Der EU Data Act: Neue Regeln für den fairen Zugang zu und die Nutzung von Daten

Festplatten und LAN-Kabel zur Datenübertragung: EU Data Act
Festplatten und LAN-Kabel zur Datenübertragung: EU Data Act

Der EU Data Act: Neue Regeln für den fairen Zugang zu und die Nutzung von Daten

Mit dem Data Act (Verordnung (EU) 2023/2854) schafft die Europäische Union einen zentralen Baustein für ihren digitalen Binnenmarkt. Das primäre Ziel des Data Act ist es, die Fairness in der Wertschöpfung aus Daten zu gewährleisten und den Zugang zu sowie die Nutzung von Daten innerhalb der EU zu harmonisieren. Der Gesetzgeber will damit bestehende Barrieren abbauen, die eine optimale Datenallokation verhindern, etwa mangelnde Anreize zum Teilen, unklare Rechte, hohe Vertragsgestaltungskosten oder technische Inkompatibilitäten. Letztlich zielt der Data Act darauf ab, Innovation und Wettbewerb durch eine breitere und gerechtere Verfügbarkeit von Daten, insbesondere von Nutzungsdaten aus vernetzten Produkten und Dienstleistungen, voranzutreiben.

Wesentliche Inhalte und Akteure des Data Act

Der Data Act etabliert ein detailliertes Regelwerk mit spezifischen Rechten und Pflichten für verschiedene Akteure:

  • Nutzer (User) von vernetzten Produkten (z.B. Maschinen, Fahrzeugen, Haushaltsgeräten) und damit verbundenen Dienstleistungen erhalten das Recht, auf die von ihnen generierten Daten zuzugreifen und diese Dritten ihrer Wahl zur Verfügung zu stellen. Dies soll insbesondere die Entwicklung von Aftermarket- und innovativen Zusatzdiensten ermöglichen.
  • Dateninhaber (Data Holder), oft die Hersteller oder Dienstleister, sind verpflichtet, diese Daten dem Nutzer und dessen Dritten unverzüglich, kostenlos, in einem strukturierten und maschinenlesbaren Format zur Verfügung zu stellen. Sie dürfen die Daten nur auf vertraglicher Grundlage selbst nutzen und dürfen Dritte nicht benachteiligen.
  • Öffentliche Stellen, die Europäische Kommission, die EZB und EU-Organe erhalten unter strengen Voraussetzungen das Recht, bei „außergewöhnlichem Bedarf“ (z.B. zur Bewältigung von Notlagen wie Pandemien oder Naturkatastrophen) auf bestimmte Daten zuzugreifen.
  • Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten (insb. Cloud- und Edge-Anbieter) müssen ihren Kunden das Wechseln („Switching“) zu einem anderen Anbieter oder in eine lokale IT-Infrastruktur ohne technische oder vertragliche Hindernisse ermöglichen und so Interoperabilität sicherstellen. Ab Januar 2027 sind Wechselgebühren sogar komplett verboten.
  • Unternehmen untereinander werden durch Vorschriften gegen unfaire, einseitig aufgezwungene Vertragsklauseln geschützt, die den Zugang zu oder die Nutzung von Daten regeln.

Zeitlicher Anwendungsbereich und Übergangsfristen

Der Data Act tritt nicht als Ganzes sofort in Kraft, sondern gestaffelt, um den Betroffenen ausreichend Zeit zur Anpassung zu geben:

  • Die allgemeine Anwendbarkeit beginnt am 12. September 2025.
  • Die Pflicht zur datenzugangsfreundlichen Gestaltung neuer vernetzter Produkte und Dienste (Art. 3) gilt erst für Produkte, die nach dem 12. September 2026 auf den Markt gebracht werden.
  • Die Vorschriften zu unfairen Vertragsklauseln (Kapitel IV) gelten für neue Verträge ab dem 12. September 2025 und treten für bestehende, langfristige Verträge erst am 12. September 2027 in Kraft.

Der Data Act wird die datenbasierte Wirtschaft (Datenwirtschaft) in der EU nachhaltig verändern.

Lassen Sie sich jetzt von unseren Experten beraten, wie auch Ihr Unternehmen rechtssicher die Chancen des Data Act nutzen kann.

NOCH FRAGEN?

Wir freuen uns auf Ihre Anfrage zu diesem und weiteren Themen!
Logo 25 Jahre Rickert Rechtsanwaltsgesellschaft

Fehlzeiten und variable Vergütung

Mann trägt Fehlzeiten in Kalender ein
Mann trägt Fehlzeiten in Kalender ein

Fehlzeiten und variable Vergütung

Einführung

Arbeitgeber nutzen vermehrt die Möglichkeit der Vereinbarung variabler Vergütungsbestandteile mit ihren Mitarbeitern. Der Arbeitnehmer erhält in diesen Fällen neben seinem Grundgehalt einen zusätzlichen Vergütungsanspruch. Dieser kann von der entsprechenden Leistung des Arbeitnehmers oder auch vom Umsatz des Unternehmens abhängig gemacht werden. Die Ausgestaltung bestimmt sich dabei nach dem jeweiligen Arbeitsumfeld. Im Arbeitsvertrag werden die jeweiligen Regeln dann idealerweise auch schriftlich festgehalten. Doch auch in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen finden sich Regelungen über die variable Vergütung wieder. 

Die Höhe der variablen Vergütung ist von der jeweiligen Vereinbarung abhängig. Zulässig ist es, dass diese einen Großteil des Grundgehalts ausmacht. Voraussetzung ist lediglich, dass der Mindestlohn nicht unterschritten wird und das wirtschaftliche Risiko des Unternehmers nicht in nicht vertretbarer Weise auf den Arbeitnehmer übertragen wird. 

In der Praxis kommt es häufig zum Streit zwischen den Arbeitsvertragsparteien bezüglich der Zahlung der variablen Vergütung. Insbesondere stellt sich die Frage, wie sich Fehlzeiten des Arbeitnehmers auf die variable Vergütung auswirken. 

Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit arbeitgeberfreundlichen Entscheidungen

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf befasste sich im April und Mai 2024 (Aktenzeichen: 3 SLa 14/24) gleich zweimal kurz hintereinander mit der Frage, ob Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers auch im Fall der Abwesenheit des Arbeitnehmers entstehen können. In einem Fall begehrte der klagende Arbeitnehmer Zahlung einer variablen Vergütung trotz krankheitsbedingter Abwesenheit von 191 Tagen. Abgezogen wurde davon der sechswöchige Zeitraum der Entgeltfortzahlung. Im zweiten Fall begehrte der Kläger ebenfalls Zahlung der variablen Vergütung trotz zweimonatiger Elternzeit. Beiden Fällen lag ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde. Die variable Vergütung war jeweils nur mittelbar auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zurückzuführen und machte 40% vom Gesamtgehalt aus.

Das LAG wies die geltend gemachten Zahlungsansprüche der klagenden Arbeitnehmer zurück. Diese vom LAG vertretene Ansicht steht im Widerspruch zu einer Reihe von Entscheidungen der Arbeitsgerichte, bei denen dem Arbeitnehmer ein solcher Anspruch trotz Fehlzeiten zugesprochen wurde, sofern die arbeitsvertragliche Vereinbarung hinsichtlich der Auswirkungen von Fehlzeiten des Arbeitnehmers auf die Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers nicht im Detail ausgestaltet war.

Das LAG Düsseldorf begründete seine Entscheidung insbesondere mit dem arbeitsrechtlichen Grundsatz „Kein Lohn Ohne Arbeit“. Ein Arbeitsverhältnis ist ein gegenseitiger Vertrag, bei dem die Leistungen der Parteien von der jeweiligen Mitwirkung abhängig sind. Bei unterbliebener Arbeitsleistung kann ein Fall von Unmöglichkeit gem. § 275 BGB vorliegen, sodass bei Fehlzeiten gem. § 326 Abs.1 BGB kein Vergütungsanspruch besteht. Es gibt jedoch gesetzlich geregelte Ausnahmefälle, wie beispielsweise der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 EFZG.

Dieser Grundsatz gilt nicht nur für das feste Grundgehalt, sondern auch für Ansprüche aus einer variablen Vergütung. Auch diese steht im Synallagma zur Erbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer, sofern keine entgegenstehende Regelung festgelegt wurde. Denn eine Sonderzahlung, die einen wesentlichen Teil der Vergütung ausmacht und an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele anknüpft, stellt regelmäßig ein Arbeitsentgelt dar, das als Gegenleistung zur erbrachten Arbeitsleistung geschuldet wird. Andere verfolgte Zwecke, insbesondere solche, die die Leistung von dem Synallagma zur Arbeitsleistung entkoppeln, müssen eindeutig arbeitsvertraglich geregelt werden. Anderenfalls bedarf es keiner Annahme, dass eine Ausnahme vom Grundsatz „Kein Lohn Ohne Arbeit“ gewollt ist. Der Anspruch auf erfolgsabhängige Vergütung entsteht während eines festgelegten Bezugszeitraums. Fehlt in diesem Zeitraum, der für die Berechnung der variablen Vergütung zugrunde gelegt wird, die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, so muss dieser nicht am Erfolg beteiligt werden. Diese Folge ergibt sich von Gesetzes wegen und muss nach Ansicht des LAG daher nicht gesondert vereinbart werden. Das LAG hat in den vorliegenden Beispielsfällen daher in nachvollziehbarer Weise zugunsten der Arbeitgeberseite entschieden.

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung dieser Thematik hat das LAG Düsseldorf die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Derzeit liegt dazu noch keine Entscheidung vor.

Anwendung in der Praxis

Trotz der Entscheidung des LAG Düsseldorf empfiehlt es sich für Arbeitgeber dennoch, konkrete Regelungen im Arbeitsvertrag aufzunehmen.  Dabei sollten die Auswirkungen auch auf bereits festgelegte und ggf. vom Arbeitnehmer erreichte Ziele berücksichtigt werden. Entsprechende Regelungen sollten eindeutig und klar verständlich formuliert werden, um Auslegungsproblemen vorzubeugen. 

Die Unterscheidung zwischen mittelbarem und unmittelbarem Leistungsbezug der Arbeitsleistung ist ebenfalls zu berücksichtigen. Liegt bspw. ein Fall des unmittelbaren Leistungsbezugs vor und erreicht der jeweilige Arbeitnehmer seine Ziele bereits vor Eintritt der Fehlzeit, so ist der Anspruch auf variable Vergütung entstanden, ohne dass der Arbeitgeber ein Kürzungsrecht hat.

Es ist davon auszugehen, dass diese praxisrelevante Thema die deutschen Arbeitsgerichte weiter beschäftigen wird. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

Bei weiteren Fragen zu diesem Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

NOCH FRAGEN?

Wir freuen uns auf Ihre Anfrage zu diesem und weiteren Themen!
Logo 25 Jahre Rickert Rechtsanwaltsgesellschaft

AI Act: Eine Weichenstellung in der Regulierung künstlicher Intelligenz

AI Act: Eine Weichenstellung in der Regulierung künstlicher Intelligenz

AI Act – was sich jetzt ändert

Einleitung

Die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) stellt die Gesellschaft vor neue Herausforderungen und Chancen. Schon heute sind Chatbots und KI-generierte Bilder und Videos weit verbreitete Manifestationen dieser Technologie. 

Um die Risiken zu minimieren und die Vorteile zu maximieren, hat die Europäische Union den AI Act verabschiedet. Dieses Gesetz gilt als eines der weltweit ersten umfassenden Regelwerke für den Einsatz von KI und soll einen Rahmen für die Entwicklung und den Einsatz von KI-Systemen schaffen, der die Grundrechte und Werte der EU schützt.

Was regelt der AI Act, und warum?

Ziel des AI Act ist es, einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Entwicklung, den Vertrieb und die Nutzung von KI-Systemen in der Europäischen Union zu schaffen. Dabei orientiert es sich am Produktsicherheitsrecht.

KI-Systeme werden nach ihren potenziellen Risiken für Sicherheit, Grundrechte und Demokratie in verschiedene Kategorien eingeteilt. Anwendungen, die als inakzeptabel angesehen werden, wie z.B. Sozialkredit-Systeme wie in China, soziale Manipulation oder Massenüberwachung, werden verboten. KI-Systeme mit hohem Risiko, wie sie beispielsweise in der Strafverfolgung oder im Personalwesen eingesetzt werden, müssen strenge Anforderungen an Transparenz, Robustheit und menschliche Aufsicht erfüllen. Der AI Act soll dazu beitragen, dass KI-Systeme ethisch vertretbar und transparent entwickelt und eingesetzt werden.

Der AI Act unterscheidet zwischen verschiedenen Risikokategorien von KI-Systemen und legt je nach Risiko unterschiedliche Anforderungen fest. Bestimmte KI-Anwendungen, die als Gefahr für die Grundrechte oder die öffentliche Sicherheit angesehen werden, sind verboten. Für KI-Systeme mit hohem Risiko gelten strenge Anforderungen an Datenqualität, Robustheit, Transparenz und menschliche Aufsicht. Die EU-Mitgliedstaaten sind für die Marktüberwachung zuständig und müssen sicherstellen, dass KI-Systeme die Anforderungen des AI Act erfüllen. Eine europäische Behörde soll die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten koordinieren und die einheitliche Anwendung des AI Act sicherstellen.

Der AI Act wird erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung und den Einsatz von KI-Systemen haben. Unternehmen, die KI-Systeme entwickeln oder einsetzen, müssen sich auf umfangreiche Anpassungen einstellen. Insbesondere für Unternehmen, die KI-Systeme in risikoreichen Bereichen einsetzen, wird der administrative Aufwand steigen. Anbieter von Hochrisiko-Systemen müssen eine sog. Konformitätsbewertung durchlaufen, um ihr Produkt in der EU auf den Markt zu bringen. Gleichzeitig bietet der AI Act auch Chancen für Unternehmen, die sich an die neuen Regeln anpassen und vertrauenswürdige KI-Lösungen anbieten können.

Kritiker argumentieren, dass die Anforderungen, insbesondere für risikoreiche KI, zu hoch und bürokratisch sind. Dies könne Innovationen hemmen und kleinere Unternehmen benachteiligen. Die Definitionen von Begriffen wie „Hochrisiko-KI“ sind teilweise unklar und führen zu Rechtsunsicherheit. Die Beurteilung, welche KI-Systeme als risikoreich einzustufen sind, ist subjektiv und kann zu unterschiedlichen Interpretationen führen. Zudem erschwert die schnelle Entwicklung von KI-Modellen eine statische Risikobewertung. Zu strenge Vorschriften könnten die europäische KI-Forschung und -Entwicklung behindern und dazu führen, dass Unternehmen ihre Aktivitäten in Regionen mit weniger strengen Vorschriften verlagern.  

Dies könnte dazu führen, dass Europa im globalen Wettlauf um die Führungsrolle im Bereich der KI zurückfällt.

Was ist bei der Regulierung nach dem AI Act zu beachten?

Der AI Act ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer ethischen und verantwortungsvollen Entwicklung von künstlicher Intelligenz. Mit der Einführung eines umfassenden Rechtsrahmens schafft die EU die Grundlage für den Einsatz von KI-Systemen. 

Unternehmen und Entwickler müssen sich auf die neuen Anforderungen einstellen, um weiterhin erfolgreich am Markt bestehen zu können. Gleichzeitig bietet der AI Act auch Chancen für Innovation und Wachstum in diesem Bereich. Wichtig ist jedoch, die Kritik ernst zu nehmen und den Rechtsrahmen kontinuierlich zu evaluieren und anzupassen. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Regulierung und Innovation ist entscheidend, um die Vorteile von KI zu nutzen und die Risiken zu minimieren.

Wenn Sie Fragen zum AI Act oder zu anderen Aspekten der KI-Regulierung haben, setzen Sie sich mit uns in Verbindung. Unser Expertenteam steht Ihnen gerne zur Verfügung, um Sie umfassend zu beraten und Ihre Anliegen zu klären. Ob Sie Unterstützung bei der Umsetzung der neuen Regelungen benötigen oder einfach nur mehr über die Auswirkungen auf Ihr Unternehmen erfahren möchten – wir sind für Sie da! Kontaktieren Sie uns und lassen Sie uns gemeinsam die Chancen und Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz erkunden. Wir freuen uns auf Ihre Nachricht!

NOCH FRAGEN?

Wir freuen uns auf Ihre Anfrage zu diesem und weiteren Themen!
Logo 25 Jahre Rickert Rechtsanwaltsgesellschaft

Sicherer Umgang mit KI im Unternehmensalltag

Sicherer Umgang mit künstlicher Intelligenz im Unternehmensalltag 

Was darf Ki im Unternehmen?

Einleitung

Wir haben in unserem ersten Artikel bereit einen kurzen Überblick darüber gegeben, was genau eigentlich unter Künstliche Intelligenzen (KI) verstanden wird und haben in diesem Rahmen die Verordnung zur Regulierung von KI den sogenannten Artificial Intelligence Act (AI Act) beleuchtet. 

Im Nachfolgenden möchten wir noch tiefer ins Detail gehen und Darstellen wie man KI im Unternehmen einsetzten kann. 

Künstliche Intelligenzen sind heute aus dem Unternehmensalltag nicht mehr wegzudenken. Sie ermöglichen Innovation, Effizienz und könnten europäischen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Mit dem AI Act soll ein Regelwerk für den sicheren Umgang mit Künstlichen Intelligenzen in der Europäischen Union festgelegt werden (dazu haben wir bereits in unserem ersten Artikel Stellung genommen.). Adressaten dieses Gesetzes sind nicht nur die Entwickler von KI, sondern auch Unternehmen, die KI nutzen. Welche laut Lars Klingholz, Leiter Künstliche Intelligenz beim Digitalverband Bitcom, ein Großteil der europäischen Unternehmen sein. Der Verband begrüßt jedoch den AI Act und sieht ihn als Möglichkeit nachhaltig KI einzusetzen. 

Wie kann man Künstliche Intelligenzen im Unternehmen nutzen? 

Ob in Form eines Chatbot im Bereich des Kundenservice, zur Auswertung von Kundenbewertungen, in Gestalt von Robotern in der Fabrikation oder gar Tools zur Zusammenfassung von Kundengesprächen, die Einsatzmöglichkeiten von KI in Unternehmen sind vielfältig. 

KI ist in der Lage, ganze Aufgabenbereiche selbständig zu übernehmen und kann dabei helfen, neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, Vertriebswege zu optimieren und die Produktionsleistung zu steigern. Das Europäische Parlament hofft, dass dies zu einer positiven Entwicklung in Sektoren führen wird, die bereits in der Europäischen Union etabliert sind, wie Maschinenbau, Landwirtschaft, Gesundheitswesen oder auch Mode. 

Im Bereich Human Resources kann KI beispielsweise bei der Einstellung neuer Mitarbeiter:innen unterstützen, indem sie das gesamte Verfahren der Stellenausschreibung, der Durchführung des Bewerbungsgesprächs und der Auswahl der Teilnehmenden übernimmt. Einzig die Entscheidung, welcher Kandidat eingestellt wird, muss dann nur noch der Arbeitgebende treffen, da automatisierte Einzelentscheidungen nach Art. 22 DS-GVO verboten sind. 

Das Thema Videoüberwachung, insbesondere im Unternehmenskontext ist hingegen heikel und nicht selten mit Stolperfallen für den Arbeitgeber verbunden. Während bei Berufen mit hohem Berufsrisiko, beispielsweise bei der Polizei, KI zur Wahrung des persönlichen Schutzes verwendet wird, ist KI in anderen Bereichen in der Lage die Erstellung von Leistungs- und Bewegungsprofile der Mitarbeitenden zu ermöglichen. Dies stellt jedoch regelmäßig einen nicht notwendigen Eingriff in die Rechte und Freiheiten der Mitarbeitenden dar und soll daher künftig durch das neue Beschäftigtendatenschutzgesetz besser geregelt werden. 

Bei der Nutzung von KI am Arbeitsplatz kann sich auch ein Konflikt mit der Informationspflicht des Arbeitsgebers gegenüber den Arbeitnehmenden ergeben. Neben der Information darüber, dass mit KI gearbeitet wird, ist auch die Offenlegung des Aufbaus und die Funktionsweise des Algorithmus der KI nötig. Oftmals arbeiten Unternehmen jedoch mit KI-Anwendungen anderer Unternehmen, deren Algorithmus ein Geschäftsgeheimnis ist und haben daher selbst keine Kenntnis über die konkrete Funktionsweise der KI. Hieraus kann sich dann ein Informationsdefizit des Arbeitgebers gegenüber den Arbeitnehmenden ergeben. 

Künstliche Intelligenzen sind imstande, zahlreiche Aufgaben übernehmen. Wie sieht es mit den Arbeitsplätzen aus? 

Bei vielen Arbeitnehmenden besteht nach wie vor die Sorge aufgrund von KI ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Künstliche Intelligenzen sind stetig in der Entwicklung und erweitern daher täglich ihr Wissen und ihre Fähigkeiten. Während einige Ökonomen dies für Berufe mit routinierten Tätigkeiten vorhersagen, sehen andere das Problem eher bei den fehlenden Investitionen in die Entwicklung von KI, insbesondere in Deutschland. Durch diesen Marktanteilverlust würden viel mehr Arbeitsplätze verloren gehen und nicht etwa durch die Übernahme von Tätigkeiten durch KI. Während in den USA allein im Jahr 2022 47,4 Mrd. US-Dollar in die Entwicklung Künstlicher Intelligenzen investiert wurde, gefolgt von China mit 13,4 Mrd. US-Dollar, waren es in Deutschland hingegen nur 2,4 Mrd. US-Dollar. Allerdings investierte auch kein anderer EU-Staat mehr.  

Welche konkreten Probleme ergeben sich beim Einsatz von KI im Unternehmensalltag? 

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) kritisiert in einer Stellungnahme den Einsatz von generativer KI-Anwendungen durch Arbeitnehmende am Arbeitsplatz. Gerade durch die Integration generativer KI in alltäglich genutzte Anwendungen wie Textverarbeitungsprogrammen oder auch Suchmaschinen ist die Hürde für die Nutzung denkbar gering. Arbeitnehmende müssen sich dessen bewusst sein, dass sie auch hier die datenschutzrechtlichen Grundsätze beachten und insbesondere eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung haben müssen. Dabei sind insbesondere Arbeitgeber in der Pflicht, entsprechend zu schulen und ihre Beschäftigten für die Problematik zu sensibilisieren. Die Verwendung solcher Systeme führt zudem häufig zu einem Konflikt mit dem datenschutzrechtlichen Transparenzgebot. Es ist häufig kaum oder gar nicht zu erkennen aus welchem Datenpool die KI ihr Wissen bezieht. 

Ein Fall aus den USA zeigt, dass das Wissen der KI auch veraltet oder vielmehr noch die herausgegebenen Informationen falsch sein kann. Ein Anwalt aus den USA hatte mithilfe des Chatbots ChatGPT nach Präzedenzfällen im Zusammenhang mit Verjährungen gesucht. ChatGPT hatte ihm daraufhin falsche Fälle präsentiert. Die KI war in der Lage mithilfe ihres Wissens ganze Fallakten zu erfinden, welche wiederum Verweise auf weitere erfundene Gerichtsurteile enthielten. Das Gericht sah darin einen Täuschungsversuch, welcher gravierende Folgen für den Rechtsanwalt haben könnte.  

Kompliziert wird es also vor allem bei der Frage der Haftung. Ob Fehler auf Anwender- oder Programmfehler zurückzuführen sind, kann gegebenenfalls schwierig zu beweisen sein. Auch bei der Generierung von Bildern stellt sich die Frage, wem dieses gehört. Dem Unternehmen, dass die KI eingesetzt hat, dem Mitarbeiter, der die Daten in das System eingespeist hat oder doch dem Entwickler? 

Fazit und Ausblick 

KI im Unternehmen? Ja oder nein? 

Ob der Einsatz von KI-Anwendungen sinnvoll ist, hängt von dem Tätigkeitsbereich ab. Innerhalb der Produktion stellt die Verwendung von KI eher kein Problem dar. Auch für Recherchearbeiten oder im Bewerbungsverfahren kann KI eine Erleichterung darstellen, jedoch sollten die ausgegebenen Informationen anschließend kontrolliert werden.  

Bei der Bewertung des Einsatzes von KI muss jedoch klar differenziert werden, ob gerade personenbezogene Daten verwendet werden und basierend darauf abgewogen werden, ob eine Nutzung nicht mit einem zu hohen Risiko verbunden ist. Grundsätzlich können Künstliche Intelligenzen für Unternehmen ein großer Gewinn sein, die Anwendung ist jedoch mit Vorsicht zu genießen.  

NOCH FRAGEN?

Wir freuen uns auf Ihre Anfrage zu diesem und weiteren Themen!
Logo 25 Jahre Rickert Rechtsanwaltsgesellschaft

Kommen bald endlich Regelungen für die Arbeitszeiterfassung?

Arbeitszeiterfassung

Unternehmen warten auf Klarheit

Arbeitszeiterfassung

Kommen bald endlich Regelungen für die Arbeitszeiterfassung?

Einleitung

Im Rahmen seines Beschlusses vom 13. September 2022 (Az. 1 ABR 22/21) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) erklärt, dass bereits jetzt nach deutschem Recht die Arbeitszeiterfassung zum Schutz der Arbeitnehmer:innen verpflichtend ist.

Dabei beruft sich das BAG im Wesentlichen auf das sog. Stechuhr-Urteil des EuGH vom 14. Mai 2019 (EuGH Rs. 55/18 CCOO), welches die Auslegung der europäischen Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG) betraf. Das Urteil haben wir damals auch in unserem Blog-Artikel betrachtet (zum Nachlesen unter https://rickert.law/verpflichtung-des-arbeitgebers-zur-systematischen-arbeitszeiterfassung/).

Der EuGH hatte festgestellt, dass Arbeitgeber nach Unionsrecht verpflichtet sind, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, um die Arbeitszeiten von Arbeitnehmer:innen zu erfassen. Die EU-Mitgliedstaaten sind dazu angehalten, diese Pflicht umzusetzen und Details zu regeln.

Deutschland und die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung

In Deutschland ist die Umsetzung bisher noch nicht erfolgt. Das BAG verleiht dem EuGH-Urteil Nachdruck und drängt die Politik darauf, durch neue Regelungen im Arbeitszeitgesetz endlich Rechtsicherheit für deutsche Unternehmen zu schaffen.

Neu ist allerdings die Feststellung des BAG, dass trotz bislang fehlender Umsetzung des Unionsrechts in Deutschland schon eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gilt, weil § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz im Lichte des Unionsrecht auszulegen ist.

In seinen Urteilsgründen aus dem vergangenen Dezember machte das BAG allerdings noch keine inhaltlichen Vorgaben für zukünftige Regelungen. Es wurde offen gelassen, ob das System digital oder analog sein soll.

Zudem hat das BAG klargestellt, dass die Dokumentation der Arbeitszeiten an die Arbeitnehmer:innen selbst delegiert werden kann, was beispielsweise mit Blick auf die Arbeit im Home Office interessant ist. Voreilige Schlüsse oder Ängste vor dem Ende der Vertrauensarbeitszeit sind daher unbegründet. Das BAG betont vielmehr, dass die Arbeitszeiterfassung allein dem Schutz der Arbeitnehmer:innen dient: Sie sollen davor bewahrt werden, zu viel zu arbeiten und Ruhezeiten nicht einzuhalten.

Das Bundesarbeitsministerium hat angekündigt, voraussichtlich noch im ersten Quartal 2023 einen Vorschlag für die Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz vorzustellen. Bislang ist durch das Arbeitszeitgesetz nur die Aufzeichnung von Überstunden und Arbeit an Sonn- und Feiertagen vorgegeben.

Fazit

Für Arbeitgeber ist es ratsam, jetzt zeitnah ein entsprechendes Erfassungssystem einzurichten oder sich zumindest näher mit praktikablen Modellen auseinanderzusetzen. Eine Strafe bei fehlender Einrichtung muss zumindest bislang noch nicht befürchtet werden.

NOCH FRAGEN?

Wir freuen uns auf Ihre Anfrage zu diesem und weiteren Themen!
Logo 25 Jahre Rickert Rechtsanwaltsgesellschaft

Der „Gelbe Schein“ wird digital!

Gelbe Schein

Ab dem 01.01.2023 kann der Arbeitgeber die Krankmeldung direkt bei der Krankenkasse abrufen.

Gelbe Schein

Nicht vergessen: Der Gelbe Schein wird digital!

Zum 01.01.2023 wird bundesweit für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (der „Gelbe Schein“) verpflichtend elektronisch. Das bedeutet, beim Arztbesuch erhalten die PatientInnen lediglich einen Papierausdruck für ihre Unterlagen. Die neue elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) wird hingegen auf technischem Wege direkt an die Krankenkassen übermittelt. Dort kann der Arbeitgeber die Informationen dann abrufen.

Was müssen gesetzlich versicherte Arbeitnehmer jetzt noch tun?

Es besteht weiterhin die Pflicht, dem Arbeitgeber seine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich zu melden und diese regelmäßig spätestens am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen zu lassen (§ 5 Abs. 1 EntgFG). Beachten Sie hier auch die Regelungen, die in ihrem Betrieb für die Krankmeldung vorgesehen sind. 

Nur die bisherige Nachweispflicht der Arbeitsunfähigkeit durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung gegenüber dem Arbeitgeber entfällt jetzt nach dem neuen § 5 Abs. 1a EntgFG.

Den voraussichtlichen Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit müssen Sie Ihrem Arbeitgeber jedoch ebenfalls mitteilen, weil die Abfrage der eAu bei den Krankenkassen nur mit dieser Information erfolgreich durchgeführt werden kann.

In welchen Schritten erfolgt die Übermittlung der eAU?

Schritt 1: Datenübermittlung von der Arztpraxis an die Krankenkasse (§§ 295 Abs. 1, 1, 10 SGB V)

Schritt 2: Erstellung einer Meldung zum Abruf für den Arbeitgeber durch die Krankenkasse (§ 109 SGB IV n.F.)

Schritt 3: Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten durch den Arbeitgeber bei der Krankenkasse (neuer § 5 Abs. 1a EFZG)

Welche Informationen erhält der Arbeitgeber durch die eAU?

Die Krankenkasse übermittelt dem Arbeitgeber folgende Informationen:

  • Name der versicherten Person
  • Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit
  • Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung

In welchen Fällen muss bei gesetzlich versicherten Arbeitnehmern auch weiterhin eine klassische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfolgen?

  • Krankheitsfälle im Ausland
  • Physiotherapie
  • Psychotherapie
  • Erkrankung eines Kindes
  • Beschäftigungsverbot in der Schwangerschaft
  • Rehabilitationsmaßnahmen
  • Wiedereingliederungsmaßnahmen
  • Nicht an das System angebundene Arztpraxen

Was passiert, wenn technische Probleme die Übermittlung (vorübergehend) verhindern?

Die Daten werden durch die Praxis-Software gespeichert und der Versand der Krankmeldung erfolgt, sobald dies wieder möglich ist. 

Bei einer länger andauernden Störung wenden Arztpraxen das Ersatzverfahren mit Papierausdrucken an: Der gesetzlich versicherte Arbeitnehmer schickt dann den Ersatzausdruck selbst an seine Krankenkasse. Die Daten können durch einen aufgedruckten Barcode von den Krankenkassen ohne großen Aufwand digitalisiert und den Arbeitgebern anschließend bereitgestellt werden.

Welchen Hintergrund hat die Änderung?

Im Rahmen des Dritten Bürokratie-Entlastungsgesetzes (Begründung BT-Drs 19/13959) wurde das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) und darin ein einheitliches und verbindliches elektronisches Verfahren zur Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsdaten durch die Ärzte an die Krankenkassen eingeführt.

Seit 01. Januar 2022 lief die Pilotphase: Arbeitgeber, die bereits technisch dazu in der Lage waren, konnten die AU-Daten schon elektronisch bei den Krankenkassen einsehen.

Es ist davon auszugehen, dass auch in Zukunft weitere Anwendungsfälle in das eAU-Verfahren aufgenommen werden.

NOCH FRAGEN?

Wir freuen uns auf Ihre Anfrage zu diesem und weiteren Themen!
Logo 25 Jahre Rickert Rechtsanwaltsgesellschaft

law-to-go: Urlaubsregelungen an Weihnachten und Silvester 

Urlaubsregelungen an Weihnachten

Kurze Antworten auf schnelle Fragen

Urlaubsregelungen an Weihnachten

law-to-go: Urlaubsregelungen an Weihnachten und Silvester 

Sind Heiligabend (24.12.) und Silvester (31.12.) gesetzliche Feiertage? 

Nein. Aber der 1. und 2. Weihnachtstag sowie der 1. Januar sind gesetzliche Feiertage, für die Sie sich keinen Urlaub nehmen müssen. 

Haben alle Arbeitnehmende an diesen gesetzlichen Feiertagen automatisch frei? 

Grundsätzlich ja, es sei denn, sie fallen unter die Berufsgruppen der Feuerwehr, Pflegedienste, Gastronomie, Landwirtschaft und natürlich der Verkehrsbetriebe. 

Reichen denn für Heiligabend und Silvester wenigstens halbe Urlaubstage? 

Leider nicht. Zumindest aus gesetzlicher Sicht. Aber weil Chef*innen an Weihnachten gerne nett sind, ist es in vielen Betrieben üblich geworden.  

Bekomme ich mehr Geld, wenn ich an Heiligabend oder Silvester arbeite? 

Nein. Unter bestimmten Voraussetzungen jedoch, nämlich wenn es vertraglich oder tariflich vereinbart wurde, ist selbst das möglich. 

Muss ich zwischen den Tagen arbeiten? 

Natürlich. Es sind ganz normale Arbeitstage. 

Kann mich mein Betrieb zwingen, an diesen Tagen Urlaub zu nehmen? 

Ja, das kann er, indem er den sog. Betriebsurlaub veranschlagt. Er kann dies jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen tun. 

Mehrere Mitarbeitende möchten z.B. an Heiligabend Urlaub nehmen: wer bekommt den Vortritt? 

Das kommt darauf an… wie die Vorjahresurlaubsregelung aussah, wer besonders erholungsbedürftig ist oder wer familiär wichtige Gründe hat. Die Antwort lautet also: es ist immer jemand anderes. 

Gibt es eine Art Gewohnheitsrecht für die Urlaubsregelungen an Heiligabend und Silvester? 

Gibt Ihr Betrieb Ihnen drei Jahre in Folge an diesen Tagen frei, nennt man das „Betriebliche Übung“ und Sie können darauf in Zukunft beim Arbeitsgericht bestehen. Es sei denn, in der betrieblichen Mitteilung findet sich irgendwo der Vorbehalt, dass die Freistellung nur für das jeweilige Jahr gilt und freiwillig erfolgt. 

Verfällt mein Resturlaub zum Ende des Jahres? 

Bisher war das so, von bestimmten Ausnahmen abgesehen. Inzwischen jedoch darf der Jahresurlaub grundsätzlich nur noch dann verfallen, wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass er den Arbeitnehmenden angemessen auf den bevorstehenden Verfall des Resturlaubs hingewiesen hat und ihm die Chance gelassen hat, den Urlaub noch anzutreten. 

Wie immer gibt es Einzelfallregelungen und Ausnahmen. Und wie immer stehen wir Ihnen für gezielte Aufklärung gerne zur Verfügung.  

NOCH FRAGEN?

Wir freuen uns auf Ihre Anfrage zu diesem und weiteren Themen!
Logo 25 Jahre Rickert Rechtsanwaltsgesellschaft

Es ist längst GbR-Praxis, nun wird es auch Gesetz

GbR

MoPeG: Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

GbR

Es ist längst GbR-Praxis, nun wird es auch Gesetz: das Gesetz zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts (MoPeG)

Einführung

Das teilweise aus dem 19. Jahrhundert stammende Personengesellschaftsrecht für GbR, OHG und KG soll endlich an die Bedürfnisse des modernen Wirtschaftslebens angepasst werden, wie es auch längst schon in der Praxis umgesetzt wird. Vor allem die GbR erfährt im neuen Gesetz zahlreiche Änderungen.

Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) tritt zum 01. Januar 2024 in Kraft.

Reformen der GbR

Die GbR selbst wird rechtsfähig

Während nach formellem Recht bislang nur die Gesellschafter einer GbR rechtsfähig waren, ist es nun die GbR selbst. Damit entfällt der Verweis auf die Vorschriften zur OHG, was der GbR sofort einen neuen Status als Grundform verschafft. Während sie nämlich bisher nur als eine dem Umstand geschuldete Gelegenheitsgesellschaft angesehen wurde, sobald sich mind. 2 Menschen für ein gewerbliches Projekt zusammentun, kann sie nun auch auf Dauer am wirtschaftlichen Leben mit all seinen Rechtsmöglichkeiten teilnehmen.

Die GbR ist Vermögensträgerin

Auch hier waren formal rechtlich bislang die einzelnen Gesellschafter die Vermögensträger. Nun ist die GbR selbst die Trägerin ihres Vermögens.

Freiberufler können sich zu einer Personenhandelsgesellschaft zusammenschließen

Über diese gesetzliche Rückendeckung dürften sich alle Freiberufler wie Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten oder Ingenieure freuen, denn sie profitieren damit von Haftungsbeschränkungen, die ihnen vorher verwehrt wurden.

Der Grund liegt in dem erweiterten Verständnis, dass der Handel mit Dienstleistungen wie ein Handel mit Waren betrachtet werden kann. Bislang berechtigte nämlich allein der Handel mit Waren zur Gründung einer Kommanditgesellschaft (KG), deren Haftungsbeschränkungen weit über die einer sog. Partnerschaftsgesellschaft hinausgehen. So haften etwa Kommanditisten unabhängig vom Sachverhalt lediglich auf die Höhe ihrer Einlagen.

Das bedeutet, dass auch Freiberufler, die sich zu einer KG zusammenschließen, als Kommanditisten künftig eine generelle Haftungsbeschränkung im Rahmen einer Personenhandelsgesellschaft genießen können, wie es bereits in vielen anderen Ländern gängige Praxis ist.

Freies Sitzwahlrecht

Künftig kann eine deutsche Personengesellschaft sämtlichen Tätigkeiten im Ausland nachgehen und dennoch in der Rechtsform einer deutschen Gesellschaft bleiben. Das freie Sitzwahlrecht für eingetragene Personengesellschaften gilt dann unabhängig vom Ort der Eintragung. Folglich besteht die freie Wahl des Verwaltungssitzes, sofern ein Vertragssitz im Inland angegeben wurde.

Der Gesellschafter scheidet aus, aber die GbR bleibt

Tod und Kündigung eines GbR-Gesellschafters führt ab 2024 per Gesetz auch nur zu dessen Ausscheiden und nicht wie bisher zur Auflösung der Gesellschaft. Die enge persönliche Bindung zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern wird dadurch abgemildert.

Beschlussmängelrecht: Wo kein Kläger, da kein Richter mehr

Für die Personenhandelsgesellschaften wie OHG und KG wird außerdem ein sog. Beschlussmängelrecht verankert. Das bedeutet, dass fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse nicht mehr automatisch unwirksam sind. Sie müssen nun aktiv innerhalb von 3 Monaten nach Bekanntgabe angefochten werden.

Einführung eines öffentlich einsehbaren Gesellschaftsregisters

Diese Modernisierung ist die wohl wichtigste Neuerung im MoPeG, denn Vor- und Nachteile liegen hier eng beieinander.

Mit dem MoPeG wird ein Gesellschaftsregister eingeführt, welches von den Amtsgerichten geführt wird. Öffentlich einsehbar werden dann der Name der GbR, deren Sitz, alle Gesellschafter und die Vertretungsbefugnisse.

Anders als bei OHG und KG besteht für die GbR grundsätzlich kein Eintragungszwang. Auch ohne Eintragung bleibt die GbR rechtsfähig (vgl. § 707 Abs. 1 BGB n.F.). Die Gesellschafter können frei entscheiden, ob sie die Gesellschaft eintragen möchten oder nicht.

Dennoch gibt es eine Art „faktischen Zwang“, denn in Zukunft soll nur eine eingetragene GbR das Recht haben, registrierte Rechte erwerben zu können, wie z.B.  Immobilien.

Für die GbRs, die bereits vor der Gesetzesänderung nach gängiger Praxis eine Immobilie oder ein Grundstück erworben haben, greift eine Grundbuchsperre. Sie können ohne Eintragung ins Gesellschaftsregister ihre Immobilie nicht mehr veräußern, sprich: sie können nicht mehr aus dem Grundbuch ausgetragen werden.  

Zu den registrierten Rechten, die eine Eintragung in das Gesellschaftsregister notwendig machen, gehören ebenfalls der Erwerb von Marken, Patenten, Gebrauchsmustern, Designs oder sonstige in öffentliche Register eingetragene Rechte.

Mehr Transparenz

Das Gesellschaftsregister ist im Aufbau und in der Funktion dem Handelsregister ähnlich. Die Publizitätsdefizite der GbR werden behoben, die klare Transparenz in Haftung und Vertretungsverhältnisse schaffen vertrauenserweckende Rechtsklarheit. Da die Informationen im Gesellschaftsregister guten Glauben genießen, kann sich der Rechtsverkehr auf die Angaben im Register verlassen.

Um genau diesen Vertrauensbonus zu schützen, kann die eingetragene GbR nur bei vollständiger Auflösung wieder aus dem Register gelöscht werden. Die Gesellschafter können die GbR also nicht einfach aus dem Register löschen lassen, ohne dass diese damit als aufgelöst gilt.

Sobald eine GbR ins Gesellschaftsregister eingetragen ist, ist sie dazu verpflichtet, dies in ihrem Namen zu kennzeichnen. Dies erfolgt durch den Zusatz eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts, oder kurz eGbR. Zudem muss sie die wirtschaftlich Berechtigten im Sinne von § 3 Abs.1 Geldwäschegesetz an das 2017 eingeführte Transparenzregister melden.

Die Eintragung ist mit Kosten verbunden.

Fazit

Mit Inkrafttreten des MoPeG wird die GbR als Außengesellschaft grundlegend neu geregelt – allerdings ändert sich im Vergleich zu der derzeitigen Praxis nur zum Teil etwas, weil größtenteils die bisherige die GbR-betreffende Rechtsprechung nur zusammengefasst wurde.

Die Eintragung ins Gesellschaftsregister stellt jedoch eine große Veränderung im MoPeG dar, die einige Vorteile bietet, aber auch einige bedenkenswerte Nachteile enthält.

Auf der einen Seite schafft die Eintragung ins Gesellschaftsregister eine Vertrauensbasis oder auch sogar erst eine Voraussetzung für intensive Rechtsgeschäfte, ist die GbR aber erst einmal eingetragen, kann sie nicht mehr aus dem Gesellschaftsregister gelöscht werden, es sei denn, die Gesellschaft wird vollständig aufgelöst (§ 707a Abs. 4 BGB n.F.). Erfordert der Zweck der GbR wirklich eine Eintragung? 

Die Kehrseite der Eintragung ist nämlich eben diese Transparenz, die jedem Einblicke gewährt, wer die mit vollem Namen, Geburtsdatum und Wohnsitz genannten Gesellschafter sind, die vielleicht nicht öffentlich bekannt werden wollen oder wer zu welchen Anteilen beteiligt ist. Da die GbR Inhaberin der registrierten Rechte ist (Immobilien, Patente, Designs etc.), gilt es zu überlegen, ob sich die gewählte Gesellschaftsform, die eGbR, mit den sonstigen Bedürfnissen wie z.B. Privatsphäre verträgt oder ob eine andere Rechtsform an der Stelle nicht besser wäre.

Zu diesen Fragen beraten wir Sie gerne ausführlich und prüfen dabei Ihre Gesellschaftsverträge, ob sie ggf. angepasst werden sollten. Wir empfehlen Ihnen, dies noch vor Inkrafttreten bzw. vor Eintragung zu tun, vor allem, wenn absehbar sein sollte, dass sich der Gesellschafterbestand ändern wird.

Ihr Ansprechpartner für (gesellschaftliche) Vertragsgestaltung: RA Nicolas Golliart

NOCH FRAGEN?

Wir freuen uns auf Ihre Anfrage zu diesem und weiteren Themen!

Beschäftigtendatenschutz: Was darf der Chef?

Beschäftigtendatenschutz

Die Kernaussage der DS-GVO hinsichtlich des Beschäftigtendatenschutz laut §26 BDSG und der Umgang mit besonderen Situationen

Beschäftigtendatenschutz

Beschäftigtendatenschutz: Was darf der Chef?  

Einführung  

Beschäftigtendatenschutz: Es geht um die Überwachung der Mitarbeitenden. Wie weit darf sie gehen, wo sind die Grenzen und welches Gesetz regelt es. Anders gefragt: was darf der Chef? 

Noch gibt es kein eigenes Gesetz, dafür aber zahlreiche Regelungen, die Anhaltspunkte liefern. Die Verhandlungen in Richtung einheitliches Beschäftigtendatenschutzgesetz laufen jedoch wieder an, nachdem der letzte Entwurf von 2010 nie verabschiedet wurde. Bisher hat nur Finnland ein solches Beschäftigtendatenschutzgesetz, die übrigen EU-Länder arbeiten mit Einzelfallregelungen. 

Es gilt also, die aktuellen Entwicklungen auf dem Schirm zu halten. Aktuell regelt insbesondere die DS-GVO den Beschäftigtendatenschutz. Sollte es aber zu einem eigenen Gesetz kommen, müsste die DS-GVO weiter konkretisiert werden.  

Wo stehen wir im Beschäftigtendatenschutz derzeit? 

Die Kernaussage der DS-GVO hinsichtlich des Beschäftigtendatenschutz laut §26 BDSG ist, dass personenbezogene Daten der Arbeitnehmer erhoben werden dürfen, wenn sie für die Erfüllung, Aufnahme oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich sind. Die Erhebung bedarf dann nicht der Einwilligung des Betroffenen.  

Darunter fallen  

  • Bewerberdaten
  • allgemeine Personen- und Kontaktdaten 
  • Kontoverbindung 
  • Tätigkeitsprofil bzw. Position 
  • Gesundheitsdaten 
  • Religionszugehörigkeit (notwendig für die Lohnabrechnung) 

Für die Erhebung darüberhinausgehender Daten bedarf es möglicherweise der Einwilligung des Betroffenen.  

Warum brauchen wir ein Beschäftigtendatenschutzgesetz? 

Die Frage ist: Wie soll mit besonderen Situationen umgegangen werden? Wie steht es z.B. mit der Videoüberwachung in der Produktion? Darf der Chef die Emails lesen, die vom Arbeitsrechner aus versendet werden? Darf er die Chronik der Internetnutzung überwachen?  

Die allgemein gehaltenen Regelungen der DS-GVO sind wenig konkret und nur bedingt für Einzelfälle ausgelegt, sie decken eher Standardsituationen ab. Es ist schwer zu klären, welche Daten denn nun wirklich für die Erfüllung, Aufnahme oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich sind.  

Die Interessen von Beschäftigten und Vorgesetzten können sehr weit auseinander liegen. Missbrauchsmöglichkeiten gibt es auf beiden Seiten. 

Das entscheidende Argument für mehr Beschäftigtendatenschutz ist das Machtgefälle zwischen Beschäftigten und ihren Vorgesetzten. Hier kann man nicht von „gleichem Recht für alle“ sprechen. Die Abhängigkeit von Lohn und Arbeitsplatz drängen den Beschäftigten in eine unsouveräne Rolle und lassen ihn manch bittere Pille schlucken aus Angst vor Konsequenzen. Eine solche bittere Pille sind z.B. Daten, die über ihn erhoben werden, gegen die er sich aber nicht zu wehren traut.  

Ein Gesetz könnte Klarheit und Schutz für alle Beteiligten schaffen.  

Ausblick 

Der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gegründete unabhängige Beirat und der Deutsche Gewerkschaftsbund haben Empfehlungen und Vorschläge ausgearbeitet, die jedoch zum Teil nicht sehr detailreich ausfallen. Bei der Ausgestaltung steht dem Gesetzgeber also noch ein großer Spielraum offen.  

Immerhin, die Empfehlungen und der Gesetzesentwurf wurden bereits veröffentlicht (s.u.). Vor dem Hintergrund der Festlegung im Koalitionsvertrag rückt es in den Bereich des Möglichen, dass ein Gesetz noch in dieser Legislaturperiode erlassen werden könnte. Mal sehen, wie der Gesetzgeber die Entwürfe ausarbeitet und was Bundestag und Bundesrat dazu sagen. 

Wenn Sie weiterführende Fragen zum Thema Beschäftigtendatenschutz haben, zögern Sie nicht, uns anzusprechen.  

Downloads

DGB-Entwurf-eines-Beschaeftigtendatenschutzgesetzes

Ergebnisse-Beirat-Beschaeftigtendatenschutz

NOCH FRAGEN?

Wir freuen uns auf Ihre Anfrage zu diesem und weiteren Themen!

Arbeitsverträge müssen zum 1.8.2022 nachgerüstet werden

Arbeitsverträge

Neue EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen (RL 2019/1152).

Arbeitsverträge

Arbeitsverträge müssen schnellstens nachgerüstet werden

Ab dem 1.8.2022 gilt das neue Nachweisgesetz

Das neue Nachweisgesetz (NachwG) vom 23.6.2022 verpflichtet die Arbeitgeber, die Arbeitsbedingungen von Mitarbeitenden, die ab dem 1.8.22 angestellt werden, nun absolut transparent und verständlich zu formulieren. Sie müssen wesentlich mehr Informationen als bisher über die Vertragsbedingungen zusammenfassen, von Hand unterschreiben und den Mitarbeitenden schriftlich aushändigen. So will es die neue EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen (RL 2019/1152).

Wer das versäumt, darf sich auf bis zu 2.000 € Bußgeld pro Verstoß einstellen.

Bislang mussten die Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen nur in geringerem Umfang und lediglich innerhalb eines Monats den Mitarbeitenden schriftlich mitteilen. Sanktionen bei verspäteter oder unvollständiger Information gab es nicht.

Das wird sich zum 1.8.2022 ändern

Diese Informationen gehören ab dem 01.08.2022 über die bisherigen mitzuteilenden Arbeitsbedingungen hinaus zwingend kommuniziert:

  • Nennung des Enddatums von befristeten Arbeitsverhältnissen
  • Höhe und Zusammensetzung sämtlicher Entgeltbestandteile, wozu u.a. die Vergütung von Überstunden, Prämien, Sonderzahlungen, Zulagen und Zuschläge fallen
  • Dauer der vereinbarten Probezeit
  • die vereinbarte Arbeitszeit und ebenso die vereinbarten Ruhepausen und -zeiten (bei Schichtarbeit der vereinbarte Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen)
  • der vereinbarte Arbeitsort und zusätzlich der Hinweis, wenn die Mitarbeitenden diesen frei wählen können (inklusive der Bedingungen)
  • Möglichkeit der Anordnung von Überstunden sowie der Voraussetzungen hierfür (betriebliche Notwendigkeit)
  • das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses (Kündigungsfristen, Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage, Schriftformerfordernis)
  • Ansprüche auf Fortbildungen, die der Arbeitgeber bereitstellt
  • Name und Anschrift des Trägers einer etwaig bestehenden betrieblichen Altersversorgung

Änderungen in anderen Gesetzen

Neben den Änderungen im NachweisG führt die Umsetzung der EU-Richtlinie noch zu weiteren Anpassungen. Dazu zählen unter anderem diese:

In der GewO werden künftig die Kosten für Fortbildungen, die für die Ausübung der jeweiligen Tätigkeit erforderlich sind, den Arbeitgebern auferlegt. Diese Fortbildungen zählen dann auch als Arbeitszeit.

Darüber hinaus muss Beschäftigten mit einem befristeten Arbeitsvertrag künftig die Möglichkeit offenstehen, ihren Wunsch nach einem unbefristeten Vertrag oder nach einer Veränderung in der vereinfachten Textform anzuzeigen. Arbeitgeber haben sodann eine Begründungspflicht für ihre Entscheidungen, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestand.

Zudem müssen Vereinbarungen über die Probezeit bei befristeten Arbeitsverträgen in Zukunft in einem angemessenen Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und zur Art der Tätigkeit stehen. Weitere Details oder Voraussetzungen, bei deren Einhaltung die Angemessenheit gewahrt ist, stehen jedoch nicht in den neuen Regelungen.

Außerdem müssen Regelungen zur Arbeit auf Abruf detailliert und in Schriftform ergehen. Mitarbeitenden steht dann außerhalb des vereinbarten Zeitraums ein Recht auf Verweigerung der Arbeit zu.

Des Weiteren können Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer den Wunsch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages in Textform anzeigen. Der Entleiher muss die Entscheidung bzw. Antwort dann begründen, wenn die Arbeitnehmerüberlassung bereits sechs Monate bestanden hat. Letztlich werden die Nachweispflichten bei der Arbeitnehmerüberlassung um einen weiteren Punkt ergänzt: künftig muss auch ein Nachweis über die Identität der entleihenden Unternehmen erfolgen.

Arbeitsverträge: Welche Informationen müssen bis wann bereitgestellt werden?

Betr. Beschäftigte, die ab dem 1.8.2022 eingestellt werden

Theoretisch gibt es je nach Arbeitsbedingung drei Fristen für Arbeitgeber, zu denen sie die zusätzlichen Informationen schriftlich aushändigen müssen. Manche Informationen müssen gleich am 1. Arbeitstag des neuen Mitarbeitenden ausgehändigt werden. Manche innerhalb von 7 Tagen und andere wiederum erst zum Ende des Monats. In der Praxis ist diese zeitliche Staffelung aber kaum realistisch. Solche Informationen werden üblicherweise in den Arbeitsvertrag mit aufgenommen, so dass die Unternehmen sie gleich zu Beginn gesammelt aushändigen.

Betr. Beschäftigte, die vor dem 1.8.22 angestellt wurden

Diese erhalten die neuen Informationen zwar nicht automatisch, können sie aber explizit anfordern. Diesem Wunsch muss der Arbeitgeber je nach Arbeitsbedingung innerhalb einer Woche bzw. binnen eines Monats schriftlich nachkommen.

Warum Arbeitgeber die termingerechten Änderungen ernst nehmen müssen

Für die Unternehmen bedeutet die neue Änderung nicht nur ordentlich Arbeit, sondern auch ein finanzielles Risiko im Falle einer nicht vollständigen Information.

  1. Jeder Verstoß kann 2.000 € / Verstoß kosten. Bei Unternehmen mit vielen Beschäftigten schlägt das deutlich zu Buche.
  2. Die Mitarbeitenden erhalten stärkere Rechte durch die Nachweispflicht. Zwar besteht ein Arbeitsverhältnis auch unabhängig davon, ob der Arbeitgeber seinen Informationspflichten nachgekommen ist. Aber die Mitarbeitenden können bei Verstößen ihre Arbeitsleistung zurückhalten, während der Arbeitsgeber dennoch das vereinbarte Entgelt zahlen muss.
  3. Sollte es zu arbeitsgerichtlichen Verfahren kommen, hat der Arbeitgeber möglicherweise erhebliche Beweisprobleme. Dann können sich die Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber auf eine Beweiserleichterung bis hin zu einer Beweislastumkehr.

Fazit

Die Frage ist, welches Unternehmen wirklich gestaffelt die erweiterten Informationen überreicht. Es macht für die meisten vermutlich mehr Sinn, alle Informationen auf einmal auszuhändigen. Das bedeutet aber auch, dass die neue Nachweispflicht für die Unternehmen auf einen Schlag ein hohes Maß an Mehraufwand bedeutet. Und das unter Ankündigung von Sanktionen, sollte man der Nachweispflicht nicht pünktlich oder nur unzureichend nachkommen.

Entsprechend besteht bereits jetzt ein dringender Handlungsbedarf für Arbeitgeber. Sie sollten ihre Arbeitsverträge schnellstmöglich anpassen.

Im Ergebnis ist das deutsche Umsetzungsgesetz den Anforderungen der europäischen Richtlinie nachgekommen. Es ist jedoch verwunderlich, warum Deutschland – im Gegensatz zu anderen europäischen Mitgliedstaaten – strikt am Schriftformgebot festhalten will, anstatt auch die Textform oder elektronische Form gelten zu lassen.

Während sich das Schriftformerfordernis eigentlich nur auf die neuen zusätzlich zu dokumentierenden Informationen bezieht und nicht auf die Arbeitsverträge selbst, ist es in der Praxis unüblich, beides voneinander zu trennen. Es wird also darauf hinauslaufen, dass künftig sowohl Verträge als auch  Informationen zwecks Unterzeichnung von Hand wieder auf Papier ausgehändigt werden.

In Zeiten von Digitalisierung und Nachhaltigkeit ist das nicht ganz nachvollziehbar.

Sind Sie unsicher, ob in Ihren Arbeitsverträgen Anpassungen vorgenommen werden müssen?

Gerne beraten und unterstützen wir Sie, Ihrer neuen Nachweispflicht umfassend, pragmatisch und fristgerecht nachzukommen.

NOCH FRAGEN?

Wir freuen uns auf Ihre Anfrage zu diesem und weiteren Themen!