwischenüberschrift „Weitere technische Informationen“ befindlichen, als „Betriebsanleitung“ bezeichneten Link anklickte. In dem verlinkten Produktinformationsblatt des Herstellers fand sich sodann die Garantieerklärung, im Anschluss an die Erläuterungen zu den Funktionen und der Pflege des Taschenmessers.

In diesem Verhalten sah die Klägerin ein unlauteres Verhalten, verursacht durch einen Verstoß gegen die Pflicht zur vorvertraglichen Information der Verbraucher über die Bedingungen dieser Garantie.

Das erstinstanzliche Landgericht (LG) Bochum hatte die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm allerdings verurteilte im Berufungsverfahren den Beklagten antragsgemäß.

Schließlich musste sich der BGH mit den Kriterien befassen, wann eine Herstellergarantie ein zentrales oder entscheidendes Merkmal der Interpräsentation eines Angebotes ist.

Dieser hob das Berufungsurteil des OLG Hamm auf und wies die Berufung zurück an des LG Bochum. Denn im vorliegenden Streitfall war die Herstellergarantie kein wesentliches Merkmal des Angebots, da diese nur beiläufig erwähnt wurde und der Beklagte kein verbindliches Versprechen einer Herstellergarantie abgegeben wollte.  

Deswegen stellte das Verhalten des beklagten Konkurrenten keinen Verstoß dar. 

Inhaltlich entspricht das Urteil des BGH einem dem europäischen Gerichtshof vorgelegten Vorabentscheidungsverfahren, in dem der EuGH (C-179/21) urteilte, dass eine Informationspflicht nur dann besteht, wenn ein interessierter Kunde hinsichtlich des Vertragsschlusses ein berechtigtes Interesse daran habe, vom Verkäufer Informationen über die Herstellergarantie zu erhalten.

Was gilt für mich als Onlinehändler? Wann liegt ein berechtigtes Interesse vor?

Grundsätzlich gilt gem. § 479  BGB, Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG und
Art. 17 Abs. 2 Satz 3 der Richtlinie (EU) 2019/771, dass eine Informationspflicht über den Gegenstand und den Inhalt einer Herstellergarantie entsteht, wenn der Unternehmer dem Verbraucher ein verbindliches Angebot auf Abschluss eines Garantievertrags gemacht hat.

Das bedeutet, dass das bloße Bestehen einer Herstellergarantie noch keine Informationspflicht auslöst.

Eine Informationspflicht besteht immer dann, wenn ein Händler die Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht. Erst dann liegt ein berechtigtes Interesse des interessierten Käufers an der Garantieinformation vor.

Das ist beispielsweise dann erfüllt, wenn der Händler mit der Herstellergarantie verbindlich wirbt oder sie in irgendeiner Form im Angebot benannt wird, dass der interessierte Käufer sie zum Inhalt seiner Kaufentscheidung macht. In diesen Fällen ist das objektive Schutzbedürfnis des Verbrauchers vorrangig. Erfolgt hingegen nur eine beiläufige Erwähnung der Herstellergarantie, die der Händler gerade nicht rechtlich verbindlich erklären will, dann ist dieser nicht verpflichtet weitere Informationen zur Herstellergarantie bereitzustellen.

Insoweit muss immer im Einzelfall bewertet werden, ob der Online-Händler durch die Wiedergabe einer Garantieerklärung in seinem Angebot eine Herstellergarantie in vertragsmäßig bindender Weise abgeben will.

Hat die Richtlinie des europäischen Parlaments vom 30.03.2022 Auswirkungen auf die Entscheidung?

Die Freude könnte jedoch nur von kurzer Dauer sein, weil das Europäische Parlament eine neue EU-Richtlinie (RL 2022/0092) vorgeschlagen hat, die eine umfassende Informationspflicht für Online-Händler plant.

Ziel ist die Stärkung von Verbraucherrechten gegen unlautere Praktiken durch Bereitstellung besserer Informationen hinsichtlich aller Warenarten. Es geht insbesondere um die Bereitstellung von Informationen über das Bestehen und die Laufzeit einer gewerblichen Haltbarkeitsgarantie des Herstellers für alle Warenarten bzw. das Fehlen einer solchen Garantie bei energiebetriebenen Waren.

Die Richtlinie wurde noch nicht erlassen. Bisher erfolgte nur eine Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses mit ein paar Änderungswünschen hinsichtlich der Ansprüche über die Informationspflicht.

Sobald eine Veröffentlichung der Richtlinie im europäischen Amtsblatt erfolgt, haben die Mitgliedstaaten 18 Monate Zeit, um entsprechende Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Folglich bleibt für die Umsetzung der Händler noch etwas Zeit.

Fazit

Die Urteile des EuGH und BGH sorgen in der vorliegenden Problematik vorerst für Rechtssicherheit, ob überhaupt eine grundsätzliche Informationspflicht über die Herstellergarantie von Online-Händler besteht.

Für Online-Händler gilt somit, dass eine Informationspflicht nur entsteht, wenn der Händler sie wesentlich in seinem Produktangebot integriert und nicht bloß einen werblichen Hinweis auf ein mögliches künftiges Angebot des Herstellers auf Abschluss eines Garantievertrags darstellt.

Allerdings können hinsichtlich der genannten Abgrenzungskriterien vom EuGH in der Praxis Schwierigkeiten auftreten. Wann genau ein zentrales und entscheidendes Merkmal des Angebots vorliegt oder es sich nur um eine beiläufige Erwähnung handelt, muss im Einzelfall abgewogen werden.

Daher sind die Händler gut beraten, entweder ganz auf die Nennung der Herstellergarantie zu verzichten oder dem Käufer spätestens bei Vertragsschluss alle wichtigen Informationen zur bestehenden Herstellergarantie mitzuteilen.

Des Weiteren ist das Inkrafttreten der oben benannten Richtlinie abzuwarten. Sofern diese in Kraft tritt, werden wir Sie hier über die aktualisierten Informationspflichten aufklären.

Bei Fragen zu diesem Thema stehen wir Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung.

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EuGH: Fluggesellschaften sind zu transparenten Preisangaben verpflichtet

Wir erklären, welche Preisbestandteile bereits vor der Flugbuchung im Endpreis enthalten sein müssen.

EuGH: Fluggesellschaften sind zu transparenten Preisangaben verpflichtet

Einleitung

Oftmals treffen Verbraucher auf sehr günstige Flugpreise, um dann im Nachhinein festzustellen, dass zu den vermeintlich sehr günstigen Preisen noch erhebliche Kosten dazukommen und der tatsächliche Endpreis sehr von dem zunächst angegebenen Preis abweicht. Im Rahmen des Verbraucherschutzes muss die Preisgestaltung transparent sein, um stark beschönigte Flugpreise zu verhindern.

Grundlage dieses Artikels ist ein langjähriger Rechtsstreit zwischen einer irischen Billigfluggesellschaft und der italienischen Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde. Letztere war bereits 2011 der Ansicht, dass die Preisangaben des Luftfahrtunternehmens nicht transparent seien, sodass mehrere Bußgelder verhängt wurden. Nach Ansicht der Aufsichtsbehörde fehlte bei den Preisangaben eine Auflistung und Nennung von Check-in Kosten, der Mehrwertsteuer sowohl für Inlandsflüge als auch für fakultative Zusatzleistungen, sowie Gebühren für Kreditkartenzahlungen mit einer anderen als der von der Fluggesellschaft bevorzugten Kreditkarte. Die Fluggesellschaft klagte schließlich vor den italienischen Verwaltungsgerichten. Sie sah in den bereits benannten Kosten fakultative Zusatzkosten, die nicht von vornherein angegeben werden müssten.

Das italienische Verwaltungsgericht gab der Aufsichtsbehörde Recht, sodass das Luftfahrtunternehmen Rechtsmittel einlegte und der Fall zum italienischen Staatsrat ging. Dieser rief nun den EuGH an, um eine Auslegung des Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 (Verordnung über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft) zu erlangen. Es ging um die Klärung der Frage, ob die betreffenden Preisbestandteile bei einer Preisangabe noch vor der Buchung angegeben werden müssen.

Obligatorische oder fakultative Kosten?

Gem. Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 müssen der Öffentlichkeit zugängliche Flugpreise stets den Endpreis sowie alle anfallenden unvermeidbaren Zusatzkosten wie Steuern und Gebühren, Zuschläge und Entgelte enthalten. Es ist zwischen obligatorischen und fakultativen Kosten zu unterscheiden.

Im vorliegenden Rechtsstreit kommt es nun gezielt darauf an, ob die betreffenden Preisbestandteile obligatorisch sind, sodass sie bei der Veröffentlichung des Endpreises mitangegeben werden müssen, oder ob sie fakultativ im Sinne der Verordnung sind. Wenn letzteres der Fall ist, müssen die Kostenbestandteile erst zu Beginn des jeweiligen Buchungsvorgangs offengelegt werden.

Obligatorische Kosten im Sinne des Art. 23 Abs. 1 S. 2, 3 der Verordnung Nr. 1008/2008 sind solche, die unvermeidbar und von vornherein vorhersehbar sind. Demgegenüber sind fakultative Kosten nach Art. 23 Abs. 1 S. 4 der Verordnung Nr. 1008/2008 optionale Kosten für eventuelle Zusatzleistungen, die von den jeweiligen Kunden auf opt-in-Basis hinzubuchbar sind. Der EuGH ergänzt, dass dies vor allem Dienste sind, die für die Beförderung der Fluggäste weder zwingend noch unerlässlich sind, sodass der Kunde die Wahl hat, diese anzunehmen oder abzulehnen. 

Entscheidung des EuGH (Urt. v. 23.04.2020 – Az. C-28/19)

Nach Ansicht des EuGH ist nicht direkt davon auszugehen, dass Check-in Kosten als unvermeidbar und obligatorisch einzustufen sind, nur weil ein Check-in an sich unumgänglich ist. Es müsse den Luftfahrtunternehmen überlassen werden, ob sie den Fluggästen mehrere, ggf. kostenlose und kostenpflichte Arten des Check-ins zur Verfügung stellen. Sofern eine Fluggesellschaft neben einem kostenpflichten Check-in auch einen gebührenfreien Check-in anbiete, seien die Check-in Kosten keine obligatorischen Kosten, sondern nur fakultative Zusatzkosten. Dies liege daran, dass der Verbraucher dann selbst entscheiden könne, welche Art des Check-ins er wählt. Check-in Gebühren seien nur dann obligatorisch, wenn alle angebotenen Arten des Check-ins für den Verbraucher kostenpflichtig sind. In diesem Fall müsse der Verbraucher stets Gebühren für den Check-in entrichten, sodass die Kosten als unvermeidbar und vorhersehbar im Sinne des Art. 23 Abs. 1 S. 2, 3 der Verordnung Nr. 1008/2008 anzusehen seien.

Der EuGH beruft sich bezüglich der Mehrwertsteuer für Inlandsflüge darauf, dass Steuern explizit in Art. 23 Abs. 1 S. 2, 3 der Verordnung Nr. 1008/2008 als obligatorische Kosten genannt sind, sodass sie stets als unvermeidbar und vorhersehbar anzusehen sind. Die für Inlandsflüge anfallende Mehrwertsteuer würde anhand von nationalen Vorschriften erhoben und automatisch bei jedem Buchungsvorgang eines Inlandsfluges berechnet werden. Demnach müsse sie im bereits vor dem Buchungsvorgang veröffentlichten Endpreis enthalten sein.

Letzteres gelte jedoch nicht für die Mehrwertsteuer für jegliche Leistungen. Nach Ansicht des EuGH ist danach zu differenzieren, wofür die Mehrwertsteuer erhoben wird. Die Mehrwertsteuer für fakultative Zusatzleistungen sei gerade kein obligatorischer Preisbestandteil, weil sie nicht vorhersehbar sei. Es sei nicht von vornherein klar, welche Zusatzleistungen der Kunde buchen möchte und dementsprechend auch nicht, in welcher Höhe die Mehrwertsteuer ausfalle. Die jeweiligen Steuern würden folglich untrennbar mit der Buchung der jeweiligen Zusatzleistungen zusammenhängen und würden deswegen nur fakultative Zusatzkosten darstellen (Art. 23 Abs. 1 S. 4 der Verordnung Nr. 1008/2008). Die jeweils anfallende Mehrwertsteuer müsse sodann erst nach Auswahl der jeweiligen Zusatzleistungen angegeben werden.

Zuletzt ging es um die anfallenden Gebühren, wenn mit einer anderen, als der von dem Luftfahrtunternehmen bevorzugten Kreditkarte gezahlt wird. Nach Ansicht des EuGH stellen diese Gebühren vorhersehbare Kosten dar, weil sie lediglich auf die Politik der Fluggesellschaft in Hinblick auf die Zahlungsweise selbst zurückzuführen sind. Diese Verwaltungsgebühren wären für den Verbraucher vermeidbar, wenn er die bevorzugte Kreditkarte zur Zahlung verwende. Solche Zusatzkosten könnten jedoch nicht gleich als fakultativ anzusehen sein, wenn die Wahl, die dem Verbraucher geboten wird, von einer von der Fluggesellschaft vorgegebenen Bedingung abhänge und die Leistung nur für einen bestimmten Kreis privilegierter Verbraucher gebührenfrei sei und für die anderen Verbraucher stets zusätzliche Kosten anfallen würden. Daraus folgt laut EuGH, dass die Gebühren „fremder“ Kreditkarten auch als unvermeidbar einzustufen sind und sie deshalb einen obligatorischen Preisbestandteil im Sinne des Art. 23 Abs. 1 S. 2, 3 der Verordnung Nr. 1008/2008 darstellen.

Fazit

Es ist festzuhalten, dass nach Auffassung des EuGH die Check-in Gebühren, sofern es keine kostenfreie Möglichkeit für den Check-in gibt, sowie die Mehrwertsteuer für Inlandsflüge und Verwaltungsgebühren für Kreditkartenzahlungen mit einer anderen als von der Fluggesellschaft bevorzugten Kreditkarte, als obligatorische Kosten im Sinne der Verordnung anzusehen sind. Diese Kosten müssten im Rahmen einer Flugbuchung übers Internet direkt im angezeigten Endpreis enthalten sein. Demgegenüber seien Check-in Kosten, sofern auch eine kostenlose Möglichkeit des Check-ins zur Verfügung stehe, sowie die Mehrwertsteuer auf optionale Zusatzleistungen fakultative Preisbestandteile. Diese Kostenbestandteile müssten folglich erst am Anfang des Buchungsvorgangs offengelegt werden.

Die Luxemburger Richter verlangen nun eine verstärkte Transparenz von Flugpreisen, um dem Verbraucherschutz gerecht zu werden. Es sollen stark beschönigte Preisangaben in Zukunft verhindert werden.

Der EuGH hat mit seinem Urteil nur auf Antrag des italienischen Gerichts die EU-Verordnung ausgelegt, um europarechtliche Rechtsfragen vorab zu klären. Mit dem Urteil wurde nicht der Rechtsstreit entschieden. Dies obliegt nun den italienischen Verwaltungsgerichten. Es ist jedoch anzunehmen, dass sich die italienischen Gerichte an dem Urteil des EuGH orientieren und ähnlich entscheiden werden.

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BGH: Bewertungsportal darf Bewertungen weiterhin filtern und aussortieren

Gute News für das Bewertungsportal YELP, denn laut BGH-Urtial darf weiterhin gefiltert und sortiert werden. Wir erklären die Hintergünde.

BGH: Yelp darf Bewertungen weiterhin filtern und aussortieren

Einleitung

Bewertungsplattformen im Internet können den Erfolg eines Unternehmens erheblich beeinflussen – auf positive sowie negative Weise. Welche Punkte dabei zu beachten sind, haben wir in einem Blogeintrag bereits thematisiert. Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte nun über einen Streitfall, in dem eine Fitnessstudiobetreiberin aus München gegen das Bewertungsportal yelp.de klagte.

Die Klägerin hatte auf der Bewertungsplattform nur eine Durchschnittsbewertung von 2,5 Sternen aus zwei Bewertungen, bei dieser Durchschnittsbewertung wurden von Yelp 24 (überwiegend positive) Bewertungen eines Fitnessstudios der Klägerin jedoch nicht berücksichtigt. Die Klägerin fühlte sich hiervon ungerecht behandelt und beklagt, dass ihre Studios darunter leiden würden. Sie ist der Meinung, dass Yelp willkürliche Filter zur Sortierung der Bewertungen verwendet und hierdurch ein verzerrtes und falsches Gesamtbild entsteht. Deshalb verlangt sie vom Online-Bewertungsportal Schadensersatz wegen Verletzung ihres Unternehmerpersönlichkeitsrechts, eines Eingriffs in ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§ 823 Abs. 1 BGB) und einer Kreditgefährdung (§ 824 Abs. 1 BGB). Yelp hingegen hält sein Geschäftsmodell mitsamt des Bewertungsfilters für zulässig.

Das Landgericht (LG) München wies die Klage zunächst ab. In der Berufungsinstanz sprach das Oberlandesgericht (OLG) München der Klägerin jedoch einen Schadensersatzanspruch zu. Der BGH entschied nun in letzter Instanz und hob das Urteil des OLG München wieder auf.

Geschäftsmodell von Yelp

Auf der Bewertungsplattform yelp.de können Nutzer Bewertungen zu Unternehmen verschiedenster Art abgeben. Die Bewertungsskala reicht von einem bis zu fünf Sternen und Nutzer können ebenfalls einen Erfahrungsbericht verfassen. Im Anschluss ermittelt Yelp die Durchschnittsanzahl an Sternen, die direkt angezeigt wird, wenn ein Besucher des Portals auf ein jeweiliges Unternehmen klickt. Bei der Durchschnittsanzahl an Sternen werden jedoch nicht alle abgegebenen Bewertungen berücksichtigt. Anhand eines Algorithmus sortiert Yelp die abgegebenen Bewertungen und differenziert zwischen „empfohlenen“ und „nicht empfohlen“ Rezensionen. In die Durchschnittsbewertung fallen letztlich nur die „empfohlenen“ Bewertungen, die Yelp für besonders authentisch und hilfreich empfindet. Die anderen, zu dem Zeitpunkt noch „nicht empfohlenen“ Bewertungen sind allerdings ebenfalls für die Portalbesucher am Ende der Seite über einen Link abrufbar. Yelp hat bisher seinen Algorithmus nicht freigelegt, da dies nach eigenen Angaben ein Teil ihres Geschäftsgeheimnisses ist. Dennoch sind einzelne Kriterien für den Filter bekannt, unter anderem die Qualität und die Vertrauenswürdigkeit der Beiträge sowie die bisherige Aktivität des Verfassers. Ziel der eingesetzten Filtersoftware sei es, gefälschte Rezensionen und Gefälligkeitsbewertungen zu identifizieren und nicht in die angezeigte Durchschnittsbewertung einfließen zu lassen.

Entscheidung des BGH (Urt. v. 14.01.2020, Az. VI ZR 495/18)

Die Klägerin rügte zunächst, dass es für die Portalnutzer nicht ersichtlich sei, dass nicht alle abgegebenen Bewertungen in die Durchschnittsanzahl an Sternen ihrer Fitnessstudios einfließen. Der BGH stellt auf die Sicht eines verständigen Nutzers der Bewertungsplattform ab und ist der Auffassung, dass ein solcher erkennen kann, dass es sich bei der Durchschnittsbewertung nicht um den Durchschnitt aller angegebenen Bewertungen handelt, sondern nur um die von Yelp als gut und hilfreich eingestuften. Dies sei auf der Webseite ausreichend erkennbar. Darüber hinaus seien alle anderen, momentan als „nicht empfohlen“ eingestuften Rezensionen ebenfalls am Ende der Webseite über einen Link abrufbar und dem Verbraucher somit auch zugänglich.

Des Weiteren bezeichnete die Klägerin der Algorithmus von Yelp als willkürlich. Es gäbe aus ihrer Sicht keinen triftigen Grund dafür, dass etliche (positive) Bewertungen ihrer Fitnessstudios als „nicht empfohlen“ eingestuft und somit von der Gesamtbewertung ausgeschlossen wurden. Der BGH ist jedoch der Ansicht, dass die Unterteilung in „empfohlen“ und „nicht empfohlen“ von der Berufs- und Meinungsfreiheit des Online-Unternehmens erfasst ist. Yelp bewerte die Unternehmen nicht selbst, sondern lediglich die abgegebenen Bewertungen der Nutzer und filtere diese. Yelp bleibe bezüglich der bewerteten Unternehmen neutral. Die Tatsache, dass Yelp die Kriterien seines Algorithmus nicht offenlegt, sei ebenfalls nicht schädlich und führe nicht zu einem verzerrten, willkürlichen Gesamtbild. Der Filter sei zulässigerweise ein Teil des Geschäftsgeheimnisses von Yelp. Es komme zudem bei Bewertungsportalen gerade darauf an, dass nicht alle Filter bekannt sind, sodass manipulierte und gefälschte Bewertungen effektiv ausgesiebt werden können. Dies sei nicht nur zulässig, sondern auch im Interesse der Nutzer des Portals, damit diese sich auf authentische und echte Bewertungen anderer Verbraucher verlassen zu können. Yelp sei also nicht verpflichtet, sämtliche Filterkriterien seiner Bewertungssoftware preiszugeben.

Laut BGH überwiegen die schutzwürdigen Interessen von Yelp. Der Vorsitzende Richter Stephan Seiters ist der Meinung, dass „ein Gewerbetreibender […] Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmen [muss]“.

Fazit

Alles in allem stärkt das Urteil nicht nur die Rechte von Online-Bewertungsportalen, sondern ist auch im Interesse der Verbraucher. Letztere können sich aufgrund des eingesetzten Algorithmus auf authentische und echte Bewertungen auf der Bewertungsplattform verlassen und werden weniger von gefälschten Bewertungen geblendet.

Es ist jedoch umstritten, ob es sich bei dem Urteil um eine Grundsatzentscheidung handelt oder um eine Einzelfallentscheidung bezogen auf das konkrete Geschäftsmodell von yelp.de. Es ist zunächst festzuhalten, dass der BGH einzelfallbezogen die Geschäftspraxis von Yelp unter die Lupe nahm, dennoch gibt es einige andere Bewertungsplattformen, die – ähnlich wie Yelp – die abgegebenen Rezensionen filtern und nicht alle in ihre Gesamtbewertungen aufnehmen. Auf solche, ähnliche Plattformen, sei das Urteil gegebenenfalls in einigen Aspekten entsprechend anzuwenden. Jedoch kommt es immer auf den Einzelfall und das entsprechende Geschäftsmodell an.

Das Urteil stößt bereits auf einige Kritik. Es wird von verschiedenster Seite die Annahme des BGH bemängelt, dass Nutzer sofort erkennen würden, dass in die Gesamtbewertung nicht alle abgegebenen Bewertungen einfließen. Dies würde auf die meisten Nutzer gerade nicht zutreffen. Sie würden in der schnelllebigen Realität wahrscheinlich nur die direkt angezeigte (gefilterte) Durchschnittsbewertung wahrnehmen und nicht erkennen, dass dieser nicht alle abgegebenen Bewertungen zugrunde liegen.

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Weiterverkauf gebrauchter E-Books ohne Zustimmung des Urhebers rechtswidrig

EuGH setzt auf ein faires Urheberrecht. Öffentliche Wiedergabe statt Second-Hand-Markt für „gebrauchte“ E-Books.

EuGH: Weiterverkauf gebrauchter E-Books ist ohne Zustimmung des Urhebers rechtswidrig

Einleitung

Dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19.12.2019 (C-263/18) liegt ein Rechtsstreit zweier niederländischer Verlagsverbände (NUV und GAU) und einem niederländischen Online-Händler von „gebrauchten“ E-Books (TomKabinet.nl) zugrunde.

Tom Kabinet schafft einen virtuellen Markt für bereits gelesene E-Books. Interessenten können sich für den sog. Leseklub der Website des Online-Händlers registrieren und somit die E-Books für wenig Geld herunterladen. Zudem werden die Mitglieder des Leseklubs dazu aufgefordert, bereits gelesene E-Books anschließend wieder an die Second-Hand-Plattform zurück zu verkaufen. Hierbei war lediglich erforderlich, dass die Kunden dem Online-Händler zusichern, dass sie das entsprechende E-Book vollständig gelöscht haben und keine Kopien zurückgeblieben sind.

Zwei niederländische Verlagsverbände hatten schließlich gegen die Verkaufspraxis von Tom Kabinet geklagt. Sie waren der Ansicht, der Second-Hand-Handel stelle eine unbefugte öffentliche Wiedergabe der E-Books dar, wobei Tom Kabinet der Auffassung war, der Handel in Form des Leseklubs stünde einer Verbreitung gleich und unterliege somit dem Erschöpfungsgrundsatz. Zunächst wurde die Klage von zwei Amsterdamer Gerichten abgewiesen. Schließlich wandten sich die Verlagsverbände an ein Gericht in Den Haag, welches den EuGH bei der Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG, die sich vordergründlich mit der Harmonisierung des Urheberrechts beschäftigt, um Hilfe bat.

Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe?

Für die rechtliche Beurteilung ist erheblich, ob der Handel mit „gebrauchten“ E-Books eine Verbreitungshandlung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstellt oder unter den Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG fällt.

Die Bereitstellung von Werken im Internet stellt in der Regel eine öffentliche Wiedergabe dar und umfasst grundsätzlich Werke nicht körperlicher Art. Für die öffentliche Zugänglichmachung oder Wiedergabe des Werkes bedarf es stets der Zustimmung oder Erlaubnis des Urhebers oder des jeweiligen Rechteinhabers. Das Verbreitungsrecht findet hingegen auf körperliche Werke Anwendung und schließt beispielsweise den Verkauf eines Buches ein. Die Verbreitung eines Werkes unterliegt dem Erschöpfungsgrundsatz. Demnach sind die Verwertungsrechte an einem erstmalig in der EU oder dem EWR verbreiteten Werkes erschöpft, sodass ein Weiterverkauf durch den Erwerber vom Urheber nicht mehr untersagt werden kann, geschweige denn dessen Erlaubnis eingeholt werden muss. Das bedeutet, dass der Urheber der Werke, die mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht wurden, nicht mehr bestimmen kann, was weiterhin mit ihnen geschieht.

Die Einordnung des Weiterverkaufs von bereits gelesenen E-Books ist umstritten.

Entscheidung des EuGH

Der EuGH sieht in der Bereitstellung „gebrauchter“ E-Books auf der Plattform TomKabinet.nl eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG. Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe sei weit auszulegen und die Anwendung der Erschöpfungsregel im vorliegenden Fall ausgeschlossen. Eine Wiedergabe ist in der Zugänglichmachung des jeweiligen E-Books für Mitglieder des Leseklubs zu sehen. Für das Kriterium der Öffentlichkeit ist es nach Ansicht des EuGH nicht entscheidend, wie viele Personen gleichzeitig auf das Werk zugreifen können, sondern auch wie viele nacheinander. Letzteres wäre beim Weiterverkauf von E-Books eine erhebliche Anzahl von Personen.

Des Weiteren sei der Verkauf „gebrauchter“ E-Books keinesfalls mit dem Weiterverkauf eines „normalen“ Buches vergleichbar. Ein E-Book könne sich nicht verschlechtern oder abnutzen. Der Kauf eines „gebrauchten“ E-Books würde mithin einen perfekten Ersatz für ein „neues“ Exemplar darstellen. Die Schaffung eines parallelen Second-Hand-Markts würde die Interessen der Rechtsinhaber, eine angemessene Vergütung für ihre Werke zu erhalten, deutlich stärker beeinträchtigen als ein Second-Hand-Markt für körperliche Werke. Der EuGH strebt mit der Entscheidung somit die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus von Urhebern an.

Schließlich stellt der EuGH klar, dass keine Parallele zum UsedSoft-Urteil vom 03.07.2012 (C-128/11) vorzunehmen ist. Gestützt wird das Urteil auf Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG (Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen), wonach der Weiterverkauf gebrauchter Software in Form eines Downloads nach Ansicht des EuGH eine Verbreitung darstellt und somit der Erschöpfungsgrundsatz gilt und es folglich für einen Weiterverkauf nicht der Zustimmung bzw. der Erlaubnis des Urhebers oder Rechteinhabers bedarf. Es sei im Rahmen von gebrauchter Software für die Annahme einer Verbreitung unerheblich, ob die fragliche Kopie körperlicher oder nicht körperlicher Art ist. Diese rechtliche Einordnung und vor allem die Richtlinie 2009/24/EG gilt ausschließlich für gebrauchte Software und gerade nicht für „gebrauchte“ E-Books, so der EuGH in seiner jüngeren Entscheidung.

Mithin gab der EuGH der Klage statt und entschied, dass der Weiterverkauf bereits gelesener E-Books der Zustimmung des Urhebers bedarf.

Fazit

Das Urteil des EuGH spiegelt die bisherige Rechtsprechung der deutschen Gerichte wider und setzt sich für ein faires Urheberrecht ein. Die Einordnung als öffentliche Wiedergabe soll davor schützen, dass ein großer Second-Hand-Markt für „gebrauchte“ E-Books entsteht, welcher den Primärmarkt stark verkleinern würde und dem Urheber eine angemessene Vergütung verwehrt. Es ist davon auszugehen, dass der Verkauf von bereits gelesenen E-Books im Internet nun stark zurückgehen wird, es sei denn, es gelingt den Plattformbetreibern, die Zustimmung der jeweiligen Rechtsinhaber einzuholen.

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Zulässigkeit von Telefonwerbung unter Berücksichtigung des Datenschutzrechts

Telefonwerbung und Datenschutz? Wir zeigen was zu beachten ist bei der Ausgestaltung der Einwilligung für das telefonisches Direktmarketing.

Voraussetzungen der Zulässigkeit von Telefonwerbung unter Berücksichtigung der DS-GVO

 

Einleitung

Im Urteil 1 K 732/19 vom 29. Oktober 2019 hat das Verwaltungsgericht Saarlouis (Bundesland Saarland) erörtert, welche Voraussetzungen eine Einwilligung in Telefonwerbung erfüllen muss.

In dem Urteil war zwischen den Parteien strittig, ob eine Einwilligung in telefonische Direktwerbung vorliegt. Des Weiteren hat sich das Gericht mit der Thematik beschäftigt, ob die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Aufsichtsbehörde maßgeblich ist oder ob die aktuelle Rechtslage, das heißt die DS-GVO, anzuwenden ist.

Einschlägige Rechtsnormen

Dem Sachverhalt lag eine Anordnung der zuständigen Aufsichtsbehörde zugrunde, wonach ein Unternehmen Direktmarketing per Telefon ohne rechtmäßige Einwilligung betreibt.

Das Verwaltungsgericht Saarlouis stellte klar, dass auch auf Sachverhalte ab dem 25.05.2018 die Richtlinie 2002/58/EG (ePrivacy-Richtlinie) in Verbindung mit der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) weiterhin Anwendung findet. Dies ergibt sich aus Art. 95 DS-GVO, wonach die DS-GVO natürlichen oder juristischen Personen bei einer „Verarbeitung in Verbindung mit der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste in öffentlichen Kommunikationsnetzen in der Union keine zusätzlichen Pflichten auf(erlegt), soweit sie besonderen in der Richtlinie 2002/58/EG festgelegten Pflichten unterliegen, die dasselbe Ziel verfolgen.“

Beim fraglichen telefonischen Direktmarketing handelt es sich um elektronische Kommunikationsdienste in öffentlichen Kommunikationsnetzen, so dass Art. 95 DS-GVO Anwendung findet. Dieser verweist wiederum auf die Bestimmungen der Richtlinie 2002/58/EG.

Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG regelt, dass unerbetene Nachrichten zum Zweck der Direktwerbung, die entweder ohne die Einwilligung der betreffenden Teilnehmer erfolgen oder an Teilnehmer gerichtet sind, die keine solchen Nachrichten erhalten möchten, nicht gestattet sind; welche dieser Optionen gewählt wird, ist im innerstaatlichen Recht zu regeln.

Somit ist auf Satz 2 des Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG abzustellen, der den Mitgliedstaaten die Möglichkeit bietet, in nationalen Gesetzen zu regeln, dass entweder:

Option 1: die Daten von Kunden gemäß Art. 13 Abs. 1 RL 2002/58/EG nur bei vorheriger Einwilligung genutzt werden (Opt-In) oder

Option 2: ein Unternehmen gemäß Art. 13 Abs. 2 RL 2002/58/EG die Daten von Kunden ohne vorherige Einwilligung nutzen darf, solange der Kunde nicht zuvor aktiv widersprochen hat (Opt-Out). Dieser Widerspruch wird in der Regel in nationale Register eingetragen.

Der deutsche Gesetzgeber hat von der ersten Option Gebrauch gemacht, verlangt also ein Opt-In. Dieses Gebot ist in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG geregelt, wonach stets eine unzumutbare Belästigung anzunehmen ist, wenn Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung (erfolgt).

Wie die Einwilligung auszugestalten ist, richtet sich wiederum nach den Bestimmungen der Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO in Verbindung mit Art. 4 Nr. 11 DS-GVO.

Demnach ist der Einwand des Unternehmens, dass die Aufsichtsbehörde nationalstaatliche Regelungen zur Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen heranzieht, abzuweisen. § 7 UWG dient nicht der Auslegung der DS-GVO, sondern findet ungeachtet der Bestimmungen der DS-GVO weiterhin Anwendung.

Abgesehen von den obigen Ausführungen, würde selbst ohne Heranziehen der Richtlinie 2002/58/EG und bei Abstellen ausschließlich auf die Bestimmungen der DS-GVO, das Resultat identisch sein, da dann ebenfalls für die Einwilligung die Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO in Verbindung mit Art. 4 Nr. 11 DS-GVO einschlägig wären, weil das telefonische Direktmarketing als Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DS-GVO anzusehen ist.

Ausgestaltung der Einwilligung für das telefonische Direktmarketing

Die Form der Einwilligung für das telefonische Direktmarketing richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO in Verbindung mit Art. 4 Nr. 11 DS-GVO.

Demnach muss gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO die betroffene Person ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke geben. Das heißt, die betroffene Person muss aktiv einwilligen (Opt-In). Zusätzlich muss die Einwilligung freiwillig erfolgen gemäß Art. 4 Nr. 11 DS-GVO.

Im vorliegenden Sachverhalt konnte das Unternehmen nicht den Nachweis über das Vorliegen einer Einwilligung erbringen. Das Unternehmen hat lediglich ein „Single-Opt-In-Verfahren“ angewendet. Zwar handelt es sich dabei um ein Opt-In-Verfahren. Allerdings wird dabei auf eine Anmeldebestätigung verzichtet. Das heißt, dass eine Anmeldung auf einer Webseite direkt mit einer E-Mail-Adresse erfolgen kann und damit in die Verarbeitung der Daten und dem Zusenden eines Newsletters an die angegebene E-Mail-Adresse eingewilligt wird. Dabei findet keine Überprüfung durch den Webseitenbetreiber statt, ob die E-Mail-Adresse tatsächlich dem registrierenden Nutzer gehört.

Aufgrund dieser fehlenden Identitätsüberprüfung sollte das „Double-Opt-In-Verfahren“ verwendet werden. Dabei wird ein Link an die angegebene E-Mail-Adresse geschickt, den der Nutzer bestätigen muss. Nur so wird gewährleistet, dass registrierende Nutzer keine E-Mail-Adressen benutzen können, die ihnen nicht gehören. Außerdem kann der Verantwortlich so den gemäß Art. 7 Abs. 1 DS-GVO geforderten Nachweis erbringen.

Dabei ist zu beachten, dass wenn Direktmarketing per Telefon erfolgen soll, dies explizit bei der Anmeldung des Nutzers angegeben werden muss, damit dieser darin einwilligen kann. Die bloße Angabe einer Telefonnummer im Rahmen der Registrierung für einen Newsletter oder wie im Sachverhalt zugrundeliegend ein Gewinnspiel darf nicht als Einwilligung in das Telefonmarketing genutzt werden, wenn sich die Zustimmung nur auf das Zusenden des Newsletters bezieht.

Im Fall hat sich das Unternehmen darauf berufen, dass gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO eine konkludente Einwilligung genügte, da der Anruf gewerblicher Natur war (B2B – Business-to-business) und es somit keiner expliziten Einwilligung bedurfte. Vorliegend wurde die angegebene Telefonnummer jedoch auch privat vom Geschäftsführer der GbR genutzt, was auch auf der Anmeldung ersichtlich war, so dass nach Ansicht des Gerichts sehr wohl eine Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO hätte eingeholt werden müssen.

Wenn die Einwilligung nicht bei Erhebung der Daten eingeholt wird, ist dies nachträglich auch nicht per telefonischer Nachfrage möglich. Auch dieser Anruf – mag er nur der Einwilligungsholung dienen – ist bereits als rechtswidrig einzustufen, da auch mit dem erstmaligen Anruf schon eine unzulässige Störung der Privatsphäre des Verbrauchers eingetreten ist. Der Anschlussinhaber kann sich gegen das Eindringen in seine Privatsphäre nicht von vornherein wehren und lässt sich meistens in Unkenntnis des Werbezwecks auf das Gespräch ein.  Damit ist schon das Anrufen als solches wegen Belästigung anstößig.

Das VG Saarlouis betont außerdem, dass ein Double-Opt-in-Verfahren für die Verifizierung einer Telefonnummer per se nicht geeignet ist. Dabei verweist es auf das Urteil des BGH (10.02.2011 – I ZR 164/09). Ein Verbraucher kann absichtlich oder unabsichtlich eine falsche Telefonnummer angeben. Der Verbraucher mag durch das Double-Opt-in-Verfahren dann zwar wirksam in Telefonwerbung ihm gegenüber eingewilligt haben, der tatsächliche Anschlussinhaber der „falschen“ Telefonnummer hingegen nicht. Das Inkrafttreten der DS-GVO hat nichts an dieser Tatsache geändert.

Als Lösungsmöglichkeit, um eine Einwilligung in telefonisches Direktmarketing nachträglich einzuholen, bleibt die Nutzung des Postwegs, falls die Adressdaten vorliegen. Wenn der Verbraucher dann auf diese Weise einwilligt, ist jedoch zwingend eine Verifizierung der Telefonnummer notwendig, um zu verhindern, dass nicht der falsche Anschlussinhaber angerufen wird. Dies kann bei Mobilfunknummern per SMS erfolgen. Für Festnetzanschlüsse hat das VG Saarlouis keinen Lösungsvorschlag genannt.

Da dies vorliegend nicht der Fall war, hat das VG Saarlouis das telefonische Direktmarketing des Unternehmens als rechtswidrig eingestuft.

Fazit

Das VG Saarlouis hat klargestellt, dass § 7 UWG ungeachtet der Bestimmungen der DS-GVO weiterhin Anwendung findet. Für Unternehmen heißt das, dass sie gem. § 7 Abs. 2 S.1 UWG explizit eine Einwilligung beim Kunden einholen müssen aus der hervorgeht, dass der Kunde mit telefonischem Kontakt einverstanden ist, bevor sie diesen kontaktieren. Die Voraussetzungen an eine Einwilligung richten sich hingegen nach den Vorschriften der DS-GVO gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO in Verbindung mit Art. 4 Nr. 11 DS-GVO. Die Unternehmen müssen die Einwilligung gemäß Art. 7 Abs. 1 DS-GVO nachweisen können. Es muss eindeutig feststellbar sein, dass sich die Einwilligung des Kunden auf das Telefonmarketing bezieht. Ist dies nicht der Fall, bleibt nur das Einholen der Einwilligung auf dem Postweg. Ansonsten ist vom telefonischen Direktmarketing abzuraten. Außerdem sollte die Telefonnummer, wie bei einer E-Mail-Adresse, zum Beispiel per SMS verifiziert werden, bevor sie für das telefonische Direktmarketing genutzt wird.

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Die neue Geoblocking Verordnung

Alles rund um die neue Geoblocking Verordnung: der Anwendungsbereich, Inhalt und die einhergehenden Sanktionen sowie Auswirkungen für die Anbieter.

Die neue Geoblocking Verordnung

Einführung

Die mit dem Internet und damit auch mit dem e-Commerce assoziierte Grenzenlosigkeit stellte sich in der vergangenen Zeit teilweise nicht als Realität, sondern mehr als Schein dar. Das sog. Geoblocking sorgte für unterschiedliche Angebote an Kunden aus verschiedenen europäischen Ländern und somit für Diskriminierungen und unterschiedliche Behandlungen. Dem will die Europäische Union ein Ende setzen und führte nun mit verbindlicher Wirkung zum 03. Dezember 2018 die Verordnung über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden (VO 2018/302) ein. Kurz wird die unmittelbar und europaweit geltende verbindliche Verordnung auch „Geoblocking-Verordnung“ genannt.

Sie legt Händlern diverse Pflichten zum Zweck der Gleichbehandlung von Kunden auf und soll im Ergebnis zu einer Antidiskriminierung führen. Die Verordnung hat zum Ziel, den Binnenmarkt zugunsten des Kunden zu stärken, indem sie Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsort verhindern soll.

Regelungsbereich der Verordnung

Geoblocking ist die unterschiedliche Behandlung von Kunden aufgrund der Herkunft, der Staatsangehörigkeit oder des Niederlassungsortes. Am häufigsten findet das Geoblocking im e-Commerce statt. Konkrete Ausprägung der Diskriminierung ist beispielweise eine automatische Weiterleitung des Kunden durch den Händler auf die Länderversion des Webshops, in dessen Staat sich der Kunde aufhält oder deren Staatsangehörigkeit der Kunde angehört, anstelle des Zugangs zu der Version der Webseite des EU-Staates, die der Kunde besuchen wollte. Anhand der IP-Adresse des Kunden kann das entsprechende Land vom Händler erkannt und der Kunde somit auf eine andere Version der Webseite weitergeleitet werden. Unter eine Diskriminierung mittels Geoblockings ist aber auch das Angebot der gleichen Ware in unterschiedlichen EU-Staaten zu unterschiedlich hohen Preisen zu verstehen. Dabei beschränkt sich das Geoblocking nicht nur auf den e-Commerce, sondern auch auf den „offline-Bereich“.

Diese Schranken des Binnenmarktes mit Grenzen der Warenverkehrsfreiheit durch eine uneinheitliche Behandlung der Kunden hieß die EU nicht gut und nahm sich mit der Geoblocking-VO den Kampf und die Untersagung dessen zum Anlass.

Anwendungsbereich der Verordnung

Die Geoblocking-VO regelt das Verhältnis zwischen Anbietern und Kunden, jedoch nur bei Grenzüberschreitungen innerhalb des europäischen Binnenmarktes, was sich aus einem Umkehrschluss aus Art. 1 Abs. 2 der Geoblocking-VO ergibt. „Anbieter“ im Sinne der VO ist nach Art. 2 Nr. 18 der Geoblocking-VO jede natürliche oder juristische Person, die für die Zwecke der gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit des Anbieters selbst oder durch eine andere im Namen oder im Auftrag des Anbieters handelnde Person tätig wird. Damit gilt die Verordnung nicht bei Abschluss eines Vertrages zwischen zwei Privatpersonen. „Kunde“ nach Art. 2 Nr. 13 der VO kann sowohl ein Verbraucher, sofern er die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates oder Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, als auch ein Unternehmer, sofern er in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist, sein, der ausschließlich zur Endnutzung Dienstleistungen in Anspruch nimmt oder Waren erwirbt oder dies anstrebt. Die Verordnung gilt sowohl im B2C- als auch im B2B-Verhältnis. Veräußert ein Unternehmenskunde die Ware jedoch beispielsweise weiter, vermietet sie, verarbeitet sie oder ist er aus einem anderen Grund nicht der Endnutzer der Ware, so ist er kein Kunde im Sinne der Geoblocking-VO. Ferner ist noch erwähnenswert, dass der Sitz des Unternehmens des Anbieters nicht zwangsläufig in der europäischen Union sein muss (vgl. Erwägungsgrund 17 der VO).

Die Geoblocking-VO findet jedoch keine Anwendung auf die in Art. 2 Abs. 2 der RL 2006/123/EG genannten Tätigkeiten wie beispielsweise Finanzdienstleistungen, Gesundheitsdienstleistungen, Telekommunikationsdienstleistungen, Verkehrsdienstleistungen und autovisuelle Dienste.

Inhalt der Verordnung

Die Verordnung bringt drei wesentliche Änderungen mit sich. Sie verbietet zum einen die Beschränkung des Zugangs zu einer Webseite, Plattform oder App, zum anderen die Diskriminierung durch allgemeine Geschäftsbedingungen beim Zugang zu Waren oder Dienstleistungen und auch die Diskriminierung bei Zahlungs- und Liefervorgängen.

Zugang zu Online-Benutzeroberflächen

Art. 3 Abs. 1 der Geoblocking-VO untersagt das Geoblocking, also die Sperrung oder Beschränkung des Zugangs von Kunden zu einer Online-Benutzeroberfläche des Anbieters aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Niederlassungsortes des Kunden.

Die Verordnung definiert eine „Online-Benutzeroberfläche“ als eine von einem Anbieter oder in dessen Namen betriebenen Software oder Anwendung zum Zwecke der Zugangsgewährung für Kunden zu Waren und Dienstleistungen des Anbieters, um darüber ein Geschäft zu tätigen. Nicht als Online-Benutzeroberfläche und damit nicht von dem Verbot erfasst sind rein informative oder redaktionelle Webseiten oder welche, die Verkaufsprodukte zwar präsentieren, jedoch keine Verkaufsmöglichkeit für den Kunden darstellen. Gemischt genutzte Webseiten oder Anwendungen wie Apps reichen nach der Definition nach Art. 2 Abs. 16 der Geoblocking-VO aus und fallen demnach nicht aus dem Anwendungsbereich.

Zudem untersagt die Verordnung das sog. „Autoforwarding“, also eine Weiterleitung des Kunden zu einer länderspezifischen Webseite, obwohl der Kunde eine andere Webseite besuchen wollte. Ein Beispiel dafür ist, dass ein sich in Deutschland aufhaltender Kunde auf die französische Version eines Onlineshops klickt, er jedoch automatisch auf die deutsche Webseite umgeleitet wird. Mittels der IP-Adresse des Kunden kann die Länderkennung ausfindig gemacht werden und der Kunde wird auf die Webseitenversion seines Landes weitergeleitet. Eine Weiterleitung darf nun aber nur aufgrund einer ausdrücklichen Einwilligung des Kunden erfolgen (sog. Opt-In), Art. 3 Abs. 2 a.E. der Geoblocking-VO, dennoch muss die ursprünglich besuchte Webseite für den Kunden leicht zugänglich bleiben, da der Kunde zum einen Recht auf freien Zugang zu den Webseiten hat, zum anderen ein Wahlrecht und sich somit aussuchen kann, wo er zu welchen Bedingungen einkauft.

Ist die Sperrung, Beschränkung oder Weiterleitung jedoch auf die Gewährleistung der Erfüllung rechtlicher Anforderungen des Anbieters zurückzuführen und dafür auch erforderlich, treffen diesen keine der beiden zuvor genannten Verbote, Art. 3 Abs. 3 der Geoblocking-VO. Solche rechtlichen Pflichten sind beispielsweise Bestimmungen des Jugendschutzrechts oder des Lebensmittelrechts. Dass die Weiterleitung, Sperrung oder Beschränkung aus diesem Grund erfolgt, hat der Anbieter dem Kunden in der Sprache der anfänglich besuchten Webseite anzugeben und zu begründen.

Verwendung von AGB bei Waren- und Dienstleistungsangeboten

Art. 4 Abs. 1 der Geoblocking-VO normiert, dass ein Anbieter für den Zugang zu Waren oder Dienstleistungen für seine Kunden keine unterschiedlichen allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Niederlassungsortes des Kunden anwenden darf. Dieses Verbot betrifft ausschließlich die in der Norm aufgelisteten Fälle. Dazu gehört zum einen der Verkauf von materiellen Wirtschaftsgütern, so dass dem Kunden die gleichen AGB eingeräumt werden müssen, wie den Kunden in einem Mitgliedstaat, in den die Waren geliefert oder abgeholt werden können. Zum anderen erfasst die nächste Fallgruppe die Beziehung von elektronisch erbrachten Dienstleistungen, also bei denen eine materielle Lieferung nicht erforderlich ist. Nach Erwägungsgrund 24 der Verordnung fallen darunter Cloud-Dienste, Date-Warehousing, Webhosting die Bereitstellung von Firewalls und die Nutzung von Suchmaschinen und Internetverzeichnissen. Die letzte Fallgruppe stellen sonstige Dienstleistungen dar, die der Kunde an einem physischen Standort im Mitgliedstaat, in dem der Anbieter tätig ist, erhält, womit auch hier keine grenzüberschreitende Lieferung erfolgt.

Diese Regelung ist jedoch etwas missverständlich formuliert: man muss klarstellen, dass es dem Anbieter nicht verboten ist, verschiedene AGB für verschiedene Mitgliedstaaten zu verwenden, was sich aus Art. 4 Abs. 2 der Geoblocking-VO ergibt. Das Verbot erfasst lediglich eine diskriminierende Differenzierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Niederlassungsortes, wenn der Kunde genau bestimmte Angebote und AGB für sich nutzen möchte. Es darf dem Kunden aber nicht verwehrt bleiben, einen Vertrag mit dem Anbieter auf der Webseite eines anderen Landes zu schließen und sich auf die konkret verwendeten AGB in dem anderen Mitgliedstaat beziehen zu können. Damit kommt ein Vertrag zwischen den Beteiligten genau zu den Konditionen des Mitgliedstaats zustande. Dennoch hat der Kunde kein Recht auf Lieferung in seinen Heimatstaat. Er darf nicht schlechter, muss aber auch nicht besser gestellt werden als inländische Kunden. Bezieht sich beispielsweise ein Kunde aus Mitgliedstaat A auf die AGB in Mitgliedstaat B, in denen lediglich eine Lieferung in den Staat B vorgesehen ist, ist der Anbieter auch nur zu einer Lieferung in B verpflichtet. Zwar schließt er den Vertrag mit einem Kunden aus dem Mitgliedstaat A ab, und akzeptiert damit eine Rechnungsanschrift aus dem Staat A, dennoch muss der Kunde sich selbst um die Abholung der in den Staat B gelieferten Ware kümmern.

Durchführung des Zahlungsvorgangs in Bezug auf vom Anbieter angebotene Zahlungsmethoden

Damit der Handel auch in Bezug auf Zahlungsmethoden vereinheitlicht wird, untersagt Art. 5 der Geoblocking-VO verschiedene Konstellationen der Diskriminierung von Kunden in Bezug auf angebotene Zahlungsmittel. Konkret verbietet die Verordnung eine Differenzierung, die auf die Staatsangehörigkeit, den Wohnsitz, den Niederlassungsortes des Kunden, den Standort des Zahlungskontos, des Niederlassungsortes des Zahlungsdienstleisters oder des Ausstellungsortes des Zahlungsinstruments zurückzuführen ist. Wie auch bei Art. 4 der Geoblocking-VO meint der europäische Gesetzgeber damit kein Verbot des unterschiedlichen Angebots von Zahlungsmethoden an Kunden in unterschiedlichen Mitgliedstaaten, sondern lediglich ein Verbot der Verweigerung, wenn sich ein Kunde auf die Zahlungsmittel eines anderen Mitgliedstaates berufen möchte. Das bedeutet nicht, dass ein Anbieter auch alle Zahlungsmethoden anbieten muss. Bietet er jedoch mehrere Modalitäten an, so hat er sicherzustellen, dass alle Kunden die angebotenen Zahlungsmittel nutzen können.

Diese Regelung bezieht sich nach der abschließenden Aufzählung auf Zahlungsvorgänge durch Überweisung, Lastschrift oder Kartenzahlung oder wenn die Authentifizierungsanforderungen der PSD 2-Richtlinie erfüllt sind und ein vom Anbieter angebotener Zahlungsvorgang erfolgt.

Damit nicht ausschließlich der Kunde durch die Verordnung privilegiert wird, stellt Art. 5 Abs. 2 der Geoblocking-VO ein Zurückbehaltungsrecht des Anbieters klar, bis der Zahlungsvorgang durch den Kunden ordnungsgemäß eingeleitet worden ist.

Rechtliche Bedeutung für den Handel und die Wirtschaft

Die Bedeutung dieser Verordnung für die Praxis verdeutlichen bereits folgende Zahlen: 2017 tätigten rund 68 % der Internetnutzer in der EU Käufe über das Internet (Statistik des Statischen Amtes der Europäischen Union), allerdings konnten nur rund 37 % aller Webseiten in der EU die Käufe auch an Kunden aus dem EU-Ausland anbieten. Nach Ansicht der EU-Kommission hemmt Geoblocking die Verwirklichung des digitalen Binnenmarkts und verringert das Potential des grenzüberschreitenden Handels. Aus diesem Grund möchte die EU nun diesen Markt mit besonderem Hinblick auf eine kundenfreundliche Ausrichtung stärken und verbessern. Der Anwendungsbereich der Verordnung ist jedoch stark eingeschränkt, so dass das Regelwerk das Geoblocking nicht vollständig beseitigt. In der Begründung der Geoblocking-VO verdeutlicht der europäische Gesetzgeber ausdrücklich, dass die Verordnung keine Preisregulation darstellt. Es bleibt Anbietern weiterhin frei, einzelne Zielgruppen in den Fokus zu nehmen, solange die unterschiedliche Behandlung von Kunden sich nicht auf Gründe der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Niederlassungsortes zurückführen lässt. Somit sind Sonderaktionen oder Rabatte in einzelnen Ländern zulässig, jedoch muss jeder europäische Kunde dieses Angebot auch annehmen können.

Sanktionen

Nach Art. 7 Abs. 1 der Geoblocking-VO bleibt die Durchsetzung der Verordnung den Mitgliedstaaten überlassen. In Deutschland soll die Bundesnetzagentur die dafür zuständige Kontrollbehörde sein. Zwar gilt die Geoblocking-VO als Rechtsverordnung unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten der europäischen Union, dennoch soll nach aktuellen Erkenntnissen das Telekommunikationsgesetz an die Geoblocking-VO angepasst und um die bei Verstößen gegen die Geoblocking-VO geltenden Sanktionen ergänzt werden. Diese Regelungen sollen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein, um die Umsetzung der Verordnung zu gewährleisten. Derzeit plant man mit Bußgeldern von bis zu 300.000 Euro. Darüber hinaus können weitere Sanktionen durch die Bundesnetzagentur wie beispielsweise eine Anordnungsbefugnis zur Sicherstellung eines ortsdatenunabhängigen Zugangs zu den angebotenen Waren und Dienstleistungen bislang nicht ausgeschlossen werden.

Nach Art. 10 Abs. 3 der Geoblocking-VO wird die Verordnung in den Anhang der Richtlinie 2009/22/EG, der Unterlassungsklagerichtlinie, eingefügt. Daraus ergibt sich, dass qualifizierte Einrichtungen gegen herkunftsbezogen diskriminierende Anbieter mittels Unterlassungsklagen vorgehen können.

Praktische Auswirkungen für den Anbieter

Die Geoblocking-VO verbietet Anbietern in erster Linie eine Menge. Die Verbote haben jedoch auch zur Konsequenz, dass der Anbieter tatsächlich tätig werden muss. Hinsichtlich des nun verbindlichen Verbotes der Weiterleitung, Sperrung und Beschränkung, hat der Anbieter sicherzustellen, dass er gegen die Regelungen aus der Geoblocking-VO nicht verstößt. Aus diesem Grund sollten Anbieter nun ihre Webshops nach möglichen Verstößen durchsuchen im Hinblick auf bestehende Zahlungsmodalitäten, Verkaufsbedingungen und Zugangsbeschränkungen. Sollte ein Verstoß festgestellt werden, so liegt es im Interesse des Anbieters, diesen schnellstens zu beseitigen, sodass alle europäischen Kunden die Webseiten aufrufen und nutzen können. Dazu gehören im Einzelnen:

1. Es darf keine automatische Weiterleitung des Kunden auf die nationale Länderseite geben. Eine Umleitung ist nur rechtmäßig, wenn der Kunde ausdrücklich darin eingewilligt hat. Dies kann beispielsweise mithilfe der Opt-In-Lösung erfolgen, indem der Kunde vor einer Weiterleitung dieser in einem Dialogfeld zustimmen kann. Liegt eine solche Einwilligung vor und ist die Weiterleitung damit rechtmäßig, so muss die ursprünglich aufgerufene Webseite dennoch für den Kunden leicht zugänglich bleiben.

2. Eine Beschränkung oder Sperrung des Zugangs auf eine Online-Benutzeroberfläche für Kunden aus dem EU-Ausland aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder Niederlassungsortes ist verboten und darf damit nicht stattfinden. Also müssen Webseiten für europäische Kunden erreichbar sein, so dass es Kunden möglich ist, auf jeder Webseite zu den dort geltenden Bedingungen einzukaufen.

3. Anbieter sollten ihre Zahlungsmethoden im Hinblick auf die verbotene herkunftsbezogene Diskriminierung untersuchen. Unterschiedlichkeiten, die auf der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Niederlassungsortes basieren, sind verboten. Dabei bleibt die Wahl der zur Verfügung gestellten Zahlungsmodalitäten jedoch den Anbietern überlassen. Jeder Kunde muss sich auf ein angebotenes Zahlungsmittel in einem EU-Mitgliedstaat berufen können.

4. Zudem darf ein Anbieter allen Kunden nicht unterschiedliche Lieferbedingungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Niederlassungsortes anbieten.

Jedoch ist festzuhalten, dass die Geoblocking-VO einen Anbieter nicht dazu verpflichtet, seine Waren oder Dienstleistungen europaweit zu verkaufen und auch nicht europaweit zu liefern. Der Anbieter darf selber über die von ihm belieferten Gebiete bestimmen, bietet er jedoch die Lieferung in den Mitgliedstaat A an, so muss jeder Kunde aus der EU die Möglichkeit haben, zu diesen Konditionen einzukaufen und damit die Lieferung in den Staat A verlangen dürfen.

Eine Herausforderung ergibt sich aber aus der Bezahlung der bestellten Waren. Die kundenfreundlichste Zahlungsmethode des Kaufes auf Rechnung wird in der Praxis jedoch schwer umzusetzen sein: zahlt ein Kunde trotz Mahnungen nicht, muss das Geld in einem Mahnverfahren eingetrieben werden, was sich in praktischer Hinsicht durch die Grenzüberschreitung als nicht unkompliziert darstellt.

Fazit

Insgesamt stellt die Geoblocking-VO keine grundlegende Änderung des Online-Handels dar. Durch die Verbote der Diskriminierung von Kunden aus Gründen der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes und des Niederlassungsortes möchte der europäische Gesetzgeber den Binnenmarkt vereinheitlichen und die Gleichberechtigung von Kunden fördern. Die Kernaussagen der Verordnung liegen in zusammenfassend darin, dass jeder Kunde aus der europäischen Union zu den gleichen Bedingungen einkaufen können soll, indem er den Vertrag mit dem Anbieter auch zu den Konditionen eines anderen Mitgliedstaates abschließen können soll. Im Kern dürfen EU-Bürger also nicht schlechter gestellt sein als Einheimische eines Mitgliedstaates, was aber für Anbieter keinesfalls eine Pflicht zur europaweiten Lieferung bedeutet. Anbieter sollten nun ihre Webseiten und anderen Online-Benutzeroberflächen auf mögliche Verstöße untersuchen und diese schnellstens beseitigen, um keine Bußgelder befürchten zu müssen.

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Die Datenschutz-Grundverordnung: Was müssen Amazon-Händler wissen?

Überall hört man nur eins: Die DS-GVO gilt ab dem 25. Mai 2018! Doch was steckt dahinter? Wir erklären, was sich für Amazon-Händler ändert und was im Hinblick auf die DS-GVO zu beachten ist.

Die Datenschutz-Grundverordnung: Was müssen Amazon-Händler wissen?

Was ist die Datenschutz-Grundverordnung?

Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) ist eine Verordnung der Europäischen Union zur Sicherstellung des Schutzes personenbezogener Daten innerhalb der EU und zur Gewährleistung des freien Datenverkehrs innerhalb des Europäischen Binnenmarktes. Die Verordnung bedarf keines Umsetzungsgesetzes, sondern gilt unmittelbar ab dem 25. Mai 2018 in den Mitgliedstaaten. Es gilt der Erlaubnisvorbehalt, nach dem die Verarbeitung personenbezogener Daten grundsätzlich verboten ist, es sei denn es greift eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung oder der Betroffene hat in die Verarbeitung ausdrücklich eingewilligt (Art. 6 DS-GVO). 

Bin ich als Amazon-Händler von der DS-GVO betroffen? 

Nach Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 2 DS-GVO unterfällt jeder der DS-GVO, der personenbezogene Daten von in der EU befindlichen Personen verarbeitet. Es ist also unerheblich, ob der Händler in der EU niedergelassen ist oder nicht. Die DS-GVO gilt nicht nur für Unternehmen, die ihren Sitz in der EU haben, ebenso gibt es keine Privilegierung für kleinere Händler. Personenbezogene Daten von juristischen Personen unterfallen nicht dem Schutz der DS-GVO, so dass B2B-Geschäfte zwischen dem Amazon-Händler und Kapitalgesellschaften, eingetragenen Vereinen und Personengesellschaften nicht unter die DS-GVO fallen, wenn nur die juristischen Personen unter ihrer Firmierung und nicht die dahinter stehenden natürlichen Personen adresseiert werden. Einigen sich ein Amazon-Händler und ein Kunde über den Abschluss eines Kaufvertrags, so kommt sowohl Amazon als auch der Amazon-Händler mit den personenbezogenen Daten des Kunden in Berührung. Somit sind auch die Amazon-Händler zur Einhaltung der DS-GVO verpflichtet. Wann konkret eine Datenverarbeitung vorliegt, bestimmt Art. 4 Nr. 2 DS-GVO: unter den Begriff der Datenverarbeitung fallen beispielsweise die Erhebung, Erfassung, Organisation, Ordnung, Speicherung, Anpassung oder Veränderung, Auslesung, Abfragung, Verwendung, Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder andere Form der Bereitstellung, Abgleich oder Verknüpfung, Einschränkung, Löschung und Vernichtung von personenbezogenen Daten.

Welche Änderungen kommen mit der DS-GVO auf Amazon-Händler zu? 

Die folgenden Pflichten für Amazon-Händler existieren bislang schon nach dem Bundesdatenschutzgesetz, durch die DS-GVO kann die Nichteinhaltung dieser Pflichten aber zu schmerzhaften Strafen führen. Die maximale Geldbuße beträgt bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu 4% des gesamten weltweit erzielten Umsatzes im vorangegangenen Geschäftsjahr.

Dokumentationspflicht 

Ein Verarbeiter unterliegt nun der Pflicht, ein Verzeichnis über seine Verarbeitungstätigkeiten zu führen (Art. 30 Abs. 1, 2 DS-GVO). Dokumentiert werden müssen die Kontaktdaten des Verantwortlichen, der Zweck der Verarbeitung, die Kategorien der betroffenen Personen und Daten, die Empfänger der verarbeiten Daten, eine ggf. stattfindende Übermittlung der Daten ins Ausland, die Löschungsfristen sowie die zur Datenverarbeitung verwendeten technischen und organisatorischen Maßnahmen. Zudem hat der Verantwortliche eine Datenschutz-Folgenabschätzung zu dokumentieren, sofern diese erforderlich ist nach Art. 35 Abs. 1 S. 1 DS-GVO. Die Pflicht zur Dokumentation entfällt aber nach Art. 30 Abs. 5 DS-GVO, wenn das Unternehmen des Amazon-Händlers weniger als 250 Mitarbeiter hat und es nicht zu einer Verarbeitung besonders sensibler Daten im Sinne des Art. 9 DS-GVO kommt. 

Auftragsdatenverarbeitung und Übertragung in Drittländer

Amazon-Händler bedienen sich üblicherweise verschiedener zusätzlicher Tools zur Erleichterung ihres Arbeitsalltags. In der Regel kommt es dadurch zu weiteren Datenverarbeitungen, beispielsweise über den Amazon Marketplace Web Service. Diese weiteren Verarbeitungen stellen möglicherweise Auftragsdatenverarbeitungen dar, bei denen Amazon-Händler nur mit Auftragsverarbeitern arbeiten dürfen, die sich nach Art. 28 DS-GVO richten. Zusätzliche Besonderheiten ergeben sich dann, wenn der Datentransfer in ein nichteuropäisches Land fließt, dass zudem kein sogenanntes „sicheres Drittland“ ist. Das sind die Staaten, die die Europäische Kommission nicht als ein dem europäischen Datenschutz entsprechendes Drittland erklärt hat. Dazu zählen unter anderem auch die USA.

Behördliche Rechenschaftspflicht 

Ein Verantwortlicher unterliegt nach Art. 5 Abs. 2 DS-GVO der Pflicht, die Einhaltung aller grundlegenden Datenschutzprinzipien auf behördliche Anforderung nachzuweisen.

Widerrufsmöglichkeit der Einwilligung 

Eine weitere Neuerung stellt die zu gewährleistende Widerrufsmöglichkeit von erteilten Einwilligungen durch den Betroffenen nach Art. 7 Abs. 3 S. 4 DS-GVO dar. 

Auskunftsrechte Betroffener 

Einem Betroffenen, dessen personenbezogene Daten verarbeitet wurden, räumt die DS-GVO einige Auskunftsrechte ein. Dazu gehören ein Recht auf Löschung (Art. 17 DS-GVO), aber auch Auskunftsrechte über die Datenspeicherung und-verarbeitung (Art. 15 DS-GVO) sowie ein Recht auf Berichtigung bei unrichtigen personenbezogenen Daten (Art. 16 DS- GVO). Ein Betroffener kann sich bei Nichteinhaltung dieser Pflichten durch den Händler an die Behörden zur Durchsetzung seiner Rechte wenden, welche wiederrum dann ein Verfahren gegen den Amazon-Händler eröffnet. Nach Art. 12 Abs. 3 DS-GVO verkürzt sich die Frist zur Stellungnahme durch den Verantwortlichen auf einen Monat. 

Datenschutzerklärung 

Aufgrund des deutlich eingeschränkten Gestaltungs- und Entscheidungsspielraums für Amazon-Händler durch bindende Vorgaben von der Plattform Amazon, wie beispielsweise die Zahlungsmethoden, ist die erforderliche Datenschutzerklärung für Amazon-Händler um einiges weniger umfangreich. Dennoch gilt es, bereits bestehende Datenschutzerklärungen den Anforderungen der DS-GVO anzupassen. Ein Beispiel ist die Verlinkung sämtlicher Schaltflächen auf die aktualisierte Datenschutzerklärung sowie diverse Anpassungen bei Plug-Ins und Social-Media-Buttons. Eine bestätigte Kenntnisnahme der Datenschutzerklärung durch den Kunden wird allerdings nicht gefordert und es reicht ein Hinweis. 

Wann muss ein Datenschutzbeauftragten ernannt werden?

Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Amazon-Händler verpflichtet sein, einen Datenschutzbeauftragten zu benennen. Dieser Pflicht unterliegt er gem. Art. 37 DS-GVO, wenn seine Kerntätigkeit in der Durchführung von Verarbeitungstätigkeiten besteht, also die Datenverarbeitung ein zentraler Bestandteil der unternehmerischen Tätigkeit ist, und eine systematische Überwachung von Personen erforderlich macht (Art. 37 Abs. 1 lit. b DS-GVO) oder die Kerntätigkeit besteht in der umfangreichen Verarbeitung besonderer Datenkategorien (Art. 37 Abs. 1 lit. c DS-GVO). In erster Linie fällt darunter beispielsweise die Verarbeitung von Gesundheitsdaten im Krankenhaus, so dass Amazon-Händler mit dem vorrangigen Zweck der Vertragsabwicklung, aber auch der Werbung in der Regel nicht von der Pflicht betroffen sind.

Fazit

Auch wenn die ab dem 25. Mai 2018 geltende DS-GVO auch Amazon-Händlern mit bislang geltendem Recht größtenteils übereinstimmt, bringt sie dennoch einige Veränderungen für Online-Händler mit sich, die im Ergebnis zur Stärkung der Betroffenenrechte führen. Zusammenfassend werden Amazon-Händler sich u.a. mit neuen Dokumentationspflichten, behördlichen Rechenschaftspflichten, stärker ausgeprägten Auskunftsrechten von Betroffenen und der Widerrufsmöglichkeit von Einwilligungen durch den Betroffenen auseinander setzen müssen.

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Relativierung des Käuferschutzes bei PayPal

Im Folgenden gehen wir auf zwei BGH-Urteile zum Käuferschutz bei PayPal ein, welche sich insbesondere mit dem Erlöschen der Kaufpreisforderung auseinandersetzen.

Relativierung des Käuferschutzes bei PayPal 

Einführung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass Verkäufer trotz käuferseitig in Anspruch genommenen PayPal-Käuferschutzes die Zahlung des Kaufpreises erneut verlangen können, auch wenn der Online-Bezahldienst das bereits gezahlte Geld schon zurückgebucht hat (Urt. v. 22.11.2017, Az. VIII ZR 83/16, VIII ZR 213/16). 

Was ist PayPal?

PayPal ist ein Online-Bezahldienst für den Online-Handel, bei dem der Käufer nach Registrierung den sogenannten PayPal-Käuferschutz beanspruchen kann. Wenn die bestellte Ware nicht ankommt oder wesentlich von der Artikelbeschreibung abweicht, bucht PayPal dem Käufer nach Prüfung des Antrags den gezahlten Kaufpreis zurück und belastet in entsprechender Höhe das PayPal-Konto des Verkäufers. Der Bezahldienst ist für den Käufer kostenlos, beim Verkäufer wird bei jedem Geldeingang unter Verwendung von PayPal eine Provision abgezogen. 

Nun entschied der BGH, dass Verkäufer den Käufer trotz des PayPal-Käuferschutzes auf Kaufpreiszahlung in Anspruch nehmen können. Das bedeutet jedoch nicht, dass der PayPal-Käuferschutz nun völlig leerläuft. Nach Ansicht des BGH wird der Käufer nach wie vor besser gestellt als der Verkäufer, da der Käufer den Kaufpreis unverändert rückerstattet bekommt, der Verkäufer hingegen seine Ansprüche erst einklagen muss. 

Die Sachverhalte

Im ersten Fall (Az. VIII ZR 83/16) kaufte der beklagte Kunde ein Mobiltelefon über die Internetplattform eBay unter Nutzung des Bezahlungsdienstes PayPal. Der Käufer (kein Verbraucher) behauptete, das Paket nie erhalten zu haben und beantragte die Rückerstattung des Kaufpreises über Paypal. Der Verkäufer klagte auf erneute Zahlung des Kaufpreises und bekam vom Landgericht Essen Recht. Das Risiko des Verlustes des Pakets sei aufgrund des vereinbarten Versendungskaufs auf den Käufer übergegangen, sodass ihm auch der PayPal-Käuferschutz nicht half. 

Im zweiten Fall (Az. VIII ZR 213/16) hingegen entsprach der Kaufgegenstand nach Ansicht des Käufers nicht der Artikelbeschreibung, sodass dieser bei PayPal ebenfalls die Rückerstattung des Kaufpreises beantragte. Während das Landgericht Saarbrücken die Klage des Verkäufers auf Zahlung des Kaufpreises als nicht begründet sah, verwies der BGH das Landgericht Saarbrücken nun zur erneuten Verhandlung. 

Wann erlischt ein Anspruch auf Kaufpreiszahlung?

Maßgeblich war bei der Entscheidung der Zeitpunkt, wann der Anspruch des Verkäufers gegen den Käufer auf Zahlung des Kaufpreises erlischt bzw. ob noch ein Anspruch auf Kaufpreiszahlung bestehen kann, nachdem PayPal den bereits gezahlten Kaufpreis zurückgebucht hat. 

Ein Anspruch erlischt grundsätzlich, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird, § 362 Abs. 1 BGB. Dabei kommt es auf den Leistungserfolg an, das heißt die Leistung muss beim Gläubiger eintreten. Bei Geldschulden erlischt der Anspruch also erst, wenn der Schuldner den Geldbetrag an den Gläubiger gezahlt hat und der Betrag dem Konto des Gläubigers vorbehaltslos gutgeschrieben wird. Konkret bezogen auf PayPal bedeutet das, dass der Käufer von seiner Zahlungspflicht erst befreit wird, wenn der Kaufpreis dem PayPal-Konto des Verkäufers gutgeschrieben wird.

Die Entscheidungen des BGH

Der BGH sieht den Anspruch auf Kaufpreiszahlung aber wieder begründet, sofern das PayPal-Konto des Verkäufers rückbelastet wird. Das würden die Vertragsparteien stillschweigend durch die Nutzung von PayPal vereinbart haben. Eine interessengerechte Vertragsauslegung führe zu dem Ergebnis, dass PayPal lediglich isoliert über Anträge auf Käuferschutz entscheide. Davon unberührt blieben die gesetzlichen und vertraglichen Rechte der Vertragsparteien. Während also der Käufer neben dem PayPal-Käuferschutz auch die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte und die staatlichen Gerichte bei Nicht- oder Schlechtleistung in Anspruch nehmen kann, solle auch dem Verkäufer das Recht zustehen, den wiederauflebenden Anspruch auf Kaufpreiszahlung – auch gerichtlich – durchzusetzen.

Diese Ansicht begründet der BGH mit dem lediglich vereinfachten Prüfungsmaßstab durch PayPal, wodurch eine sachgerechte Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien nicht sichergestellt werden könne. Anders als beim gesetzlichen Mängelgewährleistungsrecht würde PayPal nur über Anträge auf Käuferschutz entscheiden, sodass die Interessen der Verkäufer zunächst unberücksichtigt blieben. Die PayPal-Käuferschutzrichtlinie schließe gerade nicht den Rechtsweg für den Verkäufer aus, da „die gesetzlichen und vertraglichen Rechte zwischen Käufer und Verkäufer nicht“ berührt würden und „separat von diesen zu betrachten“ seien, was insgesamt für eine Wiederbegründung des Kaufpreisanspruchs gegen den Käufer spräche. Zudem bleibe der Käufer dadurch privilegiert, dass dieser den Kaufpreis unverändert rückerstattet bekommen könne, wohingegen der Verkäufer seinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung gerichtlich einzuklagen habe. Zudem solle PayPal nicht faktisch die Kontrolle der deutschen Gerichte über die Streitigkeiten entziehen, indem es in kaufrechtlichen Streitigkeiten als „Richter“ fungiert. Zumal prüfe PayPal Streitigkeiten aufgrund der unzureichenden Interessenabwägung der Vertragsparteien nicht in vergleichbarer Qualität wie ein Gericht. 

Weiter ließ sich der BGH von der Erwägung leiten, dass sich der PayPal-Käuferschutz gegen Verbraucher richten könne, wenn der Verkäufer kein Unternehmer, sondern Verbraucher ist. Um dem entgegen zu wirken und den Verbraucherschutz zu stärken, entschied sich der BGH für eine Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien.

Eine ähnliche Entscheidung traf der BGH 2010 bezüglich des SEPA-Lastschriftverfahrens. Auch dort war das Gericht der Ansicht, dass die Erfüllungswirkung nachträglich bei einem Widerruf der Lastschrift durch den Schuldner gegenüber seiner Bank entfalle (BGH Urt. v. 20.07.2010, Az. XI ZR 236/07).

Folgen der BGH Entscheidung 

Das Urteil des BGH bringt einige Unsicherheiten für den Verbraucher mit sich. Fraglich ist, welche Konsequenzen sich daraus ergaben, dass das Vertragsverhältnis zwischen Verkäufer und Paypal Auswirkungen auf den Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Käufer hat, wenn der BGH seine Entscheidung auf eine stillschweigende Parteivereinbarung durch die Verwendung des Bezahlsystems PayPal stützt. 

Im Ergebnis erteilt der BGH dem größten Vorteil von PayPal der vollständigen Absicherung für die Käufer eine Absage: Künftig können Verkäufer nun also doch die Käufer zur Zahlung in Anspruch nehmen. Auf Händlerseite könnte PayPal als eine Art Versicherung gegen Zahlungsausfall, auf Kundenseite als eine Art Versicherung gegen Online-Shop-Risiken wie Nicht- oder Schlechtleistung einzuordnen sein.

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Vereinbarung von selektiven Vertriebssystemen mit dem Kartellrecht 

Schutz von Luxus- und Prestigewaren durch selektive Vertriebssysteme: inwieweit ist das zulässig?

Vereinbarung von selektiven Vertriebssystemen mit dem Kartellrecht

Einleitung 

Sowohl für große Unternehmen als auch für kleine Einzelhändler ist der Vertrieb von Produkten auf unterschiedlichen Online Präsenzen ein wichtiges wirtschaftliches Standbein, da der Onlinevertrieb eine viel breitere Bekanntheit bewirken und zu internationalem Handel beitragen kann. Ob der Onlinevertrieb im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems eingeschränkt beziehungsweise untersagt werden darf, ist Dreh- und Angelpunkt eines Vorlageverfahrens des OLG Frankfurt an den EuGH, wozu mittlerweile ein Schlussantrag des Generalanwalts Nils Wahl veröffentlicht wurde. 

Selektive Vertriebssysteme sind laut Legaldefinition nach Art. 1 Abs. 1 lit. e VO 330/2010/ EU „Vertriebssysteme, in denen sich der Anbieter verpflichtet, die Vertragswaren oder -dienstleistungen unmittelbar oder mittelbar nur an Händler zu verkaufen, die anhand festgelegter Merkmale ausgewählt werden, und in denen sich diese Händler verpflichten, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen nicht an Händler zu verkaufen, die innerhalb des vom Anbieter für den Betrieb dieses Systems festgelegten Gebiets nicht zum Vertrieb zugelassen sind“. Einfacher ausgedrückt handelt es sich dabei um Vertriebssysteme, bei denen aus Marken- und Imagepflegegründen die Produkte nur über anhand objektiver Kriterien ausgewählte Einzelhändler vertrieben werden. Ein solches Vertriebssystem ist unter bestimmten Umständen mit dem deutschen und europäischen Kartellrecht vereinbar und darf auch durch ein Kontrollnummernsystem geschützt werden, durch welches jedes Produkt eine eindeutig identifizierbare Seriennummer führt. 

Der Sachverhalt 

Der Rechtsstreit zwischen Coty Germany, einem führenden Anbieter von Luxuskosmetik in Deutschland, und der Parfümerie Akzente GmbH, nimmt seinen Ausgangspunkt in der umstrittenen Frage, ob Coty Germany den autorisierten Einzelhändlern seines selektiven Vertriebssystems, wie es die Parfümerie Akzente ist, untersagen kann, die Produkte über Internetmarktplätze wie Amazon.de oder Ebay.de zu verkaufen. Im Rahmen eines Depotvertrages, ergänzt durch einen Spezialvertrag, galt zwischen dem Anbieter Coty Germany und der Parfümerie Akzente die Vereinbarung, dass die Produkte in einer physischen Verkaufsstätte und auch im Internet verkauft werden dürfen. Hinsichtlich der physischen Verkaufsstätte, also einer Parfümerie-Boutique, schrieb der Vertrag vor, dass jede Verkaufseinrichtung konkret autorisiert sein und bestimmte Anforderungen bezüglich Umgebung, Ausstattung und Einrichtung erfüllen muss. Unter diese drei Kriterien fallen Merkmale der äußeren Erscheinung, wie die Fassade, die Innenausstattung, die Bodenbeläge, Art der Mauern, Mobiliar sowie Beleuchtung. Dies alles soll dem Zweck, den Luxus-Charakter der Coty Prestige-Marke zu unterstreichen, dienen. 

Bis März 2012 hielt sich die Parfümerie Akzente auch an diese Vereinbarungen, sie vertrieb die Produkte sowohl über eine physische Verkaufsstätte, sowie über eine eigene Internetpräsenz und über Amazon.de. 2012 modifizierte Coty Deutschland sein Vertragswerk jedoch und untersagte seinen autorisierten Einzelhändlern den Vertrieb der Produkte unter Einschaltung nicht autorisierter Drittunternehmer, worunter Internetmarktplätze wie Ebay und Amazon zu verstehen sind, denn der Einzelhändler war von da an nur noch zum Internetverkauf befugt, wenn er seine Internetpräsenz als „elektronisches Schaufenster“ nutzt und der Luxuscharakter der angebotenen Produkte dabei weiterhin zum Vorschein kommt. Der Einzelhändler wehrte sich gegen diese Auflage, woraufhin Coty Germany eine Klage auf Unterlassung vor dem LG Frankfurt erhob, welches die Klage mit der Begründung ablehnte, dass die fragliche Vertragsklausel gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und § 1 GWB verstoße. Im Berufungsverfahren beschloss das OLG Frankfurt das Verfahren auszusetzen und dem EuGH die streitigen Fragen zur Entscheidung im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 1 AEUV vorzulegen. 

Die Vorlagefragen 

Das OLG Frankfurt formulierte vier Fragen zur Vorabentscheidung, wovon die ersten zwei hier im Folgenden näher erörtert werden sollen. Die erste Frage bezog sich darauf, ob selektive Vertriebssysteme, die dem Vertrieb von Luxus- und Prestigewaren dienen und das Luxusimage eines Produktes sicherstellen sollen, mit dem Wettbewerb nach Art. 101 Abs. 1 AEUV vereinbar sind. Näher betrachtet zielt die Frage darauf ab, ob selektive Vertriebssysteme zu einer Wettbewerbsverzerrung führen und damit der wirtschaftlichen Effizienz und letztlich dem Wohl des Verbrauchers schaden können. Im Falle einer positiven Antwort auf diese erste Frage, schließt das OLG Frankfurt die Frage an, ob es mit Art. 101 Abs. 1 AEUV vereinbar ist, wenn den Einzelhändlern eines selektiven Vertriebssystems pauschal verboten wird, bei Internetverkäufen nach außen erkennbar Drittunternehmen einzuschalten; unabhängig davon, ob im konkreten Fall die legitimen Qualitätsanforderungen des Herstellers eingehalten werden oder nicht. 

Analyse des Generalanwalts zur ersten Vorlagefrage 

Zur Einschätzung, ob selektive Vertriebssysteme gegen das Gebot von Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen, führt der Generalanwalt zunächst aus, dass Zweck des Art. 101 Abs. 1 AEUV und des gesamten Wettbewerbsrechts der Schutz vor Wettbewerbsverzerrung sei. Unter Wettbewerb sei jedoch nicht nur der klassische Preiswettbewerb zu verstehen, sondern auch die Förderung der Diversität von Produktangeboten, Optimierung der Qualität und Innovation. Daher könne es durchaus gerechtfertigt sein, eine Einschränkung des Preiswettbewerbs hinzunehmen, um andere Aspekte des Wettbewerbs zu stärken. Insofern schätzt der Generalanwalt die Folgen eines solchen Vertriebssystems als neutral bis positiv für den Wettbewerb ein. In diesem Fall wäre damit eine Beschränkung des Preiswettbewerbs zugunsten der Qualitäts- und Imagesicherung gegeben. Bereits in dem Urteil des EuGH zu den Metro SB-Großmärkten habe der Gerichtshof anerkannt – so der Generalanwalt –, dass Luxuswaren in Anbetracht ihrer besonderen Eigenschaften, ihres Images und ihres Wesens ein selektives Vertriebssystem erforderlich machen können, um ihre Qualität zu erhalten und ihren richtigen Gebrauch zu gewährleisten. Außerdem habe der Gerichtshof bereits mehrfacht entschieden, dass selektive Vertriebssysteme mit Art. 101 Abs. 1 AEUV vereinbar sind, „sofern die Auswahl der Wiederverkäufer aufgrund objektiver Gesichtspunkte qualitativer Art erfolgt, die einheitlich festgelegt und ohne Diskriminierung angewendet werden“. Der EuGH stellte in der Vergangenheit die sog. Metro-Kriterien auf, unter deren Berücksichtigung selektive Vertriebssysteme nicht gegen das Kartellverbot verstießen, sofern sich das System auf den Vertrieb von Luxus- und Prestigewaren konzentriere. Diese Metro-Kriterien beinhalten die folgenden Erfordernisse:

  1. Es muss erwiesen sein, dass die besondere Natur der Produkte, insbesondere wegen ihrer hohen Qualität oder technischen Entwicklung ein solches selektives System erfordern, um ihre Qualität zu wahren und ihren richtigen Gebrauch zu gewährleisten. 
  2. Die Auswahl der Wiederverkäufer muss aufgrund objektiver Kriterien qualitativer Art erfolgen, die einheitlich festgelegt ist und ohne Diskriminierung angewendet wird. 
  3. Die festgelegten Kriterien dürfen nicht über das erforderliche Maß hinausgehen.

Grundsätzlich müsse der nationale Richter darüber befinden, ob diese Kriterien erfüllt sind, jedoch kommt der Schlussantrag im Folgenden zu dem Ergebnis, dass das selektive Vertriebssystem der Coty Germany auf objektiven und qualitativen Erfordernissen beruht und kein Verstoß gegen das Kartellverbot darstellt. Denn ein Vertriebssystem, das durch die Festlegung der äußeren Umstände des Verkaufs sicherstellen will, dass die Waren in einer ihren Wert zur Geltung bringenden Weise dargeboten werden, ist dazu geeignet, die Qualität derartiger Produkte zu wahren und auch bei den betroffenen Kosmetikartikeln kann es sich durchaus um Luxusartikel handeln, da die Einstufung als Luxus- oder Prestigeware nicht allein auf materiellen Eigenschaften beruht, sondern auch die „Aura von Luxus“ und die Vorstellungen des Verbrauchers mit in den Blick genommen werden müssen. Daher kann auch die mögliche Beeinträchtigung der luxuriösen Ausstrahlung ein selektives Vertriebssystem rechtfertigen. 

Zulässigkeit des Verbots der Einschaltung von Drittplattformen 

Die Frage nach der Zulässigkeit des Verbots, Drittplattformen in erkennbarer Weise einzuschalten wird in ähnlicher Weise beantwortet: Das Verbot muss zunächst, in Anbetracht der angestrebten Qualitätsziele legitim und verhältnismäßig sein. Das Ziel der Wahrung und Kontrolle von Qualitätskriterien, insbesondere die Garantien in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Herkunftskennzeichnung der Waren zu sichern, kann nach Einschätzung des Generalanwalts ein solches Verbot rechtfertigen. Begründet wird dies damit, dass ein absolutes Verbot Verkäufe im Internet nach außen erkennbar über Drittunternehmer durchzuführen, vergleichbar ist mit denjenigen Verkaufsstandards, die im physischen Handel gelten. Dagegen ist das in Frage stehende Verbot keinesfalls vergleichbar mit einem pauschalen Verbot, die besagten Produkte überhaupt im Internet zu veräußern, sodass aufgrund der geringeren Beschränkungsintensität die Verhältnismäßigkeit außer Frage steht. Darüber hinaus ist dieses Verbot dazu geeignet, das Luxus- und Qualitätsimage des Produkts zu wahren und damit auch den auf qualitativen Kriterien beruhenden Wettbewerb zu verbessern. Der Generalanwalt spricht aufgrund dieser Erwägungen die Empfehlung aus, dass das vorlegende Gericht zur Prüfung der Vereinbarkeit mit Art. 101 Abs. 1 AEUV, untersuchen sollte, ob die in Rede stehende Vertragsklausel durch die Luxus- und Prestigenatur der Ware bedingt ist, ob sie einheitlich festgelegt, unterschiedslos angewandt wird und ob sie nicht über das Erforderliche hinausgeht. 

Ausblick 

Aus der Praxis des EuGH geht sichtlich die Tendenz hervor, dass er in einem Großteil der Fälle den Schlussanträgen der Generalanwälte folgt, sodass auch hier mit einer Entscheidung des EuGH zu rechnen ist, die sowohl das selektive Vertriebssystem als auch das Verbot der Veräußerung über nach außen erkennbare Drittunternehmen nicht als einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV werten wird. Für den entgegengesetzten Fall jedoch, prüft der Generalanwalt, ob die in Rede stehenden Beschränkungen durch eine Freistellung gemäß der Verordnung 330/2010 ermöglicht werden können. Die benannte Verordnung ermöglicht Freistellungen von den Vorgaben des Art. 101 Abs. 1 AEUV für vertikale Vereinbarungen. Vertikale Vereinbarungen sind Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen, die jeweils auf unterschiedlichen Ebenen einer Produktions- oder Vertriebskette tätig sind und die sich auf Modalitäten des Ver- oder Weiterverkaufs von Waren oder Dienstleistungen beziehen. Dazu führt der Generalanwalt aus, dass das Verbot des Onlinevertriebs über Drittunternehmen keine Beschränkung der Kundengruppe nach Art. 4 lit. b und auch keine Beschränkung des aktiven oder passiven Verkaufs an Endverbraucher auf der Einzelhandelsstufe nach Art. 4 lit. c VO/330/2010 ist und der Freistellung damit keine Ausschlussgründe entgegenstehen.

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